Der globale Süden schafft ein neues revolutionäres Anti-Dollar-Zahlungssystem

Ein Beitrag von Pepe Escobar - Übersetzung

Der globale Süden bringt ein neues, revolutionäres Zahlungssystem hervor

Die Eurasische Wirtschaftsunion stellt das westliche Währungssystem infrage und führt den globalen Süden zu einem neuen gemeinsamen Zahlungssystem, das den US-Dollar überflüssig macht.

Die Eurasische Wirtschaftsunion (EAEU) beschleunigt die Entwicklung eines gemeinsamen Zahlungssystems, das seit fast einem Jahr unter der Leitung von Sergey Glazyev, dem für Integration und Makroökonomie zuständigen Minister der EAEU, intensiv mit den Chinesen diskutiert wird.

Was ist die EAEU. 

The Eurasian Economic Union (EAEU or EEU)[note 1] is an economic union of some post-Soviet states located in Eurasia. The Treaty on the Eurasian Economic Union was signed on 29 May 2014 by the leaders of BelarusKazakhstan, and Russia, and came into force on 1 January 2015.[6] Treaties aiming for Armenia's and Kyrgyzstan's accession to the Eurasian Economic Union were signed on 9 October and 23 December 2014, respectively. Armenia's accession treaty came into force on 2 January 2015. Kyrgyzstan's accession treaty came into effect on 6 August 2015.[7] Kyrgyzstan participated in the EAEU from the day of its establishment as an acceding state.[8][9]

The Eurasian Economic Union has an integrated single market of 184 million people and a gross domestic product of over $1.9 trillion.[4] 

Über ihre Regulierungsbehörde, die Eurasische Wirtschaftskommission (EEC), hat die EAEU den BRICS-Staaten (Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika), die sich bereits auf dem Weg zu BRICS+, einer Art G20 des globalen Südens, befinden, einen sehr ernsthaften Vorschlag unterbreitet.

Das System wird eine einzige Zahlungskarte umfassen – in direkter Konkurrenz zu Visa und Mastercard – und die bereits bestehende russische MIR, Chinas UnionPay, Indiens RuPay, Brasiliens Elo und andere zusammenführen.

Dies stellt eine direkte Herausforderung an das westlich konzipierte (und durchgesetzte) Geldsystem dar, und zwar direkt. Und das, nachdem die BRICS-Mitglieder ihren bilateralen Handel bereits in lokalen Währungen abwickeln und den US-Dollar umgehen.

Diese EAEU-BRICS-Union war lange im Entstehen begriffen – und wird nun auch einen weiteren geoökonomischen Zusammenschluss mit den Mitgliedsstaaten der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SOZ) vorbereiten.

Die IZ berichtete breit über die SOZ wie hier: https://internetz-zeitung.eu/2275-shanghai-soz-gruppe-bereitet-mitgliedschaft-von-indien-und-pakistan-vor

Die EAEU wurde 2015 als Zollunion von Russland, Kasachstan und Weißrussland gegründet und ein Jahr später durch Armenien und Kirgisistan ergänzt. Vietnam ist bereits ein Freihandelspartner der EAEU, und auch das kürzlich aufgenommene SCO-Mitglied Iran strebt ein Abkommen an.

Die EAEU soll den freien Verkehr von Waren, Dienstleistungen, Kapital und Arbeitnehmern zwischen den Mitgliedsländern ermöglichen. Die Ukraine wäre Mitglied der EAEU geworden, wenn es 2014 nicht zu dem von der Regierung Barack Obamas gesteuerten Maidan-Putsch gekommen wäre.

Wladimir Kowaljow, Berater des Vorsitzenden der EAWU, brachte es gegenüber der russischen Zeitung Iswestija auf den Punkt. Im Mittelpunkt stehe die Schaffung eines gemeinsamen Finanzmarktes, und die Priorität liege auf der Entwicklung eines gemeinsamen „Austauschraums“: „Wir haben erhebliche Fortschritte gemacht. „Wir haben erhebliche Fortschritte gemacht und konzentrieren uns jetzt auf Sektoren wie Banken, Versicherungen und den Aktienmarkt.“

Eine neue Regulierungsbehörde für das vorgeschlagene gemeinsame Finanzsystem der EEU und der BRICS wird in Kürze eingerichtet werden.

In der Zwischenzeit haben sich der Handel und die wirtschaftliche Zusammenarbeit zwischen der EAEU und den BRICS-Staaten allein in der ersten Hälfte des Jahres 2022 um das 1,5-fache erhöht.

Der Anteil der BRICS am gesamten Außenhandelsumsatz der EAEU habe 30 Prozent erreicht, erklärte Kowaljow auf dem Internationalen BRICS-Wirtschaftsforum am vergangenen Montag in Moskau:

Es ist ratsam, die Potenziale der makrofinanziellen Entwicklungsinstitutionen der BRICS und der EAEU, insbesondere der BRICS New Development Bank, der Asian Infrastructure Investment Bank (AIIB) sowie der nationalen Entwicklungsinstitutionen, zu kombinieren. Dies wird es ermöglichen, einen Synergieeffekt zu erzielen und synchrone Investitionen in nachhaltige Infrastruktur, innovative Produktion und erneuerbare Energiequellen zu gewährleisten.

Hier zeigt sich einmal mehr die fortschreitende Konvergenz nicht nur der BRICS und der EAEU, sondern auch der Finanzinstitutionen, die stark in Projekte im Rahmen der von China geführten Neuen Seidenstraße oder der Belt and Road Initiative (BRI) involviert sind.

Das Zeitalter der Plünderung stoppen

Als wäre das alles nicht schon einschneidend genug, geht der russische Präsident Wladimir Putin noch einen Schritt weiter und fordert ein neues internationales Zahlungssystem auf der Grundlage von Blockchain und digitalen Währungen.

Das Projekt für ein solches System wurde kürzlich auf dem 1. Eurasischen Wirtschaftsforum in Bischkek vorgestellt.

Auf dem Forum billigte die EAEU den Entwurf eines Abkommens über die grenzüberschreitende Platzierung und den Umlauf von Wertpapieren in den Mitgliedsstaaten sowie geänderte technische Vorschriften.

Der nächste große Schritt ist die Aufstellung der Tagesordnung für die entscheidende Sitzung des Obersten Eurasischen Wirtschaftsrates am 14. Dezember in Moskau. Putin wird persönlich dabei sein. Und es gibt nichts, was er lieber tun würde, als eine bahnbrechende Ankündigung zu machen.

All diese Schritte gewinnen noch mehr an Bedeutung, wenn sie mit dem schnell wachsenden, ineinander greifenden Handel zwischen Russland, China, Indien und dem Iran in Verbindung gebracht werden: von Russlands Bestreben, neue Pipelines für den chinesischen Markt zu bauen, bis zu den Gesprächen zwischen Russland, Kasachstan und Usbekistan über eine Gasunion für die Versorgung des eigenen Landes und für Exporte, insbesondere nach dem Hauptkunden China.

Langsam aber sicher zeichnet sich das große Bild einer unwiederbringlich zerrissenen Welt mit einem dualen Handels-/Zirkulationssystem ab: Das eine wird sich um die Überreste des Dollarsystems drehen, das andere wird auf der Grundlage der Vereinigung von BRICS, EAEU und SCO aufgebaut.

Die kürzlich von einem geschmacklosen Eurokraten-Chef geprägte pathetische Metapher: Der „Dschungel“ bricht mit voller Wucht aus dem „Garten“ heraus. Möge der Bruch andauern, da ein neues internationales Zahlungssystem – und dann eine neue Währung – darauf abzielen wird, das westlich geprägte Zeitalter der Plünderung endgültig zu beenden.

China und Indien kaufen immer  mehr billiges russisches Öl - Die EU schaut wegen Sanktionswahn in die Röhre - Russland wird nicht zu diesem gedeckelten Preis verkaufen 

Russland verkauft billig Öl für 60 Dollar - aber nur an China und Indien

Die EU schaut in die Röhre - Der Preisdeckel der EU für russisches Öl erweist sich als gigantischer Bumerang

Russland verdrängt Saudi-Arabien als wichtigster Ölexporteur der Volksrepublik China. Mit kräftigen Preisnachlässen sorgt Moskau dafür, dass russisches Öl dort und auch in Indien Abnehmer findet.

Russland hat im Mai so viel Öl nach China verkauft wie noch nie. China importierte im vergangenen Monat fast 8,42 Millionen Tonnen Rohöl aus Russland, wie die Zollbehörde in Peking am Montag mitteilte. Das sind knapp zwei Millionen Barrel pro Tag (bpd), 55 Prozent mehr als vor Jahresfrist und etwa ein Viertel mehr als im April.

Russland ist damit zum größten Öl-Lieferanten der Volksrepublik aufgestiegen und verdrängte nach 19 Monaten wieder Saudi-Arabien auf Rang eins der größten Öl-Lieferanten Chinas.

Seit Beginn der Invasion: Indien, China, die Arabischen Emirate und Saudi-Arabien kaufen günstiges russisches Öl

Damit nicht genug: Eine Studie des finnischen "Centre for Research on Energy and Clean Air" zeigt nun, dass die Sanktionen auch auf andere Art und Weise umgangen werden können. So haben Länder wie Indien, China, die Arabischen Emirate und Saudi-Arabien immer mehr günstiges Erdöl aus Russland importiert – Indien habe das Öl dann sogar, weiterverarbeitet, an die EU verkauft.

Für Indien ein lukratives Geschäft: Am Weltmarkt wird Öl in unterschiedlichen Sorten gehandelt, als Referenz gilt dabei das aus der Nordsee stammende Brent Oil. Wenn der Preis für Brent Oil steigt oder fällt, steigen und fallen auch die Preise für andere Ölsorten um einen ähnlichen Wert.

Aber die ganze Idiotie  der EU Politik von der Leyen  wird erst deutlich, wenn man weiss, dass auch Indien immer mehr Billig-Öl aus Russland kauft, dass 20 Dollar unter dem  Weltmarktpreis von ca 80 Dollar zu haben ist.

Da kann die etwas  unterbelichtete deutsche grüne Aussenministerin Baerbock bei den Indern noch so betteln gehen. Die De Industrialisierung der EU ist nicht aufzuhalten.

Aber den ganzen Gigantismus des Irrsinns der Ampel-Regierung erkennt man nur, wenn man weiß, dass selbst Saudi Arabien in grossen Mengen  russisches Öl für den eigenen Bedarf kauft um das eigene viel teurere saudische Gas auf dem Weltmarkt an den Westen zu verkaufen.

Die Importe von russischem Flüssigerdgas nach Europa sind auf einen neuen Höchststand gestiegen. Das berichtet  das »Handelsblatt« unter Berufung auf Zahlen des Marktforschungsunternehmens ICIS. Im Vergleich zum Vorjahr haben die EU und Großbritannien demnach knapp 21 Prozent mehr LNG aus Russland eingekauft als noch vor dem Ausbruch des Ukrainekriegs.

»13 Prozent der europäischen LNG-Importe kommen aktuell aus Russland«, sagte ICIS-Experte Andreas Schröder der Zeitung. »Und die Menge wächst stark.« Auch in Deutschland komme das russische Flüssigerdgas an, es werde über Frankreich, Belgien und die Niederlande eingeführt.

Gleichzeitig tobt ein Handelskrieg zwischen den USA und der EU, weil die USA auch die EU Wirtschaft Platt machen will. 

US Imperium vernichtet Europa

Jürgen Todenhöfer positioniert sich.

Nicht nur Jürgen Todenhöfer outet sich als Gegner des US Imperialismus und einer unipolaren rein USA dominierten Weltordnung und Dollar-Vorherrschaft. 

Die Sanktionspolitik der EU gegenüber russischem Öl und Gas  sowie die Zerstörung russischer Infrastruktur in der Ukraine und  in der Ostsee ist nur im Interesse der  USA und schadet der EU Wirtschaft  beispielsweise durch De-Industrialisierung Westeuropas ganz massiv. 

Nicht erst seit den gescheiterten TTIP Verhandlungen  und den US Botschafterin-Nuland-Äusserungen zur Ukraine im Jahre 2014 ( Fuck the EU) machen deutlich, das die USA die EU Wirtschaft in Wahrheit als Feind betrachten. 

Der Doppelschlag des US-Imperiums: 1.Schlag: Sie zwangen uns, auf russisches Gas zu verzichten. Folge: Tausende Mrd EU-Verluste, tausende Mrd US-Gewinne. 2.Schlag: 430 Mrd der Sanktionsgewinne investieren sie nun in Subventionen für rein amerikanisch produzierte Hochtechnologie, meint Jürgen  Todenhöfer.

Auch das CETA Abkommen mit der EU  schadet der EU.

Neue Handels-Gesetze in den USA bestätigen  diese Vermutung.

"Massive US-Subventionspolitik" zum Nachteil der Industrie in Europa: Der französische Wirtschaftsminister Bruno Le Maire warnt vor einem Absturz und drastischen Folgen auf den Arbeitsmärkten.

Jetzt sorgt der sogenannte "Inflation Reduction Act", ein im August beschlossenes Inflationsbekämpfungsgesetz, für enormen Unmut bei den Europäern. Es handelt sich dabei um ein 370 Milliarden schweres Förderpaket für die Energiesicherheit und die Bekämpfung des Klimawandels. Mit dem Gesetz wollen die USA die eigene Industrie ankurbeln und gegenüber ausländischen Wettbewerbern bevorzugen. Subventionen und Steuergutschriften sind daran geknüpft, dass Unternehmen US-Produkte verwenden oder selbst in den USA produzieren. Europa befürchtet einen US-Subventionswettbewerb mit unfairen Mitteln, denn die US-Kaufprämie für E-Autos gibt es beispielsweise nur, wenn das Fahrzeug in Amerika montiert und die Batterie zu einem bestimmten Anteil dort hergestellt wird.

Eine Politik, die nach Ansicht Frankreichs "feindselig" ist. Die Worte Macrons fielen entsprechend aus: "Die getroffenen Entscheidungen (. . .) sind Entscheidungen, die den Westen zersplittern werden", so der Franzose. Subventionen für US-Produkte im Kampf gegen den Klimawandel nannte er "super aggressiv".

Hat jemand "industrieller Absturz" gesagt? Ja, und noch dazu ein Mann, der genau mit seinen Worten umgeht. Bruno Le Maire, der literaturaffine französische Wirtschaftsminister, warnte vergangene Woche: "Das wahre Risiko für Europa ist der industrielle Absturz."

Oder, wie es in deutschen Berichten heißt: "Das eigentliche Risiko für Europa ist, dass es als Industriestandort abgehängt wird."

Das Verblüffende am Warnruf, den Le Maire über eine Interview-Offensive in reichweitenstarken Medien in Deutschland, Spanien, Italien und Frankreich verbreitete, ist, dass er auf den großen transatlantischen Wertefreund zielte: den Partner USA.

Dass auch China von Le Maire als gefährlicher Rivale Europas im globalen Wettbewerb der Konzerne und Märkte herausgestellt wird, soll ebenfalls erwähnt werden, das ist aber an sich nichts Neues. China steht, anders als die USA, nicht auf derselben Seite, wenn es um eine "regelbasierte Ordnung" geht, die der Westen seit einiger Zeit wieder deutlich stärker als Prinzip propagiert.

Man dürfe beiden Wirtschaftsmächten nicht einfach das Feld überlassen, so Le Maire. Seine Kritik entzündet sich an der Subventionspolitik der beiden Konkurrenten Europas für deren eigene Industrie zum Nachteil der europäischen.

Das US-Inflationsbekämpfungsgesetz

Im Fall des Freundes USA reibt sich der französische Wirtschaftsminister an einem konkreten Gesetz: den Inflation Reduction Act (IRA) der US-amerikanischen Regierung. Dort sieht er "massive Subventionspolitik" zuungunsten der europäischen Konzerne am Werk, was ihn drastische Folgen für die Industrie und die Arbeitsmärkte befürchten lässt.

Die Industrie in den europäischen Ländern würde bereits jetzt schon unter einem Wettbewerbsnachteil durch die Unterschiede bei den Energiepreisen zwischen den USA und Europa leiden, sagte Le Maire dem Handelsblatt. Die enormen Subventionen, die der amerikanische Inflation Reduction Act (IRA) vorsehe, würden den Abstand noch weiter vergrößern. Er fürchtet Schlimmes:

Wir lehnen einen Subventionswettlauf ab, das ist gegen alle Regeln des internationalen Handels. Einige große ausländische Unternehmen, die in Europa investieren wollten, schwanken nun aber zwischen einem europäischen und einem amerikanischen Standort. In einigen Fällen betragen die von der US-Regierung angebotenen Subventionen vier- bis zehnmal so viel wie die maximal von der EU-Kommission erlaubte staatliche Unterstützung hier. Unsere ersten Schätzungen in Frankreich sind: Es stehen Investitionen von zehn Milliarden Euro und Tausende Industriearbeitsplätze auf dem Spiel.

Bruno Le Maire, Handelsblatt

Worum es im Detail bei dem 369 Milliarden US-Dollar starken US-Inflationsbekämpfungsgesetz, das im August dieses Jahres verabschiedet wurde, geht, wird vom pv magazine veranschaulicht:

Das IRA – technisch bekannt als H.R. 5376 – Inflation Reduction Act of 2022 – deckt eine breite Palette von Bereichen ab, einschließlich energiebezogener Gesetze. Es erhöht die Investitionssteuergutschrift für Projekte im Bereich der erneuerbaren Energien von 26 auf 30 Prozent und weitet sie auf alle Speicherprojekte aus.

Es umfasst auch Steuergutschriften für die Herstellung von Solarmodulen, Wechselrichtern und Unterkonstruktionen für Photovoltaik-Anlagen. Darüber hinaus gibt es mehr Steuergutschriften für Elektrofahrzeuge, elektrische Schalttafeln, Wärmepumpen und viele andere Produkte, die direkt mit der Branche der erneuerbaren Energien zusammenhängen.

pv magazine

https://twitter.com/J_Todenhoefer/status/1599324842066857987

 

Macrons Geständnis: Die Nato bedrohte Russland und deshalb braucht es neue Sicherheitsarchitektur und Gespräche mit Moskau (jedenfalls empfindet es Moskau genau so)

Nils Schmid SPD ist nicht bereit und nicht fähig, die Situation differenziert zu betrachten

CDU irritiert von Macrons „hochproblematischem“ Vorschlag zu Verhandlungen im Krieg

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron denkt über eine künftige Sicherheitsarchitektur Europas nach.

In einem Interview mit dem französischen Sender TF1 sagte er, er habe darüber mit Joe Biden gesprochen. „Das bedeutet, einer der essenziellen Punkte – denn Präsident Putin hat es immer gesagt – ist die Angst, dass die Nato bis vor seine Tür kommt, ist die Stationierung von Waffen, die Russland bedrohen können. Dieses Thema wird Teil der Themen für den Frieden sein. Und deshalb müssen wir es auch vorbereiten.“

In der deutschen Politik kommen diese Aussagen nicht vollends gut an, weil die politische Klasse den Sachverhalt intellektuell nicht kapiert, wie die Ausführungen weiter unten belegen .

Der FDP-Außenpolitiker Ulrich Lechte würdigte Macrons Diplomatiebestrebungen: „Eine gute Initiative, doch die Bereitschaft von Russland und der Ukraine ist die Grundbedingung für solche Verhandlungen. Die Aggression ging stets von Moskau aus.“ Sein Grünen-Kollege Jürgen Trittin sagte der Welt: „Sicherheitsgarantien sind wichtig – aber nicht einseitig. Wer sie fordert, muss zuerst einmal die zugesagten Sicherheitsgarantien für die Ukraine ausbuchstabieren.“

Johann Wadephul von der CDU nannte die Vorschläge demnach „hochproblematisch“. Hierüber müssten dringend Gespräche in EU und Nato geführt werden. Macron stelle „die Dinge auf den Kopf“, weil zunächst die Ukraine Sicherheitsgarantien benötige. „Vor allem leistet er der russischen Propaganda bedauerlicherweise Vorschub, wenn er die Nato als Anlass für Sicherheitsbedenken darstellt.“

Nils Schmid, außenpolitischer Sprecher der SPD meinte: „Die Worte Macrons verwundern. Die Nato hat zu keinem Zeitpunkt Russland bedroht, sondern mit der Nato-Russland-Grundakte einen gemeinsamen Rahmen für Sicherheitsfragen geschaffen.“ AfD-Fraktionschef Tino Chrupalla begrüßte in der Welt die Macron-Äußerungen: „Es ist ein Armutszeugnis für die Ampel-Koalition, dass dieser längst überfällige Vorstoß von Paris ausgeht und nicht von Berlin.“

Die Linke bleibt leider sprachlos und deshalb in dieser Frage irrelevant. Die einstige Anti-Russophobie-Partei nähert sich den jämmerlichen Positionen im Mainstream immer mehr an.

Aber wie sieht der Hintergrund dieses Krieges wirklich aus? 

Ist der Ukrainekrieg ein Angriffskrieg Russlands oder ist das nur die halbe Wahrheit der Geschichte?

Das gleichgeschaltete Narrativ kann grundsätzlich hinterfragt werden

Für weitgehend gleichgeschaltete Staats - und Konzernmedien und für die etablierte politische Klasse ist der Sachverhalt klar.

Russland hat einen illegalen Angriffskrieg gegen die Ukraine gestartet.

Doch für die Geschichtsbücher ist diese primitive Kurzform der Geschichtsschreibung nicht ausreichend.

In Wahrheit wurde die Blockkonfrontation der USA, der EU und der Nato einerseits und Russland andererseits auch nach der sogenannten Wende 1989/90 nie beendet.

Spätestens 1997 wurde die Ostexpansion der Nato in Osteuropa gegen Russland fortgesetzt und spätestens der Kosovokrieg  1998 der USA und der Nato hat bewiesen, dass  die Nato ein Angriffskriegsbündnis ist, dass selber illegale Angriffskriege führt, die sie jetzt scheinheilig und  völlig verlogen Russland als Grundsatzverbrechen vorwirft.

Auch die Anschläge vom 11. September 2001 waren insofern keine echte historische Zäsur. Es war ein inszeniertes Spektakel, weil der Weltfeind Sowjetunion weggefallen war und man sich noch nicht traute den Krieg gegen Russland offen weiterzuführen. 

Man hoffte auf einen Wandel in Russland, der zur fälligen Unterwerfung Russlands unter die USA Weltdominanz führen sollte. Für die " global-feindlose" Zwischenzeit wurde der Ersatz-Weltfeind "Islamismus" durch US Regierung und US Geheimdienste selber geschaffen. Nur so liessen sich illegale Kriege wie der Irakkrieg rechtfertigen.

in der Zwischenzeit führte die USA und  die Nato illegale Kriege in Afghanistan, 2001, dem Irak 2003 sowie offene und  verdeckte Angriffskriege gegen Libyen und Syrien, die sich allein gegen den Einfluss Russlands an der  europäischen Peripherie richteten sowie geopolitische und Ölinteressen des US Imperiums für eine unipolare Weltherrschaft  bedienten. 

Nach der Ostexpansion  der Nato in Osteuropa war die Umpolung ehemaliger sowjetischer Kernstaaten wie durch den USA gesteuerte Putsch auf dem Maidan 2014 in der Ukraine die rote Linie, die die Nato mit der 8 Jahre lang andauernden  Aufrüstung mit Nato Waffen durchzog, eine endgültig notwendig gewordene Gegenreaktion Russlands, dass sich immer mehr machtpolitisch zurückgedrängt betrachtete. 

Dem Angriffskrieg Russlands in  der Ukraine gingen 8 Jahre Krieg und Bürgerkrieg in der  Ukraine voraus, dem 14 000 Zivilisten im Donbass zum Opfer fielen. Russland und russisch stämmige Ukrainer in der Ostexpansion  sprachen gar von Völkermord und Genozid. Erst danach wurde Russland von den durch Volksentscheid entstandenen Entitäten bzw. Volksrepubliken in der Ost-Ukraine um Militärhilfe gebeten bzw. gerufen. Erst jetzt startete der sogenannte russische Angriffskrieg. 

Bis heute werden durch die Ukraine auch zivile Ziele fast tagtäglich mit Nato Kalibern im Donbass beschossen. Die USA hätten schon richtig gewalttätig auf die Zentrale des Aggressors reagiert, wenn ein Staat die Bürger von Texas  systematisch und täglich beschießen würde.

Wer ist der Aggressor? Die Friedensbewegung und der US-Stellvertreterkrieg in der Ukraine

Im politischen und medialen Mainstream, ja sogar in der Friedensbewegung, scheint der Fall klar zu sein: Russland gilt spätestens seit dem 24. Februar 2022 als "Aggressor". Diese ahistorische Betrachtungsweise führt in die Irre. Der Sachverhalt ist – auch völkerrechtlich – komplizierter, wie die hier dokumentierte Analyse zeigt.
 

"Der Konflikt wurde von der NATO ausgelöst. Es ist jetzt ein Konflikt, der von Russland gelöst werden wird." 

(Scott Ritter, ehemaliger Offizier für Aufklärung der US-Marineinfanterie und UN-Waffeninspekteur)

Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion wähnte sich der US-Imperialismus als ewiger Hegemon, den nichts mehr daran hindern konnte, endlich seinen lang ersehnten Weg zu den enormen Bodenschätzen Russland antreten zu können. Destabilisierung im post-sowjetischen Raum durch "Farbrevolutionen" mithilfe von NGOs und die Eindämmung Russlands durch die NATO-Osterweiterung sollten das Wiedererstarken Russlands verhindern. Die Ukraine spielt in diesem Plan eine besondere Rolle.

Die dem Pentagon nahestehende Denkfabrik "RAND Corporation" hat die US-Strategie deutlich formuliert: "Russland überdehnen und aus dem Gleichgewicht bringen" – mit einem Katalog von Maßnahmen zur Schwächung Russlands. Die wichtigste Maßnahme zielte darauf ab, die Ukraine als "die größte externe Verwundbarkeit Russlands auszunutzen", sie zu bewaffnen und militärisch zu beraten, um einen Konflikt mit Russland zu entfachen.

Die Ukraine ist also nur Mittel zum Zweck. Dem diente der von den USA angeleitete und von der EU und der Bundesregierung geförderte Putsch in Kiew im Jahr 2014 und der Ausbau der Ukraine zum neonazistisch geprägten Bollwerk gegen Russland.

Die Bevölkerung im Donbass weigerte sich, sich den national-chauvinistischen Putschisten unterzuordnen, die die Verfassung suspendiert, allem Russischem den Kampf angesagt und die russischsprachigen Ukrainer diskriminiert hatten. Nach Referenden erklärten die Donbass-Regionen Donezk und Lugansk ihre Autonomie als Volksrepubliken. Sie verteidigten sich acht Jahre lang gegen die Aggressionen des fremdbestimmten Kiewer Regimes, die über 13.000 Menschenleben forderten.

Der Westen wollte keine friedliche Lösung

Die russische Regierung hatte sich für eine friedliche Lösung des Konflikts im staatlichen Rahmen der Ukraine eingesetzt, wie es im Abkommen Minsk II (Minsker Abkommen) vorgesehen war. Am 17. Februar 2015 hatte der UN-Sicherheitsrat mit seiner Resolution 2202 (2015) das Minsker Abkommen als völkerrechtlich verbindlich anerkannt, das unter anderem auch einen Sonderstatus für den Donbass vorsah. Als Garantiemächte sollten Deutschland, Frankreich und Russland für seine Umsetzung sorgen, die in den Folgejahren von Kiew systematisch sabotiert wurde.

Im Februar 2021 brachte Russland bei der OSZE einen Initiativantrag zur Unterstützung einer baldigen Umsetzung von Minsk II ein. Die Ukraine und die westlichen Länder, auch die Garantiemächte Frankreich und Deutschland, lehnten ab.

Das zentrale Element von Minsk II war der direkte Dialog zwischen Kiew und den Vertretern der Donbasser Volksrepubliken, zu dem Letztere bereit waren. In einem Schreiben an den russischen Außenminister Sergei Lawrow im November 2021 erklärten Deutschland und Frankreich, dieses zentrale Element nicht mehr zu unterstützen. Es war die faktische Aufkündigung des völkerrechtlich verbindlichen Minsker Abkommens – also ein Bruch des Völkerrechts. Damit wurde die Lösung des Konflikts im Rahmen der staatlichen Einheit der Ukraine unmöglich gemacht. Auf einer Pressekonferenz im September 2022 wies Außenminister Lawrow darauf hin, dass auch der UN-Generalsekretär nicht "aktiv genug die Erfüllung der Minsker Vereinbarungen unterstützt hat".

Mit dem Putsch in Kiew hatten die USA/NATO/EU und die Bundesregierung den Konflikt ausgelöst. Die Umsetzung des Minsker Abkommen wäre der Weg zu seiner friedlichen Lösung gewesen. Wie der ukrainische Präsident Poroschenko, der Minsk II unterzeichnet hatte, erst kürzlich erklärte, sei dies jedoch nie das Ziel gewesen. Er wollte mit Minsk II nur Zeit gewinnen, "um die besten Streitkräfte in Osteuropa zu schaffen, die nach NATO-Standards ausgebildet wurden". Das wollte anscheinend auch die damalige Kanzlerin Angela Merkel, wie sie nun in einem Interview freimütig erzählte.

Die russische Regierung hatte vergebens auf die politische Einsicht ihrer "Partner" gehofft und im Rahmen des Minsker Prozesses darauf bestanden, Donezk und Lugansk mit einem Sonderstatus in die Ukraine zurückzuführen. Es sei ein Fehler gewesen, wie Präsident Putin heute meint. "Russland hätte die Donbass-Republiken früher anerkennen sollen." Es hätte womöglich viel Leid erspart. Aber natürlich hätte es Russland nicht vor dem Geschrei aus dem Westen – und Anschuldigungen auch aus der Friedensbewegung – bewahrt, dass dies "völkerrechtswidrig" sei.

Die traditionelle Friedensbewegung hatte sich im Jahr 2014 bereits selbst gelähmt, als die Frage, ob der Beitritt der Krim zur Russischen Föderation vom Völkerrecht gedeckt war, vielfach eine größere Rolle spielte, als die Einsicht, dass damit der Plan der USA vereitelt wurde, aus Sewastopol einen NATO-Stützpunkt gegen Russland zu machen – womit eine höchst friedensgefährdende Situation entstanden wäre. Der Anti-Putin-Tsunami, der damals seinen ersten Höhepunkt erreichte und die Angst als "Putin-Versteher" gebrandmarkt zu werden, wirkte zudem auf viele einschüchternd.

Im März 2021 hatte der ukrainische Präsident Selenskij ein Dekret zur militärischen Rückholung des Donbass und der Krim unterschrieben – eine direkte Bedrohung auch des Territoriums der Russischen Föderation. Die Regierung sollte einen entsprechenden "Aktionsplan" entwickeln.

Mit konkreten Vorschlägen für Verträge mit den USA und der NATO über Sicherheitsgarantien versuchte die russische Regierung noch im Dezember 2021 die Situation zu entschärfen und die Grundlage für ein friedliches Miteinander zu schaffen.

Als Kiew im Januar/Februar 2022 den Aggressionskrieg durch die Konzentration seines Militärs mit seinen Neonazi-Bataillonen an den Grenzen von Donezk und Lugansk erheblich ausweitete, als die Artillerieangriffe gegen die dortige Bevölkerung immer intensiver wurden, als die USA/NATO immer noch keine konstruktive Antwort auf die russischen Vorschläge gegeben hatte, machte die russische Regierung laut einer Pressemitteilung am 17. Februar einen letzten Versuch, den bevorstehenden massiven Überfall der Kiewer Truppen zu verhindern und eine friedliche Lösung herbeizuführen.

Moskau warnte: "Sollte die amerikanische Seite nicht bereit sein, feste, rechtlich verbindliche Garantien zu vereinbaren, um unsere Sicherheit vor den USA und ihren Verbündeten zu gewährleisten, wird Russland gezwungen sein, zu reagieren, auch mit militärtechnischen Maßnahmen."

George Beebe, ehemaliger Direktor der Russland-Abteilung der CIA, blickt zurück:

"Die Wahl, vor der wir in der Ukraine standen – und ich nutze absichtlich die Vergangenheitsform – war, ob Russland sein Veto zu einer NATO-Beteiligung in der Ukraine am Verhandlungstisch oder auf dem Schlachtfeld ausüben würde. Und wir entschieden uns, dafür zu sorgen, dass das Veto auf dem Schlachtfeld ausgeübt wird, in der Hoffnung, dass Putin sich entweder zurückhält oder der Militäreinsatz scheitert."

Die USA/NATO/EU hatten kein Interesse an einer friedlichen Lösung. Die Strategie war, Russland zu schwächen und zu dezimieren.

Das vom Westen aufgekündigte völkerrechtliche Abkommen Minsk II, die provozierenden Ankündigungen über eine NATO-Mitgliedschaft der Ukraine und deren nukleare Bewaffnung und die zunehmende militärische Aufrüstung des Landes verschärften die Spannungen mit Russland. Am 8. Februar 2022 hatte die NATO-Denkfabrik Atlantic Council in einem Strategiepapier empfohlen: "Das Ziel Washingtons sollte die Vertreibung der Russen aus der Ostukraine sein."

Am 21. Februar erkannte Russland die beiden Volksrepubliken Donezk und Lugansk als unabhängige Staaten an und unterzeichnete Verträge über Freundschaft und gegenseitigen Beistand. Am 24. Februar schließlich griff Russland in den schon seit acht Jahren dauernden Krieg ein, um seine Verbündeten vor der drohenden ethnischen Säuberung zu schützen und der wachsenden existenziellen Bedrohung der Russischen Föderation durch die USA und der NATO entgegenzutreten.

Wie Gabriele Gysi es passend formulierte:

"Der ukrainische Bürgerkrieg hat Russland die Verantwortung für die russische Bevölkerung der Ukraine aufgezwungen – und damit Russland in diesen Krieg genötigt. Die 'russische Aggression' erfolgte nach langen Versuchen einer friedlichen Lösung der ukrainischen Probleme."

Friedensbewegung und "völkerrechtswidriger Angriffskrieg"

Viele ältere Linke in Parteien und der traditionellen Friedensbewegung, für die die Freundschaft mit der Sowjetunion und später mit Russland allein schon aus historischem Bewusstsein wichtig war, waren schockiert, enttäuscht, ihr Vertrauen in Russland war erschüttert. War es doch so einfach gewesen, die Politik eines Russlands zu verteidigen, das immer geduldig reagierte, dessen Bemühen um Einsicht seiner westlichen "Partner" endlos schien, und das doch von ihnen nur belogen und betrogen wurde.

Ausgerechnet die Friedensbewegung, die sich zur deutschen Verantwortung in der Geschichte bekennt, verschweigt in ihrer Mehrheit den russophoben Neonazismus, der in der Ukraine inzwischen alle Bereiche durchdringt. Wie glaubwürdig ist ein Antifaschismus, der keine eindeutige Position bezieht gegen die massive politische und materielle Unterstützung Deutschlands für ein Regime, das Nazi- und SS-Kollaborateure als Nationalhelden verehrt, allen voran den Massenmörder Stepan Bandera – und gegen die faschistoide antirussische Hysterie, die den gesamten öffentlichen Diskurs hierzulande beherrscht und vergiftet.

Ohne sich die Zeit zu nehmen, die mit Russlands militärischem Einschreiten neu entstandene Situation umfassender zu analysieren, stimmte die Friedensbewegung empört – und mit nur wenigen Ausnahmen – sofort in den Kanon der NATO von Russlands "völkerrechtswidrigem Angriffskrieg" ein. Der Bundesausschuss Friedensratschlag erklärte: "Wir verurteilen die militärische Aggression Russlands gegen die Ukraine. Für Krieg gibt es keine Rechtfertigung. Die Mitschuld des Westens, insbesondere der USA und der NATO, rechtfertigen keinesfalls diese militärische Aggression."

Albrecht Müller, der frühere Planungschef im Bundeskanzleramt, der sich in erster Linie der Entspannungspolitik von Willy Brandt verpflichtet fühlt, fragte im Juli auf den NachDenkSeiten:

"Wann endlich hören die Verneigungen vor der allgemein üblichen Empörung über 'Putins Aggressionsverbrechen' auf!"

Er schlug vor, damit Schluss zu machen, denn Beschwörungsformeln wie "völkerrechtswidriger Überfall", "menschenverachtender Angriffskrieg" und so weiter würden nicht nur – ansonsten gute Analysen – relativieren und sogar entwerten, sondern auch dazu beitragen, "Vorurteile und Aggression gegen Russland" zu verstärken.

Die Beschwörungsformeln wurden zum neuen Gesslerhut, den viele aus Friedens- und linken Organisationen meinen grüßen zu müssen, um ihre "Glaubwürdigkeit" zu wahren.

Dabei beziehen sie sich fast ausschließlich auf das Gewaltverbot in internationalen Beziehungen, wie es in der UN-Charta Artikel 2, Absatz 4 festgelegt wurde. Von dieser Regel gibt es die Ausnahme in Artikel 51: "das naturgegebene Recht zur individuellen oder kollektiven Selbstverteidigung". Der Bezug auf Artikel 51 wird aber von vielen in der Friedensbewegung als in diesem Zusammenhang belanglos abgetan. Die Donbass-Republiken hätten kein Recht zur Sezession von der Ukraine, und damit sei auch der Beistandsvertrag mit Russland völkerrechtlich ungültig. Vergessen wird, dass die Ukraine bei der Auflösung der Sowjetunion das Sezessionsrecht für sich in Anspruch genommen hatte, ohne Rücksicht auf die davon betroffenen Gebiete.

Man hatte Russland im Eiltempo mit Artikel 2 Absatz 4 der UN-Charta abgeurteilt und damit schien jede weitere Diskussion erledigt.

In seiner Erklärung "Souveränität der Ukraine durch NATO inspirierten Putsch verletzt", schrieb der Deutsche Freidenkerverband:

"Die Argumente, mit denen Russland Völkerrechtsbruch nachgewiesen werden soll, gehen abstrakt von der Prämisse aus, dass Russland aus heiterem Himmel ein Stück eines souveränen Staats abgetrennt hätte. Was dagegen wirklich in der Ukraine geschehen war: Durch einen gewalttätigen Putsch wurde die rechtmäßig gebildete und international anerkannte Regierung in Kiew gestürzt. (…) Sofort zeigte sich, dass die Putschregierung über große Teile des Landes keine Kontrolle hatte. Trotzdem wurde sie im Eilverfahren von den USA, den NATO- und EU-Staaten als legitime Vertretung der Ukraine anerkannt. Die Souveränität und territoriale Integrität der Ukraine wurden durch die NATO-Regierungen verletzt."

Berücksichtigt werden sollte auch Artikel 7 der Resolution 3314 (XXIX) der UN-Generalversammlung zur "Definition der Aggression":

"Diese Definition, insbesondere ihr Artikel 3, kann in keiner Weise das sich aus der Charta herleitende Recht auf Selbstbestimmung, Freiheit und Unabhängigkeit von Völkern beeinträchtigen, die dieses Rechtes gewaltsam beraubt wurden (...) insbesondere nicht von Völkern unter kolonialen oder rassistischen Regimen oder anderen Formen der Fremdherrschaft; noch das Recht dieser Völker, im Einklang mit den Grundsätzen der Charta und in Übereinstimmung mit der genannten Erklärung, für dieses Ziel zu kämpfen und Unterstützung zu suchen und zu erhalten."

Nach der Aufkündigung des völkerrechtlich verbindlichen Abkommens Minsk II durch Kiew und seine westlichen Auftraggeber hatten die Donbass-Regionen in ihrem Kampf gegen das fremdbestimmte russophobe Regime demnach das Recht auf Selbstbestimmung und Unabhängigkeit – und das Recht, die Unterstützung Russlands zu suchen und zu erhalten.

Einige Kommentatoren halten die russische Unterstützung für einen Fall der sogenannten "Schutzverantwortung" oder "R2P" ["Responsibility to Protect" – Anm. d. Red.]. Das ist falsch.

"R2P" ist eine imperialistische Doktrin, die von der NATO im Anschluss an die Aggression gegen Jugoslawien erfunden wurde. Im Rahmen der "R2P"-Doktrin beanspruchen die Imperialisten das "Recht", in ein anderes Land einzufallen und die Regierung zu stürzen – angeblich um "Verbrechen gegen die Menschheit" zu unterbinden. Diese Doktrin wurde erstmals in Libyen angewandt, die Ergebnisse sind bekannt. "R2P" beruht also nicht auf der Bitte einer Regierung um ausländische Militärhilfe. "R2P" ersetzt das Grundprinzip der UN-Charta – die souveräne Gleichheit aller Nationen – durch das Recht des Stärkeren. Im Laufe der Jahre wurden begleitende Propaganda-Strukturen geschaffen, zu der auch der Internationale Strafgerichtshof und verschiedene "internationale Tribunale" sowie "Menschenrechts"-NGOs gehören – alle auf Geheiß verschiedener westlicher Regierungen, um falsche Anschuldigungen zu propagieren, um Krieg und Regime-Change in Ländern, die sich ihrem Diktat widersetzen, zu rechtfertigen.

Die Entwicklungen seit dem 24. Februar zeigen, dass die NATO bereits tief in der Ukraine involviert war, und sie bestätigen die Begründung des russischen Eingreifens. Wie konkret diese Gefahr war, zeigen auch die Eingeständnisse der USA und der NATO. Denn was bedeutet es anderes, wenn der NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg heute stolz verkündet, dass die NATO sich seit dem Jahr 2014 auf den Krieg gegen Russland vorbereitet habe. Und wenn der Sprecher des Pentagon John Kirby sich brüstet, dass die USA und ihre Verbündeten die ukrainische Armee seit acht Jahren für den Krieg trainiert und ausgerüstet hätten.

US-Hegemonie versus multipolare demokratische Weltordnung

Jene in der Friedensbewegung, die so schnell bei der Hand waren, Russland zu verurteilen, sollten die Frage beantworten: Nachdem der Westen sämtliche Wege zur friedlichen Lösung versperrt hatte, welche konkrete Alternative wäre Russland denn noch geblieben? Zusehen, wie die Kiewer Armee mit ihren Neonazi-Bataillonen den Donbass überfällt, Massaker an ethnischen Russen verübt, sie hetzt und vertreibt? Hätte Russland vor der sich ständig zuspitzenden existenziellen Bedrohung kapitulieren sollen? Zusehen, wie die Ukraine endgültig zum offiziellen NATO-Stützpunkt ausgebaut würde – mit der Stationierung von Atomwaffen? Ist es das, was Europa sicherer gemacht hätte? Ist es wirklich das, was die Friedensbewegung bevorzugt hätte?

USA/NATO/EU und die völlig verantwortungslose und geschichtsignorante Außenpolitik der Bundesregierung treiben in ihrem Wahn, Russland zu besiegen, die Eskalation immer weiter auf die Spitze und ermutigen damit das Kiewer Regime zu Provokationen, die den Weltfrieden gefährden – wie jener Vorfall mit der ukrainischen Rakete, die in Polen einschlug, zeigte.

US-Militärs wissen, dass sich ein Krieg gegen Russland heute nicht mehr auf Europa begrenzen lässt, wie sie das in den 1980er Jahren erträumt hatten. Sie kennen die russische Militärstrategie und haben großen Respekt vor den neuen russischen Atomwaffen. So abwegig es klingen mag, es ist deren Abschreckungswirkung, die auch uns in Westeuropa schützt. Aus Furcht vor der russischen Reaktion scheut Washington mehr denn je auch den konventionellen Angriff gegen Russland, der in einem atomaren Weltkrieg enden könnte. Das zeigt die Reaktion der USA und der westeuropäischen NATO-Regierungen, die nach der ukrainischen Raketen-Provokation nicht schnell genug abwiegeln konnten.

Die Gefahr eines Atomkrieges ist dennoch nicht gebannt, da das Führungspersonal der "westlichen Wertegemeinschaft" inzwischen unterstes Niveau erreicht hat, vor allem in Bezug auf Verantwortung und Wahrnehmung der Realität – wie man auch an ihren Provokationen gegen China sieht. Konflikte können sich zuspitzen, neue hinzukommen durch ihre "regelbasierte internationale Ordnung", die Volker Perthes, vormals Leiter der regierungsnahen "Stiftung Wissenschaft und Politik" (SWP) im Klartext beschreibt:

"Eine Allianz williger Staaten muss internationale Regeln ersinnen, ohne den Verdacht zu erwecken, dass es dabei um westliche Dominanz geht."

Wenn es um Krieg und Frieden geht, muss die Frage gestellt und beantwortet werden: Wer vertritt und verfolgt in der internationalen Auseinandersetzung welche Interessen? Die Friedensbewegung darf weder verschleiern noch Ursachen und Verantwortlichkeiten verschweigen, sondern muss hinterfragen und aufklären.

Will die Friedensbewegung hierzulande ein politisch bedeutsamer Faktor werden, dann muss sie sich einer Regierungspolitik widersetzen, die der US-Hegemonie im In- und Ausland dient und die von der Feindschaft, dem Wirtschaftskrieg und der Aufrüstung gegen Russland geprägt ist.

Der Eurozentrismus, der durch die EU noch weiter verengt wird, beeinflusst auch die Friedensbewegung. Viele scheinen nicht zu erkennen, dass das militärische Eingreifen Russlands in den seit acht Jahren von der NATO unterstützten Krieg in der Ukraine ein Katalysator war, um endlich die westliche Hegemonie zu brechen, die so viel Elend und Leid über die Welt bringt.

Immer mehr Länder, vorrangig im Globalen Süden, streben danach, sich von dieser hegemonialen Diktatur zu befreien. Sie wenden sich gegen die Doppelmoral, Bevormundung und den Neokolonialismus des NATO/EU-Westens und suchen die Kooperation mit Russland und China und den Bündnissen BRICS (Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika) und SOZ (Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit).

Das Eingreifen Russlands hat die Dynamik der internationalen Entwicklung in Richtung einer postwestlichen, multipolaren, demokratischen Weltordnung auf der Basis der "souveränen Gleichheit" aller Nationen beschleunigt. Das Völkerrecht, von dem sich der Westen schon längst verabschiedet hat, muss erst weltweit und für alle zur Geltung gebracht werden.

Es geht um den Kampf "US-Hegemonie versus multipolare, demokratische Weltordnung". Will die Friedensbewegung nicht in der Isolation enden, wird sie sich früher oder später für eine konsequente Positionierung entscheiden müssen.

Mehr zum Thema – Versuchskaninchen: Das US-Imperium nutzt die Ukraine als Labor für Waffentests 

 

 

Ist der Ukrainekrieg ein Angriffskrieg Russlands oder ist das nur die halbe Wahrheit der Geschichte?

Das gleichgeschaltete Narrativ kann grundsätzlich hinterfragt werden

Für weitgehend gleichgeschaltete Staats - und Konzernmedien und für die etablierte politische Klasse ist der Sachverhalt klar.

Russland hat einen illegalen Angriffskrieg gegen die Ukraine gestartet.

Doch für die Geschichtsbücher ist diese primitive Kurzform der Geschichtsschreibung nicht ausreichend.

In Wahrheit wurde die Blockkonfrontation der USA, der EU und der Nato einerseits und Russland andererseits auch nach der sogenannten Wende 1989/90 nie beendet.

Spätestens 1997 wurde die Ostexpansion der Nato in Osteuropa gegen Russland fortgesetzt und spätestens der Kosovokrieg  1998 der USA und der Nato hat bewiesen, dass  die Nato ein Angriffskriegsbündnis ist, dass selber illegale Angriffskriege führt, die sie jetzt scheinheilig und  völlig verlogen Russland als Grundsatzverbrechen vorwirft.

Auch die Anschläge vom 11. September 2001 waren insofern keine echte historische Zäsur. Es war ein inszeniertes Spektakel, weil der Weltfeind Sowjetunion weggefallen war und man sich noch nicht traute den Krieg gegen Russland offen weiterzuführen. 

Man hoffte auf einen Wandel in Russland, der zur fälligen Unterwerfung Russlands unter die USA Weltdominanz führen sollte. Für die " global-feindlose" Zwischenzeit wurde der Ersatz-Weltfeind "Islamismus" durch US Regierung und US Geheimdienste selber geschaffen. Nur so liessen sich illegale Kriege wie der Irakkrieg rechtfertigen.

in der Zwischenzeit führte die USA und  die Nato illegale Kriege in Afghanistan, 2001, dem Irak 2003 sowie offene und  verdeckte Angriffskriege gegen Libyen und Syrien, die sich allein gegen den Einfluss Russlands an der  europäischen Peripherie richteten sowie geopolitische und Ölinteressen des US Imperiums für eine unipolare Weltherrschaft  bedienten. 

Nach der Ostexpansion  der Nato in Osteuropa war die Umpolung ehemaliger sowjetischer Kernstaaten wie durch den USA gesteuerte Putsch auf dem Maidan 2014 in der Ukraine die rote Linie, die die Nato mit der 8 Jahre lang andauernden  Aufrüstung mit Nato Waffen durchzog, eine endgültig notwendig gewordene Gegenreaktion Russlands, dass sich immer mehr machtpolitisch zurückgedrängt betrachtete. 

Dem Angriffskrieg Russlands in  der Ukraine gingen 8 Jahre Krieg und Bürgerkrieg in der  Ukraine voraus, dem 14 000 Zivilisten im Donbass zum Opfer fielen. Russland und russisch stämmige Ukrainer in der Ostukraine sprachen gar von Völkermord und Genozid. Erst danach wurde Russland von den durch Volksentscheid entstandenen Entitäten bzw. Volksrepubliken in der Ost-Ukraine um Militärhilfe gebeten bzw. gerufen. Erst jetzt startete der sogenannte russische Angriffskrieg. 

Bis heute werden durch die Ukraine auch zivile Ziele fast tagtäglich mit Nato Kalibern im Donbass beschossen. Die USA hätten schon richtig gewalttätig auf die Zentrale des Aggressors reagiert, wenn ein Staat die Bürger von Texas  systematisch und täglich beschießen würde.

Wer ist der Aggressor? Die Friedensbewegung und der US-Stellvertreterkrieg in der Ukraine

Im politischen und medialen Mainstream, ja sogar in der Friedensbewegung, scheint der Fall klar zu sein: Russland gilt spätestens seit dem 24. Februar 2022 als "Aggressor". Diese ahistorische Betrachtungsweise führt in die Irre. Der Sachverhalt ist – auch völkerrechtlich – komplizierter, wie die hier dokumentierte Analyse zeigt.
 

"Der Konflikt wurde von der NATO ausgelöst. Es ist jetzt ein Konflikt, der von Russland gelöst werden wird." 

(Scott Ritter, ehemaliger Offizier für Aufklärung der US-Marineinfanterie und UN-Waffeninspekteur)

Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion wähnte sich der US-Imperialismus als ewiger Hegemon, den nichts mehr daran hindern konnte, endlich seinen lang ersehnten Weg zu den enormen Bodenschätzen Russland antreten zu können. Destabilisierung im post-sowjetischen Raum durch "Farbrevolutionen" mithilfe von NGOs und die Eindämmung Russlands durch die NATO-Osterweiterung sollten das Wiedererstarken Russlands verhindern. Die Ukraine spielt in diesem Plan eine besondere Rolle.

Die dem Pentagon nahestehende Denkfabrik "RAND Corporation" hat die US-Strategie deutlich formuliert: "Russland überdehnen und aus dem Gleichgewicht bringen" – mit einem Katalog von Maßnahmen zur Schwächung Russlands. Die wichtigste Maßnahme zielte darauf ab, die Ukraine als "die größte externe Verwundbarkeit Russlands auszunutzen", sie zu bewaffnen und militärisch zu beraten, um einen Konflikt mit Russland zu entfachen.

Die Ukraine ist also nur Mittel zum Zweck. Dem diente der von den USA angeleitete und von der EU und der Bundesregierung geförderte Putsch in Kiew im Jahr 2014 und der Ausbau der Ukraine zum neonazistisch geprägten Bollwerk gegen Russland.

Die Bevölkerung im Donbass weigerte sich, sich den national-chauvinistischen Putschisten unterzuordnen, die die Verfassung suspendiert, allem Russischem den Kampf angesagt und die russischsprachigen Ukrainer diskriminiert hatten. Nach Referenden erklärten die Donbass-Regionen Donezk und Lugansk ihre Autonomie als Volksrepubliken. Sie verteidigten sich acht Jahre lang gegen die Aggressionen des fremdbestimmten Kiewer Regimes, die über 13.000 Menschenleben forderten.

Der Westen wollte keine friedliche Lösung

Die russische Regierung hatte sich für eine friedliche Lösung des Konflikts im staatlichen Rahmen der Ukraine eingesetzt, wie es im Abkommen Minsk II (Minsker Abkommen) vorgesehen war. Am 17. Februar 2015 hatte der UN-Sicherheitsrat mit seiner Resolution 2202 (2015) das Minsker Abkommen als völkerrechtlich verbindlich anerkannt, das unter anderem auch einen Sonderstatus für den Donbass vorsah. Als Garantiemächte sollten Deutschland, Frankreich und Russland für seine Umsetzung sorgen, die in den Folgejahren von Kiew systematisch sabotiert wurde.

Im Februar 2021 brachte Russland bei der OSZE einen Initiativantrag zur Unterstützung einer baldigen Umsetzung von Minsk II ein. Die Ukraine und die westlichen Länder, auch die Garantiemächte Frankreich und Deutschland, lehnten ab.

Das zentrale Element von Minsk II war der direkte Dialog zwischen Kiew und den Vertretern der Donbasser Volksrepubliken, zu dem Letztere bereit waren. In einem Schreiben an den russischen Außenminister Sergei Lawrow im November 2021 erklärten Deutschland und Frankreich, dieses zentrale Element nicht mehr zu unterstützen. Es war die faktische Aufkündigung des völkerrechtlich verbindlichen Minsker Abkommens – also ein Bruch des Völkerrechts. Damit wurde die Lösung des Konflikts im Rahmen der staatlichen Einheit der Ukraine unmöglich gemacht. Auf einer Pressekonferenz im September 2022 wies Außenminister Lawrow darauf hin, dass auch der UN-Generalsekretär nicht "aktiv genug die Erfüllung der Minsker Vereinbarungen unterstützt hat".

Mit dem Putsch in Kiew hatten die USA/NATO/EU und die Bundesregierung den Konflikt ausgelöst. Die Umsetzung des Minsker Abkommen wäre der Weg zu seiner friedlichen Lösung gewesen. Wie der ukrainische Präsident Poroschenko, der Minsk II unterzeichnet hatte, erst kürzlich erklärte, sei dies jedoch nie das Ziel gewesen. Er wollte mit Minsk II nur Zeit gewinnen, "um die besten Streitkräfte in Osteuropa zu schaffen, die nach NATO-Standards ausgebildet wurden". Das wollte anscheinend auch die damalige Kanzlerin Angela Merkel, wie sie nun in einem Interview freimütig erzählte.

Die russische Regierung hatte vergebens auf die politische Einsicht ihrer "Partner" gehofft und im Rahmen des Minsker Prozesses darauf bestanden, Donezk und Lugansk mit einem Sonderstatus in die Ukraine zurückzuführen. Es sei ein Fehler gewesen, wie Präsident Putin heute meint. "Russland hätte die Donbass-Republiken früher anerkennen sollen." Es hätte womöglich viel Leid erspart. Aber natürlich hätte es Russland nicht vor dem Geschrei aus dem Westen – und Anschuldigungen auch aus der Friedensbewegung – bewahrt, dass dies "völkerrechtswidrig" sei.

Die traditionelle Friedensbewegung hatte sich im Jahr 2014 bereits selbst gelähmt, als die Frage, ob der Beitritt der Krim zur Russischen Föderation vom Völkerrecht gedeckt war, vielfach eine größere Rolle spielte, als die Einsicht, dass damit der Plan der USA vereitelt wurde, aus Sewastopol einen NATO-Stützpunkt gegen Russland zu machen – womit eine höchst friedensgefährdende Situation entstanden wäre. Der Anti-Putin-Tsunami, der damals seinen ersten Höhepunkt erreichte und die Angst als "Putin-Versteher" gebrandmarkt zu werden, wirkte zudem auf viele einschüchternd.

Im März 2021 hatte der ukrainische Präsident Selenskij ein Dekret zur militärischen Rückholung des Donbass und der Krim unterschrieben – eine direkte Bedrohung auch des Territoriums der Russischen Föderation. Die Regierung sollte einen entsprechenden "Aktionsplan" entwickeln.

Mit konkreten Vorschlägen für Verträge mit den USA und der NATO über Sicherheitsgarantien versuchte die russische Regierung noch im Dezember 2021 die Situation zu entschärfen und die Grundlage für ein friedliches Miteinander zu schaffen.

Als Kiew im Januar/Februar 2022 den Aggressionskrieg durch die Konzentration seines Militärs mit seinen Neonazi-Bataillonen an den Grenzen von Donezk und Lugansk erheblich ausweitete, als die Artillerieangriffe gegen die dortige Bevölkerung immer intensiver wurden, als die USA/NATO immer noch keine konstruktive Antwort auf die russischen Vorschläge gegeben hatte, machte die russische Regierung laut einer Pressemitteilung am 17. Februar einen letzten Versuch, den bevorstehenden massiven Überfall der Kiewer Truppen zu verhindern und eine friedliche Lösung herbeizuführen.

Moskau warnte: "Sollte die amerikanische Seite nicht bereit sein, feste, rechtlich verbindliche Garantien zu vereinbaren, um unsere Sicherheit vor den USA und ihren Verbündeten zu gewährleisten, wird Russland gezwungen sein, zu reagieren, auch mit militärtechnischen Maßnahmen."

George Beebe, ehemaliger Direktor der Russland-Abteilung der CIA, blickt zurück:

"Die Wahl, vor der wir in der Ukraine standen – und ich nutze absichtlich die Vergangenheitsform – war, ob Russland sein Veto zu einer NATO-Beteiligung in der Ukraine am Verhandlungstisch oder auf dem Schlachtfeld ausüben würde. Und wir entschieden uns, dafür zu sorgen, dass das Veto auf dem Schlachtfeld ausgeübt wird, in der Hoffnung, dass Putin sich entweder zurückhält oder der Militäreinsatz scheitert."

Die USA/NATO/EU hatten kein Interesse an einer friedlichen Lösung. Die Strategie war, Russland zu schwächen und zu dezimieren.

Das vom Westen aufgekündigte völkerrechtliche Abkommen Minsk II, die provozierenden Ankündigungen über eine NATO-Mitgliedschaft der Ukraine und deren nukleare Bewaffnung und die zunehmende militärische Aufrüstung des Landes verschärften die Spannungen mit Russland. Am 8. Februar 2022 hatte die NATO-Denkfabrik Atlantic Council in einem Strategiepapier empfohlen: "Das Ziel Washingtons sollte die Vertreibung der Russen aus der Ostukraine sein."

Am 21. Februar erkannte Russland die beiden Volksrepubliken Donezk und Lugansk als unabhängige Staaten an und unterzeichnete Verträge über Freundschaft und gegenseitigen Beistand. Am 24. Februar schließlich griff Russland in den schon seit acht Jahren dauernden Krieg ein, um seine Verbündeten vor der drohenden ethnischen Säuberung zu schützen und der wachsenden existenziellen Bedrohung der Russischen Föderation durch die USA und der NATO entgegenzutreten.

Wie Gabriele Gysi es passend formulierte:

"Der ukrainische Bürgerkrieg hat Russland die Verantwortung für die russische Bevölkerung der Ukraine aufgezwungen – und damit Russland in diesen Krieg genötigt. Die 'russische Aggression' erfolgte nach langen Versuchen einer friedlichen Lösung der ukrainischen Probleme."

Friedensbewegung und "völkerrechtswidriger Angriffskrieg"

Viele ältere Linke in Parteien und der traditionellen Friedensbewegung, für die die Freundschaft mit der Sowjetunion und später mit Russland allein schon aus historischem Bewusstsein wichtig war, waren schockiert, enttäuscht, ihr Vertrauen in Russland war erschüttert. War es doch so einfach gewesen, die Politik eines Russlands zu verteidigen, das immer geduldig reagierte, dessen Bemühen um Einsicht seiner westlichen "Partner" endlos schien, und das doch von ihnen nur belogen und betrogen wurde.

Ausgerechnet die Friedensbewegung, die sich zur deutschen Verantwortung in der Geschichte bekennt, verschweigt in ihrer Mehrheit den russophoben Neonazismus, der in der Ukraine inzwischen alle Bereiche durchdringt. Wie glaubwürdig ist ein Antifaschismus, der keine eindeutige Position bezieht gegen die massive politische und materielle Unterstützung Deutschlands für ein Regime, das Nazi- und SS-Kollaborateure als Nationalhelden verehrt, allen voran den Massenmörder Stepan Bandera – und gegen die faschistoide antirussische Hysterie, die den gesamten öffentlichen Diskurs hierzulande beherrscht und vergiftet.

Ohne sich die Zeit zu nehmen, die mit Russlands militärischem Einschreiten neu entstandene Situation umfassender zu analysieren, stimmte die Friedensbewegung empört – und mit nur wenigen Ausnahmen – sofort in den Kanon der NATO von Russlands "völkerrechtswidrigem Angriffskrieg" ein. Der Bundesausschuss Friedensratschlag erklärte: "Wir verurteilen die militärische Aggression Russlands gegen die Ukraine. Für Krieg gibt es keine Rechtfertigung. Die Mitschuld des Westens, insbesondere der USA und der NATO, rechtfertigen keinesfalls diese militärische Aggression."

Albrecht Müller, der frühere Planungschef im Bundeskanzleramt, der sich in erster Linie der Entspannungspolitik von Willy Brandt verpflichtet fühlt, fragte im Juli auf den NachDenkSeiten:

"Wann endlich hören die Verneigungen vor der allgemein üblichen Empörung über 'Putins Aggressionsverbrechen' auf!"

Er schlug vor, damit Schluss zu machen, denn Beschwörungsformeln wie "völkerrechtswidriger Überfall", "menschenverachtender Angriffskrieg" und so weiter würden nicht nur – ansonsten gute Analysen – relativieren und sogar entwerten, sondern auch dazu beitragen, "Vorurteile und Aggression gegen Russland" zu verstärken.

Die Beschwörungsformeln wurden zum neuen Gesslerhut, den viele aus Friedens- und linken Organisationen meinen grüßen zu müssen, um ihre "Glaubwürdigkeit" zu wahren.

Dabei beziehen sie sich fast ausschließlich auf das Gewaltverbot in internationalen Beziehungen, wie es in der UN-Charta Artikel 2, Absatz 4 festgelegt wurde. Von dieser Regel gibt es die Ausnahme in Artikel 51: "das naturgegebene Recht zur individuellen oder kollektiven Selbstverteidigung". Der Bezug auf Artikel 51 wird aber von vielen in der Friedensbewegung als in diesem Zusammenhang belanglos abgetan. Die Donbass-Republiken hätten kein Recht zur Sezession von der Ukraine, und damit sei auch der Beistandsvertrag mit Russland völkerrechtlich ungültig. Vergessen wird, dass die Ukraine bei der Auflösung der Sowjetunion das Sezessionsrecht für sich in Anspruch genommen hatte, ohne Rücksicht auf die davon betroffenen Gebiete.

Man hatte Russland im Eiltempo mit Artikel 2 Absatz 4 der UN-Charta abgeurteilt und damit schien jede weitere Diskussion erledigt.

In seiner Erklärung "Souveränität der Ukraine durch NATO inspirierten Putsch verletzt", schrieb der Deutsche Freidenkerverband:

"Die Argumente, mit denen Russland Völkerrechtsbruch nachgewiesen werden soll, gehen abstrakt von der Prämisse aus, dass Russland aus heiterem Himmel ein Stück eines souveränen Staats abgetrennt hätte. Was dagegen wirklich in der Ukraine geschehen war: Durch einen gewalttätigen Putsch wurde die rechtmäßig gebildete und international anerkannte Regierung in Kiew gestürzt. (…) Sofort zeigte sich, dass die Putschregierung über große Teile des Landes keine Kontrolle hatte. Trotzdem wurde sie im Eilverfahren von den USA, den NATO- und EU-Staaten als legitime Vertretung der Ukraine anerkannt. Die Souveränität und territoriale Integrität der Ukraine wurden durch die NATO-Regierungen verletzt."

Berücksichtigt werden sollte auch Artikel 7 der Resolution 3314 (XXIX) der UN-Generalversammlung zur "Definition der Aggression":

"Diese Definition, insbesondere ihr Artikel 3, kann in keiner Weise das sich aus der Charta herleitende Recht auf Selbstbestimmung, Freiheit und Unabhängigkeit von Völkern beeinträchtigen, die dieses Rechtes gewaltsam beraubt wurden (...) insbesondere nicht von Völkern unter kolonialen oder rassistischen Regimen oder anderen Formen der Fremdherrschaft; noch das Recht dieser Völker, im Einklang mit den Grundsätzen der Charta und in Übereinstimmung mit der genannten Erklärung, für dieses Ziel zu kämpfen und Unterstützung zu suchen und zu erhalten."

Nach der Aufkündigung des völkerrechtlich verbindlichen Abkommens Minsk II durch Kiew und seine westlichen Auftraggeber hatten die Donbass-Regionen in ihrem Kampf gegen das fremdbestimmte russophobe Regime demnach das Recht auf Selbstbestimmung und Unabhängigkeit – und das Recht, die Unterstützung Russlands zu suchen und zu erhalten.

Einige Kommentatoren halten die russische Unterstützung für einen Fall der sogenannten "Schutzverantwortung" oder "R2P" ["Responsibility to Protect" – Anm. d. Red.]. Das ist falsch.

"R2P" ist eine imperialistische Doktrin, die von der NATO im Anschluss an die Aggression gegen Jugoslawien erfunden wurde. Im Rahmen der "R2P"-Doktrin beanspruchen die Imperialisten das "Recht", in ein anderes Land einzufallen und die Regierung zu stürzen – angeblich um "Verbrechen gegen die Menschheit" zu unterbinden. Diese Doktrin wurde erstmals in Libyen angewandt, die Ergebnisse sind bekannt. "R2P" beruht also nicht auf der Bitte einer Regierung um ausländische Militärhilfe. "R2P" ersetzt das Grundprinzip der UN-Charta – die souveräne Gleichheit aller Nationen – durch das Recht des Stärkeren. Im Laufe der Jahre wurden begleitende Propaganda-Strukturen geschaffen, zu der auch der Internationale Strafgerichtshof und verschiedene "internationale Tribunale" sowie "Menschenrechts"-NGOs gehören – alle auf Geheiß verschiedener westlicher Regierungen, um falsche Anschuldigungen zu propagieren, um Krieg und Regime-Change in Ländern, die sich ihrem Diktat widersetzen, zu rechtfertigen.

Die Entwicklungen seit dem 24. Februar zeigen, dass die NATO bereits tief in der Ukraine involviert war, und sie bestätigen die Begründung des russischen Eingreifens. Wie konkret diese Gefahr war, zeigen auch die Eingeständnisse der USA und der NATO. Denn was bedeutet es anderes, wenn der NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg heute stolz verkündet, dass die NATO sich seit dem Jahr 2014 auf den Krieg gegen Russland vorbereitet habe. Und wenn der Sprecher des Pentagon John Kirby sich brüstet, dass die USA und ihre Verbündeten die ukrainische Armee seit acht Jahren für den Krieg trainiert und ausgerüstet hätten.

US-Hegemonie versus multipolare demokratische Weltordnung

Jene in der Friedensbewegung, die so schnell bei der Hand waren, Russland zu verurteilen, sollten die Frage beantworten: Nachdem der Westen sämtliche Wege zur friedlichen Lösung versperrt hatte, welche konkrete Alternative wäre Russland denn noch geblieben? Zusehen, wie die Kiewer Armee mit ihren Neonazi-Bataillonen den Donbass überfällt, Massaker an ethnischen Russen verübt, sie hetzt und vertreibt? Hätte Russland vor der sich ständig zuspitzenden existenziellen Bedrohung kapitulieren sollen? Zusehen, wie die Ukraine endgültig zum offiziellen NATO-Stützpunkt ausgebaut würde – mit der Stationierung von Atomwaffen? Ist es das, was Europa sicherer gemacht hätte? Ist es wirklich das, was die Friedensbewegung bevorzugt hätte?

USA/NATO/EU und die völlig verantwortungslose und geschichtsignorante Außenpolitik der Bundesregierung treiben in ihrem Wahn, Russland zu besiegen, die Eskalation immer weiter auf die Spitze und ermutigen damit das Kiewer Regime zu Provokationen, die den Weltfrieden gefährden – wie jener Vorfall mit der ukrainischen Rakete, die in Polen einschlug, zeigte.

US-Militärs wissen, dass sich ein Krieg gegen Russland heute nicht mehr auf Europa begrenzen lässt, wie sie das in den 1980er Jahren erträumt hatten. Sie kennen die russische Militärstrategie und haben großen Respekt vor den neuen russischen Atomwaffen. So abwegig es klingen mag, es ist deren Abschreckungswirkung, die auch uns in Westeuropa schützt. Aus Furcht vor der russischen Reaktion scheut Washington mehr denn je auch den konventionellen Angriff gegen Russland, der in einem atomaren Weltkrieg enden könnte. Das zeigt die Reaktion der USA und der westeuropäischen NATO-Regierungen, die nach der ukrainischen Raketen-Provokation nicht schnell genug abwiegeln konnten.

Die Gefahr eines Atomkrieges ist dennoch nicht gebannt, da das Führungspersonal der "westlichen Wertegemeinschaft" inzwischen unterstes Niveau erreicht hat, vor allem in Bezug auf Verantwortung und Wahrnehmung der Realität – wie man auch an ihren Provokationen gegen China sieht. Konflikte können sich zuspitzen, neue hinzukommen durch ihre "regelbasierte internationale Ordnung", die Volker Perthes, vormals Leiter der regierungsnahen "Stiftung Wissenschaft und Politik" (SWP) im Klartext beschreibt:

"Eine Allianz williger Staaten muss internationale Regeln ersinnen, ohne den Verdacht zu erwecken, dass es dabei um westliche Dominanz geht."

Wenn es um Krieg und Frieden geht, muss die Frage gestellt und beantwortet werden: Wer vertritt und verfolgt in der internationalen Auseinandersetzung welche Interessen? Die Friedensbewegung darf weder verschleiern noch Ursachen und Verantwortlichkeiten verschweigen, sondern muss hinterfragen und aufklären.

Will die Friedensbewegung hierzulande ein politisch bedeutsamer Faktor werden, dann muss sie sich einer Regierungspolitik widersetzen, die der US-Hegemonie im In- und Ausland dient und die von der Feindschaft, dem Wirtschaftskrieg und der Aufrüstung gegen Russland geprägt ist.

Der Eurozentrismus, der durch die EU noch weiter verengt wird, beeinflusst auch die Friedensbewegung. Viele scheinen nicht zu erkennen, dass das militärische Eingreifen Russlands in den seit acht Jahren von der NATO unterstützten Krieg in der Ukraine ein Katalysator war, um endlich die westliche Hegemonie zu brechen, die so viel Elend und Leid über die Welt bringt.

Immer mehr Länder, vorrangig im Globalen Süden, streben danach, sich von dieser hegemonialen Diktatur zu befreien. Sie wenden sich gegen die Doppelmoral, Bevormundung und den Neokolonialismus des NATO/EU-Westens und suchen die Kooperation mit Russland und China und den Bündnissen BRICS (Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika) und SOZ (Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit).

Das Eingreifen Russlands hat die Dynamik der internationalen Entwicklung in Richtung einer postwestlichen, multipolaren, demokratischen Weltordnung auf der Basis der "souveränen Gleichheit" aller Nationen beschleunigt. Das Völkerrecht, von dem sich der Westen schon längst verabschiedet hat, muss erst weltweit und für alle zur Geltung gebracht werden.

Es geht um den Kampf "US-Hegemonie versus multipolare, demokratische Weltordnung". Will die Friedensbewegung nicht in der Isolation enden, wird sie sich früher oder später für eine konsequente Positionierung entscheiden müssen.

Mehr zum Thema – Versuchskaninchen: Das US-Imperium nutzt die Ukraine als Labor für Waffentests 

 

 

EU wird auch Gas-Kolonie der USA

Viel zu teures Gas aus Katar unter USA Kontrolle soll Europa fluten 

Das Ersatz-Gas ist nicht nur viel teurer sondern auch viel  umweltschädlicher, weil es das  im Vergleich zu CO 2 viel schädlichere Methan in die Umwelt freisetzt.

Schiefergas aus Katar oder den USA vergiftet zudem das Grundwasser und  zerstört so die Natur nachhaltig - mit freundlicher Unterstützung der Partei der Grünen.

Deutschlands LNG-Dilemma: Horrende Preise und neue Abhängigkeiten

Mit dem Flüssiggas aus Katar werden keine zwei Prozent des russischen Erdgases, das über die Nord-Stream-Pipeline kam, ersetzt – und auch das erst in vier Jahren. Die Bundesregierung sieht in dem Abkommen mit Katar dennoch einen großen Erfolg. Mit Recht oder Mogelpackung? Und wo bleiben dabei all die "europäischen Werte"? (Teil 2)

Teil 1 finden Sie hier.

Wie am Dienstag bekannt wurde, soll Katar ab 2026 jährlich über einen Zeitraum von 15 Jahren bis zu zwei Millionen Tonnen verflüssigtes Erdgas nach Deutschland liefern. Diese Menge entspricht jedoch nur etwa drei Prozent des deutschen Jahresverbrauchs und wird nach einhelliger Meinung der Experten in der gegenwärtigen Energiekrise erst einmal keine Abhilfe schaffen.

Im Grunde ist der Gasdeal mit dem Emirat eine Art Symbol für die Misserfolge der Bundesregierung auf den Weltmärkten für Flüssiggas und er verdeutlicht, dass der globale LNG-Sektor den deutschen Erwartungen zumindest in der heutigen Situation nicht gerecht werden kann. Deutschland ist ein hoch entwickeltes Industrieland, für das eine sichere und ökonomisch vertretbare Energieversorgung essenziell ist. Dass ausgerechnet die nicht unproblematischen LNG-Kooperationen mit den Nahost-Monarchien oder den Vereinigten Staaten diese Voraussetzungen erfüllen können, ist zu bezweifeln.

Abhängigkeit von den USA statt Diversifizierung

Was die Versorgungssicherheit angeht, so will die Bundesregierung sowohl Alternativen zu den russischen Gaslieferungen finden als auch ihre Versorgungsquellen diversifizieren. Ein interessanter Aspekt bei den LNG-Vereinbarungen mit Katar ist jedoch die Tatsache, dass nicht Deutschland, sondern der US-amerikanische Energiekonzern ConocoPhillips den Vertrag mit dem arabischen Land abgeschlossen hat.

Dass ein US-Unternehmen bei dem Geschäft als Zwischenhändler auftritt und das LNG nach Deutschland bringen soll, verdeutlicht das Wiedererstarken der US-Schiefergasindustrie angesichts der gegenwärtigen (Preis-)Entwicklung auf dem europäischen Gasmarkt. Es verdeutlicht aber auch, was zumindest den deutschen Energiesektor in der Zukunft erwartet: eine Dominanz der USA bei der Gasversorgung und damit eine Abhängigkeit Berlins von Washington.

Nach einer Studie des Energiewirtschaftlichen Instituts an der Universität Köln (EWI) könnten die USA in Zukunft der wichtigste Gaslieferant der Bundesrepublik und der EU werden. Man geht davon aus, dass die US-Unternehmen ihr LNG-Exportvolumen nach Europa schon in wenigen Jahren – unter der Voraussetzung, dass in der EU bis dahin genügend Verflüssigungsanlagen gebaut werden – auf fast 40 Prozent erhöhen und damit Russland quasi als den führenden Akteur auf dem EU-Gasmarkt ablösen. Demnach soll die Liefermenge von US-LNG bereits 2026 130 Milliarden Kubikmeter betragen – das würde etwa in dem Mengenbereich liegen, in dem Russland vor dem Ukraine-Krieg und den westlichen Sanktionen exportierte.

Unabhängig davon, ob diese Prognose tatsächlich so eintreffen wird, ist die Bedeutung der Vereinigten Staaten als Gaslieferant für die EU schon heute immens. Sie haben ihre LNG-Lieferungen nach Europa in diesem Jahr laut Angaben der statistischen Abteilung des US-Energieministeriums deutlich gesteigert und bis September mehr als 47 Prozent der europäischen Importe umgesetzt. Auch im vergangenen Monat waren die USA mit 6,2 Milliarden Kubikmetern Gas beziehungsweise 38 Prozent der Gesamtmenge erneut der größte LNG-Versorger Europas. Dem Magazin Forbes zufolge erhalten die US-Amerikaner damit auch die Möglichkeit, die europäischen Strompreise zu beeinflussen, weil diese in hohem Maße von den Gaspreisen und somit letztendlich von der Regelmäßigkeit und dem Umfang der Gaslieferungen aus den USA abhängen.

Angesichts dieser Tendenz laufen die Europäer zunehmend Gefahr, in die Abhängigkeit Washingtons zu geraten und sich politisch und wirtschaftlich noch mehr erpressbar zu machen. So etwas wollte man bei Russland übrigens mit aller Macht vermeiden, und im Falle der USA ist das unter Berücksichtigung der eigenen Interessen ebenfalls nicht zu akzeptieren, selbst wenn die Staaten sich als das demokratischste Land der Welt erweisen sollten.

Kostenfaktor LNG-Import

Eine weitere Herausforderung bei dem Geschäft mit verflüssigtem Erdgas ist der finanzielle Aufwand, der einen zentralen Aspekt bei der deutschen und europäischen Strategie darstellt. Hierbei kann man einen signifikanten Preisunterschied zwischen den Pipeline-Lieferungen aus Russland und den US-amerikanischen LNG-Importen ausmachen. Das Pipelinegas ist bekanntermaßen deutlich billiger und daher ökonomisch vorteilhafter als das LNG. Letzteres muss nämlich zuerst durch den teuren Prozess der Gasverflüssigung transportfähig gemacht, danach aus einer Entfernung von mehreren Tausend Kilometern per Tankschiff angeliefert und anschließend wieder genauso aufwendig regasifiziert werden.

Infolgedessen bedeutet der Umstieg auf verflüssigtes Erdgas für die EU-Volkswirtschaften langfristig höhere Ausgaben beim Import, was die wirtschaftliche Entwicklung verlangsamen und die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen auf den Weltmärkten unterminieren dürfte. Auch die einfachen Verbraucher würden vermutlich dauerhaft deutlich mehr für ihren Energieverbrauch zahlen.

Es ist zudem offensichtlich, dass die Verluste umso höher sein werden, je höher die Preise für das LNG ausfallen. Da die USA die Gasversorgung der EU immer mehr dominieren, stellt sich auch die Frage, wie viel mehr die Deutschen für das US-amerikanische Gas bezahlen müssen. Diesbezüglich hat der Journalist Jens Berger in seinem Online-Artikel den Versuch unternommen, den Preisunterschied zwischen dem an die Bundesrepublik verkauften russischen Pipelinegas und dem US-Flüssiggas zu ermitteln.

Unter Verweis auf Angaben des Bundesamtes für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle – wonach Deutschland im Januar 2021 1,8 Milliarden Euro für seine gesamten Gasimporte gezahlt hat – und mittels einer Überschlagsrechnung schlussfolgert Berger, dass Berlin für das russische Gas in der Zeit vor der Energiekrise rund 11,9 Milliarden Euro pro Jahr zahlte.

Was den Abnahmepreis für das LNG betrifft, so kommt Berger zu dem folgenden Ergebnis: ''Setzt man für diese Menge den von der EU genannten langfristigen Importpreis für US-LNG an, kommt man auf 30 Milliarden Euro – also fast auf das Dreifache. Setzt man den real in diesem Sommer nach Angaben des Bundesamtes für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle gezahlten Importpreis an, kommt man sogar auf 54 Milliarden Euro – also fast das Fünffache.''

Von solchen Zuständen profitiert in erster Linie die US-Fracking-Branche, die in Europa viel mehr verdienen kann, als auf dem heimischen Markt. Dabei signalisieren die US-Firmen laut Angaben des Portals Business Insider, dass die Gaspreise für Europa künftig sogar deutlich angehoben werden sollen, da die Europäer kein ''billiges US-Gas'' mehr bekommen könnten. Wie der Vorstandsvorsitzende des im US-Bundesstaat Texas ansässigen LNG-Unternehmens Tellurian, Charif Souki, im Oktober verlautet hatte, ''gehören die Tage, in denen man Gas für 4 bis 5 Dollar auf dem Wasser bekommen konnte, der Vergangenheit an''. Man müsse stattdessen ''in Dimensionen von 10 bis 12 Dollar denken".'

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