Interview der Woche


Gewaltspirale stoppen, zivile Akteure unterstützen

 

Die Spirale der Gewalt dreht sich auch in Syrien und Irak weiter, und die Bundesregierung mischt munter mit. Statt zivilgesellschaftliche Akteure zu unterstützen, beteiligt sie sich selektiv an der Stärkung militärischer Konfliktaustragung. Warum weder die Ausbildungsmission im Irak noch das Bundeswehrmandat für die Patriot-Raketen in der Türkei Frieden in der Region schaffen, erklären im Interview Christine Buchholz und Jan van Aken.

 

Millionen Menschen sind in Syrien und Irak auf der Flucht vor den Terrormilizen "Islamischer Staat", unzählige wurden bereits Opfer von deren brutaler Gewalt. Jetzt soll die Bundeswehr irakische und kurdische Sicherheitskräfte ausbilden, die gegen die IS-Kämpfer vorgehen sollen. Ihre Fraktion lehnt das ab. Warum?

Christine Buchholz: Es sind tatsächlich Millionen auf der Flucht, aber nicht erst seit der so genannte „Islamische Staat“ auf dem Vormarsch ist. Die größte Fluchtwelle wurde durch das syrische Regime ausgelöst, das seit 2012 wahllos Städte und Dörfer aus Luft bombardiert, die nicht mehr unter der eigenen Kontrolle sind. Die Entsendung der Bundeswehr in den Irak wird daran überhaupt nichts ändern. Aber es stellt die Bundeswehr an die Seite eines Regimes in Bagdad, das selbst Menschenrechtsverletzungen begeht. Die Regierung dort stützt sich auf radikalschiitische Milizen, die einen Krieg gegen alle Sunniten führen und nach Eroberung von Orten „ethnische Säuberungen“ durchführen. So mussten aus Dschurf al-Sakher 80.000 Zivilisten fliehen. Auch in Irakisch-Kurdistan sind Peschmerga-Generäle an der Verfolgung politischer Oppositioneller beteiligt. Die Bundeswehr darf sich nicht zum Komplizen einer solchen Politik machen.

Ist es nicht auch gefährlich, jetzt die kurdischen Peschmerga im Nordirak aufzurüsten, während die Zentralregierung in Bagdad nur abnicken darf, aber ansonsten kaum beteiligt wird? Ist das nicht ein bisschen pauschal angesichts der oft unübersichtlichen und regional ja auch recht unterschiedlichen Lage?

Jan van Aken: Es ist nicht nur zu pauschal, sondern auch höchstgefährlich. Denn die Ursachen für den Erfolg des IS im Irak liegt ja auch in der Zersplitterung des Landes: Seit dem Fall Saddam Husseins hat die sunnitische arabische Bevölkerung am meisten verloren und konnte keine Perspektiven mehr in einem irakischen Nationalstaat ausmachen. Dies hat der IS erfolgreich genutzt, hier wird der IS eben auch von der Breite der sunnitischen Bevölkerung unterstützt. Aber die Bundesregierung tut nur wenig, um diesen Zerfall des Staates aufzuhalten, im Gegenteil! Indem sie gezielt die kurdische Autonomieregierung unter Barzani unterstützt, stärkt sie wiederum einen isolierten Akteur im Land – das fördert eher die Zersplitterung des Landes. Und Barzani macht überhaupt keinen Hehl daraus, dass er die Unabhängigkeit vom Rest-Irak anstrebt. Die kommenden Konflikte sind damit bereits programmiert.

Christine Buchholz: Dieses System, Macht entlang ethnischer Linien aufzuteilen, ist ja nicht neu. Bereits die US-Armee hat es nach der Besetzung des Irak 2003 etabliert – mit den gerade skizzierten Folgen. Schiitische, sunnitische und kurdische Eliten setzen alle darauf, mit Waffengewalt mehr Gebiete unter ihre Kontrolle zu bringen, und so dreht sich die Spirale der Gewalt ohne Ende weiter. Die einzige Lösung besteht darin, die zivilen Kräfte im Land zu unterstützen.

Kann eine Ausbildungsmission gerade vor diesem Hintergrund nicht auch eine Chance sein, Demokratisierungsprozesse anzuschieben und zu unterstützen?

Christine Buchholz: Nein, die Ausbildungsmission unterstützt einzig und allein die korrupten Strukturen in Irakisch-Kurdistan und der Bagdader Regierung. Im Übrigen werden im Zuge des Irak-Mandates auch Unterstützungsleistungen für die US-geführte Luftkriegsallianz erbracht. Deren Bomben töten aber unweigerlich Zivilisten. Dies schürt immer mehr Hass, der dem IS in die Hände spielt.

Sie fordern im Zusammenhang mit dem Kampf gegen den "IS" die Aufhebung des PKK-Verbots. Was würde das bringen?

Jan van Aken:  Viele der Hauptakteure in Syrien und im Irak sind einer schrecklicher als der andere. Das Regime von Assad wird mittlerweile von einer Front aus internationalen Djihadisten und Kriminellen bekämpft. Beide gemeinsam haben den Aufstand der syrischen Zivilgesellschaft an die Wand gedrängt. Assad selbst begeht fürchterliche Kriegsverbrechen, zum Beispiel die Abwürfe von Fassbomben. Und in dieser katastrophalen Situation verbietet sich die Bundesregierung den Dialog mit den nordsyrischen Kurdinnen und Kurden, weil diese angeblich zur PKK gehören. Dabei sind die kurdischen Regionen die einzigen innerhalb Syriens, in denen verschiedene ethnische und religiöse Bevölkerungsgruppen miteinander leben, Frauenrechte geachtet und demokratische Strukturen aufgebaut werden. Die Bundesregierung folgt bei ihrem Embargo gegen das syrische Kurdistan der fatalen türkischen Syrienpolitik, die wir ablehnen. Mit der Legalisierung der PKK in Europa würde man also außenpolitisch viel gewinnen – aber auch die unerträgliche Kriminalisierung von vielen tausend Menschen in Deutschland beenden.

Die Türkei hat Vorwürfe, sie unterstütze die IS-Milizen, bislang nicht entkräften können. Der Bundestag soll dennoch das Mandat für die Stationierung von Patriot-Flugabwehrraketen in der Türkei nebst Einheiten der Bundeswehr zur Bedienung und Wartung der Waffen ebenfalls in dieser Woche verlängern. Stehen die beiden Mandate – Ausbildungsmission in Irak und Patriot-Raketen in der Türkei – in Widerspruch zu den Zielen des jeweils anderen?

Jan van Aken: Die Türkei unterstützt den IS und andere  Extremisten vor allem in Syrien, wo sie – so Erdogans Kalkül – gegen Assad und die Kurden kämpfen sollen. Im Irak ist es etwas anders, da die Kurdische Autonomieregierung unter Barzani zu einem wichtigen Partner der Türkei geworden ist. Die entscheidende Gemeinsamkeit beider Mandate ist der Wille der Bundesregierung, ganz dicht an der Seite der Türkei zu stehen und vor allem: bei internationalen Konflikten auch militärisch mit dabei zu sein. Wer die türkische Regierung vorbehaltlos unterstützt, der unterläuft den Kampf gegen den IS. Und wer Waffen und Soldaten in diese Region schickt, sagt ja zu Krieg. In diesem Sinne bleibt sich die Bundesregierung leider treu. Einen Widerspruch sehe ich da nicht.

Zurück zu den Flüchtlingen: Abgesehen von den extrem harten Lebensbedingungen in den Lagern werden viele, gerade Frauen und Kinder, dort erneut Opfer – von Gewalt organisierter Banden, aber auch von Zwangsrekrutierung, Verschleppung, Versklavung. Reicht es da, ein bisschen mehr humanitäre Hilfe zu fordern?

Christine Buchholz: Mehr humanitäre Hilfe wäre viel Wert. So leben heute noch viele der im letzten Sommer aus dem Sindschar-Gebirge geflohenen Jesiden in Lagern im Nord-Irak, ohne dass bei ihnen je internationale Hilfe angekommen wäre. Ein wichtiger Punkt wäre es auch, wenn Deutschland und die EU insgesamt einen großzügigeren Beitrag zur Aufnahme der Flüchtlinge machen würden. Am Ende werden die Folgen des Krieges aber nur dann beseitigt werden können, wenn der Krieg selbst gestoppt wird. Das kann nicht von außen geschehen, nicht durch Hilfsmaßnahmen und schon gar nicht durch militärische Interventionen. Regime wie in Bagdad oder Damaskus rufen Widerstand von unten hervor. Das gilt auch für ein Regime, wie es der IS etabliert. Auch im Irak gibt es Linke, gibt es Gewerkschaften, gibt es Menschen, die für zivile Lösungen stehen. Aber die haben es sehr schwer angesichts des eskalierenden Krieges. Unser Beitrag kann es sein, solche Initiativen zu unterstützen.

linksfraktion.de, 26. Januar 2015

Quelle: http://linksfraktion.de/interview-der-woche/gewaltspirale-stoppen-zivile-akteure-unterstuetzen/

Angeblich erste US-Kriegs-Söldner in der Ukraine in Mariupol entdeckt

In Mariupol wurden 30 Zivilisten getötet und offenbar erstmals US-Kriegs-Söldner in voller Kampfmontur gesichtet.  Russische Medien berichten entsprechend. 

Bewaffnete Männer mit englischem US- Akzent in Militäruniform sind in Mariupol unmittelbar nach dem Raketenbeschuss gesichtet und gefilmt worden. Damit werden Vermutungen verstärkt, dass ausländische private Militärfirmen wie Academi (ehemals Blackwater) in der Ukraine aktiv sind.

Mariupol: Englische Muttersprachler in Uniform nach Beschuss gefilmt
Quelle: Standbild aus Youtubevideo von Телеканал МТВ

Die Hafenstadt in der Ostukraine, noch unter der Kontrolle Kiews, wurde am Samstag schwer beschossen. Bei einem Raketenangriff auf ein Wohngebiet im Osten der Stadt wurden Berichten zufolge 30 Zivilisten getötet. Zahlreiche Videos des Tatorts zeigen die Zerstörung nach dem Angriff, für den sich lokale Milizen und ukrainische Truppen gegenseitig verantwortlich machen.

Aber unter den Videoaufnahmen von Mariupol sieht man auch bewaffnete Männer in Militäruniformen, die fließend Englisch sprechen.

Ein Video auf Youtube zeigt angeblich Rohmaterial eines lokalen Nachrichtensenders MSN (Mariupol News Service). In einer Sequenz der Aufnahmen wird ein Mann gezeigt, der zielstrebig durch das Wohngebiet an der Kamera vorbeirennt. Der Mann trägt ein Maschinengewehr und eine Kampfweste. Als die Korrespondentin ihn nach einem Kommentar fragt, verdeckt er sein Gesicht und sagt mit nordamerikanischem Akzent: „Outta my face“ – „Verschwindet, haut ab!“

 

 

Das zweite Video ist länger und zeigt scheinbar einen weiteren Mann in angeblicher Asow-Uniform, der die Gegend nach Blindgängern absucht. Der Mann hinter der Kamera ist anscheinend ein einheimischer Fremdenführer, da sein Englisch einen klaren Akzent hat. Aber die Person, die er filmt, spricht wie ein Muttersprachler, vermutlich aus Südafrika.
„Ist vielleicht explodiert, vielleicht nicht, also vor Ort sprengen,“ erläutert er dem Kameramann bei einem Explosions-Krater.

Danach schwenkt die Kamera auf ein Gebäude mit zerstörten Fenstern, dass als Nr. 42 Kindergarten in Mariupol ausgeschildert ist. Das Gebäude liegt in der Kiewer Straße, welche von mehreren Artilleriegranaten getroffen wurden war.

In der Videobeschreibung wird behauptet, die Person sei ein amerikanisches Mitglied des Asow-Freiwilligen-Bataillons, aber bringt keinerlei Beweise dafür. Auf der Uniform ist ein runder blau-gelber Aufnäher auf der Schulter, aber die Details sind unklar, wie das Gesicht des Mannes.

 

 

Die Teilnahme ausländischer Freiwilliger in den ukrainischen Freiwilligenbataillionen ist kein Geheimnis. Früheren Medienberichten zufolge haben die meisten von ihnen einen rechtsradikalen Hintergrund.

Dennoch bleiben die Gerüchte, dass private Militärfirmen (Private Military Contractors -PMCs) wie die berüchtigten Blackwater (jetzt Academi) in der Ukraine tätig sind, ohne direkte Beweise. Eine solche Präsenz würde auf ein eine größere militärische Unterstützung für die ukrainische Regierung durch ihre ausländischen Geldgeber hindeuten, berichtet RT.

Die ukrainische Armee stellt nach Ansicht von Russlands Präsident Wladimir Putin eine Nato-Legion dar, die keine nationalen Interessen der Ukraine verfolgt, sondern das geopolitische Ziel anstrebt, Russland einzudämmen.
„Wir sprechen oft von einer ukrainischen Armee. Zum Teil sind es wirklich offizielle Einheiten der Streitkräfte, zu einem bedeutenden Anteil sind es aber sogenannte ‚nationalistische Freiwilligen-Bataillone‘“, sagte Putin am Montag bei einem Treffen mit Studenten der „Gorny“-Bergbauuniversität in Sankt Petersburg.
Im Grunde genommen, ist dies bereits keine Armee, sondern eine ausländische Legion, in dem Fall eine ausländische Nato-Legion, die natürlich nicht die nationalen Interessen der Ukraine verfolgt“, so der russische Präsident. Diese geopolitischen Ziele „stimmen mit den nationalen Interessen des ukrainischen Volkes absolut nicht überein“.

 

Kiew weigere sich, den Weg einer friedlichen Beilegung des Konflikts im Donbass zu gehen, und habe die Friedenspause für eine Umgruppierung seiner Kräfte genutzt, fügte der Präsident hinzu.

„Tausende Menschen sind ums Leben gekommen. Das ist natürlich eine reale Tragödie“, betonte er. Im Grunde genommen stellen diese tragischen Ereignisse „einen Bürgerkrieg dar“. „Viele in der Ukraine begreifen das aus meiner Sicht bereits sehr gut“, so Putin.( Sputnik) .

 

36,5 % : Linkspartei Syriza steht vor Wahlsieg in Griechenland 

Wutbürger wählen Sparkurs in Europa ab. Ein neuer "Europäischer Frühling" wurde in Griechanland gestartet. Er kann womöglich auf ganz Europa ausstrahlen.

Die Austeritätspolitik der EU ist in Griechenland abgewählt  worden . An Sparauflagen und Lohn- sowie Rentensenkungen gebundene Hilfs-Kredite der Troika  will die griechische Bevölkerung nicht mehr mittragen. Dieser Kurs der Drangsalierung  und Auspressung der einfachen Bürger wurde abgewählt.  

Die linke KKE also KP kam zudem  auf ca. 6 % und sie ist womöglich sogar stärker als die sozialdemokratische Pasok. 

Die links-sozialistische Linkspartei Syriza unter ihrem Vorsitzenden Alexis Tsipras hat die Parlamentswahl in Griechenland nach ersten Prognosen aber gewonnen. Wie Befragungen der Wähler nach ihrer Stimmabgabe ergaben, wird die Partei zwischen 36,5 Prozent der Stimmen auf sich vereinen, die konservative Partei Nea Dimokratia (ND) von Ministerpräsident Antonis Samaras dürfte auf 23 bis 27 Prozent kommen.

Im Rennen um den dritten Platz lagen die proeuropäische Partei der politischen Mitte, To Potami (Der Fluss) und die rechtsradikale bzw. faschistische Goldene Morgenröte offenbar gleichauf. Sie kommen in den Prognosen jeweils auf 6,4 bis 8 Prozent. Die bisher mitregierenden Sozialisten bzw. neoliberale Sozialdemokraten  dürften abgeschlagen bei 4,2 bis 5,2 Prozent landen. Die KKE könnte ca. 6 % erreichen.

Tsipras will das Sparprogramm streichen und bei den internationalen Gläubigern einen Schuldenerlass durchsetzen. Sollte es dabei zu keiner Einigung kommen, könnte Griechenland im äußersten Fall gezwungen werden, aus der Eurozone auszutreten.  Es soll deutlich höhere Löhne und Renten und somit eine gestiegene Massenkaufkraft schaffen. Insbesondere die reichen Kapital-Oligarchen sollen durch Steuererhöhungen zur Kasse gebeten werden.  "Heute entscheidet das griechische Volk, ob die radikale und harte Sparpolitik fortgesetzt wird oder ob das Land einen Neuanfang startet, damit die Menschen in Würde leben können", sagte Tsipras nach seiner eigenen Stimmabgabe in Athen.

Da die EU, der Internationale Währungsfonds (IWF) und die Europäische Zentralbank (EZB) einen Schuldenerlass aber ablehnen, droht das Ende der Hilfszahlungen und damit theoretisch der Staatsbankrott. Insgesamt hat der griechische Staat mehr als 320 Milliarden Euro Schulden angehäuft.

Die von der Troika und der Bundesregierung verschriebene Politik des wirtschaftlichen Raubbaus und sozialen Kahlschlags wurde abgewählt. Angela Merkels Strategie der Einmischung in die demokratische Willensbildung der griechischen Bevölkerung - mehr oder weniger verdeckte Drohgebährden und Warnungen vor einem Wahlsieg Syrizas - ist nicht aufgegangen.

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Das griechische Wahlrecht belohnt die stärkste Partei mit einem Bonus von 50 Extra-Sitzen der insgesamt  300 Mandate des griechischen Parlamentes.  Ob die Partei um Tsipras die absolute Mehrheit bekommt, steht aber trotzdem noch nicht fest.

Sollte sie diese verfehlen, müsste Tsipras sich  einen Koalitionspartner suchen. Dafür käme am ehesten die erst im vergangenen Jahr gegründete To-Potami-Partei infrage. Sie ist eine dezidiert proeuropäische Partei der neoliberalen Mitte - sie gilt als eher liberal und sozialdemokratisch.  Wäre Tsipras auf die Unterstützung der Neoliberalen angewiesen, müsste er seine radikalen Forderungen wohl deutlich abschwächen opder gar unkenntlich machen - Er könnte aber auch mit der kommunistischen KKE ein echtes Linksbündnis schmieden und die Neoliberalen draussen halten. Das wäre zu begrüßen.

Die 36,5 Prozent reichen aber allenfalls nur knapp für die absolute Mehrheit im Parlament: Abhängig davon, wie viele Prozent auf die an der Dreiprozenthürde scheiternden Parteien entfallen, kann die Linkspartei mit 149 bis 152 Sitzen im 300köpfigen Parlament rechnen.

Fest stand deshalb somit bereits am Sonntag abend, dass sich SYRIZA wahrscheinlich nach Partnern umsehen muss, wenn die Partei ihre Politik langfristig umsetzen können will.

Willfährige Partnerinnen zur Rechten haben sich bereits angedient: Sowohl der schillernde, auf linke wie rechte ideologische Versatzstücke zurückgreifende »Fluss« des Starjournalisten Stavros Theodorakis, als auch die rechtspopulistischen »Unabhängigen Griechen« von Panos Kammenos haben bereits ihre Bereitschaft zur Koalition »unter Bedingungen« angeboten. Auch die auf den sechsten Platz von sieben im Parlament vertretenen Parteien zurück gefallene PASOK von Evangelos Venizelos würde sich gerne als »Garant für den europäischen Weg« in der Regierungsverantwortung sehen.

Doch weder mit den trüben Wassern des »Flusses« noch mit den nationalistischen »Unabhängigen Griechen« oder den neoliberal gewendeten Sozialdemokraten der PASOK wird SYRIZA einen grundlegenden politischen Wechsel vollbringen können. Der ginge nur mit der Unterstützung der Kommunistischen Partei Griechenlands (KKE), die eine Zusammenarbeit mit den »neuen Systemverwaltern« jedoch kategorisch ausgeschlossen hat. Lediglich »für den unwahrscheinlichen Fall, dass SYRIZA eine volksfreundliche Regelung ins Parlament einbringt«, können sich die Kommunisten vorstellen, Initiativen von SYRIZA mitzutragen. Genau solche sind jetzt von dieser gefordert, wenn die Partei ihr zentrales Versprechen einer Hoffnung für Griechenland nicht brechen will. Die KKE dagegen ist aufgefordert, ihrerseits solche Vorlagen auch wirklich zu unterstützen und nicht mit nur unter Bedingungen einer Weltrevolution erfüllbaren Ansprüchen abzuschmettern.(jw).

 

 

 

Gewaltausbrüche: Nur 17 000 statt zuletzt 25 000: Krawall-Pegida bricht ein 

Das ist angesichts des Medienhyps eine krasse Niederlage für die Rechtspopulisten und für die Rassisten - Rechte Schläger in Aktion 

Teilnehmer einer Veranstaltung der Pegida demonstrieren am 25.01.2015 in Dresden (Sachsen). dpa

Während gestern ca 15 000 Anti-Pegida-Demonstranten erstmals unter dem Namen Pegada gegen Rassismus und Pegida in Erfurt auf die Straße gegangen waren, mobilisieren in Dresden heute erstmals wieder Pegida-Rechtspopulisten und zwar diesmal zu einer sonntäglichen statt montäglichen Demo.

In der letzten Woche war die Demo verboten worden und der Kopf der Bewegung namens Lutz Bachman hat inzwischen das Handtuch geworfen. Er war in Hitler-Pose auf Facebook geoutet worden.

Systemmedien haben diese Pegada-Gegendemo weitgehend verschwiegen. Aber auch hier waren gestern 15 000 Anti-Pegida-Demonstranten registriert worden. 

Morgen werden wieder Anti-Pegida Demonstranten in Dresden erwartet. Es wird beispielsweise der Sänger Herbert Grönemeyer auftreten. Die Veranstaltung könnte durchaus größer werden als die heutige. 

Aber die heutige Pegida-Bewegung in Dresden hat nicht nur mit Gewaltausbrüchen rechter Schläger zu tun, sondern auch mit einem Einbruch der Teilnehmerzahl  von zuletzt 25 000 auf ca. 17 000 Teilnehmer. Über 5000 Gegendemonstranten machten schon heute mobil. Morgen wird die eigentliche Anti-Pegida-Veranstaltung in Dresden starten. In Leipzig hatten vor zwei Wochen gleichzeitig 30 000 Anti-Legida-Demonstranten teilgenommen.

In der Letzten Woche waren die  Teilnehmer der Anti-Pegida- Demonstrationen der Anzahl der Pegida- Fans bundesweit überall in der Mehrheit.

Demonstrationen für und gegen Pegida am Sonntag in Dresden 

Im Vorfeld der Demonstrationen kam es laut Polizei zu einer Auseinandersetzung an der Augustusbrücke. In diesem Zusammenhang werde wegen Körperverletzung ermittelt. Darüber hinaus wurden Ermittlungsverfahren wegen Widerstandes gegen Polizeibeamte sowie des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen eingeleitet. Keine Erkenntnisse gibt es zu dem angegriffenen Fotografen. Insgesamt waren 1.558 Polizisten im Einsatz.  

Grund der Verlegung dürfte ein Konzert sein, zu dem am Montag zahlreiche Künstler vor der Frauenkirche auftreten  und damit gegen die Bewegung mobil machen. Bei einer von dem Verein "Dresden – Place to be!" initiierten Großkundgebung "Offen und bunt – Dresden für alle" singen unter anderem Herbert Grönemeyer, Jan-Josef Liefers, Silly, Keimzeit und Jeanette Biedermann.

Die Künstler verzichten nach Angaben der Veranstalter auf Gage. Für die Deckung der Technik- und anderer Kosten sammelt der Verein Spenden. 

Statt Reden von Politikern sind kurze Statements geplant. "Wir hoffen auf ein tausendfaches Bekenntnis für Weltoffenheit und Toleranz", sagte Mitinitiator Gerhard Ehninger.   

 

 

Demokratie als neues Modell für die EU?


ein Kommentar von Ralph T. Niemeyer


Viel ist heute von dem Sieg der Demokratie die Rede, besonders in linken Kreisen wird der erwartete Erfolg von Syriza bei den Parlamentswahlen in Griechenland heute als Beweis dafür gesehen, daß man also doch ohne Volksaufstand und blutige Auseinandersetzungen den für die Eurokrise verantwortlichen Investmentbanken Goldman Sachs, Nathan Meyer Rothschild, HSBC, UBS, Lazard Freres SAS, Deutsche Bank AG und anderen Paroli bieten kann, ganz demokratisch mithilfe von Wahlen.


Natürlich gibt man sich in Brüssel, Frankfurt, Berlin und Washington erschüttert und nennt Alexis Tsipras den "gefährlichsten Mann Europas", gleichwohl man sich längst auf ihn und sein Regierungsprogramm eingestellt hat und in ihm vielleicht sogar die Oligarchen einen Stabilisierer sehen, der zwar harsche Steuergesetze und eine gerechte Umverteilung von Oben nach Unten ankündigt aber nicht den Kapitalismus an sich abschaffen wird. Wenn diese Gefahr bestünde, dann hätte es vermutlich diese freie Wahl gar nicht mehr gegeben und stattdessen einen rechten Militärputsch. Mit diesem Damoklesschwert wird die neue Regierung vermutlich ständig leben müssen.


Psychologisch ist der Syriza-Erfolg in jedem Fall ein Sieg über korrupte Herrschaftsstrukturen, der weit über Griechenland hinausstrahlt und auch Linken in anderen Krisenstaaten und sogar in Deutschland macht nach dem Motto: schafft er es in Athen, schaffen wir es in Lissabon, Dublin, Madrid, Berlin.


Als ich in der Finanzkrise vor 13 Jahren in Argentinien innerhalb von zwei Wochen 5 Staatspräsidenten in der Casa Rosada interviewt habe, weil alle vor dem IWF-Diktat einknickten, bis Eduardo Duhalde dann als Übergangspräsident einen Schuldenschnitt vorbereitete, den dann der neugewählte (inzwischen verstorbene) Präsident Nestor Kirchner umsetzte, und an dem seine Amtsnachfolgerin und Ehefrau noch immer mit den Geierfonds in New York und London zu knabbern hat, war mir der Gedanke gekommen, nachzuforschen, wo diese Schulden eigentlich ihren Ursprung hatten.


Der Taxifahrer, der mich aus Buenos Aires nach Pinar del Mar an den Atlantik zur Ferienresidenz des Präsidenten fuhr kämpfte wie heute viele Menschen in Griechenland um das nackte Überleben und meinte, Präsident Duhalde könne und müsse es richten, er hätte doch die Macht. Ich nahm den übernächtigten Taxifahrer mit ins Haus des Präsidenten, wo ihm ein Kaffee gereicht wurde, während ich das Interview führte. Ich fragte Eduardo Duhalde, wieviel Macht er habe und als er mit den Achseln zuckte und meinte die Macht eines Präsidenten sei sehr gering fiel meinem Taxifahrer die Tasse aus der Hand.

Argentinien's Präsident Eduardo Duhalde (Mitte) im Februar 2003 in Pinar/Mar 


Woher zum Teufel kommen die Schulden, fragte ich mich und so interviewte ich den ersten nach dem Faschismus 19830 frei gewählten Präsidenten Raul Alfonsin, einen Sozialdemokraten und Freund Willy Brandt's. Auf meine Frage, warum er nicht damals das gleiche gemacht habe, was nun Duhalde und Kirchner täten, hatte er feuchte Augen und meinte, daß er ja liebend gerne einen Schuldenschnitt verfügt hätte, aber daß dann am nächsten Morgen das Militär zurückgekommen wäre. Klar: die faschistische Nomenklatura hat vor Abgabe der Macht noch mal so richtig hingelangt und Staatsschulden gedruckt und sich zur Pensionierung mitgenommen.


In Griechenland ist es freilich etwas anders, aber die Option Militärputsch schwingt auch dort immer mit, wie die jüngere Geschichte des Landes im 20. Jahrhundert zeigt. Alexis Tsipras hat man einen Film aus einer Perspektive gezeigt, aus der wir alle, die ihn in Zukunft kritisieren werden, nicht sehen können.  

Und auch in Südafrika war der Übergang von Apartheid zu Demokratie keineswegs so glatt, wie man oft glauben will. Die weiße Oberschicht hat sich in die mit dem ANC ausgehandelte  Verfassung schreiben lassen, daß die Mienen und das Eigentum, sowie die Kontrolle der Zentralbank weitestgehend unangetastet bleiben.

Dem Kommunisten Nelson Mandela tat dies in der Seele weh, weiß ich aus zwei Interviews, die ich mit ihm 1994 geführt habe. Geführt wurden damals die Verhandlungen durch den späteren Präsidenten Thabo Mbeki, einem wirtschaftsliberalen, der schließlich mit Schimpf und Schande fortgejagt wurde.

 

Im Januar 2013 lernte ich Alexis Tsipras auf einer Zugfahrt von Hannover nach Berlin etwas näher kennen. Auch sein Chef-Berater, der sozialdemokratisch geprägte Ökonom Giannis Milios war anwesend und natürlich sagten beide, daß man ja eigentlich den Kapitalismus überwinden wolle, aber daß das eben kein Spaziergang sei.

Eine parlamentarische Mehrheit reiche nicht, selbst die Unterstützung breiter Volksmassen würde nicht das Ende des Kapitalismus in Griechenland erzwingen können, ohne daß es zu Gewalt komme. Diese Einschätzung trifft sicher zu, weshalb man die Erwartungen nicht zu hoch schrauben sollte.

Am nächsten Tag traf die Syriza-Delegation Bundesfinanzminister Schäuble. Als ich danach Alexis Tsipras fragte, was er ihm gesagt habe, antwortete er, daß er vor Faschismus gewarnt habe. Es ist nicht überliefert, ob Schäuble den Kern der Aussage voll erfasst hat, aber vermutlich hat auch er erkannt, daß man besser sich mit einer Syriza-Regierung arrangiert.     

Es wäre mitunter hilfreich, wenn unsere Politiker nicht nur die politische, gesellschaftliche und militärische Historie studieren würden, sondern auch die finanzielle Geschichte der vergangenen drei Jahrhunderte. Immerhin gab es bislang ca. 250 Staatsschuldenkrisen mit entsprechenden Schuldenschnitten oder sogar Anullierungen. Vor 1800 konnte Spanien 6 Mal seine Auslandsschulden nicht begleichen und im 19. Jahrhundert sieben Mal nicht.  

 

Auch die USA sind 1971 mit der Aufhebung des Goldstandards ihrem eigenen Bankrott zuvorgekommen, sehr zum Verdruß von Präsident de Gaulle, der zuvor die Rückzahlung in Gold eingefordert hatte.  Auch jetzt sind die USA mit 108% bezogen auf das BIP überschuldet, Japan mit 238%, während sogar Deutschland mit 76% die selbst aufgestellte Maastricht-Regel von 60% Schuldenobergrenze verletzt. Interessant übrigens in diesem Zusammenhang ist die Tatsache, daß die russischen Staatsschulden gerade mal 19% betragen und zudem Rußland 430 Milliarden Dollar als Reserven hält und gemeinsam mit China die USA an der Gurgel packen könnte. Das gegenwärtige Sanktionsgerassel erhält damit eine völlig andere Bedeutung.

 

Wenn  man genauer recherchiert, gelangt man zu der Erkenntnis, daß auch die Schulden der EU-Mitgliedsstaaten von über 9,6 Billionen Euro, die sich in den vergangenen 15 Jahren vervierfacht haben, überwiegend von institutionellen Anlegern und laut einer Studie von Merril Lynch aus dem Jahre 2009 zu fast der Hälfte von reichen Privatiers, die ca. 4,5 Billionen Euro in der Schweiz eingelagert haben, gehalten werden.

Wieviel von dem Geld ehrlich erwirtschaftet und versteuert wurde, ist nicht bekannt. Jedenfalls würde ein Schuldenschnitt nicht die Falschen treffen und nicht Kleinsparer oder gar Oma's Häuschen.
 

Auch das immer wieder von konservativen erzählte Märchen, daß die Staatsquote zu hoch sei und sozialdemokratische Regierungen mit einem ausufernden Sozialstaat die Überschuldung herbeigeführt hätten, ist schlichtweg erlogen. Weder in Griechenland, noch in Irland, Spanien, Portugal oder Frankreich und Deutschland ist der Sozialetat in den letzten Jahrzehnten gewachsen, sondern im Gegenteil verhältnismäßig am BIP und im Vergleich zur Produktivitätssteigerung geschrumpft, auch weil immer mehr Menschen dazu gezwungen wurden sich ein kleiner werdendes Kuchenstück zu teilen.

Es ist also mitnichten der klassische Keynesianismus, der für die Explosion der Staatsschulden während konservativer Regierungszeiten verantwortlich wäre, sondern eine staatlich verordnete Umverteilung mithilfe künstlicher Staatsschulden, die Investmentbanken und reiche Oberschicht halten. Also ähnlich wie in Argentinien.  


In Griechenland war exemplarisch zu beobachten, wie brutal die internationale Finanzmafia in Tateinheit mit korrupten Politikern vorging.  Die Handelsdefizite Griechenlands wurden zugunsten der deutschen Exportindustrie aufgebläht, durch griechische Staatsanleihen finanziert und von Investmentbanken wie Goldman Sachs, Nathan Meyer Rotschild, HSBC, Deutscher Bank AG, Lazard Fréres, Alpha Bank A.E. und UBS in High Yield Trading Programme (HYTP) mit exorbitanten Renditen von 140% pro Jahr eingeflochten.

So genannte Credit Default Swaps (CDS), eine Spezialität der Deutschen Bank London, "sicherten" die Blase ab.  Als dann die Blase zu platzen drohte wurden IWF, Eurogruppe und EZB zur Hilfe gerufen. Seit Beginn der "Rettungsmaßnahmen" haben sich die griechischen Staatsschulden verdoppelt. Die "Rettungspakete" wurden derweil als 'unzustellbar'  zurück an den Absender geschickt und nicht etwa in Athen, sondern in Paris, Zürich, Frankfurt, London und New York ausgepackt.


Als "Berater" der griechischen Regierung (seinerzeit Papandreou) wurden dann wieder diejenigen Banken mit der Insolvenzverwaltung beauftragt, die den Schlamassel angerichtet hatten und die natürlich über Kunden verfügten, die sich ob der Privatisierung der Filetstücke der griechischen Wirtschaft schon die Finger schleckten. Der weltgrößte Hedgefond "BlackRock" diktierte fortan die Konditionen (siehe Link zum ARD-Bericht unten).

Als ich vor genau einem Jahr Premierminister Samaras damit konfrontierte (siehe Link unten), stritt dieser natürlich ab, davon auch nur etwas zu ahnen.
Besonders erschütternd ist die Tatsache, daß der Hauptgrund für die griechischen Handelsdefizite nicht etwa privater Konsum ist. Nein, es wurden hauptsächlich Waffen gekauft, ausgerechnet von Deutschland, welches unter der Rot-Grünen Bundesregierung seinen Waffenexport verdoppelt hat. Hauptabnehmer: Griechenland.

Alexis Tsipras ist sich dieser Tatsache bewußt und wird ähnlich wie der argentinische Präsident denken, daß seine Macht recht begrenzt ist. Umgekehrt, werden die erwähnten Bankinstitute sicherlich nicht unter einem Schuldenschnitt leiden, denn diese haben schon vor Jahren damit begonnen, die gehaltenen griechischen Anleihen auf eine andere Müllhalde umzuschichten: die EZB.

Schätzungen gehen davon aus, daß ein 50%iger Schuldenschnitt den deutschen Steuerzahler 14 Milliarden Euro kosten dürfte, wohingegen deutsche Versicherungskonzerne und Spekulanten mit 6 Milliarden Verlust rechnen müßten. Verkraftbar angesichts der Gewinne und der Aussicht, daß durch den Sieg der Syriza heute Abend das kapitalistische Wirtschaftsmodell an sich nicht in Frage gestellt wird.


Als vor 25 Jahren der Sozialismus kollabierte akzeptierten die untergehenden Machtstrukturen, daß ihnen die Bedingungen für die Niederlage diktiert wurden. Die Absurdität des untergehenden kapitalistischen Systems liegt sicher auch darin begründet, daß seine Protagonisten ihren Rettern die Konditionen für die Rettung ihres Systems diktieren.