Katja Kipping kritisiert Bespitzelung von Hartz IV-Empfängern und Kürzungsorgien
Die Vorsitzende der Linkspartei, Katja Kipping, hat Pläne der Bundesagentur für Arbeit zur Überwachung von Erwerbslosen im Internet kritisiert. Die Politikerin fragte im Sozialen Netzwerk Facebook, ob die Behörde »die NSA toppen und das Internet als Feld der Bespitzelung von Erwerbslosen und Bürgerinnen und Bürgern mit geringem Einkommen nutzen« wolle. Kritik kam auch von der linken Bundestagsabgeordneten Halina Wawzyniak. Die aktuellen Meldungen zeigten erneut, dass Hartz IV »ein Freiheitsbeschränkungsgesetz« sei, erklärte Wawzyniak auf dem Kurznachrichtendienst Twitter.
Einleitend heißt es in einem Artikel-Beitrag von Halina Wawzyniak in einer Broschüre:
"Die Partei DIE LINKE hat die Hartz-Gesetze von Anfang an abgelehnt, denn „Hartz IV ist Armut per Gesetz“ und hat sozialpolitisch verheerende Auswirkungen. Der Regelsatz deckt das sozio-kulturelle Existenzminimum nicht ab, und die Kosten der Unterkunft können insbesondere in den Städten mit den steigenden Mieten schon lange nicht mehr mithalten. Hartz IV schafft einen Niedriglohnsektor und prekäre Arbeitsverhältnisse.
Zuvor hatte die »Bild«-Zeitung berichtet, dass die Bundesagentur Aktivitäten von Hartz-IV-Empfängern im Internet künftig überwachen wolle, um Nebeneinkünfte etwa aus dem Handel bei Ebay zu ermitteln. Die Bundesagentur habe die »Schaffung einer gesetzlichen Grundlage für die Erhebung von Daten im Internet« vorgeschlagen, so das Blatt unter Berufung auf einen Bericht einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe zur Rechtsvereinfachung beim Arbeitslosengeld II. Ziel sei die »Aufdeckung von Einkünften aus E-Commerce«.
Kipping verwies darauf, »dass rund 43 Prozent der Klagen gegen die Bundesagentur zugunsten von Hartz-IV-Beziehenden ausgehen. Aber statt sich die Bundesagentur für Arbeit darum bemüht, die massenhafte Rechtsbeugung durch fehlerhafte Bescheide zu beseitigen, will sie ihre ›Kunden‹ nun im Internet ausspionieren.« Die Linkenvorsitzende forderte die Behörde stattdessen auf, »ihrem Dienstleistungsauftrag gerecht zu werden und dafür zu sorgen, dass Hartz-IV-Beziehende ihr Recht erhalten«.
http://blog.wawzyniak.de/wp-content/uploads/2013/07/BAG-Brosch%C3%BCre-Hartz-IV.pdf
Energie Oligopolist RWE streicht weitere 7000 Arbeitsplätze
Der Energieriese RWE greift angesichts stark schrumpfender Gewinne zu neuen Sparmaßnahmen. Bis 2016 will der Konzern weitere 6750 bis 7000 Stellen abbauen. Das teilte RWE anlässlich der Quartalsbilanz in Essen an. Der Personalstand werde sich konzernweit von rund 67.400 Stellen zum Jahresende 2013 auf knapp 61.000 verringern. Betroffen seien Jobs in der Stromerzeugung, in der Verwaltung und bei der Ökostromtochter Innogy. In Deutschland sollen 4700 Stellen bis 5000 wegfallen.
"Die Lage ist ernst", warnte RWE-Chef Peter Terium am Donnerstag.
Sein Konzern mit 70.000 Mitarbeitern steckt tatsächlich in der Klemme. RWE soll grüner werden, doch für einen beherzten Umbau fehlt das Geld. Der landesweit zweitgrößte Energiekonzern gerät damit immer stärker in Bedrängnis.
Der Profit bricht in diesem Jahr ein. Im kommenden Jahr wird die Bilanz kaum besser ausfallen. Der riesige, mehr als 30 Milliarden Euro große Schuldenberg lässt sich kaum verkleinern. Die Folge: Konzernweit fallen nach den jüngsten Plänen bis 2016 weitere fast 7000 Stellen weg - beinahe 5000 davon allein in Deutschland.
Obendrein erwartet der Konzern für 2014 einen deutlichen Ergebnisrückgang: Der Profit vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) werde dann auf 7,6 bis 8,1 Milliarden Euro schrumpfen nach neun Milliarden Euro in diesem Jahr. Das ist immer noch ein großer Profit und Jammern auf höchstem Niveau.
Der für die Dividende maßgebliche nachhaltige Konzernüberschuss sank um mehr als 50 Prozent, auch der Konzernüberschuss sank in den ersten drei Quartalen dieses Jahres um drei Prozent auf rund 2,9 Milliarden Euro. Schuld daran war vor allem der Einbruch im Bereich Erzeugung. Der Umsatz in dem Segment purzelte im Vergleich zum Vorjahr um 14 Prozent auf 7,9 Milliarden Euro.
Die langjährige Machtposition der Energiekonzerne gerät inzwischen endgültig in Gefahr. Am Beispiel der RWE-Bilanz wird außerdem klar: Es ist nicht zuallerest die Energiewende, die RWE und seine Konkurrenten aus der Stromindustrie in ihre bisher größte Branchenkrise stürzt. Es sind die Fehler und Versäumnisse der Vergangenheit, die sie nun einholen.
Die Folge: RWE muss nun sogar dort sparen, wo das Unternehmen eigentlich seine Zukunft sieht - im Geschäft mit erneuerbaren Energien. Die grüne RWE-Tochter Innogy muss ihre Stellenzahl halbieren, Investitionen in Windparks werden gedrosselt. "RWE wolle der glaubwürdige Partner der Energiewende werden", sagte RWE-Chef Terium am Donnerstag. Bis zu diesem Ziel ist es noch ein weiter Weg.
Die gesamte Branche hat die Dynamik der Wende unterschätzt und zu lange in einen fossilen Kraftwerkspark investiert, der in seiner Dimension heute nicht mehr gebraucht wird. Zudem rächen sich viel zu teure Lieferverträge für Gas, etwa mit Russlands Monopolisten Gazprom, und eine noch aus Monopolzeiten aufgeblähte Verwaltung.
Eine Vergesellschaftung und Kommunalisierung der Energieversorgung sowie die Zerschlagung der Energie-Oligopolisten ist und bleibt alternativlos.
Merkel als Kanzlerin gescheitert? Große Koalition als Option vor dem Aus
Koalition der SPD mit der Linken wird nicht mehr ausgeschlossen
Mehrfach wurden die Koalitionsverhandlungen wegen unüberbrückbarer Gegensätze zwischen CDU und SPD bereits abgebrochen und SPD-Chef Gabriel sagte bereits, dass eine Einigung auf eine Große Koalition scheitern würde, wenn die SPD den flächendeckenden Mindestlohn von 8,50 €uro nicht durchsetzen könne.
Unterdessen will die SPD auf dem Parteitag beschließen, das eine Koalition mit der Linkspartei nicht mehr ausgeschlossen werde, was theoretisch dann ab sofort gelten könnte und der SPD neue Koalitionsoptionen eröffnen würde.
Nahles sieht unüberbrückbare Differenzen zur Union
SPD-Generalsekretärin Nahles hat die zähen Koalitionsverhandlungen kritisiert. Viele Positionen seien zu unterschiedlich. Vor dem Parteitag regt sich an der Basis Unmut, wie auch die Zeit berichtet.
SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles hat sich unzufrieden mit dem Stand der Koalitionsgespräche mit der Union gezeigt. "Wir haben bislang noch nicht genügend Konkretes durchgekämpft, um guten Gewissens den Abschluss des Koalitionsvertrages empfehlen zu können", sagte sie der Frankfurter Rundschau.
Bei einigen Fachthemen seien die Differenzen aber "noch nahezu unüberbrückbar", fügte sie hinzu. "Das wird noch weitere schwere Auseinandersetzungen mit sich bringen, zum Beispiel in der zentralen Frage der Bildung und Ganztagsschulen."
Die Union lehnt bislang zahlreiche Forderungen der SPD ab, darunter die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns von 8,50 Euro oder die doppelte Staatsbürgerschaft ohne Optionszwang. Zudem sind CDU und CSU gegen höhere Steuern für Spitzenverdiener und Vermögende zur Finanzierung von mehr Investitionen in Bildung und Infrastruktur.
Selbst auf Volksabstimmungen und mehr direkte Demokratie konnte man sich nicht einigen .
Juso-Chef Sascha Vogt hält daher auch eine Zustimmung der SPD-Mitglieder zu einem Koalitionsvertrag mit der Union für offen. "Wenn man heute die Mitglieder über eine Große Koalition befragen würde, dann würde es sehr schwierig werden, eine Mehrheit zu gewinnen", sagte Vogt der Rheinischen Post. Der Unmut gegen eine Großen Koalition sei immer noch enorm. "Die wirklich wichtigen Punkte haben wir noch nicht klären können."
Die SPD kommt an diesem Donnerstag zu einem Bundesparteitag in Leipzig zusammen. Dabei stellt sich SPD-Chef Sigmar Gabriel zur Wiederwahl. Der 54-Jährige ist seit vier Jahren Parteivorsitzender.
Im Hinblick auf den Parteitag kritisierte der CDU-Innenpolitiker Wolfgang Bosbach, dass sich die SPD in ihrem Leitantrag auch Bündnissen mit der Linkspartei öffnen will. Er warf der Partei indirekt Erpressung vor. "Es ist schon peinlich, wie sich die SPD jetzt an die Linkspartei heranschmeißt", sagte er derMitteldeutschen Zeitung. "Man merkt das auch in den Verhandlungen. Die SPD 2013 ist eine andere als die SPD 2005. Sie ist schon ein ganzes Stück weiter nach links gerückt. Insofern war mit dieser Bewegung zu rechnen." Dennoch glaubt Bosbach nicht, dass die SPD von der Großen Koalition jetzt noch Abstand nimmt.
Den Leitantrag wertet er als Signal an die Union. Die Botschaft: Wenn Ihr nicht auf unsere Forderungen eingeht, können wir auch anders. Darauf müssten CDU und CSU jedoch gelassen reagieren. "Es gibt überhaupt keinen Grund, sich einschüchtern zu lassen mit dem Hinweis, es könnte auch ein rot-rot-grünes Bündnis geben, wenn die Union nicht pariert", so Bosbach.
Diether Dehm und Wolfgang Gehrcke kritisieren blamable SPD Außen- und Europapolitik
Pressemitteilung: Von der SPD lernen, hieße Siechen lernen/Europa- und Außenpolitik für Rot-Rot abschleifen?
Die SPD will mit der Linken unter Bedingungen kooperieren . Eine Bedingung ist die Europa- und Außenpolitik . Linke antworten auf diese Frechheit der SPD
Gemeinsame Pressemitteilung der Abgeordneten Dr. Diether Dehm und Wolfgang Gehrcke:
"Von der SPD lernen, hieße Siechen lernen/Europa- und Außenpolitik für Rot-Rot abschleifen?
Zur SPD-"Offerte" an die Linken erklären Diether Dehm, Europapolitischer Sprecher der Bundestagsfraktion DIE LINKE und der Linken-Fraktionsvize Wolfgang Gehrcke:
Im heute verbreiteten Medienverständnis will die SPD-Führung VOR einer Kooperation das "Abschleifen" der linken Europa- und der Außen-Politik. Die SPD-Spitze übersieht, wenn sie solches von der Linken unter der Chiffre "verantwortungsvolle Europa- und Außenpolitik" verlangt, ihren eigenen Korrekturbedarf. Der SPD-gestützte Einmarsch in Afghanistan hat, gegen alle linken Warnungen, wenig Verantwortung für Friedensbewegung, Soldaten, AfghanInnen erkennen lassen, ja, nicht mal ein verantwortungsvolles Ausstiegs-Szenario. So kurz vorm 100. Jahrestag der SPD-Zustimmung zu den Kriegskrediten sollte auch die SPD beherztes Umlernen signalisieren.
Auch das bedingungslose Mitstimmen für den obermiesen Lissabon-Vertrag, alle Bankenrettungspakete, ESM und Fiskalpakt haben sich auch nach Aussage der SPD-Arbeitnehmerschaft (AfA) als nicht eben "verantwortungsvoll" herausgestellt, weil dies nichts als Sozialkürzungen, Keiltreiberei zwischen die europäischen Völker und keinerlei Regulierung an den Krisenursachen und den Finanzmärkten gebracht hat.
Von der SPD hier lernen, hieße Siechen lernen."
Der Verfassungsschutz habe die NSU-Terror-Strukturen selber aufgebaut
Der Vater von Uwe Mundlos tritt erstmals vor dem NSU-Untersuchungsausschuss auf - und beschuldigt den Verfassungsschutz, für den Aufbau der rechten Szene in Thüringen verantwortlich zu sein. Über den NSU-Täter Uwe Böhnhardt präsentiert er eine erstaunliche Theorie.
Er verwies auf den V-Mann Tino Brandt, der damals eine Führungsfigur der Neonazi-Gruppe "Thüringer Heimatschutz" (THS) war. Die NSU-Terroristen gehörten dem THS an, bevor sie 1998 abtauchten.
Der Vater von Mundlos, ein pensionierter Informatik-Professor, präsentiert auch eine Theorie zum gemeinsamen Untertauchen seines Sohnes mit Beate Zschäpe und Uwe Böhnhardt. Sie läuft darauf hinaus, dass die Behörden Böhnhardt, der eine Haftstrafe antreten sollte, als Spitzel angeworben hätten:
"Lieber in den Untergrund zum Spitzeln als in den Knast", sagt Siegfried Mundlos.
Der 66-Jährige geht auch auf eine Kontaktliste seines Sohnes ein, die Ermittler bei einer Razzia 1998 gefunden hatten. Auf der Liste hatte Uwe Mundlos die Namen und Telefonnummern etlicher brauner Kameraden notiert. Der Vater verwies darauf, dass auf dieser Liste auch mehrere Neonazis standen, die als Spitzel für die Behörden tätig waren, wie man mittlerweile wisse: "Das ist kein NSU-Netz, das ist ein Verfassungsschutz-Netz", sagt Siegfried Mundlos.
Dabei spielen wiederum Aussagen des Vaters von Uwe Mundlos eine Rolle. Er erzählte damals einem Fahnder von einem anonymen Brief, in dem auch geschrieben wurde, dass Beate Zschäpe ein Spitzel des Verfassungsschutzes sei un der interpretierte das Schreiben als Warnung , sagt Siegfried Mundlos vor dem Ausschuss. Den Brief habe er allerdings damals weggeworfen. "Das hat doch keinen Beweiswert." Die Ermittler bekamen das Schreiben nie zu Gesicht.
Siegfried Mundlos redet schnell, es sprudelt aus ihm heraus. Er wirkt wie jemand, der eine Mission hat. Ein Versagen beim NSU sieht er offenbar vor allem auf Seiten des Staates: "Ich werde alles daran setzen, um diese Schweinerei, diese Schreibtischtäter aufzudecken."
Nie Kontakt zu seinem Sohn
Der Vater berichtet, dass es in all den Jahren, in denen das Trio im Untergrund lebte, nie einen Kontakt zu seinem Sohn gegeben habe. Die Eltern von Uwe Böhnhardt hatten sich dagegen heimlich ein paar Mal mit dem Trio getroffen.
Vor Siegfried Mundlos trat als Zeuge ein ehemaliger Mitarbeiter des Thüringer Landeskriminalamts (LKA) auf. Peter Werner war 1998 als Abteilungsleiter für die Zielfahnder zuständig, die Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe finden sollten. Werner sagte, sein Erinnerungsvermögen an den Fall sei leider "suboptimal". Nach seiner Darstellung war er auch kaum mit dem untergetauchten Trio befasst. Kontakte zum Verfassungsschutz seien ihm auch nicht bewusst.
Der Zeuge hinterließ den Eindruck, als habe er damals seine Mitarbeiter machen lassen und sich selbst nicht um die Suche nach dem Trio gekümmert. "Ich hatte auch keinen Grund, mich da reinzuhängen." Einige Monate nach der Flucht des Trios übernahm Werner, den ein anderer Zeuge mal als "graue Eminenz des LKA" bezeichnet hat, bereits eine andere Abteilung. Er sei dann nicht mehr mit der Suche nach dem Trio betraut gewesen.
Das sächsische Innenministerium telefonierte mit Beate Zschäpe (NSU) nach der Brandstiftung
Zur Aktualisierung wegen der Ungereimtheiten im Wohnwagen der NSU Attentäter, in dem sich Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt umgebracht haben sollen. was jetzt stark bezweifelt wird, was inzwischen technich ausgeschlossen wird. .
Die wirklich interessanten Details einer Geschichte werden manchmal erst auf den zweiten oder dritten Blick sichtbar. Auch im Fall der rechten Terrorgruppe " Nationalsozialistischer Untergrund" NSU ist das so.
Hinter der sperrigen Bezeichnung "ST 14-140006/11" stecken diverse Handynummern – und wohl auch politischer Sprengstoff. In dem so bezeichneten Papier des Bundeskriminalamtes ist die "Auswertung der Funkzellendaten Frühlingsstraße 26" vom 4. November 2011 verzeichnet, dem Tag, an dem das NSU-Trio Beate Zschäpe, Uwe Mundlos und Uwe Bönhardt aufflog.
In dem Dokument geht es um die Auswertung der Daten eines Handys, das Beate Zschäpe gehörte und auf dem für diesen Tag insgesamt 72 Verbindungen festgestellt wurden. Darunter sind auch 15 Kontaktversuche von Anschlüssen des sächsischen Innenministeriums und der Polizeidirektion Südwestsachsen. Die Opposition in Berlin und Dresden wittert einen Skandal. Grünen-Chefin Claudia Roth und die Abgeordnete der Links-Fraktion im sächsischen Landtag, Kerstin Köditz, wollen wissen, was die Anrufer mit der Terroristin zu besprechen gehabt hätten. Ihr Verdacht: Zschäpe habe für den Verfassungsschutz gearbeitet.
Jemand aus dem sächsische Innenministerium hatte unmittelbar nach der Explosion der NSU-Wohnung in Zwickau Kontakt zu Beate Zschäpe. Eine Nachricht, die aufhorchen lässt.
Der Berliner Kurier berichtete auch, dass Zschäpe, etwa eine Stunde nachdem sie - laut offizieller Version - ihre Wohnung in der Frühlingsstraße 26 in Zwickau am 4. November 2011 in die Luft gejagt hatte, einen Anruf auf ihrem Handy erhielt. Der Anruf war, laut Zeitung, "im Sächsischen Staatsministerium des Inneren registriert".
Zschäpe hatte am 4. November 2011 gegen 15 Uhr ihre Wohnung in der Zwickauer Frühlingsstraße angezündet und war dann geflohen. Zuvor waren Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt, mit denen sie unter falschen Namen in Zwickau gelebt hatte, tot in einem ausgebrannten Wohnmobil bei Eisenach gefunden worden. Das Trio soll als „Nationalsozialistischer Untergrund“ zwischen 2000 und 2007 neun Migranten und eine Polizistin erschossen haben.
Auf ihrer Flucht hatte Zschäpe noch mindestens ein Handy dabei. Bekannt war bislang, dass sie nach Verlassen der Wohnung André E. aus Zwickau anrief. Kurz darauf holte sie E. mit dem Auto ab und brachte sie an eine noch unbekannte Adresse in der Nähe.
Das BKA ermittelte nun, dass Zschäpe offenbar dort gegen 16.32 Uhr einen Anruf von einer bislang unbekannten Handynummer erhielt. Die gleiche Nummer rief noch einmal gegen 21.06 Uhr an. Da die Verbindungsdauer jeweils nur wenige Sekunden betrug, ist zu vermuten, dass Zschäpe entweder ihr Handy ausgeschaltet hatte oder der Anrufer nur seine Nummer hinterlassen wollte, um von einer Telefonzelle aus zurückgerufen zu werden.
Solche Diensthandys werden von Ministeriumsmitarbeitern, Polizisten, Verfassungsschützern und V-Leuten genutzt. Gegen die Vermutung, dass ein Polizist anrief, spricht der Umstand, dass die Beamten erst nach 17 Uhr die Handynummer der Flüchtigen in Erfahrung gebracht hatten.
Doch damit nicht genug: Noch insgesamt 18 mal wurde in kurzer Reihenfolge versucht, Zschäpe auf ihrem Handy zu erreichen. Dabei kamen die Anrufe nicht nur aus dem sächsischen Innenministerium, sondern auch von der Polizeidirektion Südwestsachsen aus Zwickau, wie die Tageszeitung Neues Deutschland heute berichtet.
Wie konnte es sein, dass Teile der Sicherheitsbehörden möglicherweise einen telefonischen Zugang zu Zschäpe hatten, die doch eigentlich unter einer falschen Identität "im Untergrund" lebte?
Wie Neues Deutschland berichtet, versuchte jemand aus dem sächsischen Innenministerium bereits kurz nach 12 Uhr an jenem Novembertag mit Zschäpe über ihr Mobilfunktelefon in Kontakt zu treten.
Der frühe Kontakt verwundert: Schließlich war es erst gegen 11:30 Uhr, als Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt nach einem Banküberfall von Polizisten in ihrem Wohnmobil entdeckt wurden, worauf es zu der angeblichen Selbsttötung der beiden NSU-Mitgliedern gekommen sein soll. Das Feuer, das im Laufe der Ereignisse in dem Wohnmobil ausbrach, wurde erst von der hinzugerufenen Feuerwehr gelöscht.
Kerstin Köditz, Landtagsabgeordnete der Linken in Sachsen und Mitglied des Untersuchungsausschusses Neonazistische Terrornetzwerke in Sachsen spricht gegenüber der Berliner Zeitung im Zusammenhang mit den Anrufen von einer "katastrophalen Informationspolitik des Innenministeriums, die das Misstrauen gegen die Sicherheitsbehörden in diesem Fall" schüre.
http://internetz-zeitung.eu/index.php/303-bis-zu-40-vs-spitzel-im-umfeld-der-nsu
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