Sieg der griechischen Linken könnte angeblich Zerfall des Euro-Raumes bewirken

Für Bundeskanzlerin Angela Merkel und Finanzminister Wolfgang Schäuble hat ein Ausscheiden Griechenlands ("Grexit") aus dem Euro entgegen früheren Befürchtungen angeblich seinen Schrecken verloren. In Wahrheit hatte Schäuble schon 2011 selber einen Austritt Griechenlands aus dem Euro angedacht. 

 

Merkel und Schäuble seien inzwischen zuversichtlich, dass der Euro einen Ausstieg des südeuropäischen Krisen-Landes überleben würde, berichtete das Magazin "Der Spiegel" unter Berufung auf Regierungskreise. 

Sollte eine neue griechische Regierung unter dem Linkspolitiker Alexis Tsipras nach den Neuwahlen eine radikale Kurswende einleiten, sei ein solches Szenario nahezu unausweichlich. Plötzlich geht die Bundesregierung davon aus, dass Griechenland auch ohne Euro innerhalb der EU "seine Verpflichtungen erfüllen werde". Ansonsten versucht die Bundesregierung Merkel das Thema totzuschweigen.

Die Bundesregierung kapiert allerdings offensichtlich nicht, dass Kapitalakkumulation in einem Raum wie die EU immer Länder und deren Global Player zu Siegern der Kapitalakkumulation macht und andere Länder abhängt und zu reinen Absatzmärkten degenerieren lässt, denen zudem die Kaufkraft mangels Wertschöpfung im eigenen Lande schwindet.  Es ist ein dem Kapitalismus immanentes Problem, dass früher oder später zum Zerfall der EU führen muss, wenn der Weg zum Sozialismus nicht gefunden wird. Deshalb ist Griechenland auf dem richtigen Wege.   

Linken-Chef Bernd Riexinger warf der Bundesregierung in der Online-Ausgabe des Handelsblatts vor, mit ihren Überlegungen zu einem Ausscheiden Griechenlands aus dem Euro-gezielt "eine Bombe" zu zünden, die in Griechenland die Krise eskalieren lasse. Er sprach von "öffentlicher Erpressung" mit dem Ziel, vor den Neuwahlen am 25. Januar das Land zu destabilisieren, berichtet Reuters. 

Auslöser der aktuellen Diskussionen ist die Androhung des Chefs der linken Syriza-Partei Tsipras, im Falle eines Wahlsieges Zins- und Schuldenzahlungen seines Landes einzustellen sowie den Spar- und Reformkurs des Landes zu beenden. Die aktuelle Meinungsumfrage der griechischen Sonntagszeitung "Eleftheros Typos" sieht die Syriza mit einem Stimmenanteil von 30,4 Prozent in Führung, 3,1 Prozentpunkte vor den Konservativen von Regierungschef Antonis Samaras.

Tsipras hofft unterdessen auf wirtschaftliche Impulse für sein Land durch das geplante Kaufprogramm der Europäischen Zentralbank (EZB) für Euro-Staatsanleihen. Er warnte EZB-Präsident Mario Draghi daher, bei einer Kaufentscheidung am 22. Januar griechische Papiere davon auszunehmen. Zudem wiederholte er seine Absicht, mit den internationalen Gläubigern Griechenlands nach der Wahl eine Schuldenstreichung auszuhandeln. Griechenland hat in den vergangenen Jahren von internationalen Finanzhilfen in einem Volumen von rund 240 Milliarden Euro profitiert, die Staatsverschuldung liegt bei mehr als 320 Milliarden Euro.

Der Favorit bei der griechischen Parlamentswahl, Alexis Tsipras, hat sich neuerlich auf das Ziel eines umfassenden Schuldenerlasses für das Eurokrisenland festgelegt. Tsipras sagte am Samstag vor Parteifreunden in Athen, dass sein Linksbündnis SYRIZA dies im Rahmen einer Neuverhandlung des internationalen Hilfspakets sicherstellen werde."Die direkten Anleihenkäufe durch die EZB müssen Griechenland inkludieren", sagte Tsipras auf einem SYRIZA-Parteitag drei Wochen vor der Parlamentswahl auch nochmals.

Syriza hat zudem immer wieder einen Schuldenschnitt sprich Schuldenstreichung für Griechenland ins Gespräch gebracht und will aber trotzdem in der EU verbleiben. 

Der deutsche Ökonom Peter Bofinger warnte indes in der "Welt am Sonntag" vor einem Ausscheiden Griechenlands, da dies mit sehr hohen Risiken für die Stabilität des Euroraums verbunden wäre. "Auch wenn die Situation Griechenlands nicht mit der anderer Mitgliedsstaaten vergleichbar ist, würde damit ein Geist aus der Flasche gelassen, der nur schwer beherrschbar wäre", sagte der Wirtschaftsweise.

Auch andere Länder Südeuropas sind im Würgegriff der Hauptmächte der EU und der Widerstand wächst.

Hunderttausende setzten sich am 12. Dezember in Italien gegen die Austeritätspolitik zur Wehr, die Berlin der EU seit Jahren oktroyiert. Zahllose Industriebetriebe standen still, Nah- und Fernverkehr kamen weitgehend zum Erliegen. Über eine Viertelmillion Menschen gingen laut Gewerkschaftsangaben auf die Straße, um ihrer Wut Ausdruck zu verleihen.

Gegenstand des Protests waren offiziell die Arbeitsmarktreformen, die Ministerpräsident Matteo Renzi dem Land verordnen will. Diese aber folgen dem deutschen Modell, der Agenda 2010, und so hatten die Proteste am 12. Dezember stets auch die deutschen Austeritätsdiktate im Visier. Erst wenige Tage zuvor hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel mit ihrer Äußerung, die bisherigen »Reformen« der Regierung in Rom seien unzureichend und Renzi müsse endlich Druck machen, starken Unmut in Italien ausgelöst. »Così non va!«, das richtete sich auch gegen Berlin.

Die Bundesregierung hat bei ihrem Bestreben, der gesamten EU ihre Austeritätspolitik aufzudrücken, 2014 einige wichtige Erfolge erzielt. Vor allem hat sie den Widerstand Frankreichs im Kern gebrochen. Mitte Januar sah sich Staatspräsident François Hollande gezwungen, eine dramatische Kürzung der Staatsausgaben zu verkünden: Er werde bis zum Jahr 2017 ganze 50 Milliarden Euro einsparen und der Privatwirtschaft Steuererleichterungen in Höhe von 30 Milliarden Euro zukommen lassen, kündigte er unter dem Beifall Berlins an.

Paris muss seinen Haushalt kürzen, Rom die Arbeitsgesetze deregulieren – gibt es noch etwas, was den Durchmarsch des deutschen Neoliberalismus aufhalten kann? Widerstand regt sich inzwischen an ganz unerwarteter Stelle – in der bürgerlichen Wirtschaftswissenschaft. Ziemlich perplex berichtete Die Weltim August vom Jahrestreffen der Wirtschaftsnobelpreisträger in Lindau, das in Berlin als so relevant eingestuft wird, dass Kanzlerin Merkel es diesmal persönlich besuchte.

Merkel sei dort mit heftiger Kritik konfrontiert worden, hieß es in der Welt. Nicht nur der Nobelpreisträger von 2001, Joseph Stiglitz, habe erklärt, der deutsche Austeritätskurs garantiere der EU »eine jahrelange Depression, die selbst die verlorenen Dekaden Japans in den Schatten stellen wird«. Auch der Nobelpreiskollege von Stiglitz, Eric Maskin, (2007) habe geäußert: Der von Merkel »verordnete Sparkurs wird die Euro-Zone in die Depression schicken«. Christopher Sims, Nobelpreisträger 2011, habe den Regierungen in Athen, Madrid und Lissabon nachdrücklich geraten, »Notfallpläne für den Ausstieg aus der Währungsunion auszuarbeiten«. Das Urteil der Nobelpreisprominenz über die deutsche Austeritätspolitik sei fast durchweg verheerend gewesen, berichtete anschließend Die Welt.

Wie weit muss es 2014 gekommen sein, wenn bürgerliche Ökonomen vor Schäden der Berliner Austeritätspolitik warnen, und das nicht nur wegen der Gefahr einer Depression? Ziemlich weit. Welche Zustände nicht nur in den südeuropäischen Krisenstaaten, sondern in der gesamten EU herrschen, das zeigt eine knappe Analyse, die der Geograph Holger Jahnke und der Ökonom Gerd Grözinger im Oktober in der Geographischen Rundschau veröffentlichten. Die Zeitschrift ist sicher kein linkes Kampfblatt. EU-weit sei die Arbeitslosenquote in den Jahren von 2008 bis 2012 von 7,1 Prozent auf 10,5 Prozent gestiegen, schreiben die Autoren. Die Jugendarbeitslosigkeit habe sogar von 15,8 Prozent auf 23 Prozent zugenommen.
 
Gleichzeitig seien die Sozialleistungen allgemein gekürzt worden – darauf hatte in der Tat Berlin gedrungen –, und das spiegele sich recht deutlich in der Armutsstatistik wider. So sei der Armutsanteil nur in sieben EU-Staaten konstant geblieben, in 14 weiteren jedoch gewachsen und in den restlichen sieben sogar stark gestiegen. 2010 seien 23 Prozent der Bevölkerung der gesamten EU von Armut oder von sozialer Exklusion bedroht gewesen. 2012 habe das bereits auf 24,8 Prozent zugetroffen.
 
Weil sich in vielen Ländern die offizielle Armutsgrenze verschoben habe, sei die reale Armut sogar noch stärker gewachsen. Das »ärmste Fünftel« der Menschen in der EU sei inzwischen »hoch verschuldet«, »das wohlhabendste Fünftel« besitze »über zwei Drittel des Nettovermögens«. Nun – das sind die Durchschnittswerte für die gesamte EU.

Linke gegen Rente mit 70 - MP Ramelow kann es sich auf freiwilliger Basis vorstellen

Der Vorschlag einer freiwilligen Rente mit 70, den der Chef der Bundesagentur für Arbeit (BA), Frank-Jürgen Weise, am Freitag geäußert hat, stößt beim Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) auf Ablehnung. DGB-Bundesvorstand Annelie Buntenbach sagte gegenüber der in Bielefeld erscheinenden Neuen Westfälischen (Samstagausgabe): "Wer heute einen Job hat, fit ist und länger arbeiten will, dem legt niemand Steine in den Weg. Das Riesenproblem haben aber diejenigen, die es nicht bis 65 - geschweige denn bis 67 - schaffen können, gesund in Lohn und Brot zu bleiben. In deren Ohren muss es wie Hohn klingen, wenn wieder einmal über die Freiheit des längeren Arbeitens philosophiert wird."

 

Der linke Minsterpräsident Ramelow aus Thüringen kann sich die Rente mit 70 vorstellen- allerdings auf freiwilliger Basis. Nur geht es darum garnicht. Es geht um die Verbindlichkeiteiner solchen regelung, die strikt abzulehnen ist. 


Von den 60 bis 65-Jährigen sei "nach wie vor nur ein Drittel sozialversicherungspflichtig beschäftigt", so Buntenbach weiter. Dieser Anteil sinke, je näher das Renteneintrittsalter rücke. Die Arbeitslosenquote der über-55-jährigen sei in den vergangenen Jahren - entgegen dem allgemeinen Trend - gestiegen. In Ostdeutschland liege sie bei mehr als 10 Prozent. Hier müsse die Politik noch mehr tun, um flexible und abgesicherte Uebergänge von der Arbeit in die Rente zu ermöglichen, sagte Buntenbach.

Die Diskussion war im Bezug auf den wachsenden Fachkräftemangel entbrannt. Damit Menschen länger arbeiten könnten und Fachkräfte gehalten würden, müsse auch mehr für die Weiterbildung älterer Arbeitnehmer getan werden. "Aber auch die aktive Arbeitsförderung für ältere Arbeitslose muss verstärkt werden", sagte Buntenbach. Von den Arbeitgebern forderte Buntenbach mehr Bewegung. "Heute foerdert nicht mal jeder fünfte Betrieb altersgerechtes Arbeiten."

Die Regierung habe den früheren Ausstieg mit der Rente mit 63 ermöglicht. «Man sollte nun auch Anreize dafür setzen, dass Arbeitnehmer, die fit sind, freiwillig bis 70 arbeiten können», so Weise.

Nach Zahlen der Bundesagentur gingen Ende Juni 2014 knapp 173 000 Ältere zwischen 65 und 74 Jahren einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung nach. In der Altersgruppe von 65 bis 69 waren es zum selben Zeitpunkt 130 000.

Auf Kritik stieß hingegen Weises Vorschlag bei der Linkspartei. «Ich halte diesen Vorschlag für abenteuerlich und völlig verfehlt», sagte ihr Vorsitzender Bernd Riexinger den «Stuttgarter Nachrichten» (Samstag). «Wir haben doch gar nicht das Problem, dass massenhaft ältere Menschen länger arbeiten wollen.» Die zweite Vorsitzende Katja Kipping sagte dem Sender MDR Info: «Nachdem man jetzt schon die Generation Praktikum sehr breitflächig in befristete Jobs gepresst hat, soll jetzt auch die Generation Ü 65 in befristete Jobs gepresst werden und das halte ich für falsch.»

Wer wie das Institut der Deutschen Wirtschaft die Rente ab 70 fordert, will endgültig die Diskussionen um die Rente erst ab 67 durch Ablenkung beenden; hat von der Lebenswirklichkeit keine Vorstellung und riskiert einen gesellschaftlichen Großkonflikt, bei dem wir keine Sekunde zögern werden, ihn zu unterstützen, sagte Riexinger schon im August auf seiner Facebook-Seite. !

Bodo Ramelow gibt dazu folgende Erklärung ab: 

Bevor sich alles erregt über die Zahl 70 hier mein Vorschlag, denn der sieht einen verbindliches Renteneintrittsalter mit 65 ohne jeden Abschlag vor. Es wäre also das Ende von der Rente mit 67. 
Außerdem flexible Übergänge vom 60'ten an. Bei 63 und 45 Beitragsjahren frühster Ausstieg ohne jeden Abschlag. 
Mit dem 65'ten dann aber eine freiwillige Weiterarbeit ermöglichen ohne Rentenbezug, aber voller Sozialversicherungspflicht. Als Anreiz verzichtet der Staat auf die Erhebung der E-Steuer, denn der Mensch verzichtet ja auch auf den Rentenbezug. Netto hat der Arbeitnehmer dadurch mehr, aber die Rentenkasse wird entlastet und die Sozialversicherung wird weiter aktiv gestärkt. 
Wenn nun statt dessen, die Dazuverdienstgrenzen dauerhaft erhöht werden, dann schwächt das den ökonomisch abhängigen Arbeitnehmer, schwächt die Staatskasse (Mindestrente) und verschafft den Betrieben trotzdem "billige" Kräfte. Aus dieser Logik würde ich gerne raus.
Freiwillige Einstiege vor dem 65'ten und freiwilliges Weitermachen bis höchstens 70, aber voller Rechtsanspruch zum 65'ten Geburtstag. 
Es würde die Angst vor der Rente deutlich reduzieren und es würde die Arbeitnehmer stärken!
Im Übrigen sei erwähnt in Thüringen ist fast jeder vierte Landarzt über 65 und wir suchen Händeringend junge Ärzte!
Außerdem muss endlich die Rente zwischen Ost zu West gleichgestellt werden und die Rentenkasse muss für alle Bezieher Armutsfest gemacht werden. 
Die Menschen und die Sozialkassen stärken, statt es den Börsen oder der privaten Finanzwirtschaft zu überlassen, darum ging es!

Linke gegen Rente mit 70 - MP Ramelow kann es sich auf freiwilliger Basis vorstellen

Der Vorschlag einer freiwilligen Rente mit 70, den der Chef der Bundesagentur für Arbeit (BA), Frank-Jürgen Weise, am Freitag geäußert hat, stößt beim Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) auf Ablehnung. DGB-Bundesvorstand Annelie Buntenbach sagte gegenüber der in Bielefeld erscheinenden Neuen Westfälischen (Samstagausgabe): "Wer heute einen Job hat, fit ist und länger arbeiten will, dem legt niemand Steine in den Weg. Das Riesenproblem haben aber diejenigen, die es nicht bis 65 - geschweige denn bis 67 - schaffen können, gesund in Lohn und Brot zu bleiben. In deren Ohren muss es wie Hohn klingen, wenn wieder einmal über die Freiheit des längeren Arbeitens philosophiert wird."

Der linke Minsterpräsident Ramelow aus Thüringen kann sich die Rente mit 70 vorstellen- allerdings auf freiwilliger Basis. Nur geht es darum garnicht. Es geht um die Verbindlichkeiteiner solchen regelung, die strikt abzulehnen ist. 


Von den 60 bis 65-Jährigen sei "nach wie vor nur ein Drittel sozialversicherungspflichtig beschäftigt", so Buntenbach weiter. Dieser Anteil sinke, je näher das Renteneintrittsalter rücke. Die Arbeitslosenquote der über-55-jährigen sei in den vergangenen Jahren - entgegen dem allgemeinen Trend - gestiegen. In Ostdeutschland liege sie bei mehr als 10 Prozent. Hier müsse die Politik noch mehr tun, um flexible und abgesicherte Uebergänge von der Arbeit in die Rente zu ermöglichen, sagte Buntenbach.

Die Diskussion war im Bezug auf den wachsenden Fachkräftemangel entbrannt. Damit Menschen länger arbeiten könnten und Fachkräfte gehalten würden, müsse auch mehr für die Weiterbildung älterer Arbeitnehmer getan werden. "Aber auch die aktive Arbeitsförderung für ältere Arbeitslose muss verstärkt werden", sagte Buntenbach. Von den Arbeitgebern forderte Buntenbach mehr Bewegung. "Heute foerdert nicht mal jeder fünfte Betrieb altersgerechtes Arbeiten."

Die Regierung habe den früheren Ausstieg mit der Rente mit 63 ermöglicht. «Man sollte nun auch Anreize dafür setzen, dass Arbeitnehmer, die fit sind, freiwillig bis 70 arbeiten können», so Weise.

Nach Zahlen der Bundesagentur gingen Ende Juni 2014 knapp 173 000 Ältere zwischen 65 und 74 Jahren einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung nach. In der Altersgruppe von 65 bis 69 waren es zum selben Zeitpunkt 130 000.

Auf Kritik stieß hingegen Weises Vorschlag bei der Linkspartei. «Ich halte diesen Vorschlag für abenteuerlich und völlig verfehlt», sagte ihr Vorsitzender Bernd Riexinger den «Stuttgarter Nachrichten» (Samstag). «Wir haben doch gar nicht das Problem, dass massenhaft ältere Menschen länger arbeiten wollen.» Die zweite Vorsitzende Katja Kipping sagte dem Sender MDR Info: «Nachdem man jetzt schon die Generation Praktikum sehr breitflächig in befristete Jobs gepresst hat, soll jetzt auch die Generation Ü 65 in befristete Jobs gepresst werden und das halte ich für falsch.»

Wer wie das Institut der Deutschen Wirtschaft die Rente ab 70 fordert, will endgültig die Diskussionen um die Rente erst ab 67 durch Ablenkung beenden; hat von der Lebenswirklichkeit keine Vorstellung und riskiert einen gesellschaftlichen Großkonflikt, bei dem wir keine Sekunde zögern werden, ihn zu unterstützen, sagte Riexinger schon im August auf seiner Facebook-Seite. !

02.01.2015

Riexinger erhofft sich für LINKE 2015 Aufschwung im Westen

Vorsitzende: »Thüringen gibt Rückenwind auch für andere Wahlen« in Hamburg und Bremen / Rot-Rot-Grün im Bund hängt von verbindenden Projekten ab

Hofft auf einen Aufschwung für d...
Hofft auf einen Aufschwung für die LINKE im Westen: Bernd Riexinger

Berlin. LINKE-Chef Bernd Riexinger erhofft sich von den in diesem Jahr anstehenden Wahlen in Hamburg und Bremen für seine Partei einen Aufschwung im Westen. Erfolge in den beiden Stadtstaaten würden »das Signal aussenden, dass die LINKE im Westen wieder da ist«, sagte Riexinger der Nachrichtenagentur AFP in Berlin. Ziel sei, dass die Partei, die bereits in den Bürgerschaften beider Länder vertreten ist, ihr Ergebnis von 2011 verbessert. In Hamburg wird am 15. Februar gewählt, hier hatte die Linke zuletzt 6,4 Prozent erzielt. Wahltermin in Bremen, wo es zuletzt 5,6 Prozent waren, ist der 10. Mai.

Riexinger verwies darauf, dass die LINKE nach einigen Misserfolgen im Westen im vergangenen September in Hessen den Wiedereinzug in den Landtag geschafft habe. Auch auf Bundesebene »wollen wir unbedingt noch zulegen«, sagte er. In Umfragen liegt die LINKE derzeit zwischen acht und zehn Prozent, zuletzt hatte eine Forsa-Umfrag am Jahresende die Sozialisten sogar bei 11 Prozent gesehen.

Es gehe im Jahr 2015 auch darum, »bundespolitischen Rückenwind zu geben für die Landtagswahlen in den Flächenländern im darauffolgenden Jahr«, sagte der LINKEN-Vorsitzende.

2016 wolle seine Partei in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz erstmals in die Landtage einziehen, in Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern gehe es um erneut gute Ergebnisse.

»Thüringen gibt Rückenwind auch für andere Wahlen«, sagte Riexinger mit Blick auf das ostdeutsche Bundesland, in dem die LINKE mit Bodo Ramelow erstmals einen Ministerpräsidenten stellt. »Ramelow hat schon die Absicht, ein paar Pflöcke einzuschlagen, wo man die linken Spuren dann auch sieht«, sagte Riexinger. Probleme bei der Abstimmung zwischen Thüringen und der Bundespartei erwartet er nicht.

»Ramelow wird definitiv nicht den Kretschmann machen, er fühlt sich viel zu sehr den Grundsätzen der Linken verbunden«, sagte er mit Blick auf den Alleingang des baden-württembergischen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann (Grüne) beim Asylrecht. Kretschmann hatte im Bundesrat einer Asylrechtsänderung zur Mehrheit verholfen und damit für Verärgerung in seiner Partei gesorgt.

Ob ein rot-rot-grünes Bündnis wie in Thüringen auch im Bund zustande kommt, »wird davon abhängig sein, ob wir ein gemeinsames Projekt haben«, fügte der LINKEN-Chef hinzu. SPD und Grüne seien aber »bislang eher nicht dazu bereit«. Insbesondere die Grünen hielten sich alle Türen offen, sagte Riexinger mit Blick auf mögliche weitere schwarz-grüne Bündnisse nach der Koalition in Hessen. AFP/nd

 

Quelle: http://www.neues-deutschland.de/artikel/957169.riexinger-erhofft-sich-fuer-linke-2015-aufschwung-im-westen.html

Im Wortlaut


31.12.2014 Gregor Gysi, der Freitag

»Die Leute wollen, dass wir regieren«

Foto: ddp images/CommonLens/Axel Schmidt

 

 

Gregor Gysi sieht die Linkspartei in der ersten Liga angekommen. Doch unter der Oberfläche muss sie weiter Widersprüche aushalten.

 

Der Freitag: Herr Gysi, wann haben Sie das letzte Mal politischen Mut bewiesen?

Gregor Gysi: Das ist schwer einzuschätzen, weil die Maßstäbe so unterschiedlich sind. Ich habe vor kurzem die Grenze zwischen Irak und Syrien überquert, was ja auch ein bisschen illegal war. Die Kämpfer des Islamischen Staats waren so etwa neun bis zehn Kilometer weit weg – aber ich fand’s nicht so besonders mutig. Eigentlich ist Mut etwas anderes, nämlich sich bewusst gegen einen Mainstream zu stellen, wenn man von Leuten umgeben ist, die lautstark nichts anderes als den Mainstream fordern. Dann ist man sehr einsam. Das finde ich viel schwieriger als meinen Grenzübertritt.

Haben Sie den Eindruck, sich noch häufig gegen den Mainstream zu stellen?

Ich vertrete zwar häufig Standpunkte, die nicht dem Mainstream entsprechen, aber ich mache es auf eine Art und Weise, die die Akzeptanz für mich erhöht hat. Dadurch ist es nicht mehr so mutig wie vielleicht 1990 oder 1991. Das ist nicht mehr vergleichbar. Damals sind mir im Wesentlichen nur zwei Gefühle begegnet: Hass oder tiefe Zuneigung – fast nichts dazwischen. Das war eine viel schwierigere Situation als die gegenwärtige.

Hätten Sie auch mit dieser Akzeptanz im Rücken den Mumm gehabt, bei einer Stimme Mehrheit in einer unerprobten Konstellation in eine geheime Wahl zu gehen, so wie Bodo Ramelow?

Unter den Bedingungen von Thüringen wahrscheinlich. Ich müsste natürlich das Gefühl haben, dass auch die Abgeordneten von SPD und Grünen mir vertrauen. Dann würde ich das schon machen. Eine knappe Mehrheit führt auch zu einer höheren Disziplin. Eine große Mehrheit führt eher zu Disziplinlosigkeit. Trotzdem hatte ich vor dem ersten Wahlgang ein Kribbeln im Bauch, wie das letzte Mal als Kind zu Weihnachten direkt vor der Bescherung, als ich es nervlich auch kaum noch aushielt.

Dann muss Ramelows Durchfaller im ersten Wahlgang für Sie ein großer Schock gewesen sein.

Da ging es mir logischerweise nicht gut. Das Problem war, dass der Landtagspräsident überhaupt keine Miene verzogen hat – da konnte man überhaupt nicht erkennen, wie das Ergebnis aussieht. Aber unsere Abgeordnete aus der Zählkommission ging nach dem ersten Wahlgang mit einem niedergeschlagenen Gesichtsausdruck zurück an ihren Platz und nach dem zweiten strahlte sie. Da war ich dann überzeugt, dass es geklappt hat. Ich hatte nach dem ersten Wahlgang gehofft, dass einer zeigen will, dass er Bedenken hat, aber gleichzeitig die Koalition nicht verhindern will. Natürlich wäre es auch im dritten Wahlgang gegangen – darauf hatten wir uns eingestellt. Das Verfassungsgericht in Thüringen saß schon bereit, um zu klären, wer jetzt Ministerpräsident ist. Gott sei Dank ist uns das erspart geblieben.

Welche Auswirkungen sehen Sie durch die Wahl eines linken Ministerpräsidenten auf das politische System?

Es ist natürlich wirklich neu, dass die SPD uns auch als Seniorpartner akzeptiert. Das ist ein Qualitätssprung. Es hat seit 1949 keinen Ministerpräsidenten links von der Sozialdemokratie gegeben. Aber jetzt wird es für die SPD zum Beispiel in Mecklenburg-Vorpommern in zwei Jahren schwer zu erklären, warum sie lieber die CDU als Juniorpartner nimmt als uns. Und in Sachsen-Anhalt wird es noch schwerer zu erklären, weshalb sie nicht bereit ist, auch dort einen linken Ministerpräsidenten zu akzeptieren. Das hat auch die Union verstanden. Sie sieht, dass die SPD jetzt aus der Pflicht entlassen ist, mit ihr zu koalieren. Außerdem hatte die Union von Thüringen ja eine eigentumsrechtliche Vorstellung. Aber ich habe dem Fraktionsvorsitzenden Mike Mohring in meiner grenzenlosen Großzügigkeit angeboten, ihm und den CDU-Abgeordneten eine Stunde unentgeltlich zu erklären, wie Oppositionsarbeit funktioniert. Er ist bislang allerdings noch nicht darauf eingegangen.

Und welche Auswirkungen auf die Linke erwarten Sie?

Wir spielen nun in der ersten Liga, haben eine größere Verantwortung, brauchen eine größere Disziplin. Eine weitere Lektion ist, dass die Leute wollen, dass wir mitregieren. Das müssen alle in unserer Partei begreifen – auch die, die – aus welchen Gründen auch immer – nicht regieren wollen. Die müssen sich einen Ruck geben, sich überwinden. Als Zweites muss uns klar sein, dass man mit Wählerinnen und Wählern niemals spielen darf. Man darf nicht sagen, man wäre zu etwas bereit, wenn man es nicht ist. Und das Dritte ist, dass wir einen Weg finden müssen, Kompromisse einzugehen, ohne unsere Identität zu verlieren. Das ist die eigentliche Schwierigkeit. Aber im Bund, um das gleich zu sagen, findet das alles nur statt, wenn es eine Wechselstimmung gibt. Und davon kann bisher überhaupt keine Rede sein – das weiß auch der Freitag.

Aber liegt es nicht in der Verantwortung der Opposition, für eine Wechselstimmung zu sorgen?

Richtig! Eigentlich muss die Linke der Motor für eine Wechselstimmung werden. Aber das sind wir noch nicht – eben weil es so eine Unsicherheit gibt, wohin das Ganze gehen soll. Aber allein schaffen wir das auch nicht. Ich habe zweimal eine Wechselstimmung erlebt: 1998 im Bund wollten die Leute Kohl einfach nicht mehr. Es war genug nach 16 Jahren. Und 2001 in Berlin nach der Bankenkrise. Da gab es eine Wechselstimmung. Aber wenn die nicht da ist, ist so ein Wahlkampf auch nicht besonders spannend.

Bislang versucht die Linke ja auf sehr unterschiedlichen Wegen, die Menschen von sich zu überzeugen. In den Ländern regieren Sie gnadenlos pragmatisch, im Bund zeichnet Sie – freundlich formuliert – eine gewisse Vielstimmigkeit aus …

Na ja, die meisten Sachen machen wir schon ziemlich einstimmig. Aber gelegentlich machen wir auch mal etwas vielstimmig. Das sind immer ein paar neuralgische Punkte. Aber das ist nicht das Problem. Wir müssen die Leute davon überzeugen, dass es eine machbare Alternative gibt und dass die für sie viel besser wäre – wirklich mehr Frieden und soziale Gerechtigkeit und vieles andere mehr schüfe.

Die Gelegenheit dazu haben Sie – schließlich sind Sie seit einem Jahr Oppositionsführer. Macht die Linksfraktion in dieser Rolle einen angemessenen Job?

Ich glaube, dass wir unserer Rolle als Oppositionskraft schon gerecht geworden sind. Wir haben den Vorteil, dass die Medien jetzt gelegentlich unsere Stimme oder die der Grünen benötigen – sie können ja nicht immer bloß Regierungsparteien nehmen. Das nutzen wir natürlich. Wir müssen uns daran gewöhnen, dass unsere Äußerungen anders wahrgenommen werden. Wir sind jetzt die Herausforderer. Wir sprechen immer direkt nach der Kanzlerin – und in der Debatte über den Kanzleretat sogar vor ihr. Das zieht natürlich eine besondere Verantwortung nach sich. Die darf man nicht unterschätzen. Die Schwierigkeit besteht darin, dass die Opposition so klein ist, dass ihr einige Möglichkeiten verwehrt sind. Deshalb müssen wir Wege finden, mehr Aufmerksamkeit zu erreichen. Und wir müssen einen Fehler auf jeden Fall vermeiden: Wir können nicht wieder damit anfangen, uns mit uns selbst zu beschäftigen. Das wissen auch alle – aber gelegentlich verfallen wir in diesen Fehler.

Zuletzt vor wenigen Tagen: Was geht Ihnen durch den Kopf, wenn Sie Ihr Fraktionsmitglied Diether Dehm Arm in Arm mit dem umstrittenen Moderator Ken Jebsen auf einer Demo sehen?

Ich halte das für falsch, und das werde ich ihm auch deutlich sagen.

Warum suchen Teile der Linken die Nähe von Neurechten?

Das stimmt nicht. Die Linke ist sich völlig einig gegen die Rechten. Aber wir müssen noch besser aufklären.

Um auf die neuralgischen Punkte zurückzukommen, von denen Sie sprachen: Halten Sie die Linkspartei in den großen Fragen heute für befriedet?

Was die großen Linien angeht, sind wir uns einig. Wir haben hier niemanden, der gegen Frieden, Umverteilung, Minderheitenschutz oder die Gleichstellung von Ost und West und von Frauen und Männern wäre. Diskussionen führen wir zur Höhe der Forderung oder zur Art der Herangehensweise. Wie hoch soll die Umverteilung ausfallen? Wie kann man gegen den Islamischen Staat vorgehen? Da gibt es Widersprüche. Und wir müssen aufpassen, dass wir Dinge nicht zum Dogma verkommen lassen. Auf der anderen Seite müssen wir auch aufpassen, dass wir nicht „käuflich“ werden, uns nicht anbiedern und unsere Identität aufgeben. Das wäre kreuzgefährlich.

Würden Sie das Verhältnis der Partei zu Israel auch als eines dieser Themen unter der Oberfläche ansehen?

Eigentlich sind bei uns fast alle dafür, dass Israel in sicheren Grenzen existiert und dass Palästina in sicheren Grenzen existiert. Aber es gibt eine unterschiedliche Entwicklung. Die einen kommen aus der DDR, die ja gar keine Beziehung zu Israel hatte, und haben eher ein schlechtes Gewissen. Und die anderen haben eine entgegengesetzte Entwicklung, weil ihre Regierung zwar immer gute Beziehungen zu Israel hatte, aber die PLO vernachlässigt hat. Daraus entstehen unterschiedliche Leidenschaften. Da gibt es sehr viele, die leben diese in angemessener Form aus, und es gibt ein paar, die das gelegentlich in unangemessener Form machen – und dann gibt es Auseinandersetzungen.

Sie haben die als „Toiletten-Gate“ bekannt gewordene Situation, als Sie von Israel-Kritikern im Bundestag bedrängt wurden, die zwei Abgeordnete der Linken eingeladen hatten, sehr schnell abmoderiert. Haben Sie damit nicht einen notwendigen Dialog verhindert, der einmal abschließend geführt werden müsste?

Der kann gar nicht abschließend geführt werden. Gegen bestimmte emotionale Ausrichtungen kann man nicht argumentativ vorgehen. Und ich bin nun wirklich nicht der Typ, der Auseinandersetzungen aus dem Weg geht. Schließlich habe ich in Göttingen die Rede gehalten.

Sie meinen Ihre Rede, die Sie auf dem Linken-Parteitag von 2012 hielten. Sie sprachen damals von Hass in der Partei.

Bestimmte Auseinandersetzungen muss man führen. Aber zum rechten Zeitpunkt. Da muss vieles zusammenkommen. An diesem Punkt sind wir aber nicht. Außerdem ist das Israel-Thema für die Bevölkerung nicht das entscheidende Thema. Das spielt in den Intellektuellenkreisen eine Rolle, aber für meine Lidl-Kassiererin ist das eher neben ihren existenziellen Problemen. Letztlich müssen wir aufpassen, dass eine gewisse Grenze nicht überschritten wird, und da passe ich auf. Und die Betroffenen haben sich bei mir entschuldigt.

Wie lange wollen Sie Ihren Laden eigentlich noch zusammenhalten? Angeblich treten Sie ja im Winter 2015 zurück …

Wie kommen Sie denn auf so was? Ich bin doch topfit! Sie müssen mich noch fast ewig ertragen. Allerdings: Mit 90 könnte es so weit sein, dass ich tatsächlich aufhöre.


Interivew: Julian Heissler

der Freitag, 31.12.2014

 

Ebenfalls erschienen unter: http://linksfraktion.de/im-wortlaut/die-leute-wollen-dass-wir-regieren/