Hans Modrow und die Solidarität mit Cuba 

»Solidarität mit Kuba stärken«

Havanna führt Dialog auf Augenhöhe mit Washington. BRD muss Verhältnis zum Karibikstaat normalisieren. Ein Gespräch mit Hans Modrow

Hans Modrow war vom November 1989 bis April 1990 Ministerpräsident der DDR, bis 1994 Abgeordneter des Bundestags, von 1999 bis 2004 Mitglied des Europaparlaments. Heute ist er Vorsitzender des Ältestenrats der Partei Die Linke. Aus der Jungen Welt.

Freudenfest in Havanna nach der Freilassung der »Cuban Five« (17

Einige Medien bewerten die Freilassung der drei kubanischen Aufklärer in dieser Woche und die angekündigte Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen Havanna und Washington als Geste des guten Willens von US-Präsident Barack Obama. Teilen Sie diese Beurteilung, oder sehen Sie andere Gründe dafür?

 

Wie schon in tiefsten Zeiten des Kalten Krieges ist guter Wille auf beiden Seiten erforderlich. Was sich bisher vollzog, war ein Gefangenenaustausch, der Obama innenpolitisch den Rücken freihält und für Raúl Castro viel Zustimmung in Kuba bringt. Wer – mit Vermittlung des Papstes, dem viel Dank gebührt – einen Weg zur Normalisierung sucht, braucht ständigen diplomatischen Austausch.

»Die Isolation Kubas hat nicht funktioniert«, sagte Obama in seiner Rede. Gleichzeitig verhängen die USA aber neue Sanktionen gegen Russland und Venezuela. Glauben Sie an eine Veränderung der US-Außenpolitik?

Die Isolation Kubas hat dem Land großen materiellen Schaden zugefügt, konnte aber das Ziel, den revolutionären Prozess in Kuba zu überwinden, nicht erreichen. Die USA haben sich in Lateinamerika mehr und mehr isoliert und fanden für ihre Blockade bei den Vereinten Nationen keine Zustimmung. Die neue Kuba-Politik der USA soll vor allem den eigenen Interessen dienen. Obama selbst hat ja zum Ausdruck gebracht, dass in der Außenpolitik die Methoden verändert werden, weil die bisherigen nicht effizient waren, die Ziele aber die gleichen bleiben. Die gegen Russland gerichteten Sanktionen tragen den Hauch des Kalten Krieges. Sie werden von der EU mitgetragen und als imperiale NATO-Politik mit militärischen Drohungen untersetzt. Venezuela soll zum schwächsten Glied in der Kette einer Linksentwicklung in Lateinamerika gemacht werden.

Kubas Präsident Raúl Castro hat in seiner Ansprache darauf hingewiesen, dass der wichtigste Punkt, nämlich die Blockade der USA gegen Kuba, nicht gelöst ist. Wie bewerten Sie Castros Rede, und wie könnte es jetzt weitergehen?

Raúl Castro ist ein erfahrener Politiker und ein Militärstratege. Er liebt Kuba und ist mit seinem Volk ganz eng verbunden. Die Freude über den Erfolg verbindet er mit dem Wissen um große Herausforderungen, die damit einhergehen. Die inneren Reformen für Stabilität behalten Vorrang. Mit der Möglichkeit, auf gleicher Augenhöhe mit den USA zu verhandeln, muss ein internationaler Dialog entstehen, an dem auch die deutsche Außenpolitik aktiv Anteil nehmen sollte.

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Der russische Vizepremier Dmitri Rogosin warnte: »Nun werden sie Kuba in der Umarmung würgen.« Teilen Sie seine Skepsis?

Ich habe Dmitri Rogosin persönlich kennengelernt. Er war bereits in sowjetischen Zeiten in der Politik und außenpolitisch tätig. Ihm ist die deutsche Ostpolitik der 1970er und 1980er Jahre nicht fremd. Was mir aber noch bedeutender für seine Aussage erscheint: Er war auch einige Jahre Botschafter Russlands bei der NATO. Ich verstehe seinen Ausspruch als Sorge und als Aufforderung, jeden Schritt mit Bedacht zu gehen. Bei einem Gespräch im Frühjahr mit dem Ersten Stellvertreter des Außenministers in Kuba hatte ich den Eindruck, dass bei den Bemühungen um Normalität im Verhältnis zu den USA die von Rogosin benannten Gefahren nicht unbeachtet bleiben werden.

Im nächsten Jahr sollen die Verhandlungen zur Normalisierung der Beziehungen zwischen der EU und Kuba fortgesetzt werden. Die Bundesrepublik galt bisher als Bremser. Ändert sich das jetzt?

Die EU ist nicht von ungefähr in Bewegung gekommen. Die harte Front gegen Kuba war schon in einigen Mitgliedsstaaten am Bröckeln, als die ersten Verhandlungen begannen. Diese Länder verfolgten bei ihren Beziehungen zu Kuba eigene Interessen. Das machte zugleich sichtbar, dass Schritte zur Vertrauensbildung mit Kuba im Sinne der Völkergemeinschaft sind. Gerade am Beispiel Kuba wird sichtbar, wohin deutsche Außenpolitik führt, wenn sie sich ausschließlich an den USA und ihren Vorgaben orientiert, und wie schnell das Streben deutscher Politik nach Verantwortungsübernahme mehr als Machtpolitik und nicht vertrauensbildend zwischen den Völkern wirkt. Deutsche Außenpolitik wird Vertrauen zerstören, wenn sie sich nicht dem Streben nach Normalität im Verhältnis zu Kuba anschließt. In einem Gespräch mit einem ranghohen Vertreter des Außenministeriums in Berlin habe ich diese Position nachhaltig vertreten und hoffe, dass die neue Situation dort jetzt zu einer Überprüfung eigener Handlungen und zu eigenen Aktivitäten führt, um die Beziehungen zu Kuba zu verbessern.

Die Standhaftigkeit der in den USA inhaftierten Aufklärer, die Festigkeit der kubanischen Regierung und die weltweite Solidarität haben letzten Endes zur Freilassung der »Cuban Five« beigetragen. Was bedeutet das persönlich für Sie?

Mit Tausenden in der Bundesrepublik und mit Millionen in anderen Ländern habe ich mich für die Freilassung der »Cuban Five« eingesetzt. Der Kampf ging bekanntlich über Jahre. Ob in Havanna oder hier in Berlin hatte ich Gelegenheit, mich mit ihren Frauen oder Kindern zu treffen. Die Solidarität mit den fünf hat auch uns, die wir für sie eintraten, in unserem Engagement bestätigt. Die Freude über die Freilassung sollte unsere Solidarität mit Kuba stärken.

 

Hans Modrow und Volker jW-Autor Hermsdorf stellen auf der von junge Welt veranstalteten XX. Internationalen Rosa-Luxemburg-Konferenz am 10. Januar in der Berliner Urania ihr neues Buch »Amboss oder Hammer. Gespräche über Kuba« (Verlag Wiljo Heinen, Berlin 2015, 436 Seiten, 16 Euro) vor.

20.12.2014 / Aktion / Seite 16 Inhalt

Schneller und schlimmer

Die XX. Rosa-Luxemburg-Konferenz im Januar diskutiert das gleiche Problem wie die erste im Jahr 1996: den Abschied der Linken vom Antimilitarismus

Von Dietmar Koschmieder
Oskar Lafontaine auf der Rosa-Luxemburg-Konferenz im Jahr 2006
Oskar Lafontaine auf der Rosa-Luxemburg-Konferenz im Jahr 2006

Die erste Rosa-Luxemburg-Konferenz der Tageszeitung junge Welt fand im Januar 1996 statt. Bewusst wurde dazu der Vortag der traditionellen Kundgebung an der Luxemburg-Liebknecht-Gedenkstätte in Berlin-Friedrichsfelde gewählt. Absicht war und ist, dabei mitzuwirken, dass diese in der DDR gepflegte Tradition weitergeführt wird. Erinnert wird an die Ermordung von Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht im Januar 1919 – dabei wird ebenfalls aller anderen revolutionären Kämpfer gedacht, die in Friedrichsfelde und anderswo ihre letzte Ruhestätte gefunden haben. Mit Kundgebung und Demonstration wird auch ihr Erbe weitergetragen: der Kampf für eine Welt ohne Krieg und Faschismus, ohne Ausbeutung und Profitlogik. Weil das ohne Systemwechsel nicht möglich ist, wird hier auch für Sozialismus demonstriert. Es ist bis heute die größte regelmäßig stattfindende antikapitalistische Manifestation im deutschsprachigen Raum.

Die erste Luxemburg-Konferenz fand im Berliner »Tränenpalast« statt. Mit Vertretern von SPD, Bündnis 90/Die Grünen, PDS und DKP diskutierten wir schon 1996 die Frage: »Frieden schaffen mit Blauhelmwaffen? Der Abschied der Linken vom Antimilitarismus.« Zwar gab es eine Partei Die Linke noch gar nicht, und eine zentrale Forderung der Grünen hieß »Raus aus der NATO!« (auf Bundesebene kannten sie da nur die Oppositionsrolle). Aber die These der jungen Welt war damals, dass viele der sich noch als links verstehenden Politiker von Grünen und SPD in absehbarer Zeit ihre antimilitaristische Position aufgeben werden. Unsere Gesprächspartner von SPD und Grünen hielten diese Einschätzung damals für völlig absurd. Tatsächlich kam es schneller und schlimmer: Der erste grundgesetz- und völkerrechtswidrige Angriffskrieg mit Bundeswehr-Beteiligung nach 1945 folgte 1999 gegen Jugoslawien. Möglich war der nur mit einer »rot-grünen« Regierung.

Als die Tageszeitung junge Welt die erste Luxemburg-Konferenz veranstaltete, war Oskar Lafontaine Ministerpräsident des Saarlandes und Vorsitzender der SPD. Der frühere verteidigungspolitische Sprecher der CDU, Willy Wimmer, stand der OSZE als Vizepräsident vor. Nur der Schauspieler Rolf Becker war damals schon, was er heute noch ist: ein beliebter Darsteller. Sie werden, moderiert von jW-Chefredakteur Arnold Schölzel (er war 1996 bereits Autor dieser Zeitung), auf der kommenden Konferenz am 10. Januar 2015 in Berlin die gleiche Problematik wie 1996 diskutieren: den »Abschied der Linken vom Antimilitarismus«. Diesmal bezieht sich das Motto allerdings auf die Situation in der Partei Die Linke: Oskar Lafontaine wird die Haltelinie »Keine Militäreinsätze!« verteidigen. Willy Wimmer, der schon den Bundeswehr-Militäreinsatz in Jugoslawien für verfassungswidrig hielt, wird erklären, warum er diese Position in der Linkspartei als bereits geschliffen erachtet. Rolf Becker wird sich auf die Frage konzentrieren, was das alles mit der Eigentumsfrage zu tun hat – und welche Folgen zu erwarten sind, falls deutsches Militär künftig auch mit Zustimmung der Linken marschiert.

Aktionsabo

Nach diesem Gespräch geht es auf der Konferenz weiter mit Dota Kehr, Kleingeldprinzessin und angesagte Musikkünstlerin, in Begleitung ihres Gitarristen Jan Rohrbach. Tags zuvor gastiert sie bereits im Berliner Lido. Da dort bereits ausverkauft ist, gibt es noch einen Tag früher ein Zusatzkonzert. Dotas Auftritt auf der Rosa-Luxemburg-Konferenz wird also der dritte in Folge sein – aber dafür außergewöhnlich, nicht nur wegen des Ortes und des Publikums, sondern vor allem wegen der speziellen Gäste: Gian Paolo Picchiami (Leadsänger von Banda Bassotti) und die Berliner Folkpunkband The Pokes kommen dazu. Erst nach diesem Konzert endet der offizielle Teil der Konferenz mit dem Singen der Internationale.

Aber selbst dann muss noch nicht Schluss sein: Empfehlenswert ist der Auftritt von Lautaro Valdez und Mula Santa, zu dem dann die DKP, neben dem Café K (2. Obergeschoß in der Urania), einlädt. Dort wird es karibische Livemusik von Son Batey und frisch zubereitete Mojitos am Stand von Cuba Sí geben. Denn es ist nicht nur die XX. Rosa-Luxemburg-Konferenz zu feiern – sondern auch die Befreiung der »Cuban Five« aus US-amerikanischen Knästen.

 

Quelle: https://www.jungewelt.de/2014/12-20/053.php

Erklärung: Sozialistische LINKE beteiligt sich weiter am Friedenswinter

Erklärung der Sozialistischen Linken

Sachlich bleiben: Friedensbewegung stärken statt diffamieren, um Hegemonie kämpfen


In der LINKEN gibt es eine heftige Auseinandersetzung um die Bewertung der Aktionen der Friedensbewegung im "Friedenswinter". Die Sozialistische Linke hat sich für die Beteiligung an den Aktionen ausgesprochen und der Zuspruch und der Verlauf der bisherigen Aktionen, die keinen rechten Charakter hatten, bestätigen unseres Erachtens diese Entscheidung. Wir können Skepsis gegenüber dem Friedenswinter nachvollziehen und nehmen vor allem begründete Vorbehalte gegenüber einzelnen Protagonisten sehr ernst. Von belegbar problematischen Äußerungen dieser Personen distanzieren wir uns, ohne uns deswegen aber vom Bündnis zum "Friedenswinter" als Ganzes abzugrenzen, in dem es in den letzten Monaten durchgehend Diskussionen gab, die eine klare Abgrenzung nach rechts zur Folge hatten - der aktuelle Aufruf zum Friendeswinter ist Zeugnis dafür.

Wir wünschen uns eine stärkere politisch-inhaltliche Auseinandersetzung, zudem mit unseren Partnern in der Friedensbewegung statt aus der Distanz über sie zu richten. Bei Aktionen, die von der Friedensbewegung insgesamt getragen werden und deren Aufrufe und RednerInnen eindeutig humanistische und mit denen der LINKEN weitgehend übereinstimmende friedenspolitische Positionen vertreten und die sich klar gegen rechts abgrenzen, erwarten wir, dass DIE LINKE diese aktiv unterstützt und dazu mobilisiert.

Was wir nicht nachvollziehen können und wollen ist jenseits sachlicher Kritik der regelrechte Hass, der Genossinnen, die den Friedenswinter unterstützen, in sozialen Netzwerken udn eMail-Verteilern entgegenschlägt. "Querfrontler" ist hierbei noch der harmloseste Vorwurf. Es hagelt persönliche Beleidigungen und es werden Bilderserien mit dem Konterfei von GenossInnen gepostet, die schnellstens aus der LINKEN zu entfernen seien. Das überschreitet jedes Maß.

Ähnliches gab es bereits im Zusammenhang mit dem Aufruf "Ihr sprecht nicht für uns". Auch hier bahnten sich am Rande wohl lange aufgestaute Aggressionen gegen GenossInnen Bahn. Dabei wurde - über die berechtigte Kritik an dem Vorfall hinaus - auch mit Unterstützung der "antideutschen" Szene (einer radikal pro-israelischen Strömung), deren Anhänger oft nicht Mitglieder der LINKEN sind, parteiinterne Stimmungsmache betrieben. Was wäre wohl umgekehrt der Fall, wenn es parteiinterne Kampagnen gäbe, bei denen Stefan Liebich wegen seiner Mitgliedschaft in der Atlantikbrücke Kriegstreiberei unterstellt würde, bei denen Petra Pau die Unterstützung von Angriffsplänen auf den Iran unterstellt würden, weil sie sich in der Stop The Bomb Initiative engagiert hat, bei denen Klaus Lederer auf Grund seiner israelfreundlichen Positionen unterstellt würde, Verständnis für Terror und Zerstörung in Gaza zu haben? Ja, auch daran gibt es Kritik, aber nicht in der Qualität von parteiinternen Kampagnen, wie wir sie gerade erleben.

So kommen wir nicht weiter. Das reale Problem, dass vor der gesamten Partei DIE LINKE steht, ist die Frage, wie wir mit den dramatischen Veränderungen im politischen Feld dieses Landes umgehen. Nicht nur außenpolitisch ist die Welt aus den Fugen. Auch innenpolitisch gibt es starke Verunsicherungen und Orientierungslosigkeit unter den Menschen. Diese Äußern sich in verschiedenen Formen. Die "Wurbürger", die unter anderem die Bewegung Stuttgart 21 getragen haben, sind keineswegs per se links sondern eher indifferent. In der neuen Friedensbewegung gibt es verständliche Empörung aber, wie in jeder jungen und umkämpften Bewegung, auch Esoterik und Verschwörungstheorien. Mehrheitlich sind diese Menschen aber eher links orientiert. Wenn Menschen sich für "weder links noch rechts" halten oder die Berechtigung dieser Kategorien bezweifeln, formuliert das doch umso mehr die Aufgabe, sie von der Richtigkeit einer linken Position zu überzeugen. Das gefährlichste Phänomen ist die Entwicklung einer "APO von rechts". Der Bundesrepublik droht ein Prozess, der bislang - auch aufgrund der Existenz der Partei DIE LINKE - lange aufgehalten werden konnte: Die Etablierung einer rechtspopulistischen Partei mit einem Stimmenpotential von 10-20% und die Entwicklung sozialer Bewegungen von rechts. Reflexhafte Einordnung und Behandlung der Demonstrierenden als Rechtspopulisten oder Nazis oder die Hoffnung, dass sich das Problem von selbst erledigt, helfen hier nicht weiter. Diese Entwicklungen sind in der sozialen und politischen Verunsicherung, Frustration, Gefühlen der Bedrohung in Verbindung mit der Krise der Repräsentation begründet, nicht in einer von jeher vorhandenen statischen politischen Disposition der Menschen. Sie sehen sich ovn den etablierten Parteien mit ihren Ängsten und Interessen nicht beachtet. Das gilt leider auch für die Partei DIE LINKE, die die Aufgabe hätte, ihnen eine solidarische, linke Orientierung und Vertretung zu bieten. Die Probleme der Menschen, die zu solchen Entwicklungen führen, müssen ernst genommen werden.

Lasst und gemeinsam diskutieren, wie wir die Kämpfe um Hegemonie führen können. Wo müssen wir uns engagieren und Diskussionen führen und wo müssen wir klare Kante zeigen? Patentlösungen sind bisher nicht bekannt, gegenseitige Beschimpfungen führen uns aber in jedem Fall nicht weiter.

Auch die AKL der Linkspartei verteidigt den Friedenswinter:

 

21. Dezember 2014

Frieden auf Erden – Friedenslogik statt Kriegsrhetorik – und keine Verleumdung von Kriegsgegner*innen

Antikapitalistische Weihnachtsbotschaft zum Friedenswinter. Erklärung des AKL-Bundessprecher*innen-Rates

Weihnachten steht vor der Tür, die Weihnachtsbotschaft lautet „Frieden auf Erden“, aber in deutschen Leitmedien tobt eine Auseinandersetzung gegen die Friedensbewegung und insbesondere gegen Antimilitarist*innen in der Partei DIE LINKE. Die Friedensbewegung hat es gewagt, mit einem Aufruf tiefer Besorgnis über die sich weltweit ausbreitenden Kriege zu Demonstrationen und Kundgebungen in Berlin und anderswo insbesondere auch gegen den Kriegshetzer Gauck aufzurufen. Weitere Aktionen im Friedenswinter 2014/2015 sollen folgen. Dieser Aufruf wendet sich an ein breites Spektrum von Unterstützer*innen auch aus dem Spektrum der Montagsmahnwachen, wenn sie sich eindeutig antifaschistisch positionieren und gegen rechte Tendenzen abgrenzen.

Die Aktionen werden von zahlreichen Einzelpersonen und Gruppen unterstützt – unter der Voraussetzung, dass sie die im entsprechenden Aufruf festgeschriebenen Inhalte mittragen können:

http://friedenswinter.de/friedenswinter-20142015gemeinsam-fuer-den-frieden-friedenslogik-statt-kriegsrhetorik/

Dieser Aufruf bildet die politische Grundlage der Kampagne Friedenswinter. In ihr ist nichts enthalten, was redlicher Weise politisch rechts auslegbar wäre. Zudem gibt es lokale Bündnisse, deren Aufrufe einen ähnlichen Charakter haben. Auch die AKL unterstützt die darin enthaltenen Forderungen, wenngleich wir hinzufügen würden, dass der Kapitalismus zu Kriegen führt und eine friedliche Welt im Rahmen dieses auf Profitmaximierung ausgerichteten Systems nicht möglich ist.

Die AKL hat sich immer gegen die Militarisierung der Außenpolitik, gegen Krieg als Mittel der Politik ausgesprochen.

Den Kritiker*innen des Friedenswinters geht es aus Sicht der AKL vor allem darum, die Friedenspositionen der Partei DIE LINKE in Frage zu stellen, um möglichst schnell auch im Bund regierungsfähig zu sein. Es versteht sich von selbst, dass die AKL dieses Ansinnen ablehnt. Mit uns gibt es keine rot-rot-grüne Regierung, die sich an Einsätzen der Bundeswehr beteiligt!

Die Vertreter*innen des sogenannten Reformerlagers verfolgen mit ihrer fadenscheinigen Kritik am Friedenswinter dieselbe Strategie wie bei ihrer Initiative „Ihr sprecht nicht für uns“: Die Schwächung und Diskreditierung der Teile der Partei, die sich für eine konsequente antimilitaristische Haltung einsetzen. Eine gemeinsame Haltung verschiedener linker Parteiströmungen kann dazu beitragen, diesen Versuch zu vereiteln.

Die NATO, die USA und auch Deutschland und die EU führen weltweit völkerrechtswidrige Kriege und geben immer mehr Geld für Rüstung und Militär aus. Wir erleben einen neuen kalten Krieg und die Menschen sollen wohl auf Kriege und nicht auf Frieden eingestimmt werden. Angesichts des Krieges in der Ukraine und der drohenden Konfrontation zwischen NATO und Russland bedarf es mehr denn je einer starken Friedensstimme. Auch die Situation im Nordirak und in Syrien ist dramatisch und gefährlich. Da ist es nicht akzeptabel, dass die Bundesregierung einen Einsatz der Bundeswehr im Irak beschlossen hat. Wir finden auch den Vorschlag von Gregor Gysi falsch, kurdische Kämpfer*innen durch die Bundeswehr in Deutschland ausbilden zu lassen. Auch wenn er vorschlägt, „Frauen und Männer aus allen Truppen auszubilden, die in dem gesamten kurdischen Gebiet gegen den Islamischen Staat kämpfen.“ Wie bereits im Vorfeld der deutschen Waffenlieferungen in den Nordirak prescht der Fraktionsvorsitzende vor und positioniert sich jenseits des Parteiprogramms. Eine Verbrüderung von Gegner*innen der IS-Miliz mit den NATO-Armeen wird den IS mittelfristig stärken und den Frieden in weite Ferne rücken. Wir fordern Gregor Gysi auf, seine Position zu korrigieren. Bundeswehr ist keine Lösung, sondern Teil des Problems!

Im Hinblick auf diese bedrückenden Entwicklungen ist eine starke Friedensbewegung dringend notwendig. Der Friedenswinter kann vielleicht zum nötigen Aufbruch beitragen. Wünschenswert wäre es.

Die AKL wünscht allen ein friedliches Weihnachtsfest!

Ermittlungen der Staatsanwaltschaft gegen Abgeordnete der LINKEN wegen PKK-Unterstützung sind anachronistisch

Die Staatsanwaltschaft Berlin ermittelt gegen weitere Abgeordnete der Fraktion DIE LINKE. im Bundestag wegen Unterstützung der PKK. In einem Schreiben, das am Donnerstag in zehn Abgeordnetenbüros einging, wirft ihnen die Staatsanwaltschaft vor, "eine Fahne der CDK hochgehalten" zu haben; dabei handelt es sich um eine Unterorganisation der PKK. Ein Foto davon wurde am 13. November bei Facebook gepostet. Die Staatsanwaltschaft ermittelt nun wegen Verstoßes gegen das PKK-Verbot. Die betroffenen Abgeordneten Ulla Jelpke, Diether Dehm, Karin Binder, Wolfgang Gehrcke, Andrej Hunko, Sabine Leidig, Alexander Ulrich, Katrin Vogler, Hubertus Zdebel und Pia Zimmermann erklären dazu:

 
"Das PKK-Verbot muss weg. Es bedeutet eine Kriminalisierung zehntausender politisch aktiver Kurdinnen und Kurden in Deutschland. Dabei haben selbst konservative Medien und Politiker erkannt, dass die politischen Veränderungen in der Türkei und der Nahostregion sowie die Entwicklung der PKK selbst und der ihr nahestehenden Organisationen in Deutschland eine Revision des Verbotes erfordern. 
 
Die PKK hat sich schon längst vom Ziel eines eigenen kurdischen Staates verabschiedet und spricht sich für eine demokratische Autonomie ohne Veränderung der Staatsgrenzen in der Region aus. Ihre Kundgebungen und Aktionen in Deutschland verlaufen friedlich. Selbst die türkische Regierung steht in Gesprächen mit der PKK. Da ist es reinster Anachronismus, wenn in Deutschland eine Solidarisierung mit der PKK und ihrem Kampf gegen die Terrormilizen des Islamischen Staates weiterhin kriminalisiert werden. 
 
Da die Staatsanwaltschaft so dezidiert auf das 'Hochhalten' der Fahne abhebt, ist es ihren Ermittlungsorganen überlassen, die tuchfühlend, hochhaltenden Hände auf dem Foto zu zuordnen. 
 
DIE LINKE hat in den Bundestag einen Antrag eingebracht (Drs. 18/3575), das PKK-Verbot aufzuheben und die PKK von der EU-Terrorliste zu streichen. Wir empfehlen auch der Staatsanwaltschaft die Lektüre dieses Antrages, um ihr Bild von der PKK auf den heutigen Stand zu bringen."
 
linksfraktion.de, 19. Dezember 2014
 
Quelle: http://linksfraktion.de/nachrichten/ermittlungen-staatsanwaltschaft-gegen-abgeordnete-linken-wegen-pkk-unterstuetzung-sind-anachronistisch/

Sahra Wagenknecht (Linke MdB): Die 315 Mrd. € Investitionslüge der EU

SAHRA WAGENKNECHT

Die EU ist in einer Sackgasse. Die Zinsen sind so niedrig wie nie, doch Unternehmen und Banken horten lieber Geld als es zu investieren. Der private Konsum leidet unter Massenarbeitslosigkeit und sinkenden Reallöhnen in großen Teilen Europas.

Bleibt als letzte Hoffnung, dass die Regierungen die Wirtschaft ankurbeln indem sie Investitionen anschieben. Doch die Staaten sind infolge der Bankenrettung hoch verschuldet und werden zu drastischen Kürzungsprogrammen genötigt oder zwingen sich freiwillig Schuldenbremsen und schwarze Nullen auf.

Europa spart sich kaputt

Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung schätzt, dass in den Ländern der EU bereits im Jahrzehnt vor der Krise gut 6 Billionen Euro weniger investiert wurden als in den anderen Ländern der OECD. Dieser Rückstand hat sich weiter verschärft: Seit 2007 sind die Investitionen in der EU um 15 Prozent gesunken.

Deutschland zehrt bereits seit zwölf Jahren von seiner Substanz, d.h. es wird mehr abgeschrieben als öffentlich investiert. Von Finanzminister Schäuble einmal abgesehen gibt es kaum noch Politiker, die leugnen, dass der Investitionsstau zu einem Problem geworden ist.

Gewerkschaften fordern einen neuen Marshallplan für Europa und auch Unternehmensverbände beklagen sich über marode Straßen und fordern mehr Geld für Bildung, Forschung und Entwicklung.

Die 315 Milliarden Euro schwere „Investitionsoffensive"

Nun hat die EU auf den Druck reagiert und kündigt eine 315 Milliarden Euro schwere „Investitionsoffensive" an. Da diese allerdings kein Geld kosten darf, verhält es sich mit diesem Investitionsprogramm wie mit dem Scheinriesen aus dem Buch über Jim Knopf, den Lokomotivführer: Je näher man es anschaut, desto kleiner wird es.

Meist wird nur berichtet, dass der Investitionsplan von EU-Kommissionspräsident Juncker für die nächsten drei Jahre zusätzliche Investitionen in Höhe von 315 Mrd. Euro vorsieht. Dem liegt allerdings nur ein 21 Mrd. Euro schwerer Garantiefonds zugrunde, der zu gut drei Vierteln aus anderen EU-Programmen gespeist wird. Aus einer 315 Milliarden schweren „Investitionsoffensive" wird bei genauerem Hinsehen also ein öffentliches Investitionsprogramm im Umfang von 1,67 Mrd. Euro im Jahr!

Es bleibt das Geheimnis von Kanzlerin Merkel, EU-Kommissionschef Juncker, EU-Parlamentspräsident Schulz und allen anderen, die die 315-Milliardenlüge bereitwillig verbreiten, wie aus 5 Milliarden an zusätzlichem Geld 315 Milliarden an zusätzlichen privaten Investitionen herbeigehebelt werden sollen.

Die Zerstörung des luxemburgischen Geschäftsmodels

Europa braucht ein öffentliches Investitionsprogramm im Umfang von mindestens 500 Milliarden Euro. Statt wie geplant eine Billion Euro in die Finanzmärkte zu pumpen, was nur die Derivatemärkte hochpusht, sollte die Europäische Zentralbank lieber für ein solches Programm die nötige Anschubfinanzierung leisten.

Längerfristig müssten außerdem Steueroasen geschlossen sowie Konzerne und Millionäre an der Finanzierung des Programms beteiligt werden. Mit einer Kanzlerin Merkel und einem EU-Kommissionspräsident Juncker ist dies freilich kaum zu machen.

Schließlich würde dies das luxemburgische Geschäftsmodell zerstören, von dem nicht zuletzt deutsche Konzerne profitieren.