Neuer Manipulationsverdacht und Stimmenkauf bei der Linken an der Saar?
Auffällige Mitgliederzuwächse in den Hochburgen des Kandidaten Lutze- Heinz Bierbaum bestätigt Nachprüfungsabsicht
Neuer Manipulationsverdacht und Stimmenkauf bei der Linken an der Saar?
Auffällige Mitgliederzuwächse in den Hochburgen des Kandidaten Lutze
Anfangs wurde die Oskar Lafontaine-Kandidatin an der Saar Kohde Kilsch verhindert und auch Yvonne Ploetz landete letztendlich nicht auf Platz 1 des Listenplatzes
Mehrere Kandidaten bewarben sich anfangs um den aussichtsreichen Spitzenplatz, schließlich kam es zur Stichwahl zwischen Ploetz und Lutze, welche die 28-Jährige für sich entschied. Lutze wurde ohne Gegenkandidaten auf Platz zwei der Landesliste gewählt.
Zuvor hatte Lafontaine für Kohde-Kilsch geworben. Gute Ergebnisse bei Wahlen seien nur mit einem bekannten Namen zu erzielen, sagte er in Saarbrücken. „Das Entscheidende ist nicht, ob A, B oder C auf Platz eins ist“, das Entscheidende sei, wie die Linkspartei abschneide. Lafontaine kritisierte in seiner Rede den Bundestagsabgeordneten Lutze, dieser sei „nicht gerade ein Wahlkampfmagnet“, auch warf er ihm Versäumnisse bei der Parteiorganisation im Saarland vor.
Ploetz hatte für ihre Kandidatur unter anderem mit den Worten geworben: „Wollen wir im Vorstand der Linksfraktion im Bundestag durch mich vertreten sein und so maßgebliche Entscheidungen vom Saarland aus mitbestimmen können? Wollen wir eine LINKE, die sich konsequent von der SPD unterscheidet und mit Herz und Leidenschaft auftritt? Wollen wir eine Partei, die fair und solidarisch genau die Veränderungen vorlebt, die wir auch wollen? Sie hatte mit ihrem Auftritt Erfolg.
Doch diese Wahl war wegen fehlerhafter Auszählung später annuliert worden.
In der Frage möglicher Manipulationen im Machtkampf um die Spitzenkandidatur der Saar-Linken sind neue Details ans Licht gekommen. So ist es vor der Landesmitgliederversammlung am 5. Mai zu einer auffälligen Zunahme der Mitgliederzahl im Kreisverband Neunkirchen gekommen. Dieser zählt zum Lager des Bundestagsabgeordneten Thomas Lutze.
Saarbrücken. Eine neue Auswertung für den Landesvorstand der Linkspartei zeigt nach SZ-Informationen, dass es vor der Landesmitgliederversammlung am 5. Mai zu einer auffälligen Zunahme der Mitgliederzahl im Kreisverband Neunkirchen kam, der zum Lager des Bundestagsabgeordneten Thomas Lutze gezählt wird. Hier wurden laut der Statistik, die vor wenigen Tagen im Vorstand präsentiert wurde, zwischen Dezember 2012 und April 73 Neumitglieder aufgenommen (landesweit 136). Damit sei die Zahl der Neueintritte in diesem Zeitraum fünf Mal so hoch wie normal, heißt es in der Parteispitze. Knapp drei Viertel der Neumitglieder in Neunkirchen zahlen ihren Mitgliedsbeitrag zudem in bar – bei den Eintritten der vergangenen Jahre lag dieser Wert bei 13 Prozent. In Teilen der Partei ist inzwischen von „Stimmenkauf“ die Rede.
Parteivize Hans Jürgen Gärtner räumte auf SZ-Anfrage ein, dass es „Auffälligkeiten“ gebe. Der Landesvorstand bemühe sich um Aufklärung. Gärtner sagte, es gebe „eine Reihe von Beschwerden“ treuer und engagierter Mitglieder. Sie klagten darüber, dass viele neue Mitglieder aufgenommen worden seien, die nicht an inhaltlicher Arbeit interessiert seien, sondern lediglich für die Kampfabstimmung um die Spitzenkandidatur mobilisiert worden seien.
Lutze hatte die Abstimmung um Listenplatz eins bei der Versammlung am 5. Mai zunächst mit 251 zu 264 gegen Yvonne Ploetz verloren. Bei der Wiederholung am 30. Juni – die erste Versammlung wurde wegen Fehlern bei der Auszählung für ungültig erklärt – siegte Lutze dann mit 314 zu 275 Stimmen. Bei der zweiten Versammlung wurden bis zur letzten Minute Parteimitglieder zur Abstimmung mobilisiert – auch solche, die wegen Beitragsrückständen ihr Stimmrecht eigentlich verloren hatten. Etliche von ihnen zahlten ihre Mitgliedsbeiträge vor Ort nach, um ihre Stimme doch noch abgeben zu dürfen. Auf diese Weise kamen, wie aus einem Protokoll der Landesvorstandssitzung vom 11. Juli hervorgeht, insgesamt 2500 Euro zusammen. Die stellvertretende Landesvorsitzende Dagmar Ensch-Engel berichtete in der Sitzung, dass noch während des ersten Wahlgangs „eine Anzahl von Mitgliedern per Taxi“ angekommen sei und ihre ausstehenden Mitgliedsbeiträge gezahlt habe.