Linken Abgeordnete Müller steht in Brandenburg zur "Roten Hilfe"

 

Wegen der seit langem bekannten Mitgliedschaft des Brandenburger Linken-Abgeordneten Norbert Müller in der »Roten Hilfe« hat das Präsidium des Landtags eine Sondersitzung anberaumt. Parlamentspräsident Gunter Fritsch habe das Gremium einberufen, nachdem die CDU-Fraktion dies zuvor gefordert und Brandenburgs Innenminister Ralf Holzschuher (SPD) den Verein auf Anfrage des CDU-Abgeordneten Ingo Senftleben hin als »linksextrem« eingestuft hatte.

Norbert Müller

»Darüber kann man nicht einfach hinweggehen«, sagte der Fraktionschef der CDU, Dieter Dombrowski. Das Landtagspräsidium soll seine Missbilligung aussprechen. »Es scheint mir ein Anachronismus zu sein, dass wir in der letzten Landtagssitzung die Erweiterung unserer Verfassung um das Staatsziel ‚das friedliche Zusammenleben der Menschen zu schützen› einmütig beschließen, während gleichzeitig ein Abgeordneter durch seine Mitgliedschaft im Verein Rote Hilfe den Staat als ‚Feindbild‘ und als ‚Repressionsapparat‘ bezeichnet«, erklärte Dombrowski.

Die Linksfraktion im Landtag hat sich vor Müller gestellt. Er sei ein aufrechter Demokrat, sagte die stellvertretende Fraktionschefin Margitta Mächtig. Die Potsdamer Ortsgruppe der »Roten Hilfe« wies die Vorwürfe zurück und sprach von einer Diffamierung Müllers.

In der Antwort des SPD-Innenministers auf die Anfrage aus CDU-Reihen heißt es, »das Gefahrenpotential der Roten Hilfe« bestehe darin, »dass die systematische Verachtung der freiheitlich demokratischen Grundordnung auf fruchtbaren Boden fallen könnte«. Kritisch wird angemerkt, dass die Rote Hilfe »bei ihren mitgliedern ein Gefühl ständiger staatlicher Überwachung und Repression« erwecke. Tatsächlich geraten Aktivisten der linken Szene immer wieder ins Visier von - zum Teil später als rechtswidrig eingestuften - Überwachungsmaßnahmen und willkürlichen Festnahmen.

Die Organisation »Rote Hilfe« hat eine lange Tradition und unterstützt vor allem politische Gefangene sowie von Repression Betroffene aus dem linken Spektrum. Erst vor wenigen Wochen hatte die »Rote Hilfe« sich gegen die Gleichsetzung mit der neonazistischen NPD durch den Verfassungsschutz des Landes Brandenburgs zur Wehr setzen müssen.

Auch die Kritik an Müller, der vor kurzem für die Linkspartei in den Potsdamer Landtag nachrückte, ist keineswegs neu. Bereits zu seiner Kandidatur bei den Bundestagswahlen hatten Medien und auch die SPD im Oktober 2012 die Mitgliedschaft Müllers in der »Roten Hilfe« versucht zu skandalisieren. Der Kreisvorsitzende der Linkspartei in Potsdam, Sascha Krämer, hatte entsprechende Äußerungen aus der SPD seinerzeit als »billige Wahlkampfpolemik« zurückgewiesen.

Müller hat nunmehr auf die neuen Schlagzeilen zu seiner Mitgliedschaft in der »Roten Hilfe« im Sozialen Netzwerk Facebook erklärt, »das brauche ich gar nicht kommentieren, das spricht für sich«. Im vergangenen Jahr hatte der Linken-Politiker sich ausführlich zu dieser Frage geäußert. Den »Potsdamer Neuesten nachrichten« sagte Müller, »Es ist damals alles gesagt, was zu sagen war. Mit dem Einzug in den Landtag verändern sich weder meine Mitgliedschaften, noch meine Überzeugungen.«

Die Mitgliedschaft in der »Roten Hilfe« sei zudem seit 2008 bekannt. Dass die Organisation vom Verfassungsschutz beobachtet und als »linksextrem« stigmatisiert werde, sage »nichts über die Beobachteten aus, sondern vielmehr über die Beobachter«. Der Verfassungsschutz betreibe »hier gezielt Politik gegen linke, demokratische Kräfte in diesem Land«.

Es ist nicht das erste Mal, dass eine Mitgliedschaft in der »Roten Hilfe« parteipolitisch ausgeschlachtet wird. 2007 geriet die damalige Juso-Vorsitzende Franziska Drohsel wegen ihrer Mitgliedschaft unter den Druck der veröffentlichten Meinung. Auch in diesem Fall war längst bekannt, dass Drohsel die Organisation als Beitragszahlerin unterstützt. Drohsel trat schließlich aus der Roten Hilfe aus.

Zuvor waren allerdings mehrere Politiker der Linkspartei aus Protest gegen die Diffamierung Drohsels und der Organisation in die Rote Hilfe eingetreten. In einerErklärung, die unter anderem von den Bundestagsabgeordneten Katja Kipping, Michael Leutert und Sevim Dagdelen sowie Landtagsabgeordneten der Linkspartei aus Sachsen unterzeichnet wurde, hieß es: »In Zeiten, in denen Teile der Exekutive linkes Engagement kriminalisieren, anstatt sich aktiv der Aufklärung und strafrechtlichen Verfolgung neofaschistischer Gewalttaten zu widmen, muss die Unterstützung politisch Verfolgter aus dem linken Spektrum wachsen.«

2008 gab es große Aufregung, weil die Linksfraktion im hessischen Landtag die Rote Hilfe als Sachverständige in einer Anhörung über das damals zur Reform anstehende Polizeigesetz benannt hatte. Die CDU empörte sich seinerzeit über die »linksextreme Kadergruppe«. Im selben Jahr wurde die frühere PDS-Politikerin Angela Marquardt Mitglied bei den Sozialdemokraten, was unter anderem mit derSchlagzeile »SPD-Neuling verteidigt Rote Hilfe« begleitet wurde. Marquardt reagierte damals mit den Worten: »Die Rote Hilfe ist in den neuen Bundesländern eine unverzichtbare Hilfe - unter anderem im Kampf gegen den Rechtsextremismus. Deswegen diskutiere ich nicht darüber.« nd/tos/Agenturen

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