Weiterer V-Mann der NSU-Terror-Zelle enttarnt, der Chefdenker und Planer der Gruppe war 

Eine weitere frühere Führungsfigur der Thüringer Neonaziszene ist als ehemaliger V-Mann enttarnt worden. Der wegen Gewaltdelikten und versuchten Totschlags vorbestrafte Michael S. soll nach Informationen der Berliner Zeitung unter dem Decknamen „Tarif“ zwischen 1995 und 2001 mit dem Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) kooperiert und dafür mindestens 66.000 D-Mark kassiert haben.

Damit ist ein weiterer V-Mann als Lenker der Zelle überführt. Das widerspricht der offiziellen Darstellung von Medien und Behörden, dass es sich allenfalls um eine Pannenserie der Polizei, der Ermittlungsbehörden und des Verfassungsschutzes gehandelt haben soll. Vielmehr war der Verfassungsschutz wohl aktiv an der Vorbereitung und Ausführung der NSU-Terroranschläge beteiligt. 9/11 lässt grüssen. 

Das macht auch der Umstand deutlich, dass der V Mann Andreas T. an 6 von 9 Mordanschlägen am Tatort oder in der Nähe des Tatortes gewesen war.

Weitere V-Leute wie Rolf Wohlleben und Tilo Brand gelten ebenfalls als Waffenbeschaffer oder geistige  Väter der NSU-Terror-Zelle. Auch sie arbeiteten langfristig ebenfalls gleichzeitig für den Verfassungsschutz. Es handelt sich wohl um klassisches Doppelagententum. 

In dieser Zeit soll S. auch ein Konzept für den terroristischen Kampf publiziert haben, das von Ermittlern als eine Art Blaupause für das Entstehen der Gruppe Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) bewertet wird. Die V-Mann-Akte von S., der seinen Namen geändert hat und heute im Ausland lebt, wurde im BfV vernichtet.

Damit ist auch ein weiterer Architekt der Terror-Zelle als Verbindungsmann deutscher Geheimdienste enttarnt. 

Unmittelbar nachdem die Bundesanwaltschaft am 10. November 2011 die NSU-Ermittlungen übernommen hatte, waren in dem für Rechtsextremismus zuständigen BfV-Referat die Akten von „Tarif“ und weiteren sechs V-Leuten aus der rechten Szene in Thüringen geschreddert worden. Nach dem Bekanntwerden der Vernichtungsaktion spielte das BfV die Bedeutung dieser Spitzel herunter – es habe sich nur um Randpersonen und Mitläufer der Szene gehandelt.

Eindeutige Fehlinformation

Im Fall von Michael S. alias „Tarif“ war das eindeutig eine Fehlinformation. „S. war über viele Jahre und in seiner V-Mann-Zeit als national und international äußerst gut vernetzter und gefährlicher Neonazi aktiv“, sagt die Thüringer Linken-Abgeordnete Katharina König, die für ihre Partei im NSU-Untersuchungsausschuss des Erfurter Landtages sitzt.

Die dem Ausschuss vorliegenden Verfassungsschutzakten belegen zudem Verbindungen von „Tarif“ zur Neonazi-Organisation Thüringer Heimatschutz (THS), der auch Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe angehörten. In einem BfV-Schreiben an das BKA vom Februar 2013 heißt es dann auch, dass ein „Kennverhältnis“ zwischen Mundlos und S. „nicht gänzlich ausgeschlossen werden“ könne.

Unter den Augen des Verfassungsschutzes publizierte S. zudem jahrelang die Nazi-Postille „Sonnenbanner“. In Artikeln wird auch das, vom NSU später umgesetzte, Konzept autonomer Kämpferzellen propagiert, die im Untergrund das demokratische System bekämpfen.

In einem von „Tarif“ verfassten Text mit der Überschrift „Ende oder Neuanfang“ heißt es: „Daher haben wir den Weg gewählt, der am schwierigsten, am unbequemsten und am steinigsten ist: Den Untergrund, die autonomen Zellen-Strukturen (…) Wir wollen die BRD nicht reformieren – wir wollen sie abschaffen.“ In seinem Schreiben an das BKA zitiert das BfV diese Passage und kommt zu dem Schluss: „Die späteren Taten des NSU weisen zumindest keinen Widerspruch zu diesen Verhaltensmustern auf.“

Auf die Identität von V-Mann „Tarif“ ist jetzt der NSU-Untersuchungsausschuss des Erfurter Landtages gestoßen. Auch den Obleuten des Bundestags-Ausschusses war bereits bekannt, dass Michael S. für das BfV gespitzelt hatte. Die Bedeutung der Quelle aber war dort aufgrund fehlender Akten und falscher Auskunft des BfV nicht erkannt worden. Das BfV räumte zudem ein, dass die vernichtete Akte ihres V-Manns „Tarif“ nur noch teilweise rekonstruiert werden konnte.

Insbesondere der Erfurter Ausschuss hat immer wieder  – weitgehend unbeachtet von der auf den NSU-Prozess fixierten Öffentlichkeit – neue Ungereimtheiten aufgedeckt, die das Handeln staatlicher Behörden nach der Flucht des Trios im Januar 1998 weiter ins Zwielicht rücken.

Ganz offen haben zudem Ermittlungsbeamte vor dem Ausschuss Vermutungen geäußert, wonach Beate Zschäpe, Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt nach ihrem Untertauchen vom Verfassungsschutz gedeckt worden sein sollen.

So beklagte sich Jürgen Dressler, in den 90er-Jahren Leiter der Ermittlungsgruppe Terrorismus/Extremismus (EG TEX) im Erfurter Landeskriminalamt, vor dem Untersuchungsausschuss darüber, dass seinerzeit alle Aktionen des LKA gegen rechte Aktivisten vorab dem Landesamt für Verfassungsschutz (LfV) gemeldet werden mussten.

Nach seinem Eindruck seien manche Verdächtige dann vom LfV gewarnt worden. Auch die erfolglose Suche nach dem untergetauchten Trio habe laut Dressler am LfV gelegen. „Wir sind damals von einer staatlichen Unterstützung ausgegangen“, sagte er Ende Juni vor dem Ausschuss. Er und der zuständige Zielfahnder Sven Wunderlich hätten diesen Eindruck seinerzeit vom Verfassungsschutz gehabt. Zielfahnder nicht informiert Zielfahnder Wunderlich bestätigte dies in der gleichen Ausschusssitzung. Wichtige Fahndungsdaten seien ihm vom LfV vorenthalten worden, sagte er.

Vertuschung und verwickelte V-Leute in dem NSU-Terror-Netzwerk?

 

Das Bundesinnenministerium der Bundesregierung will 118 Streichungen im NSU-Ausschussbericht

Belange des Bundeswohls

Das Bundesinnenministerium verlangt zahlreiche Streichungen im Abschlussbericht des NSU-Untersuchungsausschusses. Insgesamt 118 Textstellen müssten in dem Bericht, der am Donnerstag vorgestellt werden soll, geändert, 47 davon komplett gestrichen werden, fordert das Ministerium laut dem Internetportal "Spiegel Online".

So müsse etwa eine Passage, die ein "Positionspapier" des Bundeskriminalamts (BKA) aus dem Jahr 1997 zitiere, entfernt werden. In dem Papier, über das schon letztes Jahr öffentlich berichtet wurde, beschwert sich das BKA, der Verfassungsschutz warne seine V-Männer vor polizeilichen Durchsuchungen und verhindere durch verspätete Weiterleitung von Hinweisen ein Einschreiten gegen Neonazi-Aktionen. Treffen die Angaben in dem "Positionspapier" zu, dann haben vom Verfassungsschutz angeworbene V-Leute 1994 einen Aufmarsch deutscher Neonazis in Luxemburg organisiert, der dort auf heftige Empörung stieß; die Polizei wurde vom Geheimdienst nicht rechtzeitig informiert und konnte den Aufmarsch daher nicht verhindern.

Währenddessen werden stets neue Vertuschungsmaßnahmen der Behörden und Unklarheiten über deren Beziehungen zur Neonazi-Szene bekannt. Ein einstiger baden-würtembergischer Verfassungsschutz-Mitarbeiter gibt an, er habe 2003 über einen Informanten von einer "Gruppe in Ostdeutschland namens NSU" erfahren, den Bericht darüber aber auf Anweisung "von oben" vernichten müssen. Polizeibeamte, die in Thüringen nach dem NSU fahndeten, mutmaßen inzwischen, die Terrororganisation habe in der ersten Zeit nach ihrem Untertauchen "staatliche Unterstützung" erhalten.

In den NSU Terror Verwickelte VS Spitzel 

 


Wie das Internetportal "Spiegel Online" berichtet, hat das Bundesinnenministerium umfassende Änderungen an dem Abschlussbericht gefordert, den der Bundestags-Untersuchungsausschuss zum Nationalsozialistischen Untergrund (NSU) an diesem Donnerstag vorstellen will. Demnach verlangt das Ministerium, insgesamt 118 Textstellen zu zensieren; 47 davon sollen vollständig gestrichen werden. So müssten etwa Details zu mindestens drei V-Leuten geheim bleiben, "die einst im Umfeld des NSU-Trios eingesetzt waren", schreibt "Der Spiegel".

Auch hätten nähere Hinweise zur "Operation Rennsteig" zu unterbleiben. Die "Operation Rennsteig" war eine Gemeinschafts-Operation von vier deutschen Geheimdiensten aus den Jahren 1997 bis 2003, die Informationen über die Neonaziszene in Thüringen sammeln sollte. Auf einer Zielliste waren mehr als 70 Personen verzeichnet, darunter die NSU-Terroristen Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos. Das Bundesamt für Verfassungsschutz hatte die "Operation Rennsteig"-Akten nach dem Auffliegen des NSU geschreddert.

Wie es nun im "Spiegel" heißt, fordere das Bundesinnenministerium per Schreiben vom 9. August die Zensur des Abschlussberichts, weil "äußerst sensible Belange des Bundeswohls" betroffen seien und deshalb die Öffentlichkeit nicht informiert werden dürfe. Innenminister Friedrich zufolge geht es um "Quellenschutz".

Aufmarsch in Luxemburg 


Zu den Hintergründen, die nach dem Willen der Bundesregierung nicht öffentlich diskutiert werden dürfen, gehört "Spiegel Online" zufolge "eine mehrseitige Passage", die sich mit einem "Positionspapier" des Bundeskriminalamts (BKA) aus dem Jahr 1997 befasst. Der "Spiegel" hatte bereits letztes Jahr über das Dokument berichtet. Es nennt unter anderem die Namen von neun Personen, die das BKA im Verlauf seiner Ermittlungen "als Verfassungsschutz-Quellen erkannt" haben will. "Die V-Leute sollen vor Durchsuchungen gewarnt worden sein", berichtet "Der Spiegel"; zudem sei ein Einschreiten gegen Neonazi-Aktionen durch das verspätete Weiterleiten entsprechender Hinweise verhindert worden. V-Leute seien auffallend oft einem Urteil oder sogar der Strafverfolgung überhaupt entkommen.

Besonders schwer wiegt, dass dem Papier zufolge eine neonazistische Aktionswoche im August 1994 zur Erinnerung an den Todestag des Hitler-Stellvertreters Rudolf Heß von "nicht weniger als fünf Quellen des Verfassungsschutzes" organisiert worden sein soll. Stimmt das, dann haben vom deutschen Inlandsgeheimdienst angeworbene V-Leute den Einmarsch von rund 150 Neonazis am 13. August 1994 in Luxemburg angeleitet; dort randalierten diese anlässlich des Heß-Todestages, ohne dass die deutsche Polizei sie hatte zurückhalten können, weil Hinweise an sie unterblieben. Die außenpolitische Dimension des Vorfalls ist unübersehbar.

Vernetzung ermöglicht 


Dabei sind auch die sonstigen Vorwürfe, die das BKA 1997 in seinem "Positionspapier" gegenüber dem Verfassungsschutz erhob, gravierend. So hieß es etwa – nur ein Jahr vor dem Abtauchen des NSU –, "Quellen des Verfassungsschutzes" wirkten offenkundig "maßgeblich in führenden/exponierten Positionen an der Vorbereitung von Veranstaltungen/Versammlungen/Aktionen" der Neonazi-Szene mit. Es bestehe sogar "die Gefahr, daß Quellen sich gegenseitig zu größeren Aktionen anstacheln".

Auch stellte das BKA fest, die V-Leute seien in der Regel "gut über die aktuellen technischen Möglichkeiten der Exekutive informiert"; es gebe "Anhaltspunkte" dafür, dass dadurch "letztlich nicht nur die Quellen, sondern die gesamte Szene vor Strafverfolgung geschützt wird". Weiter heißt es, der Verfassungsschutz beklage einen "Ausbau der Vernetzung im rechtsextremistischen Bereich"; gleichzeitig werde jedoch "durch die Ausstattung der Quellen mit der jeweils neuesten Kommunikationstechnik" und durch die Übernahme von "Reisekosten" die "Mehrzahl der Quellen" überhaupt erst in die Lage versetzt, "Kontakte zu knüpfen und aufrecht zu erhalten".

Dass Letzteres etwa beim "Thüringer Heimatschutz" der Fall gewesen ist – derjenigen Neonazi-Organisation, aus der der NSU letztlich hervorging –, ist belegt.

Schon 2003 informiert 
Während die Bundesregierung derlei Informationen der Öffentlichkeit vorenthalten will, werden – vom Publikum inzwischen kaum noch registriert – stets neue Vertuschungsmaßnahmen der Behörden bekannt. So berichtete etwa die "Berliner Zeitung" kürzlich, das Thüringer Innenministerium bestätige, dass 2005 eine zweiseitige Telefonliste vernichtet worden sei, die Kontaktpersonen des NSU-Terroristen Uwe Böhnhardt enthalten habe.

Die Liste habe zu 108 von insgesamt 160 Asservaten aus Böhnhardts Wohnung gezählt, die die zuständige Staatsanwaltschaft in Gera habe beseitigen lassen. Ermittler, die nach dem NSU fahndeten, gaben an, sie hätten das Papier nie zu Gesicht bekommen. Die "Berliner Zeitung" zitierte Polizeibeamte mit der Vermutung, der NSU habe in der ersten Zeit nach der Flucht "staatliche Unterstützung" erhalten.

Bereits letztes Jahr hatte ein ehemaliger Mitarbeiter des Verfassungsschutzes in Baden-Württemberg, der im Amt als qualifiziert und kompetent eingestuft wird, mitgeteilt, ein Informant habe ihm im Jahr 2003 "von einer gewalttätigen rechtsradikalen Gruppe in Ostdeutschland namens NSU" berichtet, von der er behaupte, sie unterhalte "Beziehungen nach Heilbronn". Dort wurde 2007 die Polizistin Michèle Kiesewetter ermordet – mutmaßlich vom NSU.

Der VS-Mitarbeiter teilte weiter mit, er habe über den Hinweis auf den NSU einen Bericht geschrieben, diesen jedoch auf Anweisung "von oben" vernichten müssen.

Ein Testballon? 
Im Zusammenhang mit dem Mord in Heilbronn ist neben vielem anderen eine mögliche Rolle des Ku-Klux-Klans weiterhin ungeklärt. Offenkundig hat ein Neonazi, der als V-Mann für das baden-würtembergische Landesamt für Verfassungsschutz tätig war, im Jahr 2000 die "European White Knights of the Ku Klux Klan" gegründet. Bekannt ist heute, dass zwei Polizisten Mitglied waren, die in der Beweissicherungs- und Festnahmeeinheit Böblingen arbeiteten – dort waren ab 2005 auch die 2007 ermordete Polizistin Michèle Kiesewetter und ihr schwer verletzt dem Mord entkommener Kollege beschäftigt.

Offenbar haben, wie die "Kontext Wochenzeitung" berichtet, mindestens drei weitere Polizisten in Kontakt zum "Ku Klux Klan" gestanden; der Klan-Gründer habe zeitweise sogar "an die Bildung einer eigenen Untergruppe für die Polizisten" gedacht. Fest steht, dass dem "Ku Klux Klan" ein V-Mann des Bundesamtes für Verfassungsschutz angehörte, der wiederum Kontakt zu dem NSU-Terroristen Uwe Mundlos hielt.

"Kontext" liegen nun Informationen vor, denen zufolge der Klan-Gründer, der vom baden-würtembergischen Verfassungsschutz angeblich noch 2000 abgeschaltet wurde, schließlich nach Sachsen wechselte, "um dort bei der Suche nach den mutmaßlichen NSU-Terroristen (...) eingesetzt zu werden". Völlig unklar ist die Rolle der staatlichen Behörden im gesamten Zusammenhang mit dem "Ku Klux Klan". Als bekannt wurde, dass ein V-Mann die Organisation gegründet hatte, vermutete der CDU-Obmann im Bundestags-Untersuchungsausschuss, Clemens Binninger – ein gelernter Kriminalbeamter –, das Ganze sei ein "Testballon" gewesen. 

Hat der Verfassungsschutz die Fahndung nach den im Januar 1998 untergetauchten Neonazis Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe gezielt hintertrieben? Ein Zielfahnder des Thüringer Landeskriminalamtes erneuerte im Erfurter NSU-Untersuchungsausschuss diesen Vorwurf.

Hat der Verfassungsschutz die Fahndung nach den im Januar 1998 untergetauchten Neonazis Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe gezielt hintertrieben? Ein Zielfahnder des Thüringer Landeskriminalamtes erneuerte am Montag im Erfurter NSU-Untersuchungsausschuss diesen Vorwurf.

Sven Wunderlich war im Februar 1998 zusammen mit seiner Zielfahndungseinheit mit der Suche nach dem Trio befasst gewesen. Allerdings nur am Rande, wie er vor dem Ausschuss klarstellte, einen offiziellen Auftrag zur Zielfahndung habe es gar nicht gegeben. „Der Grund dafür war, dass entsprechende Straftatbestände gegen die Drei gar nicht vorlagen“, sagte er. „Mir hatte der zuständige Staatsanwalt sogar gesagt, dass sie, wenn sie sich stellen und ein Geständnis ablegen, nach zwei Wochen wieder aus dem Gefängnis kommen.“

Ungewöhnlich bei der Fahndung, in die er bis zum Jahr 2001 eingebunden war, sei allerdings die enge Kooperation mit dem Verfassungsschutz gewesen. Er habe den Eindruck gehabt, dass das Thüringer Landesamt (LfV) vor allem die Fähigkeiten der Zielfahnder ausnutzen wollte, um seine eigenen Interessen umzusetzen.

„Es hat sich mit der Zeit bei uns Fahndern dann auch ein gewisses Misstrauen dem Verfassungsschutz gegenüber breit gemacht“, sagte Wunderlich vor dem Ausschuss. So habe man mitbekommen, dass das LfV nur einen Teil seiner Informationen weitergab. Auch hätten die Geheimdienstler eigenständige Maßnahmen vor den Zielfahndern verheimlicht. All diese Vorgänge hätten dazu geführt, dass bei seinem Vorgesetzten und ihm im Laufe der Zeit die Ahnung gereift sei, dass der Geheimdienst ihre Fahndung hintertreiben wollte. „Aus meiner Sicht kann es dafür nur zwei Motive gegeben haben“, sagte Wunderlich. „Entweder sollten wir die Drei damals nicht finden, vielleicht weil einer von ihnen bereits Verbindungen zum LfV unterhielt. Oder der Verfassungsschutz wollte das Trio vor uns finden, um mit denen bestimmte Dinge ohne Polizei und Justiz zu klären.“

 

Offen blieb in der gestrigen Ausschusssitzung einmal mehr die Frage, warum 1998 mit solch enormen technischem Aufwand nach den drei untergetauchten Neonazis gefahndet wurde.

http://www.berliner-zeitung.de/neonazi-terror/nsu-ausschuss-raetselhafte-zielfahndung,11151296,24554984.html

Ex Bundesgeschäftsführerin Caren Lay bei der Linken-Fraktions-Wahl durchgefallen 

Bürgerliche Medien spotten über "selbsternannte Musterdemokraten", die im Zweifel so lange abstimmen lassen, bis das erwünschte Ergebnis kommt. So geschehen, nachdem Ex-Bundesgeschäftsführerin Caren Lay für den neuen Vorstand im ersten Wahlgang durchgefallen war. Das alles passt ins Klischee der undurchsichtigen Linken, die sich selbst noch nicht gefunden hat und sich selbst misstraut zwischen Gralshütern Ost, reformerischen Gewerkschaftern, überzeugten  revolutionären Truppen der Weltrevolution und selbsternannter linker Avantgarde. Das zeugt von einer schwierigen Proporzfindung innerhalb der Fraktion. 

Die versprochene Transparenz und mehr basisdemokratische Ansätze lassen weiter auf sich warten. 

Das deutet nicht auf eine relative Stärke der Realos hin, wie auch der "Spiegel" vermutet. Zurecht stellt das  Blatt fest, dass die wirkliche Stärke der Flügel innerhalb der Bundestagsfraktion keinesfalls feststeht. 

Andere Fraktionsmitglieder sehen sie seit Göttingen allerdings eher als Bartsch-kritisch und als Vertreter der Zentristen mit leichtem Hang zum linken Flügel. 

Caren Lay wurde zu einen der Stellvertreter der Stellvertreter des Fraktionschefs Gysi gewählt und sie leitet den Arbeitskreis II.  

Caren Lay wird dem Refornflüger zugerechnet, was auf einen Dämpfer für den Realo-Flügel genauso hindeutet wie die Formulierung einer konsequenten Friedenspolitik, die Stefan Liebich gerne im 100-Tage-Programm der Linksfraktion aufweichen wollte. 

Es wird also keine Dominanz eines reformistischen Flügels geben . Gregor Gysi sagt, dass  beide Seiten sich gegenseitig brauchen und Dietmar Bartsch weist sogar daraufhin, dass selbst Rot-Rot-Grün für 2017 keine ausgemachte Sache sei, da sich die Grünen bis dahin zu einer CDU nahen neoliberalen Partei entwickeln könnten. Man solle sich lieber auf  sich selbt konzentrieren und sein eigenes linkes  Profil schärfen.

Auch zur SPD stehjt mabn erstmal zur Fundamentalopposition, wenn es dann zur Großen Koalition kommt, die die SPD bei Wahlergebnissen weiter dezimiert.

Dan könnte es sogar sein, dass die Linke stärker als die SPD wird  und die Themen dominieren und Forderungen an die SPD eher mitdiktieren oder gar bestimmen könnte. 

Wenn die SPD durch eine Große Koalition nach 4 Jahren noch einmal 10 Prozent auf 15 Prozent verliert und wenn die Linke sich von 8,5 auf 17 Prozent verdoppelt, haben wir eine ganz andere Ausgangslage. 

Dann wäre nämlich die SPD Juniorpartner der Linken und nicht umgekehrt. 

Die USA entführen einen ihrer ehemaligen Agenten in Libyen

 

Präsident Obama gab am 6. Oktober 2013 den Befehl Abu Anas al-Libi (dessen wahrer Name Nazih Abd al-Hamid al-Ruqhay ist) in Libyen zu entführen. Ein Team der Delta Force hat die Operation ohne Opfer ausgeführt.

Selbst bei Annahme, dass al-Libi ein legitimes Ziel für die USA sei, wie es Secretary of State John Kerry gesagt hat, ist diese Entführung eine Verletzung des Völkerrechts und der Souveränität von Libyen.

1995 nahm dieser Dschihadist, der Osama bin Laden im Sudan gefolgt war, an einem gescheiterten Versuch teil, den ägyptischen Präsidenten Hosni Mubarak zu ermorden. Er fand Zuflucht in Doha (Katar).

Im Jahr 1996 finanzierten die britischen Geheimdienste (MI5 und MI6) eine Zelle der Al-Qaida, um den libyschen Staatschef Muammar el-Gaddafi zu ermorden [1]. Anas Al-Libi diente als Vermittler in der Transaktion und erhielt so politisches Asyl in Großbritannien. Er lebte in Manchester, bis zu seiner Anklage im Jahr 2000 in den Vereinigten Staaten.

Im Jahr 2000 wurde er vom Gericht im Distrikt Süd von New York angeklagt, im Jahr 1993 fotografische Identifizierung gemacht zu haben, die erlaubt hätten, fünf Jahre später die US-Botschaften von Daar-es-Salaam und Nairobi am 7. August 1998 anzugreifen, die 12 Amerikaner getötet hatten (und übrigens 214 andere Menschen und mehr als 5.000 nicht-US- Verletzte). Als die „Liste der durch das FBI meistgesuchten Verdächtigen“ im Oktober 2001 entsteht, erscheint er darin und eine Belohnung von $ 5 Millionen wird für seine Gefangennahme angeboten.

Verschiedene Quellen versichern, dass er im Iran von 2003 bis 2010 verhaftet gewesen wäre, ein Datum, an dem er nach Libyen zurückkehrte. Jedoch behauptet Amnesty International am 6., Juni 2007, dass er in Wirklichkeit in einem Geheimgefängnis der CIA gehalten wird [2].

Im Dezember 2010 erklärt der Vertreter Libyens bei den Vereinten Nationen, dass Al-Libi und seine Familie wieder in seinem Land seien und zwar im Rahmen einer von Saif al-Islam Gaddafi geführten Friedensverhandlung unter US-Kontrolle. Mit anderen Mitgliedern der Al-Qaida und unter Aufsicht von Abdelhakim Belhaj [3] nahm er ab Februar 2011 (also drei Monate später) an den Operationen der NATO in Libyen teil, die zum Sturz der Jamahiriya und Lynchen von Muammar al-Gaddafi führten. Oktober 2011 wird einer der Söhne von al-Libi zur Vergeltung von den Nationalisten ermordet.

Durch das US-Verteidigungssekretariat in Tripolis (Libyen) am 6. Oktober 2013 entführt, wurde Abu Anas al-Libi laut der New York Times an Bord der USS-San Antonio gebracht, im Mittelmeer, um "verhört" zu werden, [4] außerhalb des Schutzes der US-Strafjustiz [5]. Er könnte "möglicherweise" in ein paar Wochen oder Monaten der US-Justiz übergeben werden.

Die USS-San Antonio ist ein Docklandungsschiff, dessen Laderäume von der US Navy in ein Geheimgefängnis verwandelt wurden. Die Häftlinge werden nach einem Programm verhört, das auf den Techniken des Dr. Martin Seligman basiert. [6]. Ziel ist es nicht Geständnisse zu bekommen, sondern die Opfer zu konditionieren. Offiziell hat Präsident Barack Obama die US-Geheimgefängnisse geschlossen und die Anwendung von Folter verboten.

Die Vereinigten Staaten hatten keine völkerrechtswidrige Entführung behauptet, seit der von Ahmed Abdulkadir Warsame, in Somalia, am 19. April 2011 (die zwei Monate später öffentlich gemacht wurde).

P S . Als Reaktion auf die Festnahme haben Dschihadisten den lybischen Regierungschef 

entführt und vorübergehend festgenommen und dann wieder freigelassen. 

Voltairenet, aus dem Französischen 

Kritik des 100-Tage-Programm der Linkspartei 

1.) Wir wollen einen kategorischen Gewaltverzicht in der deutschen Außenpolitik verankern und das Geschäft mit dem Tod ächten.
Wir werden beantragen:

  • das unverzügliche Ende der Afghanistan-Mission der Bundeswehr und die Rückkehr aller Bundeswehrsoldaten aus Afghanistan;
  • das sofortige Ende des Patriots-Einsatzes der Bundeswehr an der türkisch-syrischen Grenze;
  • von der Bundesregierung Aufklärung darüber, ob und wie Deutschland die Verwendung der an Syrien gelieferten Chemikalien, die auch für die Produktion des Giftgases Sarin benötigt werden, überprüft hat und welche Kenntnisse sie über den Verbleib und die Nutzung der Chemikalien hat;
  • als ersten Schritt hin zu einem generellen Rüstungsverbot fordern wir, den Export von Kleinwaffen und Waffenfabriken zu verbieten.
  •  
  • Kritik dazu:  
  • Die Forderung nach kategorischen Gewaltverzicht ist eine Niederlage des Reformer-Flügels. Insbesondere Stefan Liebich hatte sich für eine Aufweichung aussenpolitischer Grundsätze und strikter Friedenspolitik eingesetzt und er ist damit erstmal gescheitert.
  • Das Verbot der Rüstungsexporte geht nicht weit genug, weil es keinen Grund gibt dieses Exportverbot auf Kleinwaffen aber nicht auf Panzer, Jets oder U-Boote zu beziehen.  
  • Anstatt nur auf die Chemiebestände Syriens zu schauen, die zudem gar nicht waffenfähig sein sollen und für konkrete Zwecke wie Fluorid für Zahnpasta von der deutschen Wirtschaft  geliefert worden waren, hätte man auch die real existierenden Chemiewaffenbestände der Rebellen erwähnen müssen, Einseitige Parteinahme insbesondere im Hinblick auf Dschihadisten des syrischen "Bürgerkrieges", der in Wahrheit ein verdeckter imperialistischer Angriffskrieg ist, ist völlig unangebracht. .  
  •  

2.) Wir wollen den Niedriglohnsektor abbauen und das Reallohnniveau erhöhen.
Wir werden beantragen:

  • den flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn in Höhe von 10 Euro pro Stunde mit einer stetigen Dynamisierungsperspektive;
  • die Stärkung der Rechte von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, um Massenentlassungen in profitablen Unternehmen zu verhindern;
  • als erste Maßnahme auf dem Weg zu einem Verbot der Leiharbeit eine verpflichtende Flexibilitätszulage für Leiharbeiterinnen und Leiharbeiter in Höhe eines Aufschlags von 10 Prozent gegenüber dem Lohn, den für eine gleiche Tätigkeit Beschäftigte der Stammbelegschaft erhalten;
  • Rahmenbedingungen zu ändern, so dass Tarifverträge leichter für allgemeinverbindlich erklärt werden können;
  • den missbräuchlichen Einsatz von Werkverträgen zu unterbinden
  • ein Verbot der sachgrundlosen Befristungen.
  • kritik dazu 
  • Natürlich müssen Dumpinglöhne verschwinden, das Niveau der Reallöhne muss steigen und ein gesetzlicher Mindestlohn von 10 €uro muß eingeführt werden. Für den gesetzlichen Mindestlohn gäbe es auch eine Mehrheit im Bundestag.
  • Ein Verbot der Leiharbeit sollte nicht aufgeweicht werden, zumal es einen Mindestlohn für Leiharbeiter gibt, der aber unter dem Niveau mancher betreffender  Branchen liegt und deshalb Mißbrauch nicht verhindert. Daran ändert auch ein 10 prozentiger "Flexi-Aufschlag" nichts. In der Leiharbeitsbranche besteht seit geraumer Zeit ein Mindestlohn von 8,50 €uro.  
  •  

3.) Wir wollen Altersarmut abbauen und das Rentenniveau erhöhen:

  • Die Rente erst ab 67 wollen wir sofort vollständig zurücknehmen und wieder die Regelaltersrente ab 65 Jahren ohne Kürzungen einführen.
  •  Als ersten Schritt werden wir die Erhöhung des Rentenniveaus auf 53% beantragen.
  • Wir werden beantragen, dass für die Erziehung von vor 1992 geborenen Kindern den Müttern (oder Vätern) ebenfalls drei Jahre Kindererziehungszeit in der Rente angerechnet werden.
  • Wir fordern die Abschaffung der Abschläge bei der Erwerbsminderungsrente

4.) Wir wollen die Lohn- und Renteneinheit vollenden:

  • Als Einstiegsprojekt werden wir ein Konzept für die schrittweise Angleichung des Rentenwerts Ost an das Westniveau bis 2017 vorlegen;
  • Wir bereiten eine Initiative vor, die niedrigeren Branchenmindestlöhne in Ostdeutschland auf Westniveau anzugleichen;

5.) Wir wollen eine Gerechtigkeitswende im Steuersystem:

  • Wir werden beantragen, den Spitzensteuersatzes auf 53 Prozent, den Grundfreibetrag auf 9.300 Euro und das Kindergeld auf 200 Euro anzuheben (ab dem dritten Kind entsprechend mehr).
  • Wir werden eine Millionärssteuer auf hohe Vermögen beantragen. Die Steuerpflicht auf Einkommen- und Vermögenssteuer muss generell an die Staatsbürgerschaft gebunden werden.

6.) Wir wollen ein Land ohne Armut:

  • Als ersten Schritt zur Überwindung des Hartz-Systems werden wir beantragen, die Hartz-IV-Sätze auf 500 Euro zu erhöhen, so dass sie das soziokulturelle Existenzminimum abdecken. Die Sanktionen sind abzuschaffen.
  • Wir beantragen die Abschaffung des Betreuungsgeldes, um die dafür in den Haushalt eingestellten Gelder in den Ausbau der Kita-Infrastruktur umzuleiten;
  • Die Künstlersozialkasse muss auf eine sichere finanzielle Grundlage gestellt werden.

7.) Wir wollen ernsthafte Schritte zur Überwindung der Zwei-Klassen-Medizin gehen:

  • Wir werden beantragen, die Beiträge zur GKV wieder paritätisch zu finanzieren.
  • Wir werden beantragen, die staatliche Förderung privater Pflegeversicherungen („Pflege-Bahr“) einzustellen und die dadurch freiwerdenden Mittel für die schnelle Umsetzung des neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs einzusetzen.

8.) Wir wollen mehr Demokratie und Teilhabe und stärken die Persönlichkeitsrechte der Menschen:

  • Wir werden beantragen, den Umfang der Spionage von NSA und GCHQ in Deutschland vollständig aufzuklären und sie für die Zukunft zu unterbinden;
  • DIE LINKE wird sich für die sofortige Umsetzung der von allen Fraktionen des 17. Deutschen Bundestages verabschiedeten Schlussfolgerungen aus dem NSU-Untersuchungsausschuss einsetzen. Zentral und vordringlich sind hierbei:
    • Die dauerhafte und finanziell gestärkte Förderung der Bundesprogramme gegen Rechtsextremismus, Antisemitismus und Rassismus (DIE LINKE fordert eine Verdopplung der Mittel auf 50 Mio. Euro)
    • Die gesetzliche Verpflichtung der Polizei, bei Gewalttaten gegen Migrantinnen und Migranten, immer auch in Richtung eines rassistischen Tatmotivs zu ermitteln;
  • Wir werden beantragen, die Aufhebung des Kooperationsverbots für Bund und Länder in Bildung und Wissenschaft zu beschließen.
  • Wir wollen die EU-Flüchtlingspolitik nach humanitären Gesichtspunkten neu gestalten. Asylsuchende sollen die freie Wahl haben, wo sie in der EU leben wollen. Wir wollen Möglichkeiten einer legalen Einreise für Asylsuchende schaffen, um den Tod von Schutzsuchenden auf der Flucht über das Mittelmeer, wie vor Lampedusa, oder dem Atlantik zu verhindern. Das bedeutet unter anderem die sofortige Aufnahme von mehr Flüchtlingen aus Syrien.
  •  Die vollständige rechtliche Gleichstellung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften mit der Ehe.

9.) Wir wollen bezahlbare Wohnungen und eine Energiewende mit Sozialsiegel:

  • Wir werden eine Initiative vorlegen, die Mieterhöhungen ohne Wohnwertsteigerungen oberhalb der Inflationsrate für unzulässig erklärt und Mieterhöhungen allein wegen Neuvermietungen ausschließt;
  • Wir erarbeiten ein Konzept für die Regulierung der Strompreise. Stromabschaltungen sind unverzüglich zu verbieten.

10.) Wir wollen, dass Deutschland zum Motor einer sozialen und demokratischen Wende in Europa wird:

  • Wir unterstützen keine Bankenrettungspakete, sondern fordern stattdessen ein europaweites sozial-ökologisches Investitionsprogramm. Wir werden beantragen, dass Spareinlagen und das gewerbliche Kreditgeschäft privater Banken abgesichert werden. Dies darf nur nach Haftung der Eigentümer und Gläubiger von Banken und nicht mehr ohne Gegenleistungen erfolgen (öffentliche Anteile und Einfluss auf die Geschäftspolitik).

SPD Chef Gabriel über Facebook-Kommentar stinksauer 

Großer Widerstand der SPD-Basis gegen Große Koalition mit der CDU 

In NRW sollen über 90 Prozent der Ortsvereine eine Große Koalition strikt ablehnen. 

Über einen Facebook-Eintrag hat sich der SPD - Vorsitzende Sigmar Gabriel  so sehr geärgert, dass er in der Fraktionssitzung der Bundesstagsfraktion richtig wütend wurde! 

Die Berliner Bundestagsabgeordnete Cansel Kiziltepe hatte auf ihrem Facebook-Account geschrieben: „,Wir werden eine menschenrechtskonforme Flüchtlingspolitik in der EU voranbringen, einschließlich eines solidarischen Ausgleichs': Statt sich über Ministerposten zu verbreiten, sollte sich so mancher Sozialdemokrat lieber Gedanken über diesen Satz aus dem Regierungsprogramm machen und darüber, wie er das ausgerechnet in einer großen Koalition umsetzen will.“

Kiziltepe stellte sich damit offen gegen eine große Koalition – und zog sich den Unmut von Gabriel zu. In der Fraktionssitzung am Dienstagabend sagte er: „Es ist ärgerlich, wenn sich Bundestagsabgeordnete so auf Facebook äußern. Das streut Misstrauen.“

Gabriel  sagte nicht den Namen von Kiziltepe - aber sie meldete sich am Ende selbst zu Wort: „Es ist nicht fair, wenn ich hier öffentlich bloß gestellt wurde.“

Gabriel verwies darauf, dass die SPD in der Opposition wohl noch weniger für die Verbesserung der Flüchtlingspolitik tun könne. Aber die Berliner Abgeordnete blieb hart, zeigte sich in der Diskussion als knallharte Gegnerin einer großen Koalition.Vergrößern

"Ich verstehe nicht, was auf diesem Berliner Raumschiff los ist", schimpft ein SPD- Funktionär der oberen Landesebene in Baden-Württembergs Hauptstadt Stuttgart. "Flügelübergreifend", "flächendeckend" sei die Ablehnung der Großen Koalition bei der SPD-Basis.

Von einer Mail-Flut und einer Welle von Posts auf den parteieigenen Facebook-Foren spricht der Südwestdeutsche und sagt: "Ich kenne keinen einzigen Fürsprecher."

"Sehr reserviert" seien die Mitglieder, sagt auch der Geschäftsführer eines Unterbezirks der Sozialdemokraten in Brandenburg. Er hat zumindest schon von Befürwortern gehört.

Die seien aber eine deutliche Minderheit, so der Funktionär. "Es haben halt alle Angst, dass man in einer neuen Großen Koalition völlig zerrieben wird". Auch programmatisch sehe man keine Gemeinsamkeiten mit der Union und wolle die eigenen Standpunkte nicht aufgeben.

Ein Funktionär aus dem Landesverband Niedersachsen spricht von einer internen Diskussionsplattform zu dem Thema. Ob die Beiträge für und gegen die Koalition sich dort die Waage hielten? "Nein", lautet die knappe Antwort. Ob denn eine große Mehrheit dagegen sei? "Ja."

In welchem Bundesland man SPD-Regionalgeschäftsstellen und Unterbezirke anruft an diesem Morgen: Praktisch nirgendwo wird die Große Koalition gutgeheißen. Nahezu alle Gesprächspartner wollen anonym bleiben - zu groß ist die Unsicherheit darüber, wohin die Reise geht und was am Ende dabei herauskommt.

"Die Stimmung an der Basis ist contra, ganz klar", sagt der Baden-Württembergische Regionalgeschäftsführer Vasilios Papayannis. Es gebe viele Austrittsdrohungen. Man hoffe jetzt darauf, dass die Grünen "es machen" - wenn sie sich mit der Union auf eine Koalition einließen, seien wenigstens keine Neuwahlen nötig.

Nach der letzten Großen Koalition war die SPD bis auf 26 % abgestürzt und hatte praktisch den Status als Volkspartei verloren und die Linkspartei massiv gestärkt.