Legida floppt in Leipzig: 1500 statt 20 000 

Mehr Polizisten als Demonstranten - 17 Verhaftungen 

Festnahme am Freitagnachmittag auf dem Augustusplatz.

Angemeldet waren bis zu 20.000 Teilnehmer. Aber die islamfeindliche „Legida“ konnte nur ein Bruchteil davon auf die Straße bringen.

 

Die Zahl der Gegendemonstranten lag nach Angaben der Stadt bei schätzungsweise 5000. Die Polizei war nach eigenen Angaben mit 2000 Beamten im Einsatz.

Legida-Gegner versuchten unter anderem, Polizeiabsperrungen zu durchbrechen.

Mehrere Initiativen hatten zu Protesten und Mahnwachen gegen die islamkritische Bewegung aufgerufen, die zum dritten Mal in Leipzig demonstrierte.

Beim Legida-Aufmarsch in der vergangenen Woche war es zu Zusammenstößen zwischen Anhängern der Anti-Islam-Bewegung und Gegendemonstranten gekommen. Zudem wurde von zahlreichen Angriffen von Legida-Demonstranten auf Journalisten berichtet. Der Leipziger Ableger gilt als deutlich radikaler als die Dresdner Pegida-Bewegung. Es gibt in Leipzig zugleich eine starke linksautonome und antifaschistische Szene.

Vergangene Woche hatte die Polizei die Zahl der Legida-Demonstranten auf 15.000 geschätzt, was aber Beobacher der Universität Leipzig anzweifelten; die Wissenschaftler gingen von maximal 5000 Teilnehmern aus - andere realistuischere angaben sprachen von 1500 Teiolnehmern . Die Bewegung wird medial aufgeblasen 

Zudem kam es in der Stadt zu Farbbeutelwürfen und einzelnen Rangeleien mit der Polizei. Ein Beamter erlitt Verletzungen, wie die Polizei am frühen Samstagmorgen mitteilte. 17 Menschen kamen ins Gefängnis.

Wie in der Vorwoche verübten Unbekannte Brandanschläge auf die Deutsche Bahn. Am Nachmittag brannte es an der Strecke Leipzig-Meißen, später auch in der Nähe eines S-Bahn-Haltepunktes. Der Zugverkehr war massiv gestört.

Bei Pegida in Dresden hatte sich zuletzt fast der komplette Vorstand zurückgezogen. Es kambereits ur Spaltung der Bewegung in zwei Gruppen. Die bisherige  Sprecherin Kathrin Oertel will ein neues Bündnis unter anderem Namen gründen.

 

Zur letzten Pegida-Kundgebung am vergangenen Sonntag waren erstmals weniger Menschen erschienen. Laut Polizei kamen 17 300 Anhänger. Zwei Wochen davor hatte die islamkritische Bewegung noch 25 000 Menschen auf die Straße gebracht.

Zehntausende in Madrid beim Podemos-Linkspartei-Marsch für radikalen Wandel 

Die sozialistische Revolution in Griechenland scheint auch auf andere Bewegungen in Europa auszustrahlen.

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Zehntausende Anhänger der spanischen Linkspartei Podemos sind in Madrid aus Protest gegen die Sparpolitik auf die Straße gegangen. » yes we can «, riefen die Demonstranten bei dem »Marsch für radikalen Wandel « im Zentrum der spanischen Hauptstadt.

Die erst vor einem Jahr gegründete linkspopulistische Partei will bei der Parlamentswahl im November den Erfolg von Syriza in Griechenland kopieren und die Regierungsmacht erobern.

Der Politikprofessor Iglesias ist der Generalsekretär von Podemos, der gerade mal ein Jahr alten Linkspartei, die seit kurzem Spaniens politische Landschaft umpflügt. Wenn im Herbst dieses Jahres gewählt wird, will es Podemos Syriza nachmachen und möglichst auch die absolute die Macht im Lande übernehmen.

Aus der Sicht von Iglesias ist Syriza-Chef Alexis Tsipras ein Bruder im Geiste. Die beiden verstehen sich, das konnte man in den vergangenen Monaten sowohl in Madrid als auch in Athen beobachten, wo sich die beiden Arm in Arm von ihren jubelnden Anhängern hochleben ließen.

„Mit Tsipras wird ein normaler Mensch, ein Mann aus dem Volk die Regierung in Griechenland übernehmen“, sagte Iglesias im Wahlkampf. Das ist ein zentrales Element seines politischen Diskurses: Hier wie dort seien die einfachen Leute dabei, die politische Kaste der traditionellen Politiker und die neoliberalen Blockparteien von ihren Fleischtöpfen zu vertreiben. Und die einfachen Leute jenseits der etablierten politischen Klasse verkörpert in Spanien Podemos.

Der Diskurs kommt bei den Spaniern an. „Die Unterschiede zwischen Griechenland und Spanien sind enorm“, weiß auch Iglesias. Doch es gibt ein paar Gemeinsamkeiten: Massenarbeitslosigkeit, Verarmung, Abbau und Kastration des Sozialstaates und neoliberalen Privatisierungswahn. Der Kampf gegen Merkel geprägten EU- und US - Imperialismus und für nationale Selbstbestimmung und ökonomische Unabhängigkeit gehört auch dazu. 

Slogans wie »Allgemeines Grundeinkommen« und »'Ticktack, Ticktack, die Stunde der Veränderung ist da« prägten das Bild, schreibt das ND. 

 

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Igezias (Podemos) und Tsipras (Syriza)  

Spardiktate der Troika werden strikt abgelehnt.

Nach Informationen der  Podemos- Bewegung  wurden 260 Busse gemietet, um die Anhänger aus dem ganzen Land nach Madrid zu bringen. Hunderte Einwohner meldeten sich, um Demonstranten für die Nacht zu beherbergen. Podemos-Führer Pablo Iglesias tritt für einen drastischen Kurswechsel in der spanischen Politik ein. Während des Wahlkampfs in Griechenland unterstützte der 36-jährige Dozent für Politikwissenschaften den griechischen SYRIZA-Vorsitzenden Alexis Tsipras.

Pablo Iglesias, Chef der spanischen Linkspartei Podemos, war vor der Wahl in Gtriechenland zur Unterstützung war aus Spanien angereist. An die griechischen Wähler gewandt sagte er: “Der Wind des demokratischen Wandels bläst in Europa. Vereint für den Sieg, Syriza Podemos, wir werden gewinnen.”

Zwar hat Spanien die Rezession überwunden und die Wirtschaft ist laut vorläufigen Daten vom Freitag im vergangenen Jahr um 1,4 Prozent gewachsen, doch ist noch immer fast jeder Vierte arbeitslos. Das Wachstum kommt praktisch nur den Kapital-Oligarchen im Lande zu Gute. Besonders unter der Jugend hat die Arbeitslosigkeit dramatische Ausmaße. Die Löhne sind während der jahrelangen Krise zurückgegangen, während die Zahl der Angestellten mit gering bezahlten befristeten Verträgen stark gestiegen ist.

 

Podemos war im Januar 2014 aus dem Protest der »Indignados« (Empörten) hervorgegangen und hat sich erst Mitte November formell als Partei gegründet. 

 Bei der Europawahl im Mai stimmten bereits 1,2 Millionen Spanier für die Partei, die fünf Mandate im Europaparlament eroberte.

 

Inzwischen liegt Podemos in einigen Umfragen für die Parlamentswahl im November vor der regierenden konservativen Volkspartei von Ministerpräsident Mariano Rajoy und der oppositionellen Sozialistischen Partei in Führung. Rajoy warnte die Spanier eindringlich davor, »russisches Roulette« zu spielen, indem sie für Podemos stimmten, das ihnen »die Sterne vom Himmel verspricht«, seine Versprechen aber nicht halten könne. AFP/nd

 

 

Diether Dehm (Linke MdB) merkt an, dass Syriza in wenigen Tagen erfolgreicher ist als Rot-Grün seinerzeit in der gesamten Regierungszeit 

Lob für Dimitroffs Faschismustheorie 

Interview mit Diether Dehm in junge Welt vom 31. Januar 2015:

Griechenland hat eine linke Regierung - der Syriza-Koalitionspartner Anel gilt allerdings als »rechtspopulistisch«. Hat Ihre »Europäische Linke« damit kein Problem?

Ein lösbares, solange Syriza den humanistischen Ton angibt. Die haben jetzt schon mehr geschafft als SPD und Grüne hierzulande: volle Staatsbürgerschaft für alle Migranten, die im Land geboren sind! Entwaffnung der Polizei bei Demos und Sportevents. Humanisierung des Strafvollzugs. Verschärfter Kampf gegen Faschisten. Daran ist doch nichts rechts!

 

Wie bewerten Sie die ersten Maßnahmen des neuen Kabinetts?

Hervorragend. Auch Sanktionen gegen Russland kriegen nun mehr Widerstand. Und: NATO-Einsätze brauchen ja Einstimmigkeit. Darum heizen jetzt Konzernmedien und Geheimdienste für Neuwahlen ein. Die Koalition mit Anel soll deren Brecheisen gegen unsere Solidarität werden. Also: aufgepasst!

 

Was hat die »Europäische Linke« kürzlich in Athen zum 70. Jahrestag der Befreiung vom Faschismus gefordert?

Zum Beispiel die Entschädigung Griechenlands für die NS-Zwangsanleihen. Außerdem die Suche nach vergessenen KZ in Europa. Und Aufklärung! Die Propagandamaschine des Kapitals wird doch zum 8. Mai trommeln, Faschismus sei nur die Diktatur der Israel-Hasser, Homophoben und Stammtische. Dagegen sagt unser EL-Beschluss: »Faschismus hatte in Europa verschiedene Gesichter. Aber jeder Faschismus suchte Arbeiterorganisationen brutalst zu zerschlagen.«

António de Oliveira Salazar zum Beispiel, der faschistische Diktator von Portugal, hielt sein Land aus Hitlers Weltkrieg heraus. Der Italiener Benito Mussolini war bis 1943 wenig antisemitisch. Aber alle faschistischen Regimes waren antikommunistisch und gewerkschaftsfeindlich. Und wir dürfen nie zulassen, dass sich das Finanzkapital vom Faschismus freisprechen lässt.

 

Der EL-Beschluss erinnert an die Faschismusdefinition von Georgi Dimitroff aus dem Jahre 1935 ...

Ich werbe sehr für seine Definition, wonach Faschismus an der Staatsmacht die terroristischste Diktatur jener Teile des Finanzkapitals ist, die am meisten imperialistisch sind. Das war die Basis für diese Barbarei und hat auch Hausnummern: Harzburger Front, Krupp, Daimler, Deutsche Bank.

 

Die EL hatte zum 11. Januar zu einer Feierstunde in die Berliner Volksbühne eingeladen. Auf dem Plakat war ursprünglich von »kapitalistischer Barbarei« die Rede – das Attribut »kapitalistisch« wurde dann aber gestrichen. Warum?

Die EL organisiert dieses Treffen seit fünf Jahren gemeinsam mit dem Vorstand der Partei Die Linke. Da wurde wohl das Missverständnis befürchtet, Kapitalismus und Faschismus seien voll deckungsgleich. Aber Dimitroffs Hauptangriff auf eine Kapitalfraktion erschließt ja gerade neue Bündnispotentiale zur Verteidigung auch der bürgerlichen Demokratie, selbst gemeinsam mit nichtimperialistischen Unternehmern.

 

Wikipedia nennt Dimitroff einen »Verschwörungstheoretiker«.

Dieser Eintrag stammt von Cohn-Bendits Frankfurter Kumpel Gerd Koenen. Außerdem: Wikipedia wird ja auch technisch geschickt von der Adenauer-Stiftung und vom BND zur Desinformation genutzt. Bislang vor allem in Sachen Stasi und Antisemitismus. Und 2015 vermehrt gegen den roten Kern des Antifaschismus.

 

Und so etwas hat Einfluss auf Ihre Partei?

Ich hoffe, dass die Neigung zurückgeht, vor Shitstorms und Medienkampagnen einzuknicken, Antifaschismus müsse »antideutsch« sein. Das Finanzkapital hat immer seltener »völkisch«, sondern zunehmend supranational agiert. Um den Stammtisch und Rechtspopulisten muss durchaus gerungen werden. Die Linke braucht dazu schärfere, populäre Kritik an den USA und an einer EU der deutschen Konzerne. Aber Nazis gehören schlicht verboten.

Die Herrschenden haben Linke oft in Gemäßigte und Radikale gespalten. Wann spalten wir Demokraten endlich die Rechten? In solche, die vielleicht nur verschrobene Ansichten zur Heimat haben, gepaart mit Abstiegsängsten. Und Nazikader, die für Auschwitz stehen. 70 Jahre nach der Befreiung geht es um mehr Arbeitereinheit und um breitere Bündnisarbeit mit »prekarisierten«, aber auch mit bürgerlichen Milieus gegen Krieg und Faschismus.

Griechische Regierung beendet Zusammenarbeit mit EU und Troika

Griechenland arbeitet ab sofort nicht mehr mit der Troika zusammen. Die Sparauflagen der Geldgeber sind für das Land unerträglich geworden. Zudem landete das Land in der Regel bei den zumeist ausländischen Großbanken und deren Eigentümer und Gläubigern in Griechenland und nicht bei den Griechen selber.

Sie besteht  aus  EU-Kommission, USA dominierten IWF und Europäischer Zentralbank(EZB).

Das teilte der neue Finanzminister Yanis Varoufakis heute mit. Dies habe man den Wählern im Vorfeld der Wahl versprochen. Griechenland strebe nun eigene Reformen an. Eine Annäherung an Rußland ist Teil dieses Plans. 

Formal wird man wohl nicht sofort den EU-Austritt verkünden . Aber es läuft wohl darauf hinaus.

 

Die Beseitigung der Abhängigkeit vom EU - und US- Imperialismus steht für die Griechen offensichtlich im Vordergrund.  

 

Zwischen der neuen griechischen Regierung und der Eurogruppe ist es zu einem Eklat gekommen: Griechenland wird nach Angaben des neuen Finanzministers Yanis Varoufakis nicht mehr mit der internationalen Troika zusammenarbeiten.

 

Man habe den Wählern versprochen, diese Zusammenarbeit mit EU-Kommission, Europäischer Zentralbank (EZB) und Internationalem Währungsfonds (IWF) zu beenden, weil man die Sparauflagen ablehne, sagte der Minister am Freitag nach einem Treffen mit Euro-Gruppenchef Jeroen Dijsselbloem in Athen, berichtet Focus. 

Das Gespräch mit dem Europaparlament hat man ja noch gesucht, aber vom Eurogruppenchef Dijsselbloem lässt man sich nicht ultimativ und  drohend unter Druck setzen . Insofern war diese Reaktion völlig berechtigt. 

Das Spardiktat der EU hatte vorher zur jahrelangen Verelendung des Landes insbesondere auf Kosten der einfachen Bevölkerung geführt. Diese neoliberale Politik wird die neue Linksregierung nicht länger mittragen. 

Vorher war ausgelotet worden, ob eine Anfrage der auch finanziellen Unterstützung durch Russland stattdessen erwogen werden sollte. Das scheint offensichtlich ein denkbares Gegenszenario zu sein. Zudem ist ein Schuldenschnitt von EU- Schulden geplant. 

Eine Gruppe von deutschen Gewerkschaftern und Intellektuellen protestiert gegen die Drohungen der EU und aus Deutschland gegen Griechenland. Die Troika habe eine "wirtschaftlich, sozial und humanitär zerrüttete Gesellschaft hinterlassen". Die Griechen hätten das Recht, die Regierung, die dafür die Verantwortung trägt, abzuwählen. Zu den Unterzeichnern gehören u.a. der Schauspieler Rolf Becker, der DGB-Gewerkschaftler Rainhar Raika und der Berliner Gewerkschaftssekretär Kalle Kunkel.

Sie " lehnen die Vorstellung der Bundeskanzlerin Merkel von einer „marktkonformen Demokratie“ ab, nach der ganz Europa funktionieren soll. Dem Recht des Stärkeren und der Märkte setzen wir die Solidarität der „Schwachen“, der arbeitenden und erwerbslosen Bevölkerungen in Europa entgegen", heißt es im Wortlaut. .

Dies war deren  Motivation für den Austausch mit zahlreichen gewerkschaftlichen, sozialen und politischen Initiativen, für unsere Besuche in und die Gegenbesuche aus Griechenland.

Wie sollten Humanisten und Linke auf Pegida reagieren

Extrakt aus der JW 

Von Volker Külow, Ekkehard Lieberam, Dietmar Pellmann

Auszug:

Die Demonstrationen für und gegen Pegida finden in einer Zeit statt, in der »der Westen« direkt oder mit Hilfe seiner Gefolgschaftsarmeen an den Peripherien des imperialen Zentrums immer neue Kriege führt.

Der vorgebliche Zweck von Pegida, die Islamisierung des Abendlandes zu verhindern, resultiert aus einer tatsächlichen Bedrohung. Die medial vermittelten Bilder dieser Kriege sind so unheimlich (von Abu Ghraib bis zum IS), dass sie Folgen für die eigene Unversehrtheit fürchten lassen – zu Recht. Hauptursache der anwachsenden Bedrohungsängste ist aber eben nicht der Islam, sondern die Kriegspolitik von USA und NATO sowie die Rückkehr zum allgemeinen Banditentum in den internationalen Beziehungen.

Ohne die Kriege im Nahen und Mittleren Osten, in Afghanistan und im Irak gäbe es die Toten von Charlie Hebdo nicht.

Das ist eine einfache und in den Medien verschwiegene Wahrheit. Auf diesen Zusammenhang in seiner globalen Dimension hat Papst Franziskus in seiner Predigt anlässlich des 100. Jahrestages des Beginns des Ersten Weltkriegs am 13. September 2014 in der militärischen Gedenkstätte Redipuglia in einer Schärfe hingewiesen, die bei vielen Linken bisher nicht zu vernehmen war: »Auch heute, nach dem zweiten Scheitern eines weiteren Weltkriegs kann man vielleicht von einem dritten Krieg reden, der ›in Abschnitten‹ ausgefochten wird, mit Verbrechen, Massakern, Zerstörungen… Es ist möglich, weil es auch heute hinter den Kulissen Interessen, geopolitische Pläne, Geldgier und Machthunger gibt, und es gibt die Waffenindustrie, die anscheinend so wichtig ist!«

Die westlichen Eliten und ihre Medien lenken die Aufmerksamkeit der Bevölkerung auf ein Konglomerat von vermeintlichen Gründen, in deren Mittelpunkt der religiöse Fanatismus (Islamismus) steht. Das Schüren von Islamophobie, die Furcht vor Ausländern, die Abschottungspolitik gegenüber Flüchtlingen (Frontex) sind Teil dieser Verschleierungsstrategie, die Wirkung zeigt. Die fortgesetzte Weigerung westlicher Medien und Politiker, den Anschlag von Paris und andere terroristische Aktivitäten als Antwort auf die eigenen Aggressionskriege zu benennen, lässt weitere Eskalationen für die Zukunft befürchten. Die unverkennbare Absicht von Kiew und NATO, den Konflikt mit der Ostukraine militärisch zu lösen und dabei die Russische Föderation in einen großen Krieg in Europa zu treiben, wird neue Ängste schüren.

Hinzu kommen die Bedrohungsängste vor den Folgen ökologischer Zerstörungen, vor allem aber vor einer sozial ungewissen Gegenwart und Zukunft, die weiterhin durch die Agenda 2010 geprägt sein wird. Mit Hartz IV ist die Bundesrepublik in eine Gesellschaft des Abstiegs, der Prekarisierung und Polarisierung verwandelt worden. Der soziale Status vieler Menschen ist real bedroht; soziale Unsicherheit, gesellschaftliche Verrohung und Konkurrenz in der Arbeitswelt nehmen zu. Gleichzeitig werden die gesellschaftlichen Verhältnisse für die Mehrheit der Bevölkerung immer weniger durchschaubar.

Angesichts dieser dramatischen Entwicklung überrascht es nicht, dass das politische System der Bundesrepublik mit seiner viele Jahrzehnte stabilen Parteienlandschaft seit geraumer Zeit von einer Glaubwürdigkeits- und Legitimationskrise erfasst wird. Immer mehr Menschen, oft sogar die Mehrheit, misstrauen grundsätzlich den herrschenden politischen Eliten, den Leitmedien sowie den etablierten Parteien und nehmen an den Wahlen nicht mehr teil. Mitgliederstärke und Bindungskraft der bestehenden Parteien schwinden dahin. Zu einem wesentlichen Motiv der Stimmabgabe wird der Protest. Das ist inzwischen eine europaweite Tendenz. Unter den 14 Protestparteien, die bei der Europawahl im Mai 2014 Erfolg hatten, waren nur zwei dezidiert linke Parteien: Syriza in Griechenland und Podemos in Spanien. In den anderen Ländern sind zumeist rechtspopulistische, nationalistische und faschistische Parteien im Aufwind, die die Unzufriedenheit nach rechts kanalisieren. Dazu gehört auch die AfD in Deutschland, die aus dem Stand sieben Prozent erreichte. Das ist ein Alarmsignal, das von der der gesamten Linken in der EU gehört werden sollte.

Heribert Prantl, stellvertretender Chefredakteur der Süddeutschen Zeitung, nennt die große Koalition »das Finale der deutschen Nachkriegsstabilität«. Es existiert faktisch ein neoliberales »Einparteiensystem« als »rotierendes Elitenkartell«. An der Einbindung der Linkspartei in dieses Kartell wird gearbeitet.

Die Wahl rechtspopulistischer Protestparteien ist das eine. Pegida nun ist eine andere Weise, die anzeigt, inwieweit sich das enorme Misstrauen gegenüber diesem Elitenkartell rechts artikuliert. Dokumentiert ist damit ein Legitimationsverlust bestehender Herrschaft. Die deutlichste Botschaft lautet: »Ihr lasst uns im Stich«. Merkmal von Pegida ist die Mobilisierung in Demonstrationen unter Losungen, die fremdenfeindlich und deutschtümelnd sind, aber auch an berechtigte Kritik am politischen System und an den Leitmedien anknüpfen.

Selbst nach der Veröffentlichung der empirischen Umfrage unter Teilnehmern in Dresden durch ein Team unter Leitung von Hans Vorländer (Lehrstuhl für Politische Theorie und Ideengeschichte an der Technischen Universität Dresden) sowie der Untersuchung des renommierten Protestforschers Dieter Rucht ist es allerdings schwierig, Pegida als rechtspopulistische Bewegung hinsichtlich ihrer sozialen Zusammensetzung und der Motivation der Teilnehmer seriös einzuschätzen. Gesichert scheint, dass bei einer Mehrheit der Protestierenden eine generelle Unzufriedenheit mit der Politik im Vordergrund steht. Einiges spricht auch dafür, dass die überwiegend männlichen Teilnehmer »rechtsdrehende Protestneulinge« (Dieter Rucht) sind. Die Demonstrierenden sind augenscheinlich mehrheitlich Nichtwähler mit leicht überdurchschnittlichem Einkommen. Niedriglöhner und Prekarisierte sind vermutlich in etwa entsprechend ihrem Anteil an der Bevölkerung unter den Demonstranten vertreten. Angehörige der gewerbetreibenden Mittelschicht sind offenbar deutlich überrepräsentiert.

In den bisherigen Pegida-Analysen aus linker Sicht gibt es deutliche Unterschiede bei der Motivbewertung der Demonstrationsteilnahme. Die von »gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit« gespeiste Islamophobie wird entsprechend der öffentlichen Wahrnehmung oft an erster Stelle genannt und dann folgt zumeist gleich das generelle Misstrauen gegen die etablierte Politik und gegen die Medien. Der reale oder drohende Statusverlust vieler Demonstranten wird als »Wohlstandschauvinismus« oder als »irrationale Ängste« charakterisiert.¹

Wir teilen die Einschätzungen von Herbert Schui, der das wirkliche Motiv für die Demonstrationen in der »Vorstellung einer allgemeinen Bedrohung, nämlich durch Arbeitslosigkeit, niedrige Renten, Armut allgemein« sieht und von einer »großen Aggressionsverschiebung« spricht.² Die angebliche Islamisierung ist der Ersatz für den »eigentlichen, den objektiven Gegner« – den herrschenden Block. Der appellatorische Gestus der Demonstrierenden gilt ja nicht den Flüchtlingen und Fremden, sondern den deutschen Eliten, dem deutschen Staat, seiner Regierung, seinen Parteien, seinen Verlautbarungsmitteln und Herrschaftsdiskursen. Das Erkennen der tatsächlichen Verursacher für diese Entwicklung (die kapitalistische Produktionsweise, die herrschende Klasse und deren politischer Teil) setzt aber nicht nur Wissen über die gesellschaftlichen und politischen Zustände, sondern auch die Bereitschaft voraus, gegen sehr mächtige Gegner in den Kampf zu ziehen.

Diese Bereitschaft ist im autoritätsgläubigen Sachsen und speziell in Dresden besonders gering ausgeprägt. Zum einen gibt es seit 1990 mit der durchgängigen CDU-Herrschaft eine stabile rechtslastige, sehr repressive Hegemoniekonstellation in der Regierung mit den entsprechenden Folgen für das politische und das geistig-kulturelle Leben im Freistaat. Flankiert wird diese konservative Vorherrschaft in der berühmt-berüchtigten »sächsischen Demokratie« von einem stabilen Teil der Wählerschaft, der für Parteien rechts von der CDU votiert (etwa 15 Prozent für NPD und AfD). Die Anfälligkeit signifikanter Teile der Bevölkerung für rechte Parolen ist somit größer als in anderen Bundesländern.

Das neoliberale Herrschaftssystem fördert mit allen Mitteln die Orientierung auf ein schwächeres Ersatzobjekt, das es zu bekämpfen gelte. Dieses Objekt sind bei den Pegida-Demonstrationen vorwiegend Flüchtlinge, Asylsuchende und Ausländer sowie die gegenüber dieser »Gefahr« angeblich untätigen Politiker. Eine »antiaufklärerische Aggression (greift) Platz«.³ Pegida-Demonstranten werden objektiv zu »nützlichen Idioten«: »Für die regierenden Parteien sind die Pegida-Demonstranten eine bequeme Opposition – denn die eigentlichen Fragen werden von ihnen gerade nicht gestellt.« 4

Das Gefährliche ist, dass dadurch politisch zu Recht Unzufriedene, die sich aktiv betätigen wollen, gegen ihre eigenen Interessen instrumentalisiert werden. Die da oben fühlen sich dann sicher, wenn sich die Unzufriedenheit nach unten richtet und die Gesellschaft ihr soziales Korrektiv, die Solidarität, einbüßt.

Aufklärung

Wer über Pegida spricht, muss sich klar darüber sein, dass es in der deutschen Geschichte, konkret in der Weimarer Republik, schon einmal eine Situation gab, da der gesellschaftliche und politische Protest als Massenbewegung von ganz rechts organisiert wurde. Die damalige Spaltung der Arbeiterbewegung, die Unfähigkeit von SPD und KPD, ein überzeugendes Projekt einer politischen Alternative von links zu entwickeln, trug ganz wesentlich dazu bei, dass die kleinbürgerlich denkenden Teile der abhängig Arbeitenden den Nazis folgten und so zur Manövriermasse der nazifaschistischen »Machtergreifung« wurden. Der KPO-Politiker und Theoretiker August Thalheimer hat damals in seiner Faschismusanalyse eine auch für heute gültige Handlungsorientierung des antifaschistischen Kampfes formuliert.

Der marxistische Politikwissenschaftler Wolfgang Abendroth fasste in dem Gesprächsband »Ein Leben in der Arbeiterbewegung« aus dem Jahr 1976 die Überlegungen von Thalheimer zur Strategie des Antifaschismus dahingehend zusammen, dass angesichts solcher Massenbewegungen von Teilen der abhängig Arbeitenden, die in ihrer Verzweiflung dazu neigen, zu den Faschisten überzugehen, alles davon abhängt, dass »die Arbeiterklasse sich zu einer wirkungsvollen Alternative gegen die monopolkapitalistische Herrschaft entwickelt«.

Aktuell heißt das: Nur eine überzeugende und tragfähige politische Kraft, die die Macht- und Systemfrage, die Verteilungs- und die Eigentumsfrage stellt und eine Massenunterstützung für eine linke politische Alternative zu mobilisieren vermag, kann rechten und faschistischen Bewegungen den Boden entziehen.

Der Wahlerfolg von Syriza am 25. Januar 2015 illustriert die Richtigkeit dieser historischen Erfahrung. Die linke Partei gewann mehr als eine halbe Million Stimmen hinzu und konnte 36,4 Prozent der Stimmen auf sich vereinigen (2012: 26,9 Prozent). Die faschistische Partei »Goldene Morgendämmerung« verlor zirka 37.000 Stimmen und mehr als 0,6 Prozentpunkte. Der Erfolg und das Konzept der griechischen Linken ist von allgemeiner Bedeutung für die Strategie gegen neofaschistische und rassistische Parteien und Bewegungen. Kern einer erfolgreichen antifaschistischen Strategie muss eine konsequente Oppositionspolitik sein, die eine tragfähige Alternative zur neoliberalen Politik vertritt und verständlich über die gesellschaftlichen und politischen Verhältnisse aufklärt. Vieles auch im Kampf gegen Rechtspopulismus und Faschismus nicht nur in Griechenland wird davon abhängen, ob eine derartige Alternative dort nun auch praktisch politisch durchgesetzt werden kann.

In der Bundesrepublik ist es zunächst eine wichtige Aufgabe der Partei Die Linke, den ansprechbaren Teil der Pegida-Bewegung, deren große Mehrheit die politischen Verhältnisse, wie gezeigt, nur verzerrt wahrnimmt, mit dem tatsächlichen Gegner zu konfrontieren. Notwendig ist Aufklärung über die gesellschaftlichen und politischen Verhältnisse. Insofern ist auch die Forderung nach konkreter Auseinandersetzung völlig richtig. Diese aber ist nur sinnvoll, wenn Die Linke konsequent die »antiaufklärerische Aggression« von Pegida zurückweisen und zugleich ihre Vorstellungen von einer politischen und sozialen Alternative zum herrschenden Politikbetrieb vortragen. Sie haben dabei zu beachten, dass im politischen Alltagsbewusstsein auch in Ostdeutschland mittlerweile Vorstellungen deutlich an Einfluss gewonnen haben, die die Schuld für soziale und politische Fehlentwicklungen bei den Schwächsten und nicht bei den in dieser Gesellschaft Herrschenden suchen.

Die Pegida-Demonstrationen machen deutlich, dass es weder dem herrschenden Block noch den übrigen Parlamentsparteien gelungen ist, den durch Kriege und neoliberale Politik prekarisierten oder verunsicherten Teilen der Bevölkerung ein beruhigendes strategisches Angebot zu unterbreiten. Bedauerlicherweise hat auch Die Linke keine überzeugenden Antworten. Das gilt auch in besonderer Weise für den sächsischen Landesverband, dessen linkes Oppositionsprofil sich in den letzten Jahren deutlich abschwächte. Die Rolle der Linkspartei kann sich nicht darin erschöpfen, in einer übergreifenden Parteienallianz der Pegida-Gegner aufzugehen.

Alternative

Selbst wenn Pegida demnächst als Bewegung verschwinden sollte, wächst vermutlich in der nächsten Etappe der neoliberalen Transformation von Staat und Gesellschaft das Potential für ähnliche Bewegungen von rechts – solange es der Linkspartei nicht gelingt, die latenten Proteststimmungen als gesellschaftliche Kraft für progressive politische und gesellschaftliche Veränderungen zu nutzen. Eine Politik, die auf sozialen Zusammenhalt, auf mehr Gleichheit und Gerechtigkeit sowie soziale Sicherheit setzt, ist die beste Prävention gegen Ausgrenzung und gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit. Im Umkehrschluss verlangt der Kampf gegen Rassismus und Ausgrenzung eine ausdrückliche politische Polarisierung gegen die Profiteure der neoliberalen Politik und ihre Handlanger.

Wir sind der Überzeugung, dass ohne eine politische Offensive der Linkspartei gegen die wachsenden Kriegsgefahren und gegen die neoliberale Politik ein weiteres Anschwellen reaktionärer Bewegungen zu befürchten ist, egal unter welchem Namen diese Bewegungen künftig auch auftreten werden. Es besteht die reale Gefahr, dass die politische Initiative an eine noch disparate, sich gerade neu ordnende Rechte übergeht, »weil das die einzige Kraft ist, die sich von der zwar etablierten, ideell aber stagnierenden beziehungsweise geistig im Ableben begriffenen Mitte unterscheidet«.5

Die Linken insgesamt wie auch die Linkspartei müssen sich auf klare politische Botschaften verständigen. Die Alleinstellungsmerkmale der Partei, insbesondere als Antikriegsorganisation und als Partei der sozialen Gerechtigkeit, gewinnen an Bedeutung. Es ist dabei unabdingbar, dass die Partei »klare Kante gegen Rassismus« (Beschluss Parteivorstand vom 24. Januar 2015) zeigt, aktive Willkommenskultur praktiziert und alle Bewegungen für Flüchtlingshilfe und Weltoffenheit vor Ort unterstützt. Zugleich dürfen wir keine Angst haben, mit Menschen in Kontakt zu treten und sie anzusprechen, die »bisher keine klar linken und teils widersprüchliche bis schräge Auffassungen haben«.6 Diesen gilt es vor allem zu zeigen, wo die gesellschaftlichen Ursachen und der eigentliche politische Gegner zu suchen sind. Dafür benötigen wir neue Formen der Ansprache, die unser Anliegen deutlich machen. Im Sinn einer eigenständigen Profilierung der Partei in den gegenwärtigen Auseinandersetzungen könnten unsere Hauptbotschaften sein: Frieden statt NATO!; Nieder mit Krieg und Kriegspolitik!; Schluss mit dem Terror unserer Kriege!; Schluss mit Hartz IV!; Arbeit für alle!; Für sozialen Frieden in unseren Städten!; Schluss mit der Medienpropaganda!

Anmerkungen

1 Gerd Wiegel: Bürgerbewegung von rechts. Die Pegida-Proteste und ihre Ursachen. In: ZeitschriftMarxistische Erneuerung Nr. 101, März 2015, unveröffentlichtes Manuskript

2 Herbert Schui: Die große Aggressionsverschiebung. Über Pegida, diffuse Ängste und die Reaktion der Politik. In: www.hintergrund.de

3 Byung-Chul Han: Zuhören! Pegida ist kein politischer Protest, sondern ein Angstsymptom. In:Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 18. Januar 2015

4 Ingo Schulze: Nützliche Idioten. Süddeutsche Zeitung, 27. Januar 2015

5 Heino Bosselmann: Gewinnt die Rechte die Initiative? Das Blättchen, Nr. 2, 19. Januar 2015

6 Ralf Krämer: Thesen zur gesellschaftlich-politischen Lage und den Aufgaben der Linken. Manuskript vom 28. Dezember 2014, www.sozialistische-linke.de

Volker Külow ist Historiker, war zwischen 2004 und 2014 Mitglied des Sächsischen Landtages und steht dem Stadtverband Leipzig der Partei Die Linke vor. Ekkehard Lieberam ist Politik- und Rechtswissenschaftler und Vorsitzender des Marxistischen Forums Sachsen. Dietmar Pellmann, ebenfalls Historiker, war von 1999 bis 2014 Mitglied des Sächsischen Landtages und dort langjähriger sozialpolitischer Sprecher.