Der Ex- Arbeitsminister Norbert Blüm verurteilt den Rassismus der Bundesregierung und der Gesellschaft 

Herz-Jesu Marxist Blüm besucht Flüchtlinge im eigenen Zelt in Südeuropa

Das Flüchtlingsdrama ist die historische Nagelprobe der Wohlstandgesellschaften. Wir haben uns den Zeitpunkt und das Thema nicht ausgesucht. Aber jetzt ist es gestellt. Es lautet: Ist Geld wichtiger, als es Menschen sind? Die Geflüchteten zwingen uns zur Generalinventur unserer Gesellschaft. Welche Werte gelten? Außen- und Innenpolitik, Wirtschafts-, Finanz- und Sozialpolitik werden zur Unterscheidung von Wichtigem und Wichtigerem gezwungen. Manche unserer Querelen werden sich als Luxusprobleme erweisen, angesichts der existenziellen Herausforderungen, denen wir uns jetzt stellen müssen. Europa muss Farbe bekennen, ob es nur ein Zweckverband zur Förderung nationaler Interessen bleibt oder zu einer gemeinsamen Politik fähig ist, die einer Idee folgt.

Retten wir Banken und lassen Menschen absaufen? Die große humane Erfindung des Abendlandes ist die „Würde des Menschen“. Verrät Europa sein vornehmstes Erbe? Unser Grundgesetz, die beste Verfassung, die es in Deutschland je gab, beginnt mit dem Fanfarenstoß: „Die Würde des Menschen ist unantastbar.“ Da ist nicht von einer Einschränkung auf Einheimische die Rede. Es steht dort nicht: „Die Würde der Deutschen ist unantastbar.“

"Die Reichen bereichern sich an der Armut"

Es werden sich noch mehr Flüchtlinge auf den Weg machen. Niemand wird aufgehalten werden können, wenn Tod die Alternative zur Flucht ist. Die Todesgefahren müssen verschwinden, wenn wir wollen, dass die Flüchtlinge zu Hause bleiben. Ohne Friede ist kein Ende von lebensrettender Flucht in Sicht.

Das Wohlstandsgefälle zwischen Europa und den armen Ländern ist groß, und die Reichen bereichern sich noch dazu an der Armut der Armen. So viel ist sicher: Das wird nicht so bleiben. Entweder geben die Reichen etwas von ihrem Reichtum der Armen ab, oder alle werden arm. Wer nichts zu verlieren hat, muss nichts aufgeben. Er macht sich auf den Weg dorthin, wo er Zuflucht findet. Dort findet man immer noch was Besseres als den Tod.

Die Gesellschaft muß sich zwischen Egoismus, Herrenmenschendenken , deutschtümelnder Isolation oder einer weltoffenen und pluralen Gesellschaft entscheiden.

In der Weise wie der Warenverkehr in der Welt internationalisiert wird, wird sich früher oder später auch der Mensch bewegen. Es kann nicht funktionieren, die Waren in der Welt frei zu handeln und den Menschen von dieser Globalisierung und Internationalisierung des Lebens auszunehmen, denn Waren sind nicht wertvoller und mit mehr Rechten ausgestattet als Menschen.

Besonders der US Imperialismus und dessen Natokriege für weltweite Marktexpansion und für geostrategisch Interessen verursachen die Flüchtlingswellen, die auch in Zukunft die Realität auf dem Globus prägen werden. 

 

Oskar Lafontaine: Erfolg der AFD ist Denkzettel für neoliberale Politik

 

Zum Ausgang der Wahlen in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt und dem Erstarken der AFD erklärt Oskar Lafontaine:

„Die Wahlen waren ein Denkzettel gegen die Politik des Neoliberalismus. Seit Jahren stagnieren Löhne und Renten, soziale Leistungen wurden gekürzt, die Ungleichheit von Einkommen und Vermögen wächst und die paritätische Finanzierung der Sozialversicherung wurde aufgegeben. Es fehlen bezahlbare Wohnungen, es fehlen Lehrer und Polizisten. Die Aufnahme von einer Million Flüchtlingen in Deutschland hat diese sozialen Verwerfungen nicht verursacht, sehr wohl aber die Folgen der Versäumnisse der Politik der vergangenen Jahre deutlich gemacht und verschärft.  Abgewählt wurde damit auch die neoliberale Flüchtlingspolitik von Angela Merkel, die die Aufnahme von einer Million Flüchtlingen befürwortet hat, sich aber gleichzeitig weigerte, für soziale Ausgleichsmaßnahmen zu sorgen (Erhöhung des Hartz-IV-Regelsatzes, Anhebung des gesetzlichen Mindestlohns) und ein gerechteres Steuersystem einzuführen (Reichensteuern). Auch die Partei DIE LINKE muss sich die Frage stellen, warum viele Wählerinnen und Wähler, die mit der jetzigen Politik unzufrieden sind, der AFD ihre Stimme gegeben haben. Die notwendige Auseinandersetzung mit der AFD darf nicht so geführt werden, dass sich die Wählerinnen und Wähler, die sie gewählt haben, oder die sich vorstellen können, sie zu wählen, in die rechtsradikale oder gar rassistische Ecke gestellt sehen. DIE LINKE muss ihr Profil als eine Partei, die den sozialen Verwerfungen der neoliberalen Politik Widerstand leistet, schärfen – im Gegensatz zur AFD, die gegen den Mindestlohn, für eine Abschaffung der Erbschaftssteuer und niedrigere Steuern auf hohe Einkommen und gegen eine Vermögenssteuer ist und in ihrem neuen Programm-Entwurf eine Privatisierung der Arbeitslosenversicherung anstrebt."

Quelle. Internetseite von Oskar Lafontaine

Bei zwei von drei Landtagswahlen erodiert die SPD zu einer 12-Prozent-Partei

Diese Wahlen brachten eine historische Zäsur

Gabriels Stuhl als SPD- Vorsitzender dürfte damit kräftig wackeln - Merkels Flüchtlingspolitik wurde nicht explizit abgestraft - wenn man vom Ergebnis der AfD absieht, die durch Konzern- und Staatsmedien zu einer 10 % plus - X - Partei hochgepuscht worden sind.

In  zwei von drei Ländern kamen die ehemaligen Volksparteien SPD und CDU zusammen gerade mal nur noch auf 40 %, so dass hier nicht mal mehr Große Koalitionen eine Mehrheit haben. So dürfte die große Koalition  in Sachsen-Anhalt mangels Mehrheit abgewählt worden sein. Auch das ist eine Zäsur, dass nicht mal mehr eine regierende Groko im Lande eine Mehrheit hat bzw. sie verliert.

Nur in Rheinland-Pfalz konnte die SPD dank des Ansehens von Malu Dreyer 37 % der Stimmen einfahren und so SPD Chef Gabriel vor dem Mega- Gau bewahren. Aber auch Dreyer hat für die bisherige rot-grüne Regierung keine Mehrheit mehr.

Diesen Gau gab es auch für die Linkspartei, die ihre singuläre Stellung als parlamentarische Protestpartei verlore hat und die  in zwei von drei Ländern  nicht mal mehr  den Einzug in den Bundestag schafft. 

So erreichte die Linke in Rheinland Pfalz und in Baden Würrtemberg jeweils nur 3 Prozent. nur in Sac hsen Anhalt konnte  die Linke 16,5 % der Stimmen erlangen . Aber auch hier verlor die Linke 7 %.

Die Linke hat durch ihre Anbiederung an die abgewirtschaftete und neoliberale SPD große Teile ihres Protestpotenzials verloren und sich so selber ins Abseits manövriert. Die Linke wurde von vielen Seiten davor gewarnt ihre Stellung zu verspielen, die sie als Nachfolgepartei der SED in der gewendeten Bundesrepublik erlangen konnte. Zu viele Reformer udn Postenjäger auf Landesebene haben sich durchgesetzt und die Partei so zu einer fast beliebigen zweiten SPD werden lassen. Die Linke muß sich wieder radikalisieren, wenn sie sich auf  Dauer nicht selber überflüssig machen will.  

Die Rechtspopulisten der AfD kommen in allen drei Ländern als zweistellige Partei aus dem Stand in die Landtage. In Sachsen Anhalt erlangt sie 21,5 %, in Rheinland Pfalz 10 % und in Baden Württemberg 12,5 %.

Auch die CDU erreicht in Ba Wü nur noch 27,5 % . Das war mal das Stammland der CDU, in dem sie jahrzehntelang regierte, Der Ex- Maoist und heutige Grüne  Kretzschmann stiehlt der Union hier die Show. Er ist zwar nicht der neue Mao Tse Tung von Deutschland aber immerhin der biedere grün-konservative Ministerpräsident im Ländle geworden.

In Sachsen Anhalt kommt die CDU nur noch auf 30 % und in Rheinland Pfalz auf 33 %. 

In einige Ländern könnte der FDP mit 5 bis 8 % der wiedereinzug in die Parlamente gelungen sein . 

Erschreckend ist aber die Bilanz der Rassisten der AfD, die 40 % aus dem Lager der Nichtwähler als Wähler für sich gewinnen kann. 17 % der AfD wähler sind aber  laut ZDF Wahlsendung auch ehemalige CDU Wähler und 17 % auch ehemalige Linkenwähler, 10 % sind demnach ehemalige SPD Wähler und 11 % ehemalige NPD-Wähler.

 

 

 

 

 

Jakob Augstein: Der westliche Kapitalismus schafft einen neuen Faschismus

Augstein versucht das Erstarken nationalistischer Kräfte auf der Nordhalbkugel einheitlich zu erfassen. Auch wenn er bezüglich Russland  und Putin nicht richtig liegt, hat sein Ansatz trotzdem eine interessante antikapitalistische Komponente.

Die Krise des Weltkapitalismus führt zum Erstarken von Nationalismen und in einigen Ländern sogar zum Erstarken von Rassismus und Faschismus.

Wie kann es sein, dass sich von Russland bis zu den USA ein neuer Politikstil durchsetzt? Was haben die Russen, die Putin bewundern, die Polen, die eine rechtskatholische Regierung wählen, die Sachsen, die den Pegida-Pfeifern hinterherlaufen, die Franzosen, die Marine le Pen wählen und die Amerikaner, die Trump womöglich den Weg ins Weisse Haus ebnen gemeinsam?

Man sollte meinen, dass diese Länder ganz unterschiedliche politische Kulturen besitzen. Man sollte ihre Ausgangslagen für vollkommen verschieden halten. Man würde erwarten, dass ihre Suche nach Problemlösungen zu ganz verschiedenen Ergebnissen führen. Und doch erleben wir eine wahrhaft globale Revolution der Rechten.

Warum liest man so wenig Analysen, die versuchen, die Homogenität dieser nur scheinbar heterogenen politischen Landschaften zu erkennen und zu erklären?

Was ist das gemeinsame Element dieser Krise der politischen Systeme der Nordhalbkugel?

Es ist der westlich geprägte Kapitalismus, der in seiner Krise dabei ist, einen neuen Faschismus zu gebären.

In Wirklichkeit versucht der westliche Kapitalismus in Form der Nato- Osterweiterung und durch Kriege an der europäischen Peripherie sein Machtgebiet zu erweitern und Russland agiert hier als Gegenpol, der eine Ausweitung der Macht der kapitalistischen Hauptmacht USA und ihrer Nato- Parter einzudämmen und zu stoppen versucht - in Syrien und in der Ukraine scheint das momentan gut zu klappen.

Ansonsten ist der Beitrag von Jakob Augstein richtig. 

 

Grundsatzprogramm der AfD ist asozial

Der Entwurf für das  AfD-Grundsatzprogramm ist jetzt bekannt geworden.

Hier einige Punkte aus dem Entwurf:

  • Arbeitgeberanteil bei Arbeiten im Rentenalter streichen,
  • Arbeitgeberanteil bei ALG 1 streichen
  • späteres Renteneinstiegsalter,
  • ALG 1 privatisieren,
  • gesetzliche Unfallversicherung abschaffen,
  • Gewerbe- und Erbschaftssteuer abschaffen,
  • Banken- und Steuergeheimnis wieder einführen,
  • Rettungsprogramme für überschuldete Kommunen und Länder verbieten,
  • keine Finanzierung Alleinerziehender,
  • Schuldprinzip bei Ehescheidungen wieder einführen,
  • Gesetzesverschärfung zum Schwangerschaftsabbruch,
  • traditionelle Geschlechterrollen bewahren,
  • Gender-Forschung abschaffen,
  • Anti-Diskriminierungsgesetz und Diversity-Programme abschaffen,
  • Privatisierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks,
  • “sicherheitspolitischer Befreiungsschlag”:”Systemwechsel hin zu” “Ausländerbehörden, Polizei und Strafverfolgung”,
  • Strafmündigkeitsalter auf zwölf Jahre senken,
  • Dienstpflicht für Frauen/ Wehrpflicht für Männer,
  • keine “verengte” “Erinnerungskultur auf die Zeit des Nationalsozialismus”,
  • Grundrecht auf Asyl abschaffen,
  • jüdische und islamische Praktiken einschränken (Jungenbeschneidung, Schächtung),
  • “der Islam gehört nicht zu Deutschland”,
  • AKW-Laufzeitverlängerung
  • Schluss mit der Klimaschutzpolitik
  • Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) abschaffen
  • Außerdem soll bei weiteren Forderungen der AfD außerhalb des Programms der Mindestlohn abgeschaffen und "Sklavenarbeit" und Dumpinglohn-Realität so wieder eingeführt werden

Deutschland muss einen strikten Konsolidierungskurs fahren“, forderte der Europaabgeordnete Lucke . Dazu gehöre auch, dass „wirtschaftsfeindliche Maßnahmen der Bundesregierung unverzüglich aufgehoben werden“. Dazu zählt der Volkswirt nicht nur den Mindestlohn und hohe Lohnnebenkosten, sondern auch die im Koalitionsvertrag vereinbarte Frauenquote. ( Handelsblatt 20.10.2014)

Hier der Link: Grundsatzprogrammentwurf

Ein paar Worte noch zu den Verantwortlichen des Grundsatzprogrammentwurfs:

Verantwortliche der Programmkommission ist Alice Weidel. Sie ist Volkswirtin, hatte in Bayreuth bei Peter Oberender studiert und wurde von ihm protegiert. Peter Oberender hatte den Studiengang „Gesundheitsökonomie“ initiiert und war ein neoliberaler Volkswirt, der für die stärkere Privatisierung des Gesundheitwesens eintrat. Bekannt wurde er für seine Aussage, dass Arbeitslose ihre inneren Organe verkaufen sollen, wenn sie in finanzieller Not seien: “Wenn jemand existenziell bedroht ist, weil er nicht genug Geld hat, um den Lebensunterhalt seiner Familie zu finanzieren, muss er meiner Meinung nach die Möglichkeit zu einem geregelten Verkauf von Organen haben.” Link Oberender gehörte zu den Erstunterzeichnern der AfD-Vorgängerorganisation Wahlalternative 2013. Alice Weidel schrieb bei Oberender ihre Dissertation “Das Rentensystem der Volksrepublik China. Reformoptionen aus ordnungstheoretischer Sicht zur Erhöhung der Risikoresistenz”. Weidel schreibt dort zum Rentensystem, dass eine Umverteilung nicht vertikal von “einer einkommnsstarken an eine einkommensschwache Bevölkerungsgruppe” erfolgen müsse, sondern auch horizontal nach “Kriterien wie Alter, Geschlecht, Familienstand, Anzahl der Kinder oder an dem Berufsstand orientiert” werden könne (S. 81). Gefragt sei mehr Eigenverantwortung. In diesem Zusammenhang empfahl sie, dass das Renteneinstiegsalter erhöht werden müsse und dass nach chilenischem Vorbild “die Versicherten einen Anlagefonds von einem privaten Vermögensverwalter auswählen müssen” (S. 202). Dieses Rentenmodell wurde unter Pinochet eingeführt.

Unter Pinochet, der 1973 in Chile putschte und sich bis 1990 an die Macht hielt, erfuhr Sven von Storch, der Ehemann von Beatrix von Storch, seine politische Sozialisation. Das Chile unter Pinochet war ein autoritärer Polizei- und Folterstaat, in dem gleichzeitig die neoliberalen Ideen von Milton Friedman und Friedrich August von Hayek radikal umgesetzt wurden. Auch Beatrix von Storch, stellv. AfD-Bundesvorsitzende, sitzt in der Programmkommission. Wie Alice Weidel ist sie Anhängerin Hayeks – und Hayek wiederum war Pinochet-Unterstützer, weil nur ein “starker Staat” eine extrem neoliberale Wirtschaftsordnung ermögliche (zur Demokratiefeindlichkeit Hayeks und der AfD). Die Hayek-Gesellschaft in Deutschland hatte sich Mitte letzen Jahres gespalten, weil einige den Rechtsruck in der Hayek-Gesellschaft, repräsentiert durch Beatrix von Storch, nicht mittragen wollten.

Es ist umstritten ob der Folter- und Polizeistaat unter Pinochet eine faschistische Diktatur gewesen ist, weil ihm der völkische Nationalismus weitgehend fehlte. Dass der völkische Nationalismus in der AfD eine wichtige Rolle spielen wird, dafür garantieren Björn Höcke, die Erfurter Resolution und die Patriotische Plattform in der AfD, für die die AfD und der durch die AfD forcierte Systemwechsel nur ein Sprungbrett für einen viel weitergehenden Systemwechsel ist.

Viel Kritik musste Petry von Kipping in der jüngsten TV-Sendung von Maybritt Illner einstecken, die zunächst die Rhetorik der AfD-Chefin anprangerte. "Sie wenden immer den gleichen Trick an: Erst etwas sagen, dann dementieren", kritisierte Kipping etwa mit Blick auf den "Schießbefehl" gegen Flüchtlinge. Zudem finde sich in den Programmen der AfD kaum ein echter Inhalt. Die Sozialpolitik etwa finde kaum statt. In Wahrheit verfolge die Partei hier einen Ansatz, bei dem Ärmere vernachlässigt würden. "Die AfD ist zutiefst unsozial", fasste Kipping ihre inhaltliche Kritik zusammen.