Jürgen Meyer IZ 26.6. 25
Die versprochene Senkung der Stromsteuer ist weg und mit ihr auch die Einigkeit in der Koalition und die Glaubwürdigkeit derselben. Union und SPD haben den Mund zu voll genommen – und sind im Begriff, gleich den nächsten Volksbetrug zu begehen.
Trotz der Festlegung der Senkung der Stromsteuer für alle von den Stromkonzernen und dem Staat abgezockten Bürgern will Finanzminister und Vizekanzler Klingbeil wie der Bundeskanzler Merz CDU jetzt die Stromsteuer nur noch für die produzierende Industrie senken.
Erst haben sie es mit Russlandsanktionen verbockt und die Energiekosten ins Astronomische getrieben und jetzt fehlt trotz Milliardeninvestitionen für die Mega-Hochrüstung und Versprechen im Koalitionsvertrag an die Bürger der Mut, die Kosten der Stromkosten für die Verbraucher signifikant zu senken.
Beim Geld hört die Freundschaft auf. So sagt es das Sprichwort, und so erlebt es in diesen Tagen auch die schwarz-rote Regierungskoalition.
Seit Finanzminister Lars Klingbeil (SPD) seinen Haushaltsentwurf für das laufende Jahr vorgestellt hat, ist es mit der ohnehin brüchigen Freundschaft zwischen Christ- und Sozialdemokraten vorbei. Denn die Antworten, die Klingbeil in Sachen Geld gegeben hat, gefallen vielen in CDU und CSU ganz und gar nicht. Vor allem die abgesagte Senkung der Stromsteuer sorgt für massive Verärgerung.
Zu Recht, denn es war eines der großen Versprechen der Koalition, Energie endlich bezahlbarer zu machen.
Um „mindestens fünf Cent je Kilowattstunde“ werde man Unternehmen und Verbraucher dauerhaft entlasten, hatten Schwarze und Rote bei ihrem Regierungsantritt getönt.
Die ersten zwei Cent würden den Stromkunden als „Sofortmaßnahme“ zugutekommen – durch die Absenkung der Stromsteuer auf den europäischen Mindestsatz.
Keine acht Wochen alt ist der Koalitionsvertrag, in dem das geschrieben steht, keine fünf Wochen das Sofortprogramm, in dem Union und SPD ihr Versprechen erneuert haben. Und nun wurde die Entlastung sang- und klanglos gestrichen.
Ein unerhörter Vorgang
Vor allem die CDU versucht, Kassenwart Klingbeil zum Schuldigen zu erklären.
Es ist eine wenig Erfolg versprechende Strategie, sowohl inhaltlich als auch strategisch. Denn natürlich hat Klingbeil das Aus für die Steuersenkung nicht im Alleingang beschlossen, sondern zuvor mit Wirtschaftsministerin Katherina Reiche und Kanzler Friedrich Merz (beide CDU) abgestimmt. Der Vorwurf, Klingbeil breche den Koalitionsvertrag,greift zu kurz.
Aber die SPD steht in der Koalition für den Erhalt der Sozialpolitik, die man wieder einmal eiskalt ignoriert.
Einen Wortbruch allerdings gibt es deshalb sehr wohl – und zwar gegenüber den Wählerinnen und Wählern. Im Rausch der milliardenschweren Sonderschulden für Infrastruktur und Rüstung haben Union und SPD zu viel versprochen. Für Investitionen in Schienen, Straßen und die Bundeswehr ist genügend Geld da, für Konsumausgaben und Sozialpolitik aber nicht.
Die falschen Erwartungen haben die Koalitionäre gemeinsam geweckt, nun müssten sie eigentlich gemeinsam begründen, warum sie diese nicht erfüllen können.
Stattdessen fallen Vertreter der Regierungsparteien in alte Ampelmuster zurück - und übereinander her. Öffentlich ausgetragener Streit aber hat noch keiner Regierung geholfen. Wer daran zweifelt, sollte einfach mal bei Olaf Scholz nachfragen oder besser gleich zurücktreten.