In-Q-Tel: Wie Geheimdiensttechnologien der CIA in den Hightech-Markt einsickern

Von Jakob Steinschaden 

Ich habe vor kurzem eine Story für futurezone.at über den eher unbekannten Web-Dienst Recorded Future geschrieben. Er hat meine Aufmerksamkeit nicht nur deswegen erregt, weil er die Zukunft mittels Web-Analyse vorhersagen will, sondern auch, weil er von Google und der mysteriösen Firma In-Q-Tel etwa 20 Millionen Dollar Investment bekommen hat. Wenn man ein wenig weiter nachforscht, findet man heraus, dass hinter In-Q-Tel der US-Geheimdienst CIA steckt - und dieser seit 13 Jahren über diesen Umweg US-Steuergelder in Informationstechnologien pumpt, die anschließend bei Google, Microsoft und Co. landeten. Ein Rück- und Ausblick.

Auch bei der CIA war man sich Ende der 1990er bewusst, dass die anbrechende Internet-Ära einiges bewegen würde. Man sah erste IT-Giganten heranwachsen, etwa Amazon, eBay und Google, und bemerkte außerdem, dass der US-Geheimdienst mit diesen Entwicklungen im privaten Sektor nicht Schritt halten konnte. In den Jahrzehnten zuvor war man technologisch immer mit vorne dabei gewesen, wie der ehemalige In-Q-Tel-Manager Rick Yannuzi auf der CIA-Webseite schreibt - so hätte man etwa bei der Entwicklung der Spionageflugzeuge U-2 (die gleichnamige irische Rockband hat sich danach benannt) und SR71 von Lockheed ebenso die Finger im Spiel gehabt wie bei den ersten US-Spionagesatelliten “Corona”.

Q wie bei James Bond
Norman Augustine, ein ehemaliger CEO des US-Rüstungsriesen Lockheed-Martin, wurde mit der Aufgabe betraut, ein Konzept für die CIA auszuarbeiten, das ihr erlaubte, im IT-Business mitzumischen. Das Ergebnis: In-Q-Tel. Die neue Tochterfirma der CIA, konzipiert als Non-Profit-Organisation, sollte im Silicon Valley in junge Technologieunternehmen investieren. Deren Vorteil neben dem Investment (übrigens Steuergelder): Sie bekommen Zugang zu den “sehr speziellen CIA-Problemen”, wie es vage heißt. So ist es kaum überraschend, dass viele Produkte und Services, an denen die Firmen arbeiten, an Geheimdienstarbeit erinnern. Ein wichtiges Grundprinzip ist aber, dass In-Q-Tel nicht an geheimen Technologien für die US-Regierung arbeiten darf.

Fun Fact am Rande: Weil man die CIA-Tochter nicht InTel (kurz für “Intelligent Technologies) nennen konnte (so heißt schon der weltweit führende Chip-Hersteller), stellte man einfach ein “Q” zwischen die Kürzel - in Anspielung an den Quartiermeister von James Bond, der den Geheimagenten immer mit den neuesten Spionage-Gadgets ausrüstet.



Verkäufe an Google, Microsoft und Nokia
Mit Büros in Washington DC und Menlo Park im Silicon Valley nahm In-Q-Tel seine Arbeit auf. Die Tätigkeitsgebiete: Datenspeicherung- und Datamining, Bildanalyse, statstische Datenauswertung, geografische Informationssysteme, Sprachübersetzung, Mobile Computing, IT-Security - also allesamt Bereiche, die eigentlich gut zu Geheimdienstlern passen, aber heute die Massen erreicht haben. Denn die meist unbekannten Technologien, in die In-Q-Tel investierte, sind heute tief den IT-Markt eingesickert und werden täglich von Millionen, wenn nicht Milliarden Menschen genutzt. “Viele der Touchscreen-Technologien, die heute in iPads verwendet werden, und andere Dinge stammen von den verschiedenen Firmen, die In-Q-Tel identifiziert hat”, sagt etwa Jeffrey Smith, ehemaliger CIA-Chefberater, der In-Q-Tel mitgegründet hat.

Einige Beispiele (vollständige Liste gibt es hier):

Google kaufte 2004 die In-Q-Tel-Firma Keyhole und deren 3D-Visualisierung von digitalen Karten und baute daraus den heutigen virtuellen Globus Google Earth. Außerdem schnappte sich Google Last Software, die 3D-Design machte.

Microsoft schnappte sich im Juli 2012 Perceptive Pixel, eine Firma, die sich auf große Touchscreens zwischen 27 und 82 Zoll spezialisiert hat. In den Büros von Microsoft-Chef Steve Ballmer und dem Nachrichten-Sender CNN etwa hängen solche Dinger.

RIM, der gebeutelte BlackBerry-Hersteller, hat im März den Funk-System-Hersteller Paratek gekauft, dessen Technologie es erlaubt, kleinere und stromsparende Antennen in Smartphones zu verbauen. In den kommenden BlackBerrys könnten sie bereits verbaut sein.

Nokia übernahm 2009 MetaCarta, einen Spezialisten für “geographic intelligence systems”. Dessen Technologie wurde dem Unternehmen zufolge in die eigenen Karten-Dienste eingebaut, die künftig auf Windows-Phone-8-Geräten installiert sein werden.

Oracle, ein führender Anbieter für Unternehmens-Software, hat sich mit Tacit und Endeca bereits zwei In-Q-Tel-Firmen geschnappt.

IBM kaufte 2010 Initiate Systems, dem angeblich führenden Anbieter von Daten-Integration in Gesundheitssystemen und staatlichen Behörden.

Facebook hat sich bis dato noch keine von IN-Q-Tel finanzierte Firma geschnappt, eine Verbindung gibt es aber trotzdem: Einer der führenden Manager des Facebook-Investors Greylock PartnersHoward Cox, sitzt auch im Vorstand von In-Q-Tel. Noch ein Fun Fact: Die Büros von Greylock und In-Q-Tel an der berühmten Sandhill Road in Menlo Park liegen direkt nebeneinander.



Es geht weiter: Zukunftsvorhersagen, Laser und Videoüberwachung
In-Q-Tel ist weiterhin sehr aktiv. Heute arbeitet die von Ex-Cisco- und Intel-Managern geleitete CIA-Tochter auch mit der National Geospatial-Intelligence Agency (NGA), der Defense Intelligence Agency (DIA) und dem Department of Homeland Security Science and Technology Directorate (DHS S&T) zusammen. Aktuell hat In-Q-Tel die Finger und viele Millionen Dollar bei mehr als 80 Firmen im Spiel. Wer die Liste durchgeht, erhält einen guten Eindruck, in welche Richtung man die Hightech-Welt treiben will:

Videoüberwachung: Mit Investments in 3VRiMoveInViewLooxcie oder Walleyehat In-Q-Tel Unternehmen mitfinanziert, die die Entwicklung von Kameras (u.a. tragbar) vorantreiben, die 360 Grad filmen und durch Nebel, Staub oder gar Objekte sehen können - Big Brother lässt grüßen, Anonymous is not amused.

Bildanalyse: Da die unzähligen von Kameras und Drohnen aufgezeichneten Videos und Fotos auch analysiert werden müssen, hat In-Q-Tel in Firmen wie Signal Innovations GroupMotionDSP oder PixLogic investiert, die entsprechende Analyse-Software machen.

Big Data: Egal, ob es um Twitter, Facebook, Internet-News, Gesundheitsdaten oder Polizeiakten - die riesigen Berge an digitalisierten Informationen wollen alanysiert werden. Von In-Q-Tel unterstützte Firmen wie Recorded FutureClouderaVisible Technologies oder Palantir arbeiten in unterschiedlicher Art und Weise an solchen Analyse-Systemen, die von Privatfirmen genauso eingesetzt werden wie von Behörden.

Futuristisches: Der In-Q-Tel-Partner Infinite Z arbeitet an virtuellen interaktiven 3-D-Umgebungen (a.k.a. Hologrammen), Alfalight an Hochenergie-Lasern, DSSP an hochmodernen elektrischen Raketen, GATR an aufblasbaren Satellitenschüsseln,SpotterRF an Mini-Radar-Systemen.

Sprach- und Schrifterkennung: Großes Interesse hat die CIA offensichtlich auch an automatischen Übersetzern, etwa von Basis Technology oder NovoDynamics(spezialisiert auf arabische Sprachen).

Smartphone-Kameras: Ebenfalls vorantreiben will In-Q-Tel offensichtlich Cam-Handys - Pelican Imaging und LensVector arbeiten an verbesserten Kameras, die immer kleiner werden und trotzdem bessere Fotos schaffen.

Strom sparen: Wie ein roter Faden zieht sich auch das Thema Energieeffizienz durch das Portfolio von In-Q-Tel: Firmen wie QynergyInfinite Power Solutions,GainSpanEmberMiserWare oder Imprint Energy arbeiten an längerlebigen Energielösungen für verschiedenste mobile Anwendungen.

IT-Sicherheit: Was im drohenden Cyberwar-Zeitalter nicht fehlen darf, sind moderne Security-Lösungen. Dazu finanziert In-Q-Tel Unternehmen wie Tenable,FireEye oder Mocana, die sich auf die Abwehr von Cyber-Attacken spezialisiert haben.

 

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