Friedrich Schorlemmer: DDR war kein Unrechtsstaat 

In der DDR geschah furchtbares Unrecht. ( Wie auch in der Bundesrepublik, Anm.der Red,.)  Doch wer sie als Ganzes zum Unrechtsstaat erklärt, kann zu keiner differenzierten Betrachtung des Lebens in diesem Land gelangen. Er pflegt lediglich alte Feindbilder und entschuldigt die Feiglinge von einst.

Von Friedrich Schorlemmer

Das Wort vom "Unrechtstaat DDR" stammt aus dem Kalten Krieg, als die Systeme konkurrierten: der "freie Westen" mit der sozialistischen Welt. Die so titulierte DDR war ein Mutterstaat, eine nährende, Geborgenheit stiftende Amme, und zugleich ein fordernder und strenger Vaterstaat. Hier existierte, durch Verfassung verbrieft, der Hort des Friedens. Es war festgelegt, dass die Lehren aus der Geschichte gezogen seien, jeder ein Recht auf Arbeit, Bildung, Gesundheit habe, auf Kultur, Sport, Freizeit, auf Fürsorge im Alter. Glaubens- und Gewissensfreiheit galten als garantiert.

Die Kluft zwischen Anspruch und Wirklichkeit haben längst nicht alle Bürger zu spüren bekommen. Am Ende hatte der Staat den Abstand zwischen Proklamiertem und Erlebtem so tief werden lassen, dass dies keine Dialektik mehr wegdiskutieren konnte. Die Bürger trotteten dennoch mit, bis in den Herbst '89.

Ich habe vierzig Jahre in diesem Teildeutschland gelebt. Ich habe mir meine Freiheit selber genommen, mir neben dem Staat und gegen die SED meine Menschenwürde und meinen Entfaltungsraum behauptet, nie ganz allein stehend.

Wer die DDR noch 25 Jahre nach ihrem Ende in toto zum Unrechtstaat erklärt, der kann zu keiner differenzierenden Betrachtung des Lebens in diesem Land gelangen. Abgesehen von der Frage, ob das Diktum "Unrechtsstaat" überhaupt eine juristisch taugliche Bezeichnung ist: Es delegitimiert alles, was in der DDR gewesen ist.

Wer diesen Staat unter Führung der "Partei der Arbeiterklasse" erlebt und durchstanden hat, weiß, wie hier ein hierarisches System mit quasireligiösem Erlösungsanspruch alle Lebensbereiche mit dem Attribut "sozialistisch" versah und dieses "sozialistisch" auf die eigene Linie einengte. Die Motivation der Leute, die dem folgten, konnte indes durchaus ethisch und menschlich respektabel sein.

Kritik konnte geübt werden - und sie wurde es auch

In der DDR herrschte Willkür. Viele Widersprechende mussten das bitter erleben. Es gab keine Gewaltenteilung; der Staat strafte die Abweichler. Zugleich aber konnte Kritik geübt werden, und sie wurde es auch. Nicht nur das Kabarett legte die Differenz zwischen Idee und Praxis offen, zwischen den großen Zielen der humanistisch-sozialistischen Gesellschaft und dem leninistisch-stalinistischen "Bolschewismus", der immer auch Tschekismus war. Es war so möglich wie gefährlich, den "real existierenden Sozialismus" an den propagierten Zielen zu messen und zu kritisieren, gerade was die Entfaltungsrechte und -möglichkeiten des Einzelnen betraf. Wer vom "verbesserlichen Sozialismus" sprach, wie der evangelische Propst Heino Falcke schon 1972, beging ein Sakrileg. Der Sozialismus konnte höchstens "weiter vervollkommnet" werden.

Würde nun über 40 Jahre DDR einfach die Definition "Unrechtstaat" gesetzt, wären auch das Familien- und das Arbeitsrecht zum Unrechtsstaatsrecht erklärt, die Gesetze zum Schutz der Jugend, das Recht auf Bildung und Kultur, alles, was in der DDR rechtlich geregelt war. Es besteht wahrlich kein Anlass, das Repressions- und Spitzelsystem zu beschönigen und zu relativieren. Doch so, wie es den einen Zukunftschancen verstellte, so eröffnete es aber auch vielen neue Bildungswege.

Ja: Wenn ich mir das politische Strafrecht vergegenwärtige, befällt mich Atemnot bei diesem Gedanken. Trotzdem kann ich nicht sagen, dass ich in toto in einem Unrechtstaat gelebt, geheiratet, Kinder bekommen hätte. Ich habe umsorgt im Krankenhaus gelegen, ein Theologiestudium an einer staatlichen Universität abgeschlossen, den Führerschein gemacht, eine Wohnung zugewiesen bekommen. Im Geistig-Kulturellen habe ich mir, wie viele andere, Freiheiten erkämpft, gegen Druck und Diffamierung. Das Widerspenstige und Widerständige konnte man in der DDR manchmal geradezu genießen. Man konnte das Aufrechtgehen lernen.

 

Ein differenzierte Sicht ist keine Einladung zur Ostalgie

Es gab Lücken im Mauerstaat. Ich kann rückblickend nicht sagen, in der DDR sei Widerständiges ohne Aufgabe der Existenz nicht möglich gewesen. Wer dies behauptet und die DDR als reinen Horrorstaat beschreibt, rechtfertigt ungewollt alles Anpasserische und Gekrümmte, das Schweigende, das Mitlügende, das karrierebesessene Kuschen. Die Rede vom totalitären Unrechtsstaat macht die Entschuldigung bequem: In ihm wäre ja tatsächlich nur in wenigen Ausnahmefällen geradliniges Leben möglich gewesen.

In diesem Zusammenhang verursacht mir auch Freiheitspathos Bauchschmerzen, das über dem Gedenken an den Mauerfall liegt. Die Mehrheit derer, die aus der DDR flohen, wollten besser leben, verständlicherweise. Nur sollte man da nicht das Etikett "Freiheit" verwenden. Und so manche, die in den Blockparteien auf der Schleimspur der SED rutschten, reißen nun ihren Mund weit auf, nachdem sie ihn so lange tapfer zugepresst hatten, die Freiheit heimlich liebend.

Niemand darf relativieren, was in den Gefängnissen der Stasi geschah, welche Methoden der Zerrüttung bei angeblichen Staatsfeinden angewandt, wie Kinder indoktriniert wurden. Man darf das Dumpfe nicht schönreden, das über dem Land lag, den Verfall, die organisierte Verantwortungslosigkeit, die Belohnung des Faulen und Unfähigen. Das alles muss man benennen, kritisieren, verurteilen - doch ohne die Generalverdammungskeule Unrechtstaat zu gebrauchen. Diese Generaldelegitimation mag immer noch das Bedürfnis nach einem Feindbild befriedigen. Sie birgt aber die Gefahr, dass die DDR auf eine Stufe mit dem Nationalsozialismus gesetzt wird, was eine Verharmlosung von Judenmord und Angriffskrieg wäre.

Eine differenzierte Sicht auf das verjagte und friedlich abgelöste System ist keine Einladung, Ostalgie zu pflegen. Es ist die Einladung, gelebtes Leben nicht als verlorene Zeit zu verwerfen. Und jeden Tag zu preisen, dass auch die Ostdeutschen seit mehr als 24 Jahren im Geltungsbereich des Grundgesetzes leben.

Friedrich Schorlemmer war in der DDR Prediger an der Schlosskirche Wittenberg.

http://www.sueddeutsche.de/politik/ddr-es-gab-luecken-in-der-mauer-1.2189246-2

 

Bodo Ramelows Ritt auf der Rasierklinge zum Ministerpräsidenten-Amt

Welche Zitterpartie bevorsteht, zeigt ein Blick auf die Mehrheitsverhältnisse. Linke, SPD und Grüne haben zusammen 46 Stimmen. Die CDU und die neu in den Landtag eingezogene AfD kommen auf 45 Abgeordnete. Würde sich im ersten und zweiten Wahlgang nur ein einziger Abgeordneter des rot-rot-grünen Lagers der Stimme enthalten, wäre Ramelow nicht gewählt. Ab dem dritten Wahlgang reicht die einfache Mehrheit. Schon wird über Wackelkandidaten spekuliert. Etwa der Grünen-Abgeordnete Olaf Möller, der laut Medienberichten „geheime Gespräche“ mit der CDU über eine Regierungsbildung geführt haben soll.

Indes wurde über den grünen Abgeordneten Olaf Möller erneut  berichtet, er führe schon Geheimgespräche mit der CDU. Möller hatte zwar schon in den neunziger Jahren vorausgesagt, dass sich die Grünen gegenüber der CDU öffnen müssten, um mehr Machtoptionen zu haben, zumal die Linke die Rolle der populistischen Protestpartei angenommen hatte, schreibt die Faz. Aber offen bekennt auch er sich nicht zum Abweichler. 

Der erste seiner Art. Bodo Ramelow könnte als Linken-Politiker Ministerpräsident werden. Nicht allen gefällt diese Premiere.

 

CDU-Landeschefin und Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht schien diese Woche in sich hinein zu lächeln, als sie gefragt wurde, ob sie eine Gegenkandidatur zu Ramelow erwägt. Sie, vielleicht CDU-Fraktionschef Mike Mohring oder auch der neue Hoffnungsträger der Thüringer Union, der frisch gewählte Parlamentspräsident Christian Carius, kämen für solch einen Coup in Frage. Ramelow selbst hat es im Jahr 2009 vorgemacht, als Lieberknecht nicht in den ersten beiden Wahlgängen zur Ministerpräsidentin gewählt wurde. Im dritten Wahlgang trat Ramelow gegen sie an - und schloss damit die christdemokratischen Reihen.

Gut möglich, dass die Angst vor Neuwahlen das rot-rot-grüne Lager diszipliniert. Würde Ramelow aber tatsächlich in einen dritten Wahlgang gezwungen, könnte alles passieren. Dann unterstützt womöglich die AfD einen CDU-Bewerber. Entsprechende Signale soll es geben. Käme nur ein Abweichler von Rot-Rot-Grün hinzu, wäre es um den Linken-Vormann geschehen.

Unter Linken in Thüringen gibt es gr0ßen Frust, weil in der Präambel des Koalitionsvertrages die DDR als Unrechtsstaat bezeichnet wird, was sie definitiv nicht war. Das bringt viele Linke gegen Bodo Ramelow auf. Da helfen auch Relativierungen nichts. So hat er die DDR als System mit verbrieften Rechten bezeichnet  und die Linke in die direkte Linie der Tradition mit der SED gerückt.  Unterm Strich könnten ihm diese Bezeichnun der eigene Geschichte und des  eigenen Sozialismusversuches auf deutschem Boden, der so delegitimiert wird,  bei der  ja geheimen Wahl zum Ministerpräsidenten, auch etliche linke Abgeordnete übel nehmen und ihn durch Nicht-Wahl abstrafen.     

Die linke Abgeordnete Johanna Scheringer-Wright, die die Bezeichnung der DDR als Unrechtsstaat ablehnt und aus einer niederbayrischen Kommunistenfamilie stammt, hatte sich im Landesvorstand der Stimme enthalten, als dieser für Koalitionsverhandlungen mit SPD und Grünen votierte. Öffentlich versicherte die Abgeordnete nun, im Landtag für Ramelow zu stimmen- aber sicher kann man sich da nicht sein. 

Der designierte SPD-Vorsitzende Andreas Bausewein, der am Wochenende in sein neues Amt gewählt werden soll, warnte schon vor Neuwahlen in fünf oder sechs Monaten. Die SPD fürchtet, dass im dritten Wahlgang zum Ministerpräsidenten ein Kandidat der CDU mindestens so viel Stimmen wie Ramelow erhalten könnte. Damit wäre Rot-Rot-Grün gescheitert. 

Bodo Ramelow will das alles durch Pragmatismus überspielen . Es ginge nicht um die Weltrevolution oder Ideologien, versucht er zu beschwichtigen sondern er  sagt: „Wir wollen beweisen, dass wir bei Problemlösungen alltagstauglich sind “. So soll die Linke als normale Parei erscheinen und so versucht er die historische Dimension seiner Wahl als sozialistischen und antikapitalistischen Ministerpräsidenten auszublenden oder kleinzureden - wahrscheinlich um sich selber Mut für die Wahl zu machen. Aber laut Bundes-Parteiprogram der Linkspartei  ist er genau das - ein marxistischer Miisterpräsident . Was er davon realpolitisch umsetzt, steht auf eine anderen Blatt.    

Thüringens Linke-Ministerpräsidentenkandidat Bodo Ramelow hat seine Partei vor rot-rot-grünen Koalitionsverhandlungen zur Geschlossenheit aufgerufen. «Zwei Linke, drei Spaltungen, das war immer die Schwäche der deutschen Linken - machen wir nicht den Fehler», sagte er am Samstag auf einem Landesparteitag in Leimbach (Wartburgkreis). Die Linke werde in einer rot-rot-grünen Regierung die Ankerpartei sein, aber auf Augenhöhe mit den Partnern agieren.

«Ich bin überzeugt, dass wir es schaffen, die Verhandlungen sehr zügig zu fahren», sagte Ramelow. Er erwarte in der ersten oder zweiten Dezemberwoche die entscheidende Ministerpräsidenten-Wahl im Landtag. «Dann wird sich zeigen, ob getragen von Urabstimmungen in drei Parteien die Landtagsmehrheit von 46 Stimmen zustande kommt.» Ein rot-rot-grünes Bündnis hätte ja wie gesagt im Landtag nur eine Stimme Mehrheit.

http://www.tagesspiegel.de/politik/regierungsbildung-in-thueringen-gruene-wollen-koalieren-dennoch-muss-bodo-ramelow-zittern/10880334.html.

 

 

 

 

 

Putin: Globale US Vorherrschaft bringt nur Chaos und Blut 

Außenpolitiker: Putin stellte US-Vormacht bloß

 

Der russische Präsident Wladimir Putin hat in seiner Rede in der Jahreskonferenz des Diskussionsclubs Valdai die Vormachtbestrebungen der USA bloßgestellt. Wie der Chef des Auswärtigen Duma-Ausschusses, Alexej Puschkow, am Freitag in Moskau erklärte, hatte Putin deutlich vor Augen geführt, dass diese „Pseudo-Vormacht“ nur „Chaos und Blut“ zur Folge hat.

„Einmischung und Diktat der USA bringen nichts Gutes, sondern lassen Konflikte nur weiter eskalieren“, hatte Putin in Sotschi gesagt. „Statt Demokratie zu säen, unterstützen (die USA) ein verdächtiges Publikum – von offenkundigen Neonazis bis hin zu islamistischen Radikalen.“

Dazu schrieb Puschkow im Kurznachrichtendienst: „Wenn Obama die US-amerikanische Vormachtstellung tagtäglich glorifiziert, hat Putin gezeigt, was diese Vormacht mit sich bringt – Chaos und Blut.“

Kiew hat seine Truppen aus der Ostukraine abzuziehen, um die Integrität des Landes zu erhalten. Das sagte der russische Präsident Wladimir Putin am Freitag im Schwarzmeerkurort Sotschi in der 11. Konferenz des internationalen Diskussionsclubs Valdai.

„Man darf sich nicht an jedem Dorf klammern, das ist sinnlos. Die Truppen sollen abgezogen werden. Russland ist ebenfalls für die territoriale Integrität der Ukraine.“

Entwicklung in Ostukraine >>

Putin zufolge besteht der Sinn der Sache darin, das Blutvergießen einzustellen und einen Dialog aufzunehmen, auf dessen Grundlage die Beziehungen wiederhergestellt werden sollen.

Der russische Präsident warf der Weltgemeinschaft vor, über die nicht adäquate Gewaltanwendung im Osten der Ukraine durch die Kiewer Armee hinwegzuschauen. „Statt einen friedlichen Dialog aufzunehmen, schickt Kiew Truppen, Panzer und Flugzeuge (in die Donbass-Region). Und die internationale Gemeinschaft hüllt sich ins Schweigen, als ob sie nichts sieht, als ob es die Formulierung ‚unangemessene Anwendung von Gewalt‘ nicht mehr gibt.“

 

Dabei erinnerte Putin daran, dass der Westen Russland während des Konflikts im Nordkaukasus gerade eine unangemessene Gewalt vorgeworfen hatte. „Jetzt wurde dieser Begriff einfach vergessen, während (Kiew) Streubomben und sogar taktische Waffen einsetzt“, kritisierte der russische Präsident.

Ria

 

Über pseudolinke, pro-zionistische "Antideutsche"    

Bewegungskolumne - neu aufgelegt und brandaktuell - von Clara Meyer 
 
Vorbemerkung Redaktion: Die "Antideutschen" gab es schon vor 1990. Einer der Wurzeln war der KB Nord der 70 er Jahre, dem u. a. auch Jürgen Trittin angehört hatte. Der Chefideologe der antideutschen Bewegung war  lange Zeit Jürgen Elsässer, der die Linke zeitweise stark prägte und sich inzwischen eher zu einem Rechtspopulisten entwickelt hat, was ich auf diese antideutsche Wurzeln zurückführen würde. Publikationen der Antideutschen waren früher "konkret", "bahama" und "Jungle World" als sektiererische Abspaltung der "Jungen Welt" (Red.).  
 

Die Antideutschen. Rückblick und Kritik

Clara Felicia Meyer
Clara Felicia Meyer ist seit 1998 in linksradikalen Zusammenhängen organisiert. Die vergangenen zehn Jahre war sie der »autonomen antifa [f]« mitmachend, sympathisierend, kritisch und immer solidarisch verbunden. Clara ist Mitglied der Gruppe »Kritik und Praxis [F]« in Frankfurt am Main.

 

Dies ist ein Text zu den sogenannten Antideutschen. Genau genommen über die zunehmend identitäre, sich selbst genügende Praxis der verbliebenen Reste dessen, was einmal die Antideutschen waren. Ach je, tönt es jetzt aus den Ecken, das schon wieder – innerlinke Debatte um Grenzen der Israelsolidarität, die fernab linker Szenetreffs wirklich niemanden interessieren. Aber doch: Es geht darum, wie angesichts einer sich wandelnden Weltlage auch die Linke versuchen muss, konsequente, kohärente und zeitgemäße Antworten und Positionen zu finden. Und dass sie jene begraben muss, die das nicht mehr leisten können – unabhängig von längst tradierten und reflexhaften Verhaltensmustern, die sich an linken Stammtischen, Szeneblättern und gelegentlich auch auf der Straße zeigen.

Die Antideutschen also. Zur Erinnerung: Entstanden sind sie als Teil und spätere Abspaltung einer eigentlich antinationalen Bewegung zur Zeit der deutsch-deutschen Wiedervereinigung. Von dieser Seite wurde befürchtet, Deutschland könne einen wiedererstarkten Machtblock bilden, seine Nachbarländer gefährden, der deutsche Nationalismus könne erstarken und der von den Antideutschen behauptete spezifische deutsche Antisemitismus könne nach Ende der Besatzung durch die alliierten Mächte des Zweiten Weltkriegs wieder ungeahnte Ausmaße annehmen. Dagegen galt es zu protestieren. »Nie wieder Deutschland« wurde der in Zeiten neuer deutscher Heimateuphorie ebenso freche wie nachhaltige Schlachtruf jener, die gegen das eigene Land und für Israel – das Zufluchtsland für alle Holocaustüberlebende und von Antisemitismus betroffene Jüd*innen – auf die Straße gingen. Das war der Ursprung der antideutschen Strömung.

Für die innerlinke Debatte waren die Antideutschen prägend. Seit den 90er Jahren konfrontierten sie ihre linken Genoss*innen mit dem eigenen Antisemitismus und Antiamerikanismus. Theoretisch versiert und hart in der Debatte. Kaum eine andere europäische Linke machte diesen Prozess der Selbstreflexion durch, konfrontierte sich selbst mit Vorurteilsmustern, die »die Juden« oder »die Amerikaner« betrafen. Vielen anderen europäischen Bewegungen hätte eine solche Form des Spiegelvorhaltens bis heute gut getan.

Es folgte in den 90ern ein Jahrzehnt der Kriege durch die Staatengemeinschaft. »Humanitär« hießen plötzlich die kriegerischen Interventionen. Und sie wurden nun von Teilen der antideutschen Linken begrüßt.

Am 11. September 2001 wurde mit den islamistischen Anschlägen gegen das World Trade Center in New York ein Wendepunkt eingeleitet. Die antideutsche Kritik verschärfte sich, der »War on Terror« wurde begrüßt, die islamistischen Ausuferungen zum Hauptfeind erklärt.

Die Israelsolidarität, der kleinste gemeinsame Nenner aller antideutschen Strömungen und zugleich ihr größtes gemeinsames Kampffeld, wurde auch im Rahmen der Entwicklungen im Israel-Palästina-Konflikt, Stichpunkt Zweite Intifada, immer stärker: Der jüdische Staat wurde vorbehaltlos, unbedingt, bedingungslos und vehement verteidigt.

Ein kleiner Sprung in die Gegenwart

Es ist jetzt 2014. Die islamistische Bewegung Islamischer Staat (IS) kämpft gegen Kurd*innen, tausende Menschen sterben, Hunderttausende sind auf der Flucht. Der Islamismus ist zu einer der größten Bedrohungen von Freiheit und Menschenleben geworden, der Krieg dagegen zu einer Bedrohung von Freiheit und Menschenleben in den betroffenen Regionen. Im Nahen Osten schleudert die Hamas derzeit aus dem Gazastreifen Raketen auf Israel, die, wenn sie nicht an hochaufgerüsteten israelischen Raketenabwehreinrichtungen zerschmettern, bis nach Tel Aviv reichen können. Im Gegenzug bombardiert Israel den Gazastreifen. Der Body Count, das unangenehme Zählen von Leichen auf beiden Seiten, zeigt: Ca. 2000 Menschen im Gazastreifen sind durch israelische Raketen getötet worden, auf israelischer Seite sind ungefähr 70 Menschenleben zu betrauern.

Angesichts des Konflikts im Nahen Osten werden auf irrationale Weise auch in Deutschland Jüd*innen zu Opfern antisemitischer Übergriffe und Gewalt. Eine Hochzeit für die wenigen noch aktiven Antideutschen. Sie zeigen sich hauptsächlich im Internet, weniger auf der Straße. Sie protestieren lautstark, befremden und beschimpfen andere Linke, verlinken rechte Thinktanks aus den USA und empören sich, wann immer ein neuer Bombeneinschlag auf israelischem Boden zu verzeichnen ist – zu Gaza schweigen sie mehrheitlich, abgesehen von ihrem Schlachtruf: »Free Gaza from Hamas!«

In Frankfurt am Main führte die antideutsche Beteiligung an einer Demonstration gegen Antisemitismus zuletzt zu skurrilen Szenen. Anlässlich antisemitisch motivierter Drohungen und Übergriffe in Deutschland hatte unter anderen die antinationale Gruppe Kritik und Praxis [F] zu einer Demonstration aufgerufen. Die Antideutschen aus dem Rhein-Main-Gebiet nahmen das zum Anlass, kurzzeitig offline zu gehen, die Israelfahnen zu packen und mitzudemonstrieren. Ein kleines weiß-blaues Fahnenmeer stand etwas abseits der Demo und wartete, dass es losginge. Die von der Gruppe Morgenthau, die nachweislich seit 2012 keinen Finger mehr gerührt hatte, verteilten Flyer zur Demonstration, verzichteten gänzlich auf einen Kommentar sowohl zum Anlass der Demonstration (Antisemitismus in Deutschland) als auch auf eine Analyse oder Kommentierung des schwelenden Nahostkonfliktes. Stattdessen erklärten sie die Organisator*innen der Demonstration zum politischen Feind, skandierten Sprüche wie »Keine Demo mit Antizionisten!«, obwohl kein Antizionist*in weit und breit zu sehen war, schwenkten ihre Fahnen und hofften wahrscheinlich, dass alle jüdischen Israelis es ihnen aus der Ferne danken würden. Kurz: Sie verhielten sich äußert unverschämt. Dass sie selbst es niemals geschafft hätten, eine eigene Demonstration auf die Beine zu stellen, aus Ideenlosigkeit und fehlender Unterstützung, war offensichtlich – und so kaperten sie einfach die andere Demonstration. Am nächsten Tag erschien das Flugblatt – der Unverschämtheit Nummer zwei. Wieder wurde auf jeglichen realpolitischen Bezugspunkt verzichtet und nur der eigene Siegermythos gegenüber den Veranstalter*innen der Demo bemüht, kurz, es wurde einfach nachgetreten.

Warum diese innerlinke Posse in jener Ausführlichkeit? Weil es ein Symptom zeigt: Die Antideutschen haben sich selbst überlebt und überflüssig gemacht – und das nicht jetzt erst, sondern schon vor einigen Jahren. Niemand ist mehr interessiert an ihrer kriegerischen Hetze, ihrem Islamhass, ihrer Kritiklosigkeit und penetranten Verehrung einer rechten israelischen Regierung, ihrem Rassismus und ihrer Fehleinschätzung zur politischen Weltlage. Und niemand kann ihren Linken-Hass noch ertragen – die völlige Fixierung auf die eigene Szene anstelle einer Intervention in die Gesellschaft. Es mag mit manchen Antiimperialist*innen noch ein Streitpunkt sein, aber das Existenzrecht Israels wird in großen Teilen der linken Szene anerkannt (anders möglicherweise im Rest der Bevölkerung). Die wenigen Abonnent*innen der Zeitschrift Bahamas, das Haus- und Werbeblättchen der Strömung, lesen die Zeitschrift teilweise auch nur noch mit einem säuerlich amüsierten Lächeln. So wichtig die Impulse der Antideutschen für die Bewegung waren, so bitter ist es zu beobachten, dass sie nicht wissen, wann es Zeit ist zu gehen. Oder sich zu ändern. So denkt man sich bei allem, was da noch aus den antideutschen Löchern kommt: Ihr seid sowas von 2003!

Die Gruppe Kritik und Praxis [F], der auch ich angehöre, versteht sich als antinational. Viele von uns hatten lange Zeit große Sympathien für die antideutsche Strömung, manche riefen ebenfalls »Nie wieder Deutschland«, andere tun es heute noch. Aber wir sehen, dass bei der notwendigen Überwindung des Nationalismus und des Nationalstaats, des Antisemitismus und Rassismus und allem voran des Kapitalismus, die sogenannten Antideutschen keine Genoss*innen sein wollen oder können und als solche auch nicht mehr angesprochen werden. Wir haben sie verloren, sie haben sich selbst verloren. Aber unsere Türen stehen selbstredend immer für diejenigen offen, die die aktuellen Entwicklungen ernstnehmen, die eigenen Positionen überdenken, die sich mit uns streiten und an unserer Seite stehen. Die das sehen und mittragen, worum es uns und der gesamten Linken gehen muss: Die Verhältnisse wie sie sind überwinden und eine befreite Gesellschaft möglich machen.

http://www.neues-deutschland.de/artikel/942920.die-antideutschen-rueckblick-und-kritik.html

 
Israelisches Militär stürmte Al-Aksa-Moschee in Jerusalem 
Hunderte israelische Soldaten stürmen vor Wochen bereits die dritt heiligste Stätte der Muslime in der Welt mit Waffengewalt. Konzernmedien haben weitgehend dazu geschwiegen  

In Jerusalem ist es während der Freitagsgebete zu Protesten gegen Zugangsbeschränkungen und zu Zusammenstößen zwischen palästinensischen Jugendlichen und Sicherheitskräften gekommen. Die Polizei setzte Tränengas ein, mehrere Personen wurden verhaftet.

Zu den Freitagsgebeten ließ die Polizei erneut nur Männer über 40 Jahre in die Al-Aqsa-Moschee. Auch in Hebron im Westjordanland kam es deshalb zu Demonstrationen und Ausschreitungen, unter anderem durch Hamas-Sympatisanten. Sie forderten einen freien Zugang zu der Moschee, die als islamisches Heiligtum gilt.

Nach einem Autounfall in Jerusalem, der als Terroranschlag interpretiert wurde, versucht  der Regierungschef Netanjahu die Beschränkungen für die Palästinenser weiter zu verstärken. Dabei war ein Mensch ums Leben gekommen und der Autofahrer erschossen worden.

Netanjahu ordnete eine Verschärfung der Sicherheitsmaßnahmen an, die Polizeipräsenz in Jerusalem soll verstärkt werden. Er machte die Hamas für die Attacke verantwortlich, indirekt aber auch Palästinenserpräsident Mahmud Abbas. Terroranschläge wie diese seien "typisch für die Hamas, dem Partner von Abbas im palästinensischen Parlament", sagte der Sprecher Netanjahus.

Ein Vorwurf, den Abbas' Sekretariat am Donnerstag zurückwies. "Die israelische Aufstachelung und Besatzung sind die wahre Ursache der Gewalt in Palästina und der Region", sagte Sprecher Nabil Abu Rudeineh. Die Angriffe auf heilige Orte in Jerusalem und die Aufhetzung gegen die palästinensische Führung und Abbas hätten eine "explosive Stimmung" geschaffen.

Gunshots heard and clashes seen at Jerusalem’s al-Aqsa mosque on Friday when Israeli forces stormed the compound. (Saeed Qaq)

 

 

Clashes erupted in Jerusalem at the al-Aqsa mosque, known as the third-holiest site in Islam.

Dozens gathered outside the mosque to protest Israel's ground invasion into Gaza, according to the International Business Times. Protesters then clashed with Israel Defense Forces after Friday prayers.

According to Israel Police spokesman Micky Rosenfeld, following Friday prayers at the mosque compound, about 200 to 300 masked youths caused disturbances by throwing stones at policemen stationed nearby. After 20 minutes of disturbances, police entered the compound and arrested seven people for rioting.

"We had been notified in advance that this was planned," said Rosenfeld, adding that Israel had imposed an age limit on people who could enter the compound, which Jews refer to as the Temple Mount and which Muslims call Haram al-Sharif, or holy sanctuary. Only men over age 50 and women were allowed in to pray on Friday, but Rosenfeld said that younger men had spent the night at the compound in preparation for the riots on Friday.

According to reports, 100 Israelis stormed the courtyard and used rubber bullets to disperse crowds.