Aufbruch Nr.7  der AKL der Linkspartei 
 
Bundestagswahlnachlese
Die Linke verlor bei der Bundestagswahl
2013 im Vergleich zu 2009 1,4
Millionen Stimmen.
Eine der Ursachen ist die offene Missachtung
von Parteitagsbeschlüssen.
Besonders Gregor Gysi thematisierte
während des Wahlkampfes ständig
Rot-Rot-Grün. „Gysi will Westerwelles
Job“, meldet Zeit Online am 4. August
2013. Die Reaktionen darauf reichten
von „ein weiterer Grund, DIE LINKE
nicht zu wählen“ über „Danke für das
angstauslösende Statement“ bis zu
„Wortgeklingel“. Nach den Meinungsumfragen
bestand diese Machtoption
nicht. Sie wurde trotzdem propagiert,
um Wähler und Parteivolk auf Rot-
Rot-Grün 2017 vorzubereiten. "Strategische
Handlungssouveränität" der
Linken (Bartsch 1.6.2012), die Koalition
mit SPD und Grüne waren das Ziel
des Wahlkampfes. Bevor es soweit ist
muss DIE LINKE. allerdings Kriegseinsätze
und Hartz IV akzeptieren. Dies
aber wäre eine Abkehr von den Gründungspositionen
der Partei. Die akl
wendet sich daher gegen alle Versuche
unsere Grundsätze aufzuweichen.
Man muss beim Versuch diese Stimmverluste
zu erklären mit einbeziehen,
dass im letzten Jahrzehnt in Deutschland
eine größer werdende Schicht
von Nicht- und Protestwählern in Erscheinung
getreten ist. Allein in den
letzten Jahren hatten wir den Aufstieg
und Fall der Piraten, den zwischenzeitlichen
Höhenflug der Grünen, der unter
anderem zum ersten grünen
Ministerpräsidenten Kretschmann in
Baden-Württemberg geführt hatte.
Wir haben das Scheitern der FDP an
der 5%-Hürden diese Wahl gehabt,
nachdem dieselbe FPD bei der letzten
Bundestagswahl 2009 ihr historisch
bestes Ergebnis mit 14,6% erzielt hatte
und wir haben mit der AFD eine
rechtspopulistische Neugründung, die
nur wenige Monate nach ihrer Gründung
nur knapp den Einzug in den
Bundestag verpasst hat.
DIE LINKE. errang über 8 Prozent
Wählerstimmen, weil sie sich gegen
prekäre Arbeit und für eine sanktionsfreie
Mindestsicherung und für eine
Reichtumsverteilung von oben nach
unten aussprach. Die Exponenten des
Wahlkampfes erschöpften sich aber
zu oft in der Empörung über soziale
Grausamkeiten, anstatt deren Quellen
zu nennen. Am 26. Februar 2013 hörten
wir von Bundeswahlkampfleiter
Matthias Höhn in der Strategiedebatte
zur Bundestagswahl: „Es ist nicht möglich,
und auch nicht notwendig, heute
ein enges, fest gefügtes Themenset bis
September 2013 festzulegen.“ Genau
das Gegenteil ist richtig: der Wahlkampf
der Linken ist der geeignete
Ort für öffentliche Debatten! Statt
grundsätzliche Fragen der gerechten
Arbeitsverteilung in den Mittelpunkt.
des gesellschaftlichen Diskurses zu
stellen nahmen die Wahlkampfstrategen
der Partei die konformistische
Kampagne auf, „offensiv für die europäische
Einigung sowie Weiterentwicklung
der Integration zu werben“, wie es
BDA-Präsident Dieter Hundt am
29. August 2011 in der Frankfurter Allgemeine
forderte. Kanzlerin Merkel
freute sich vermutlich die entscheidende
Schwachstelle ihrer Politik nicht zu
benennen. Unsere Wahlkampfstrategen
umgingen ganz bewusst die Diskussion
über Ursachen der Krise
innerhalb der Europäischen Union. Die
fehlende demokratische Legitimation
ihrer Institutionen und die Politik für
die Transnationalen- bzw. Monopolkonzerne
und Banken wurden nicht thematisiert.
Das Wanken zwischen
„Europa Ja“ und „So nicht“ schuf den
Raum für die Abwanderung von 360
000 Wählern zur Alternative für
Deutschland.
Die Linke erzielt ihre besten Ergebnisse
seit jeher in den Stadtteilen, die am
stärksten von Armut betroffen sind,
wo auch die Zahl der Nichtwähler am
höchsten ist. Es ist ihr bislang nicht gelungen,
sich dauerhaft dort so zu verankern,
dass sie zum Beispiel eine
deutliche Steigerung der Wahlbeteiligung
in diesen Quartieren zur Folge
hätte. Ganz im Gegenteil: Bei dieser
Wahl verlor sie in Hamburg beispielsweise
die meisten Stimmen genau in
diesen Stadtteilen.
Auch personell war die Ausgangslage
diesmal anders als in den vergangenen
Wahlkämpfen. Es herrschte Unzufriedenheit
über die Art und Weise der
Kandidatenaufstellung. Die Personalvorschläge
der Landesvorstände verletzten
mancherorts die Souveränität
der LandesvertreterInnenversammlungen.
Einige Kandidaten erhielten von
den Landesvorständen Rückenwind,
ohne den sie das Ziel wohl kaum erreicht
hätten. Anderen blies der Gegenwind
ins Gesicht.
Der Linke kommt als einzige grundlegende
Oppositionspartei die Rolle zu,
die herrschende Politik zu bekämpfen.
Das kann sie vor allem außerhalb des
Parlaments tun. Hier macht uns eine
Zahl Mut: entgegen der langfristigen
Mitgliederentwicklung sind im Wahlkampf
500 neue GenossInnen in unsere
Partei eingetreten. Das beweist, dass
das Potential für eine Stärkung unserer
Partei außerhalb von ihr liegt. Und
es beweist, dass der Aufbau der Partei
noch lange nicht abgeschlossen ist. Es
liegt nun auch an uns diesen Aufbau
weiter zu fördern und Kurs zu halten
auf dem Weg zu einer Gesellschaft ohne
Ausbeutung und Unterdrückung.
 
Fabain Thiel und Tilman Rosenau
 
 
Antrag der Antikapitalistischen Linken an den Landesparteitag
am 8.12. in Hamburg
Gegen das ständige Koalitionsgerede
Der Landesparteitag der Linken Hamburg fordert die Mitglieder des Parteivorstandes und der Bundestagsfraktion dazu auf, keine weiteren Koalitionsangebote an die SPD und Grüne zu richten,  ohne zuvor in der Parteimitgliedschaft die Frage offen und breit diskutiert zu haben.
Begründung:
DIE LINKE. verlor bei der Bundestagswahl 2013 im Vergleich zu 2009 1,4 Millionen Stimmen. Eine der Ursachen sehen wir im ständigen Gerede über eine mögliche Rot-Rot-Grüne Koalition. Nach den Meinungsumfragen bestand diese Machtoption nicht. Sie wurde trotzdem propagiert, um Wähler und Parteivolk auf Rot-Rot-Grün 2017 vorzubereiten. Die akl-hamburg wendet sich gegen den Versuch von Teilen der Partei das Göttinger Programm und die Erfurter Haltelinie aufzuweichen, um einer prinzipienlosen Regierungsbeteiligung den Weg frei zu machen. Wir vertreten die Auffassung, dass SPD und Grüne mit ihrem gegenwärtigen Personalund
Politikangebot keine Glaubwürdigkeit besitzen, für einen linken Politikwechsel zu stehen. Wenn Mitglieder unserer Partei trotzdem glauben, dass derartige Koalitionsgedankenspielereien zu einem Politikwechsel nach links führen könnten, sollten zunächst einmal diese GenossInnen sichtbar machen, mit welchen Inhalten und Mitteln ein solcher Richtungswechsel mit diesen Parteien umsetzbar ist.
 
Selbstverständnis
Seit 2006 gibt es uns, die „Antikapitalistische
Linke“ (akl). Zuerst
als loses Netzwerk, seit
2012 mit festeren Strukturen
als Zusammenschluss innerhalb
der Partei DIE LINKE. Der „AKLGründungsaufruf“
aus dem
Jahr 2006 bildete die Grundlage
unseres Selbstverständnisses
und unserer politischen Arbeit.
Auf unserer bundesweiten Mitgliederversammlung
am 9.11.
in Hannover haben wir nun,
nach mehr als sieben Jahren gemeinsamer
politischer Arbeit,
einstimmig einen neuen „AKLAufruf“
(Selbstverständnispapier)
verabschiedet. Die Zeit
war reif dafür. Eine der Kernaussagen
zum Selbstverständnis
der akl im neuen Aufruf ist
dabei für uns folgende:
„Wer mehrheitsfähig werden
will, indem zentrale programmatische
Positionen
verwässert oder vergessen
werden, wird aller bitterer
geschichtlicher Erfahrung
nach doppelt verlieren: In
der konkreten Tagespolitik
und – schlimmer noch – in
Glaubwürdigkeit und Selbstachtung
der Partei und ihrer
Mitglieder. Um dem Druck
der bürgerlichen Gesellschaft,
die auf Mandatsträger_
innen und hauptamtliche
Funktionär_innen besonders
stark wirkt, und der
Korrumpierungsgefahr entgegenzuwirken,
ist die AKL
als politische Strömung und
Opposition gegen alle Anpassungstendenzen
an Kapitalismus
und Sachzwanglogik in
der LINKEN weiterhin unerlässlich.“
Die zentrale inhaltliche Aussage
des neuen Aufruftextes besteht
für uns in folgender
Feststellung:
„Die Krise heißt Kapitalismus
- Die Ursache der
aktuellen Finanz- und Wirtschaftskrise
liegt im kapitalistischen
Produktionsverhältnis
selbst begründet.
Dieses basiert auf Ausbeutung,
Privateigentum an Produktionsmitteln,
Existenz
von gesellschaftlichen Klassen,
Konkurrenz, Zerstörung
der Natur und Profitmaximierung.
Heute erleben wir
eine tiefe und weltweite Systemkrise
des Kapitalismus,
die alle zerstörerischen Seiten
dieser Produktionsverhältnisse
offenkundig
macht.“
Wenn man politisch Erfolg haben
will bedarf es nicht nur einer
konkreten Analyse der
Wirklichkeit, sondern auch
konkreter Antworten, wie wir
uns eine bessere Welt vorstellen.
Deshalb ist die Positionierung
der akl in diesem Punkt so
wichtig:
„Wir erklären offen: Unsere
Alternative heißt Sozialismus.
Damit meinen wir eine
Gesellschaft, in der nicht das
Privateigentum an Produktionsmitteln,
Marktkonkurrenz,
Profitgier und Krieg
herrschen, sondern die Menschen
und ihre täglichen Interessen
und Bedürfnisse. In
gleichberechtigter Kooperation
aller Mitglieder der Gesellschaft
muss die
Wirtschaft demokratisch und
entsprechend der Bedürfnisse
der Menschen mit Respekt
vor der Umwelt gestaltet
werden. Voraussetzung dafür
sind die Überführung der
Banken und Konzerne in demokratisch
verwaltetes Gemeineigentum
und eine
Demokratisierung und Wählbarkeit
und Abwählbarkeit
wirtschaftlicher und gesellschaftlicher
Verwaltungsstrukturen.
Ohne breiteste
demokratische Mit- und
Selbstbestimmung auf allen
Ebenen der Politik und Wirtschaft
ist Sozialismus nicht
möglich.“ Und weiter: „Wir unterstützen jede Verbesserung im Hier und
Heute. Das kann die Bildung von Genossenschaften
und die Übernahme von Betrieben
unter Arbeiterkontrolle bedeuten. Als dauerhafte
Insellösungen im Kapitalismus im Rahmen
eines propagierten Dritten Weges
verfehlen Belegschaftseigentum und Genossenschaften
jedoch ihr Ziel. … Nur mit einer
antikapitalistischen Perspektive kann die Linke
auf die großen Herausforderungen der
wirtschaftlichen und ökologischen Krise eine
Antwort geben. Die Überwindung der kapitalistischen
Klassengesellschaft ist dazu notwendig.
Alle Verbesserungen werden durch
die Selbsttätigkeit der Beschäftigten, Erwerbslosen
und Betroffenen erkämpft mit dem Ziel,
die Selbstbestimmung herzustellen.“
"nicht an den nationalen Grenzen
stehen bleiben"
Wer von einer durch das Kapital gespaltenen Gesellschaft
spricht darf nicht an den nationalen
Grenzen stehen bleiben. Deshalb wird im Aufruf
klargestellt: „Weil der Kapitalismus global organisiert
ist, müssen wir uns international zusammenschließen.
In Kenntnis dieser
Erfahrungen ist die AKL davon überzeugt,
dass die meisten im Erfurter Programm skizzierten
Ziele nur gegen den Widerstand mächtiger
Kapitalgruppen und unter Bruch mit der
Profitlogik zu erreichen und auf Dauer nur international
und jenseits des Kapitalismus zu
sichern sind.“
Wer soll den Richtungswechsel in den klassenorientierten
Herrschaftsverhältnisse zugunsten der
Ausgebeuteten und Unterdrückten vollziehen?
Der Aufruf stellt hierzu fest: „Dabei vertritt die
AKL die Überzeugung, dass die dafür notwendige
Veränderung der gesellschaftlichen Macht- und
Eigentumsverhältnisse nicht über Regierungskoalitionen
mit bürgerlichen Parteien, sondern nur
gestützt auf außerparlamentarische soziale Massenbewegungen
und gewerkschaftliche Kämpfe
erzeugt werden kann. Dafür muss DIE LINKE eine
in diesen Bewegungen und den Gewerkschaften
verankerte und für deren Aktivistinnen und Aktivisten
offene Partei sein.“
Hiermit lässt sich arbeiten. Entscheidend für ein
erfolgreiches Umsetzten wird sein, wie dieser Text
aufgegriffen und interpretiert wird. Oberstes Ziel
in unserem Handeln sollte dabei das Einfache
sein, was so schwer zu machen ist: untereinander
solidarisch sein!
Tilman Rosenau/Jürgen Olschock
Hamburg, 11.11.13

Warnhinweis:Rechtspopulisten von Springer wollen N24 kaufen 

 Mit der Übernahme von N24 will der Konzern Zeitung, Fernsehen und Internet verschmelzen. 

Die Axel Springer AG kauft den Nachrichtensender N24. Es sei geplant, N24 und die "Welt"-Gruppe zusammenzulegen, teilte das Unternehmen am Montag in Berlin mit. N24 solle der zentrale Lieferant von Video- und Fernsehbildern für alle Marken des Konzerns werden. Die Kartellbehörden müssen noch zustimmen.

Die neue gemeinsame Redaktion produziere künftig die journalistischen Inhalte beider Marken für alle digitalen Kanäle sowie für die Printprodukte der "Welt"-Gruppe, teilte das Medienunternehmen auf der Online-Seite der Zeitung mit. Die Fernseh- und Programmredaktion für N24 sei für alle TV-Formate und Bewegtbilder zuständig. Damit entstehe eine der größten multimedialen Redaktionen in Deutschland.

Zudem wurde bekannt, dass der ehemalige 68 er Rebell und Spiegel-Chefredakteur Aust ebenfalls zum Springer-Konzern wechselt.

  Der 67-Jährige ist seit Sommer 2010 Miteigentümer von N24. Damals hatte die Sendergruppe ProSiebenSat.1 den Nachrichtensender an mehrere bisherige N24-Manager und den ehemaligen SPIEGEL-Chefredakteur Aust verkauft.

Axel Springer setzt auf die Strategie weg vom traditionellen Verlagsgeschäft hin zu einem digitalen Medienkonzern. Die N24-Übernahme ist hierbei ein weiterer Schritt. Erst im Juli hatte Springer angekündigt, das "Hamburger Abendblatt" und weitere Regionalzeitungen sowie seine Frauen- und Programmzeitschriften für 920 Millionen Euro an die funke-Gruppe zu verkaufen. 

Der Kauf von N24 stellt zudem den erneuten Einstieg des Springer-Konzerns in den Fernsehmarkt dar. Anfang 2006 hatte Axel Springer den Übernahmeversuch von ProSiebenSat1 nach wochenlangem Gerangel mit den Wettbewerbsbehörden abgesagt. Die Medienkonzentrationsbehörde KEK sowie das Bundeskartellamt hatten den 4,2 Milliarden schweren Übernahmeversuch damals untersagt.

Die N24-Gruppe beschäftigt knapp 300 Mitarbeiter und erreichte im Jahr 2012 einen Marktanteil von 1,0 Prozent bei allen Zuschauern ab drei Jahren. Der direkte Konkurrent n-tv lag mit 0,9 Prozent Marktanteil fast gleichauf. N24 produziert auch die Hauptnachrichten für Sat.1, ProSieben und kabel eins. Springer kauft eigenen Angaben zufolge N24 zu 100 Prozent, über den Preis wurde demnach Stillschweigen vereinbart.

fdi/dpa-AFX/Reuters/AFP

 

Entwurf zum Europawahlprogramm der Linkspartei 

Katja Kipping und Bernd Riexinger

Europa geht anders. Sozial, friedlich, demokratisch - 15 Punkte Programm 

Die Vorsitzenden der Partei DIE LINKE, Katja Kipping und Bernd Riexinger haben heute auf einer Pressekonferenz den vom Parteivorstand beschlossenen Entwurf für das Europawahlprogramm der LINKEN vorgestellt. Das Europawahlprogramm der LINKEN wird am 15. und 16. Februar 2014 vom Hamburger Bundesparteitag beraten und beschlossen.

Wahlkampf 2009 

Bernd Riexinger zu den Wahlziele der LINKEN:


Wir treten an, um Europa sozialer, gerechter und friedlicher zu machen. In Deutschland wollen wir mindestens unser Bundestagswahlergebnis bestätigen. Europaweit wollen wir dazu beitragen, dass das Ergebnis der Europäischen Linken über dem von 2009 liegt. Die europäische Linksfraktion muss so stark werden, dass wir die kräftigste Oppositionsstimme gegen die Austeritätspolitik werden.

Katja Kipping zur politischen Grundausrichtung der LINKEN vor der Europawahl:
Wir wollen eine sozial-ökologische Gerechtigkeitswende für Europa. Das Projekt der europäischen Einigung wurde über Jahrzehnte von der Hoffnung auf Frieden, Demokratie und sozialen Fortschritt getragen. Viele Grenzen sind in Europa gefallen. Das ist gut. Aber die Europäische Union ist heute für viele Bürgerinnen und Bürger vor allem eine anonyme Bürokratie, die sie mit Zumutungen heimsucht, europaweit gerechte Löhne, armutsfeste Renten und Sozialleistungen in Frage stellt, und die Interessen von großen Banken und Konzernen über alles stellt. Merkels Politik des Kaputtsparens im Namen der Wettbewerbsfähigkeit führt die Europäische Union geradewegs in eine schwere Legitimationskrise. Die europäische Außenpolitik wird zunehmend militarisiert und in den Dienst des weltweiten Kampfes um Ressourcen und ökonomische Interessen gestellt, während der Kampf für Menschenrechte nur noch nach Bedarf als Legitimation für Interventionen heran gezogen wird. Europaweit fragen sich die Menschen, wo, wie und von wem in einem Europa der entfesselten Marktkräfte eigentlich ihre Rechte und Interessen vertreten werden. Ein Europa, das sich nur als Markt für den freien Verkehr von Gütern und Kapital begreift, ist zu wenig. Unser Programm erschließt Europa als politischen Gestaltungsraum, in dem der demokratische Wettbewerb um die besten Ideen für mehr soziale Sicherheit, mehr Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger, für eine Beschleunigung des ökologischen Wandels und für den Weg in eine friedliche Außenpolitik eröffnet ist. DIE LINKE will ein soziales Europa, das ist unsere Vision. Aber wir leben nicht in einem solchen sozialen Europa. Deshalb verbinden wir eine scharfe Kritik an der aktuellen Europäischen Union mit einer positiven Haltung zu einem geeinten Europa. Damit es funktionieren kann, brauchen wir grundlegende Änderungen. Bisher ist bei den etablierten Parteien und auch bei der rechten "Alternative für Deutschland" niemand in Sicht, der diese beiden Seiten zusammenbringt."

Bernd Riexinger zur Notwendigkeit eines grundlegenden Kurswechsels in Europa:
Europa wird entweder sozial oder die Europäische Union wird scheitern. Ein Europa der Banken und Konzerne kann niemals die Herzen der Menschen erobern. Solange die EU für die Europäerinnen und Europäer vor allem dann erfahrbar wird, wenn ihre Einkommen sinken und ihre Jobs unsicherer werden, löst sie ihre zentralen Versprechen nicht ein, und die Menschen wenden sich mit Recht ab. Die Europawahl wird auch eine Abstimmung über Merkels Krisenpolitik. Diese Politik hat Europa in eine Abwärtsspirale geführt, in der die Europäerinnen und Europäer miteinander darum konkurrieren, wer mit den niedrigsten Löhnen, Renten, Steuern und Sozialleistungen das meiste Kapital anlockt. Das ist ein Weg, der wenigen nutzt und vielen die Lebenschancen raubt. Wir wollen in Deutschland möglichst viele dazu ermutigen, bei der Europawahl nicht zu Hause zu bleiben sondern für eine soziale Alternative zu stimmen. Wir wollen die Gerechtigkeitswende, weil sie dringender denn je ist. Wenn auf dem reichsten Kontinent der Erde ein Viertel der Menschen in Armut lebt, dann kann es für die Politik nur eine Priorität geben: Vorfahrt für soziale Sicherheit, Vorfahrt für gerechte Löhne und Renten, Schluss mit der Politik der Bankenrettung auf Kosten der Mehrheit. Dafür schlagen wir ein europäisches Regelwerk vor.

Katja Kipping zu den Kernforderungen des Europawahlprogramms:
Wir wollen eine Europäische Union der sozialen Rechte. Dazu braucht es eine grundlegende Revision der Europäischen Verträge. Im Mittelpunkt muss ein europäischer Sozialpakt stehen, der europaweite Mindeststandards für Löhne, Renten, Steuern und Sozialleistungen umfasst. Der Mindestlohn muss bei 60 Prozent des nationalen Durchschnittsbruttolohns liegen, Mindestrente und Mindestsicherung bei 60 Prozent des mittleren nationalen Nettoeinkommens. In dem Europa, für das DIE LINKE streitet, fällt keiner in Armut, da es europaweit das Recht auf ein Mindesteinkommen gibt. Die Standards für Arbeitszeiten und Arbeitsschutz müssen auf dem höchstmöglichen Niveau harmonisiert werden. Wir wollen eine europaweite Höchstarbeitszeit von 40 Stunden pro Woche. Außerdem wollen wir das Steuerdumping innerhalb von Europa durch Mindeststeuersätze für Unternehmen eindämmen. Die Bekämpfung der Banken- und Wirtschaftskrise wollen wir vom Kopf auf die Füße stellen. Hilfsprogramme müssen künftig an vier Bedingungen geknüpft werden: Reiche und Vermögende müssen zahlen, Banken müssen scharf reguliert werden, Rüstungsausgaben müssen auf Null gefahren werden, und schließlich muss die Kürzung von Löhnen, Renten und Sozialleistungen ausgeschlossen sein. Wir wollen, dass Europa mehr Demokratie wagt. Wir brauchen verbindliche europäische Volksentscheide zur selben Frage am selben Tag. Die Macht der Lobbyisten in der EU muss eingedämmt werden. Dazu gehört das europaweite Verbot von Unternehmensspenden an Parteien einschließlich des Sponsorings. Ausscheidende Kommissare müssen für fünf Jahre in ein politisches Abklingbecken, bevor sie Führungsfunktionen in der privaten Wirtschaft oder Verbänden annehmen dürfen. Im Bereich der Außenpolitik laufen unsere Vorschläge auf einen strikten Gewaltverzicht hinaus. Wir halten fest am Ziel einer strikten Entmilitarisierung der EU. Rüstungsexporte müssen europaweit verboten werden.

Bernd Riexinger zu harten Auseinandersetzung mit rechtsradikalen und rechtspopulistischen Parteien im Wahlkampf:
Wir wollen den Europawahlkampf zu einer scharfen Abrechnung mit den Fehlentwicklungen der Europäischen Union und mit Merkels Krisenpolitik machen. Aber ein Zurück in nationale Egoismen ist keine Lösung der Probleme. Der politische Kompass ist klar. Rechts stehen diejenigen, die Nein zur europäischen Solidarität und Ja zum Sozialabbau sagen. Wir sind links und sagen Ja zu Europa und Nein zum Sozialabbau. Wer uns die Stimme gibt, wählt den Protest gegen das Europa der Banken und Konzerne, aber es ist ein sozialer Protest von links. Im Wahlkampf werden wir klare Kante gegen rechts zeigen.

Auf einen Blick: 15 linke Kernforderungen für Europa

DIE LINKE will:

  1. einen europaweit geltenden gesetzlichen Mindestlohn in Höhe von 60 Prozent des nationalen Durchschnittsbruttolohns;
  2. europaweit eine gesetzliche Mindestrente und eine sanktionsfreie Mindestsicherung in Höhe von 60 Prozent des jeweiligen mittleren Einkommens vor Ort;
  3. eine europäische gesetzliche Höchstarbeitszeit von 40 Stunden pro Woche;
  4. gleichen Lohn für gleiche Arbeit in der Leiharbeit in ganz Europa;
  5. eine umfassende Jugendgarantie: Recht auf Ausbildung und Übernahme;
  6. eine europaweites kostenfreies Grundkontingent für jeden Haushalt an Wärme, Wasser und Energie;
  7. gemeinsame europäische Mindeststeuersätze in der Unternehmensbesteuerung;
  8. eine einmalige europaweite Abgabe auf Vermögen ab einer Million Euro;
  9. die direkte Kreditvergabe der EZB an die Mitgliedsstaaten in einem festgelegten Rahmen;
  10. die Verknüpfung neuer Kredithilfen für Krisenstaaten mit einer Sozialcharta (Belastung von Reichen und Vermögenden, Bankenregulierung, Abbau der Rüstungsausgaben, keine Kürzung von Löhnen, Renten und Sozialleistungen);
  11. europaweit verbindliche Volksentscheide zur selben Frage am selben Tag;
  12. eine fünfjährige Wartezeit für Mitglieder der Europäischen Kommission, Regierungsmitglieder und Spitzenbeamte vor der Übernahme neuer Ämter in der privaten Wirtschaft;
  13. ein europaweites Verbot von Unternehmensspenden an Parteien;
  14. ein europaweites Verbot von Rüstungsexporten;
  15. Humanisierung der Flüchtlingspolitik (Auflösung von FRONTEX, offene Grenzen für Menschen in Not).
  16. http://www.die-linke.de/nc/die-linke/nachrichten/detail/zurueck/nachrichten/artikel/europa-geht-anders-sozial-friedlich-demokratisch/

Stalin-Freund Kiseljow wird neuer Propagandachef Putins im Kreml 

RIA Novosti und Stimme Rußlands wird für "Rußland heute" aufgelöst  

Russlands Präsident Wladimir Putin formt die nationale Medienlandschaft um und bildet einen neuen gigantischen Staatspropaganda-Apparat - geführt von kremltreuen Hardlinern. So will Putin das besonders im Westen überwiegend kritische ausländische Bild von Russland in seinem Sinne prägen.

Russlands Präsident Putin schafft ein riesiges Medienkonglomerat. Das neue Sprachrohr soll helfen, den weltweiten Ruf des Riesenreiches zu verbessern. Der neue Chef ist berüchtigt – für seine konsequente Haltung gegenüber globalen westlichen Hegemonial- und Vorherrschaftsstreben. .

Staatsmedien wie die größte Nachrichtenagentur Ria Novosti und der Rundfunksender "Stimme Russlands" würden künftig unter dem Namen "Internationale Nachrichtenagentur Rossija Segodnja" (Russland heute) firmieren, heißt es in dem nun veröffentlichten Erlass. Die Chefredakteure der betroffenen Medien reagierten überrascht. Generaldirektor der neuen Staatsholding wird der wegen seiner antiwestlichen und schwulenfeindlichen Agitation umstrittene Journalist Dmitri Kiseljow.

Kiseljow ist momentan Vize-Generaldirektor des russischen Staatsfernsehens. 

 

 

Stabschef Sergej Iwanow erklärte: "Russland verfolgt seine eigene Politik, es verteidigt seine nationalen Interessen nachdrücklich. Das ist der Welt schwer zu erklären, aber man kann und muss es tun." Ziel der Holding sei es vor allem, die "Effizienz der Mittel für die Staatsmedien zu steigern", heißt es in der Kreml-Mitteilung.

Offenbar ist die Rückbesinnung auf die russische Geschichte auch ein anti-westlicher Reflex und erwächst aus der Furcht, eine eigene russische Identität und ein eigenes Profil zu verlieren. 

Auch in den USA war vor Jahren eine neues Stasi-Ministerium namens "Homeland Security" geschaffen worden, dass diverse Geheimdienste und staatliche Nachrichtendienste unter einem Dach  zentral und mit Ministerrang für die US Regierung vereinigen sollte. 

Die russische Belegschaft wurde von der Liquidierung des Unternehmens überrascht. Ein Mitarbeiter, der nicht namentlich genannt werden wollte, sagte, das Kollegium hätte die Nachricht selbst erst auf der Kreml-Webseite gelesen.

Kiseljow ist einem breiteren Publikum durch seine sonntägliche Nachrichtensendung bekannt, die von der Opposition scharf kritisiert wird. Er nutzte die Sendung in der Vergangenheit mehrfach für Attacken gegen Homosexuelle.

Zu Putins 60. Geburtstag im vergangenen Jahr fiel Kiseljow auch durch massive Entgleisungen auf, ohne dass sie ihm geschadet hätten. Die Politik seines Präsidenten verglich er mit der des Sowjet-Diktators Josef Stalin und meinte das anerkennend. "Von der Größe seines Schaffens her ist der Politiker Putin unter seinen Vorgängern des 20. Jahrhunderts nur vergleichbar mit Stalin", sagte er in einer Ehrensendung.

Als die EU und Deutschland Zypern auch durch Zwangsabgaben vor dem finanziellen Kollaps bewahrten, verglich Kisseljow die Politik von Kanzlerin Angela Merkel mit der Enteignung der Juden im NS-Regime.

Linksjugend "Solid"  der Linkspartei distanziert sich von Rechtspopulisten in den eigenen Reihen 

Halle Crime – Pseudolinke prozionistische und pro-kapitalistische „Antideutsche“ greifen Friedensveranstaltung in Sachsen-Anhalt an

Stühle fliegen durchs Treppenhaus, ein Regal geht zu Bruch, Zettel und Broschüren liegen verteilt auf dem Boden und zum Abschied wird – zum zweiten Mal am Abend – ordentlich zugeschlagen. Das ist die Bilanz eines Besuchs der „AG No Tears for Krauts“ und des „Offenen Antifaplenum Halle“, eine der diversen Vorfeldorganisationen der „AG“.

Der Feind im eigenen Land, Pawlowsche Konditionierung und eine self-fulfilling prophecy

 

Der Studierendenverband SDS.DieLinke an der Martin-Luther-Universität (MLU) in Halle (Saale) und der Bundesarbeitskreis Antimilitarismus und Frieden (BAK AuF) von Linksjugend ['solid] und SDS.DieLinke hatten den Friedensforscher, emeritierten Professor und das langjährige Mitglied der Rosa-Luxemburg-Stiftung, Dr. Werner Ruf, für den 30.11. in die Geschäftsstelle des Stadtverbands der LINKEN Halle eingeladen, um mit ihm über das Thema „Der Iran im Fadenkreuz westlicher Interessen“ zu diskutieren. Der Gegenstand erhielt insbesondere durch den Abschluss eines Vertrags zwischen den westlichen Staaten und dem Iran tagespolitische Aktualität.

Doch dafür interessierten sich das „Offene Antifaplenum Halle“ und ihre väterlichen Freunde der „AG No Tears for Krauts“ genauso wenig wie für eine Diskussion darüber, warum der Feind im eigenen Land eigentlich die Kriegsvorbereitung seiner NATO-Partner seit Jahren z.B. durch EU-Sanktionen unterstützt hat. Schon kurze Zeit nach der Bekanntgabe der Veranstaltung mussten wir hingegen das Resultat jahrelanger pawlowscher Konditionierung zur Kenntnis nehmen: in Form eines Offenen Briefs des Antifaplenum Halle (in der Reil 78).

 

In diesem intellektuell dürftigen Pamphlet behaupten seine AutorInnen anhand des Titels, dass sie „erahnen“, „was der SDS mit seinem Vortrag bezweckt“ und worum es bei der Veranstaltung eigentlich gehe, nämlich um die „einseitige Verurteilung Israels und die Verharmlosung des Islamismus und menschenfeindlicher Diktaturen“. Diese Unterstellungen wurden vor der Veröffentlichung des Ankündigungstextes unters Volk gebracht, d.h. ohne dass der Inhalt der Veranstaltung bekannt gewesen wäre. In unserem a posteriori verbreiteten Flyer ist allerdings weder zum iranischen Regime noch zum politischen Islam, zu Israel oder zur israelischen Besatzungspolitik auch nur ein Wort gesagt worden. Es ist eine Ironie der Geschichte, dass bis zu dem Moment, als die wahnhaften und Testosteron gesteuerten Macker der „AG“ gewaltsam in die Veranstaltungsräume eingedrungen sind, auch während des Vortrags nicht über Israel gesprochen wurde. Nichtsdestotrotz wiederholten sie ihre Projektionen und Unterstellungen uns gegenüber und garnierten sie mit allerlei stumpfsinnigen Beleidigungen. Ein weiteres Mal wussten sie schon, was wir denken und sagen, bevor wir es gedacht oder gesagt hatten. Diese fast schon bemitleidenswerte Form des Realitätsverlusts dokumentiert anschaulich den Glauben dieser Jünger an ihre selbstgeschaffene Prophezeiung und die ihr angehörigen Gerüchte über die Linke.

Jeden Tag eine gute Tat fürs Abendland – schreibend, bloggend und boxend schreiten sie voran

Was auf das Vorpreschen des Stoßtrupps der „AG“ und ihrer Helfershelfer in die Veranstaltungsräume der Hallenser LINKEN folgte, war an Grotesken kaum zu überbieten. In der Mehrzahl junge Männer mit aufgerissenen Augen ergingen sich in Hasspredigten, als ob sie Ungläubigen den Teufel austreiben wollten. Wiederholt stießen sie im totalitarismustheoretischen Jargon des Verfassungsschutzes1 Vorwürfe wie „Nazis“, „Islamistenversteher“, „Judenschlächter“, „Antisemiten“ heraus, ohne auch nur auf Fragen oder Widersprüche aus dem Publikum ihrer Aufführung zu reagieren. Diskussionsangebote oder freundliche Einladungen, zuzuhören und gegebenenfalls Kritik zu artikulieren, wie es auch anwesende GesinnungsgenossInnen taten, wurden rundweg abgelehnt, übergangen oder durch Androhungen von körperlicher Gewalt beantwortet. Auf die mehrfache Ankündigung, notfalls vom Hausrecht Gebrauch zu machen, sofern weiterhin die Veranstaltung unterbrochen werde, wurde nur noch lauter krakeelt. Als die ProtagonistInnen der „AG“ jedoch merkten, dass sich unser Verständnis für verblendete KleinbürgerInnen in Grenzen hielt, verließ die Bande Hals über Kopf die Lokalitäten, allerdings nicht ohne die oben erwähnten Verwüstungen anzurichten und einem Genossen, der die Tür hinter ihnen schließen wollte, ordentlich ins Gesicht zu schlagen.

Will man die vor sich hingestammelten Wortfetzen politisch einordnen und verstehen, muss man einen Blick auf das Mutterschiff des militanten Hallenser Neokonservatismus werfen: Die „AG No Tears for Krauts“ gehört dem als „antideutsch“ oder „ideologiekritisch“ firmierenden Flügel der neuen Rechten in der Bundesrepublik an. Die „AG“ hegt nicht nur Sympathien für die Politik der europäischen Rechtspopulisten, die sich die Verteidigung des Abendlands zur Aufgabe gemacht haben. Sie verbrüdert sich auch mit den geistigen Urhebern kulturrassistischer Ideologeme wie Henryk M. Broder oder Thomas Maul, Verschwörungstheoretikern wie Justus Wertmüller oder Befürwortern der US-Außenpolitik unter George W. Bush wie Bernd Volkert. Wer sich dafür interessiert, möge einmal die Internetseiten der einschlägigen Neocon-Zentralorgane wie BAHAMAS, zu denen die Krauter regelmäßig Beiträge erstellen, oder das Vorlesungsverzeichnis der „AG Antifa Halle“ durchforsten, die als Tarnorganisation zur Durchführung von Veranstaltungen der Krauter an der Universität Halle auftritt.2

In diesem sektenartigen Milieu ist es an der Tagesordnung, die im Geiste Carl Schmitts entwickelten Feindbildkonstruktionen der post-bipolaren Ära der bürgerlichen Gesellschaft zu radikalisieren und mit ausgewählten Versatzstücken kritischer Theorie zu garnieren. Die in ihr Gegenteil verkehrte und zur Unkenntlichkeit verstümmelte kritische Theorie dient in diesem Zusammenhang nicht der Suche nach einer revolutionären Praxis. Sie legitimiert die Rebellion gegen alle, die noch an der konkreten Utopie einer befreiten friedlichen Gesellschaft und Opposition zum Bestehenden festhalten. Entsprechend ist das Verhalten der ganz normalen „antideutschen“ Hallenser nur konsequent: Ihnen ist schon die bloße Frage nach anderen Wegen als der Fortsetzung der Herrschaft und Ausbeutung verdächtig. Wer über Frieden reden will, erntet Gewalt.

Die Differenzierung zwischen den Sturmtrupps der „AG No Tears for Krauts“ einerseits und den Schreibtischtätern wie Salzborn, Voigt, Grigat, Gerber, Bauer – die beiden letzteren sind die Köpfe der Hallenser Neocons – und deren Agenda andererseits, ist eine Frage der Arbeitsteilung. Ähnlich verhält es sich mit der Taktik, zwischen den „bösen“ und den „guten“ „Antideutschen“ zu unterscheiden. Man bekommt jungle world nicht ohne Bahamas, den BAK „Shalom“ der Linksjugend ['solid] nicht ohne Feuerherdt oder Kistenmacher und die Schlägerfraktion von „No Tears for Krauts“ und das „Offene Antifaplenum Halle“ nicht ohne Broder, Klaue und Wertmüller. Die organischen Intellektuellen der neuen Rechten gehören zu ihrer Bewegung wie der Fisch zum Wasser. Die geistigen Brandstifter und die Carhartt oder North Face tragenden WutbürgerInnen, die bei jeder Gelegenheit mit ihrem blau-weißen Anbetungsobjekt obsessiv herumwedeln und bei Bedarf auch mal um sich schlagen, leisten jeweils auf ihre Art jeden Tag ihre gute Tat zur Verteidigung der bürgerlichen Gesellschaft – wahlweise gegen Muslime, PazifistInnen oder Linke.

Vielleicht ist es Zeit, (…) tatsächlich eine Kampagne gegen die Linkspartei zu starten.“ – in Halle nichts neues

Es ist weder das erste Mal noch ist es Zufall, dass die „AG No Tears for Krauts“ und die Mitglieder ihrer Tarnvereine auf die Hallenser Ortsgruppe des Studierendenverbands der LINKEN losgehen. Im vergangenen Jahr torpedierten sie einen Vortragsabend zu den Themen „Status Rassismus – von der Gleichheit in den Köpfen“ und „Antisemitismus und antimuslimischer Rassismus – Mythos oder Realität?“. Und jüngst rieten sie den „angepassten“ Hallenser StudentInnen, die sich an den unter anderem vom SDS mit organisierten Protesten gegen die Kürzungen in der Bildung beteiligten, „lieber nachhause, in die Bibliothek oder ein Bier trinken [zu] gehen“.

Die Krauter schreiten immer dann zur Tat, wenn die neuralgischen Grenzen des bürgerlichen Konsens’ in diesem Staat überschritten werden. Wenn die Herrschenden meinen, die Prolls bräuchten keine Bildung und der nationale Wettbewerbsstaat bedürfe ausgeglichener Haushalte, demobilisieren und verunglimpfen sie die Studierenden, die sich gegen den Klassenkampf von oben wehren. Wenn Muslime sich im Deutschland Sarrazins und Broders organisieren, um dem antimuslimischen Rassismus Einhalt zu gebieten,denunzieren die Krauter sie gegenüber der BILD. Und wenn ein Friedensforscher es wagt, über die Ursachen der beständigen Kriegsdrohungen des Westens gegen den Iran zu sprechen, statt im Jargon der BellizistInnen z.B. von „Stop the Bomb“ – natürlich als „ultima ratio“ – einen Krieg gegen den Iran zu fordern, schicken sie die Bürgerwehr, um für Ruhe und Ordnung im Hinterland zu sorgen. Entsprechend ist es auch kaum überraschend, dass die Hallenser Hilfssheriffs völlig selbstverständlich während der Störung der Veranstaltung erklärten: „Natürlich ist mir Angela Merkel und die deutsche Staatsräson lieber als ihr.“

Es handelt sich also bei dem gewalttätigen Angriff auf die Antikriegsveranstaltung mit Werner Ruf keineswegs um „Familienstreitigkeiten“ oder einen Streit zwischen „Antiimps“ und „Antideutschen“ – dies ist ohnehin ein diskursiver Notbehelf, um keinen Standpunkt beziehen zu müssen, und eine Form des Selbstbetrugs innerhalb der „Szene“. Vielmehr sieht die „AG No Tears for Krauts“ im SDS und anderen Gruppierungen, die noch ein Mindestmaß an praktischem Protest und Widerstand gegen die bürgerliche Gesellschaft organisieren, eine Bedrohung ihrer politischen Hegemonie im kleinen Halle. Sie hat Angst, dass ihre bellizistische und kulturkämpferische Hetze durch die erfolgreiche Arbeit und die progressiven Positionen unserer SDS-GenossInnen vor Ort entlarvt und unterminiert werden könnte.

Überidentifikation, Projektionen, repressive Entsublimierung und eine Gesellschaft ohne Opposition– die Funktionen des Antisemitismusvorwurfs in Deutschland

Der Antisemit würgt, der Philosemit umarmt. Bei beiden bleibt mir die Luft weg.“

E. Goldfarb

Die Unfähigkeit, ihre Antisemitismusvorwürfe gegen Werner Ruf in ihrem Flugblatt und während ihres Störmanövers argumentativ und mit Belegen zu untermauern, hält Gruppen wie „No Tears for Krauts“ oder das „Offene Antifaplenum Halle“ natürlich nicht davon ab, sie dennoch zu erheben.

Der Vorwurf wird zwar völlig entkoppelt von dem, was Linke wie Werner Ruf wirklich über Juden sagen. Aber eine Reihe von einstudierten Assoziationsketten und eine – wie Marx einst in anderem Zusammenhang so schön sagte – „professoraldeutsche Begriffsanknüpfungs-Methode“ ermöglicht der neuen Rechten, ihn für politische Diffamierungen nutzbar zu machen. Voraussetzung dafür ist einerseits die gänzliche Trennung des Antisemitismus im Nahen Osten von den dort herrschenden politisch-ökonomischen Verhältnissen – also der Abschied von einer historisch-materialistischen Erklärung. Und andererseits bedarf die willkürliche Denunziation politischer GegnerInnen als Antisemiten, ohne dass diese über Juden reden, der Gleichsetzung von Israel, Zionismus und Juden.

Während AntisemitInnen diese drei distinkten Gegenstände miteinander identifizieren und die Trias negativ konnotieren, wenden die Neokonservativen die Identifikation ins Positive. Unterm Strich hat dies zur Folge, dass jede Kritik an der israelischen Regierungspolitik – etwa an der anhaltenden Besatzung des palästinensischen Staatsgebiets durch militante rechtskonservative israelische SiedlerInnen – als „Antisemitismus“ denunziert werden muss. Denn wenn Linke die autoritäre Regierungspolitik von Netanjahu und Lieberman kritisieren, so der Kurzschluss, seien eigentlich „die Juden“ gemeint. Auf diese Weise wird nicht nur das „Gerücht über die Juden“ – und damit letztlich der Antisemitismus – perpetuiert. Der Antisemitismusvorwurf wird auch gänzlich seines Inhalts beraubt, beliebig und damit als Mittel zur Bekämpfung realen Antisemitismus’ unbrauchbar.3

Die aus dem in Deutschland besonders virulenten Philosemitismus hergeleiteten Antisemitismusvorwürfe sind letztlich Projektionen, die sich aber keineswegs auf KritikerInnen des israelischen Besatzungsregimes beschränken. Sie werden aus dem Milieu der „No Tears for Krauts“ auch regelmäßig z.B. gegen GlobalisierungsgegnerInnen wie attac, Blockupy-AktivistInnen, die Friedensbewegung usw. in Stellung gebracht. Dass der Antisemitismusvorwurf auf diese Weise zu einem Herrschaftsinstrument degradiert wird, um die letzten Reste antikapitalistischer Opposition in der BRD zu marginalisieren und letztlich aus dem Weg zu schaffen, ist bedauerlich, billig und eigentlich simpel zu durchschauen. Aber es ist leider auch das Tagesgeschäft der Täterenkel, die sich durch Überidentifikation mit dem, was sie für „jüdisch“ halten, ihrer Schuldgefühle zu entledigen versuchen. Durch ihre repressive Entsublimierung dienen sie aber doch nur der Aufrechterhaltung des tödlichen Status quo der kapitalistischen Gesellschaft.

Dass die von „AG No Tears for Krauts“ und Konsorten verrichtete Kärrnerarbeit auf Blogs, an der Uni und beim Straßenkampf im InteresseDeutschlands ist, wie der Chef des Axel Springer Verlags Mathias Döpfner freimütig erklärt4, und sich mit der deutschen Staatsräson deckt, ist den „antideutschen“ Neocon-Kadern durchaus bewusst. Es ist weder lediglich eine geschmacklose Provokation noch Zufall, dass sie jedem Linksparteimitglied „eine Flasche Yarden-Wein aus dem hoffentlich für alle Ewigkeit israelischen Golan“ im Austausch für deren Parteibuch anbieten.

No Tears for Krauts – die Agenda des Westens und die Instrumentalisierung des Holocausts für einen militärischen Angriff auf den Iran

Nach dem Überfall und der überstürzten Flucht der Krauter aus den Räumlichkeiten der Hallenser Linken wurden deren BAK „Shalom“- und „Antideutsche Aktion Berlin“-Sticker, die sie an Wände und Türen geklebt hatten, wieder entfernt und die Veranstaltung mit Professor Ruf konnte ohne weitere Behinderung, dafür aber mit kontroverser Diskussion, fortgesetzt werden.

Aus dem Vortrag und der anschließenden Debatte wurde klar, dass der Westen keineswegs altruistisch zum Schutz der iranischen und israelischen Zivilbevölkerung vor einem mutmaßlichen oder real existierenden Atomprogramm seit Jahren gegen den Iran Front macht. Vielmehr geht es darum, einen regionalen politischen und ökonomischen Konkurrenten der mit dem Westen verbündeten Golfdiktaturen, wie z.B. Saudi-Arabien und Katar, sowie Israels auszuschalten, Zugriff auf und die Kontrolle über die Öl- und Gasreserven sowie die dazugehörigen Pipelines des Iran zu erhalten, das Land wie im Irak für die Interessen des westlichen Kapitals zu öffnen und einen Widersacher in der internationalen Politik zu disziplinieren und bestenfalls auszuschalten.5

Angesichts dieser politisch-ökonomischen Hintergründe des internationalen Konflikts zwischen dem Westen und dem Iran wird auch die überschäumende Wut der „AG No Tears for Krauts“ und ihrer Vasallen auf Werner Ruf, die Veranstalter und die von Ruf dargelegten Thesen klar: Mit der Aufklärung über die verschiedenen Interessenlagen im Nahen Osten bröckelt auch die Kriegsbereitschaft an der „Heimatfront“ und damit die Durchsetzungsfähigkeit der deutschen, US-amerikanischen und israelischen Interessen. Wer mit „Viva America!“ bei seinen Veranstaltungen die USA feiert, den Vereinigten Staaten „Antifaschismus“ als „bis heute bewaffnete Staatsdoktrin“ attestiert und sich erklären lässt, „warum McDonalds und Britney Spears eine geschmackssichere Vorstufe zur universalen Emanzipation der Individuen darstellen“– dem und der gefällt sicherlich keine historisch-materialistische Analyse einer konkreten internationalen, politisch-ökonomischen Konstellation.

Um der Demobilisierung durch Aufklärung und Kritik der Friedensbewegung entgegenzuwirken, muss notfalls auch der Holocaust als Instrument herhalten. Schon 2007 bewarb die „AG“ z.B. eine von „I like Israel“ und den Rechtspopulisten „Honestly Concerned“ organisierte Demonstration mit dem Slogan „Ich will den atomaren Holocaust“. Den OrganisatorInnen zufolge sei der damalige iranische Präsident der Wiedergänger Hitlers: „Kein 4. Reich mit einem Führer Ahmadinedschad.“ Die „AG No Tears for Krauts“geben aber auch anderen Autoren ein Podium – und bewerben sie über ihre Homepage –, die den Holocaust relativieren und ihn wie die Bundesregierung für Kriegspropaganda gegen den Iran instrumentalisieren: zum Beispiel Matthias Küntzel, der auf der genannten Demonstration behauptet hat: „Ahmadinejad plus Atomwaffen: Das ist der zweite Holocaust.“ Und weiter sagt er, „die Bundeskanzlerin“ habe recht, wenn sie „die Gefahr der iranischen Bombe mit der Nazi-Gefahr der Dreißiger Jahre auf eine Stufe“ stelle. Wohin solche Einlassungen führen, haben Gerhard Schröder und Joschka Fischer 1999 eindrucksvoll gezeigt – zurück auf die Schlachtfelder.

Bilder sagen mehr als tausend Worte

Wer dies alles für wüste Propaganda unsererseits hält, werfe einen Blick auf den Header der alten „AG“-Hompage (und des jetzigen Archivs):nokrauts_banner

Wer jetzt noch ernsthaft meint, man könne das ja alles nicht einseitig sehen oder wir übertrieben die ganze Chose, verschließt die Augen vor den Tatsachen. Wir können es nur begrüßen, dass die Krauter und ihre Verbündeten immer weiter in den rechten Morast waten. Die Linke braucht sie nicht. Und wir weinen ihnen wahrlich keine Träne nach.

1Dass sich die „AG“ auf Augenhöhe mit den Repressionsbehörden befindet, illustriert der Titel eines älteren Vortrags, bei dem Uli Krug von der Zeitschrift BAHAMAS „über die linken Wurzeln des Faschismus“ spricht, die es ermöglichten, dass sich heute „Links“ und „Rechts“ träfen.

2Die „AG Antifa Halle“ ist eine weitere Untergruppe der „AG No Tears for Krauts“ und wird vom Studierendenrat der Hallenser Universität finanziert.

3Zur Verwandtschaft von Philo- und Antisemitismus siehe hier und hier.

5Anders als die „AG No Tears for Krauts“ und andere „antideutsche“ Neokonservative hierzulande bemühen sich ihre transatlantischen Brüder und Schwestern im Geiste kaum, diese Interessen hinter einem Blumenstrauß moralischer Argumente zu verstecken. Ein Blick in das Strategiepapier der NATO oder die National Security Strategy der Obama Administration kann in diesem Zusammenhang erhellend sein.