Jürgen Meyer IZ 21.6. 25
Quelle: Bodo Ramelow auf X. Was seine Politik mit Sozialismus zu tun hat, wird sein sahniges Geheimnis bleiben. Es ist Zeit für ihn zu gehen.
Vor seinem Regierungsantritt als Ministerpräsident in Thüringen war Bodo Ramelow auch Internetbeauftragter der Linkspartei in der Zentrale im Karl-Liebknecht-Haus.
Als Admin einer Gruppe von über 10 000 Linken auf Facebook forderte er mich auf, israelkritische User aus der Gruppe zu entfernen. Schon damals war für ihn Kritik am Genozid der Israelis gegenüber Palästinensern unerwünscht. Schon damals wurde in seinem Umfeld der Bak-Shalom Mitgründer Mark Seibert ebenfalls Internetbeauftragter der Linkspartei geworden. Ich habe die Forderung von Ramelow natürlich abgelehnt.
Schon damals dachte ich, dass er als linker Regierungschef völlig ungeeignet ist und auch keine Kompatibilität mit linken Kernthemen hat.
Der langjährige Linken-Politiker Bodo Ramelow zeigt sich irritiert über den Wandel seiner Partei und spricht sogar von einem möglichen Bruch. "Heute ist mir beim Aufwachen ein Satz durch den Kopf gegangen, der mich nicht loslässt: Bin ich dabei, die Partei zu verlassen - oder verlässt meine Partei gerade mich?", schrieb der frühere Thüringer Ministerpräsident und heutige Bundestagsvizepräsident in einem Beitrag auf seiner Webseite.
Hintergrund ist ein nach Wandel strebender Linken-Landesparteitag in Ilmenau am vergangenen Wochenende.
Nach einer Kontroverse über Ämtertrennung wurde das Spitzenpersonal ausgetauscht. Das wird dem Machtmenschen Ramelow auch nicht schmecken. Ramelow kritisiert diverse Redebeiträge, so etwa die Forderung nach einem Kurswechsel der Landespartei, nach einer Fehleranalyse der zehnjährigen Regierungszeit der Linken und einem Einkommensdeckel für Abgeordnete.
Fehler hat Ramelow sehr viele gemacht und sogar Privatisierungen der Autobahngesellschaft im Bundesrat zugestimmt. Völlige anti-linke Politik und ein Kuschelkurs mit neoliberaler SPD und Grünen war bei ihm immer zu verorten.
"Die Linke in Bewegung darf nicht zu einer Bewegungslinken werden, die sich selbst isoliert", schrieb Ramelow. Parteiarbeit müsse Spaß machen. "Aber wir wollen doch keine Spaßpartei werden. Wir wollen auch keine Elitenpartei sein. Wir wollen auch keine Partei der 'besseren Menschen' werden, sondern eine Partei, die an der Verbesserung der Lebensumstände für alle Menschen arbeitet! Nicht nur eine Partei, die sich bewegt, sondern eine Partei, die etwas bewegt - nämlich etwas zum Guten für jeden Menschen."
Er will also keine besseren Menschen. Aber Menschen, die sich für mehr soziale Gerechtigkeit und Weltfrieden einsetzen, müssen als Linke den Anspruch haben, bessere Menschen sein zu wollen als Neoliberale. Erzkonservative, Rechtspopulisten oder gar Faschisten. Sie müssen sich klar zum Antidarwinismus bekennen. Auch das muss der bekennende Legastheniker Ramelow verinnerlichen.
Die Bundesvorsitzende der Linken, Ines Schwerdtner, reagierte zurückhaltend. "Bodo Ramelow und anderen Parteimitgliedern, die in Regierung Verantwortung übernommen haben, gebührt Respekt", sagte Schwerdtner. "Und doch gibt es zu Recht auch ein kritisches Verhältnis zum Regieren, das gerade in der Partei aufgearbeitet wird. Diese Debatte ist richtig, sie läuft in Thüringen wie auch in der Gesamtpartei."
Tatsächlich beziehe die Linke Position für die Mehrheit der Bevölkerung, genau wie Ramelow es fordere, fuhr Schwerdtner fort. "Wir stellen also den Klassenkampf zwischen oben und unten wieder nach vorne. Das ist das, womit wir erfolgreich sind." Ramelows Beitrag sei deshalb "so ein bisschen wie ein Brief an die Partei von vor einem halben Jahr oder Jahr vielleicht, aber eigentlich nicht die aktuelle Partei."
Schwerdtner geht also scheinbar kritisch auf Ramelow ein und kritisiert ihn durch die Blume mit Verweis auf den notwendigen Klassenkampf scharf. Nur Menschen, die besser sein wollen, werden den Klassenkampf gegen sozialer Ungerechtigkeit auch aufnehmen. Das hat Ramelow trotz seiner niedersächsischen Gewerkschafts-Vita bis heute nicht verstanden.
Er bezeichnete anders als Gregor Gysi die DDR als Unrechtsstaat und hat damit vielen immer noch links orientierten Thüringern vor den Kopf gestoßen. Er hat die Linkspartei entkernt, sodass sie in Thüringen vor der Bundestagswahl immer mehr am Bedeutung verloren hatte. Immer wieder fällt er durch russophobe Kommentare auf, die der Geschichte der aus der SED und PDS hervorgegangenen Linkspartei diametral entgegenstehen.
Was will der Mann also überhaupt in der Linkspartei?
Der 69-jährige Ramelow hatte als eine der "Silberlocken" zusammen mit Gregor Gysi und Dietmar Bartsch zum Erfolg der Linken bei der Bundestagswahl beigetragen und ein Direktmandat in Erfurt gewonnen - auch weil das BSW wie bei der Abstimmung zu den Asylgesetzen Fehler machte und zusammen mit AfD und CDU abstimmte.
Trotzdem war es richtig, dass Sahra Wagenknecht vorher die Konsequenzen aus der unerträglich gewordenen Anbiederungspolitik der Linkspartei gezogen hatte und mit vielen linken Bundestagsabgeordneten ausgetreten war sowie das Bündnis Sahra Wagenknecht gründete.
Jetzt wird sich erweisen, ob die Linkspartei oder das BSW die bessere linke Politik macht. An den Taten werden sie gemessen werden.
Die Partei hatte nach einem jahrelangen bundesweiten Tief binnen kurzer Zeit Boden gut gemacht und bei der Wahl im Februar 8,8 Prozent der Stimmen erreicht. Zugleich traten seit Jahresbeginn bundesweit Zehntausende neue Mitglieder ein.
Bei dem Thüringer Parteitag hatten junge Mitglieder dominiert, die sich kritisch zu einigen Positionen des Vorstandes äußerten. In Thüringen hatte die Linke bei der Landtagswahl im Herbst mit 13,1 Prozent der Stimmen viel schwächer abgeschnitten als zuvor und war nach zehn Jahren in der Regierung auf die Oppositionsbank gewechselt.
Der zwischenzeitliche Niedergang der Linkspartei hatte viel mit der Regierungspolitik von Ramelow in Thüringen zu tun, die schlicht enttäuschend war. Jetzt muss ein Wandel her.
Bodo Ramelow sollte den Weg gehen wie der Transatlantiker Stefan Liebich oder wie der ehemalige Landesvorsitzende Klaus Lederer, der auch glaubte, sich über mich lustig machen zu können. Gute Reise. Wer zuletzt lacht, lacht am besten!