Putin und die Populisten

von Heinz Michael Vilsmeier
 
Nach einer Meldung des Schweizer Online-Mediums 20 Minuten soll das Moskauer Zentrum für strategische Kommunikation im Dezember 2013 den Plan aufgestellt haben, Putin "weltweit" zum Führer rechter Bewegungen zu machen. 
 
Dass der französische FN, die britische Ukip und die ungarische Jobbik-Partei hohe Summen aus Moskau erhalten haben, ist inzwischen kein Geheimnis mehr. Die AfD bestreitet vorerst noch, einträgliche Goldgeschäfte mit Russland abgewickelt zu haben. Es würde nicht überraschen, wenn bekannt werden würde, dass auch die NPD, Reichsdeutsche oder einige Montagswichtl Zahlungsempfänger des Kreml sind.
 
In Facebook und anderen "sozialen" Netzwerken wird mittlerweile diskutiert, inwiefern Putin und Russland nicht eigentlich das Gleiche tun, wie die EU und die USA in der Ukraine, nämlich Nationalisten und Rechte zu unterstützen. Verwundert fragen Einige auch, warum Putin nicht die westeuropäische Linke stärke.
 
Ich befürchte, Meldungen über die Finanzierung von Faschisten und Neonazis durch den Kreml lassen sich nicht widerlegen.
 
Warum ist dass so? Putin ist davon überzeugt, sowohl außen- wie auch innenpolitisch die Interessen Russlands zu vertreten. Innenpolitisch orientiert er sich keineswegs an gesellschaftspolitischen Konzepten, die denen der European Left auch nur entfernt entsprechen. Putin ist Präsident eines kapitalistischen Landes und er hat an keiner Stelle die Absicht bekundet, daran etwas zu ändern. Zwar nimmt der Staat wieder eine gewichtigere Rolle in der russischen Wirtschaft ein, nicht zuletzt, weil Putin dies so durchgesetzt hat, doch bedeutet das nicht, dass Putin auch nur so etwas wie eine soziale Marktwirtschaft anstrebt. Russlands Wirtschaft ist kapitalistisch organisiert und den Oligarchen wird weitestgehender Zugriff auf die Ressourcen des Landes gewährt. Daran wird sich wohl nichts ändern.
 
Für die Linke müsste Putins "russisches Modell" insofern Gegenstand scharfer Kritik sein. Würden wir behaupten, viele Linke tun dass leider, Putins Politik sei in irgendeiner Weise fortschrittlich oder gar vorbildhaft, wären wir auf dem Holzweg. Ich erinnere nur an den diskriminierenden Umgang mit der Opposition oder mit Angehörigen der Queer-Bewegung! Würde die Linke Putin und die russischen Verhältnisse nicht kritisieren, würde sie den fortschrittlichen Kräften Russlands in den Rücken fallen.
 
Russland hat gewaltige Probleme und befindet sich in vielerlei Hinsicht in der Defensive. Die aggressive Außen- und Militärpolitik der USA und ihrer NATO-Verbündeten zeigt Wirkung. Sie ist aber nicht die primäre Ursache für die desolate Lage Russlands. Zu nennen wären der Nepotismus vor, während und nach dem Zusammenbruch der UdSSR, das Entstehen und der Aufstieg der Oligarchie und das Erstarken nationalistischer und reaktionärer Strömungen in der russischen Gesellschaft. Putin spielt darin eine nicht unerhebliche Rolle. Westeuropäische Populisten, die er zu Bündnispartnern macht, sind für ihn Verwandte im Geiste. 
 
Die Schlussfolgerung, die in den Berichten über die Finanzierung der Rechten durch den Kreml immer wieder gezogen wird ist, es sei die "neue Strategie Moskaus" EU-Kritiker zu stärken, "um die Europäische Union zu bekämpfen". Ich halte diese Schlussfolgerung für falsch. Putin ist nicht antieuropäisch, dass Gegenteil ist der Fall. Putin buhlt geradezu um Europa, sein Ziel ist die Eurasische Union. Die Finanzierung des FN, Ukips, Jobbiks, anderer südeuropäischer Naziparteien und der AfD durch den Kreml ist nicht antieuropäisch sondern in erster Linie antiamerikanisch motiviert. Doch Putin folgt nicht nur dem Motto: Der Feind meines Feindes ist mein Freund. Seine Politik ist nicht nur antiamerikanisch, sondern auch gesellschaftspolitisch reaktionär und nationalistisch ausgerichtet. Auf dieser Grundlage ist der Schulterschluss zwischen Russland und den europäischen Parteien der extremen Rechten wenig überraschend. Deren Erstarken, nicht dass der westeuropäischen Linken, liegt im Interesse eines von Putin geführten Russlands. - Zugegeben, angesichts der aktuellen Schwäche der Linken zeigt sich darin auch ein gewisser Realismus Putins. 
 
Wie dem auch sei, Fazit ist: 
1. Putin ist kein Linker; 
2. Putin ist kein Bündnispartner der Linken, auch nicht in deren Versuch, die den Frieden gefährdende Expansionspolitik der USA und ihrer europäischen NATO-Verbündeten zu stoppen;
3. Für die Demokratie und für die Linke ist der Schulterschluss zwischen dem Kreml und den rechten Parteien in Europa der GAU.
 
http://www.20min.ch/ausland/news/story/Front-National-erhaelt-40-Millionen-Euro-aus-Moskau-31637863