Das sollte ein ausgezeichneter Parteivorsitzender beherrschen: verhandeln, vermitteln, überzeugen, begeistern. Angesichts der Neuwahl des Landesvorstandes im März 2014 überlegt die LINKE gegenwärtig frühzeitig, wie sie sich für die Zukunft aufstellen will. Wenn sich heute Abend der Geschäftsführende Landesvorstand mit den Kreisvorsitzenden trifft, fällt wahrscheinlich eine Vorentscheidung über den künftigen Landesvorsitzenden. Bei der Bundestagwahl hatte die Linke wegen zu wenig Profil und einer zu großen Nähe zur SPD erhebliche an Stimmen und an Zustimmung verloren.
Intern werden unterschiedliche Kandidaten als mögliche Ludwig-Nachfolger gehandelt. Für den Fall, dass der bisherige Landesvorsitzende Stefan Ludwig für zwei weitere Jahre nicht mehr zur Verfügung steht, zeichnet sich schon eine Lösung ab, über die jedoch öffentlich nicht geredet wird. Das bedauert der Potsdamer Kreisvorsitzende Sascha Krämer. Er würde sich zunächst eine Verständigung darüber wünschen, wohin die Partei inhaltlich möchte, wo die Prioritäten liegen. Dann wäre zu entscheiden, welche Person steht am besten für diese Inhalte und passt als Vorsitzender. Ist es weiterhin Stefan Ludwig oder jemand anders? Für die Inhalte nennt Krämer Stichworte wie Mindestlohn, Finanzen, Bürgerbeteiligung, Kommunales. Auch das Ziel, Mitglieder anzulocken, wäre eine Überlegung wert. Auch wäre eine Mitgliederbefragung oder eine Urwahl eine Idee, über die man in der brandenburgischen LINKEN nachdenken könnte. Vorschläge zum Profil eines Landesvorsitzenden hatte Krämer bereits 2012 gemacht, gemeinsam mit dem Barnim-Kreisparteichef Sebastian Walter.
Man hat aber Angst Namen zu früh zu nennen, weil die entsprechenden Kandidaten dann schnell verbrannt sein könnten. Die betreffende Person habe dann nur noch geringe Chancen, den Posten wirklich zu übernehmen. Das führt zu interner Kungelei i einem begrenzten Kreis brandenburgischer Linken-Kader. Doch Krämer glaubt trotzdem , dass wenn die Sozialisten offen und ehrlich diskutieren, über Namen in Verbindung mit Inhalten reden, dann werden sie auch niemanden beschädigen und eher ihr Profil schärfen.
Die brandenburgische LINKE gilt als der ostdeutsche Landesverband, in dem die Vorsitzenden häufig wechselten. Sie blieben nur zwei oder maximal vier Jahre in dieser Funktion. Einzige Ausnahme: Thomas Nord, der es auf sieben Jahre brachte. Gerade ihn - er war zuvor Landesgeschäftsführer - hatten einzelne Genossen gar nicht gewollt beziehungsweise anfangs lediglich als Notlösung empfunden. Oft wurde seine baldige Abwahl prophezeit, besonders im Jahr 2009. Damals manifestierte sich eine gewisse Unzufriedenheit mit ihm dadurch, dass Nord nur mit Ach und Krach auf die Landesliste zur Bundestagswahl nominiert wurde. Doch Nord blieb, erwarb sich erneut Respekt und Anerkennung und gab den Staffelstab erst 2012 und aus freien Stücken weiter. Selbst seine einst heftigsten Kritiker sind rückblickend mit ihm doch zufrieden.
In der Chronik stehen jetzt schon acht Landesvorsitzende, während es in dieser Zeit in Brandenburg lediglich drei Wechsel an der Spitze der Landtagsfraktion gegeben hat. Für die kurzen Amtsperioden gab es verschiedene Gründe. Lothar Bisky beispielsweise wurde 1993 Bundesvorsitzender, Anita Tack unterlag in einer Kampfabstimmung, Ralf Christoffers erklärte seinen Verzicht mit gesundheitlichen Problemen. Bis auf zwei Ausnahmen wirkten die Landesvorsitzenden ehrenamtlich. Sie ernährten sich davon, dass sie gleichzeitig Landtagsabgeordnete waren. Hauptamtlich, also bezahlt waren nur Wolfgang Thiel, der erst 1999 als Abgeordneter in den Landtag einzog, und Thomas Nord, bis er 2009 ein Bundestagsmandat gewann.
Drei der ehemaligen Landesparteichefs sitzen heute als Minister im rot-roten Kabinett: Helmuth Markov, Anita Tack und Ralf Christoffers.
Dass der Landesvorsitzende nicht nur Landtagsabgeordneter war, sondern sogar Fraktionschef - das hat es ein einziges Mal gegeben. Lothar Bisky übte diese Doppelfunktion von 1991 bis 1993 aus. Auch nach seiner Wahl zum PDS-Bundesvorsitzenden blieb Bisky noch viele Jahre Fraktionsvorsitzender im Potsdamer Landtag.
Überarbeitete Auszüge aus dem ND
http://www.neues-deutschland.de/artikel/837432.viele-vorsitzende.html