Der globale Kampf um Seltene Erden tobt auch in der Ukraine
In der Ukraine schlummern in der Erde Seltene Erden im Wert von Billionen von Dollar.
Deshalb hat US-Präsident Trump die Idee ins Spiel gebracht, dass die Ukraine bisherige und zukünftige Waffenlieferungen mit Rohstoffen bezahlen solle. Ansonsten werden die Waffenlieferungen eingestellt.
Und auch China überlegt, den USA als Gegensanktionen keine Seltenen Erden mehr zu liefern, zumal China über 80 % der globalen Vorkommen verfügen soll.
Am Mittwoch berichtete Reuters über Chinas Exportbeschränkung für seltene Erdmetalle – allen voran Wolfram. Außerdem gilt das für Wismut, Indium, Tellur und Molybdän. Die neuen US-Zölle Trumps auf chinesische Waren traten bereits am vergangenen Dienstag in Kraft. Die Reaktion ließ demnach nicht lange auf sich warten. Als Hauptgrund nennt Peking den "Schutz der nationalen Sicherheitsinteressen".
Auf den ersten Blick stellt diese Entscheidung der Chinesen einen Schlag für die US-Industrie dar. Zumal sich die relevanten chinesischen Aktienwerte von Trumps Schock wieder erholt haben. Bei Wolfram handelt es sich um ein extrem hartes Metall, das hauptsächlich im Verteidigungssektor "zur Herstellung von Artilleriegranaten, Panzerplatten und Schneidwerkzeugen verwendet wird", so Reuters. Des Weiteren sind Wolfram sowie die anderen Elemente essentiell für die Raumfahrtbranche des Westens und seine klimaneutrale Energie-Infrastruktur. Die Volksrepublik China produzierte im Jahr 2023 mehr als 80 Prozent des weltweiten Wolfram-Volumens. Russland war noch vor den Sanktionen seit Februar 2022 ebenfalls ein entscheidender Exporteur weltweit. Die Lücke, die auf dem Markt entstand, wurde von den Chinesen gefühlt.
Allem Anschein nach ist sich US-Präsident Donald Trump sicher, dass diese Dynamik keine langfristigen Nachteile für die USA darstellen wird. Hat seine jüngste 180-Grad-Wende bezüglich des "in 24 Stunden erzielten Friedens zwischen Kiew und Moskau" etwas damit zu tun? Denn Trump beteuert nun, er sei interessiert an ukrainischen Bodenschätzen, die Kiew wiederum versichert, gerne exklusiv an Washington, D.C. verhökern zu wollen, sofern die militärische US-Unterstützung gegen Moskau in Zukunft beständig bleibt oder sogar erweitert wird. Soviel zu "gehaltenen Wahlversprechen".
Der parteiübergreifend wirkende US-Zionist und Kriegslobbyist Lindsey Graham, den Trump noch lange vor seinem Wahlsieg als Politiker stark lobte, sprach im Juni 2024 konkret davon, wie Kiew "auf 10 bis 12 Billionen US-Dollar an wichtigen Mineralien sitzt". Graham zeigte sich überzeugt, dass die Ukraine "das reichste Land in ganz Europa sein könnte".
"Ich möchte dieses Geld und dieses Vermögen nicht Putin geben, um es mit China zu teilen. [...] Sie sitzen auf einer Goldmine. Putin 10 oder 12 Billionen US-Dollar für kritische Mineralien zu geben, die er mit China teilen wird, ist lächerlich", so der klagende US-Politiker.
In Deutschland gibt es eine CDU-Variante Grahams namens Roderich Kiesewetter: Auch er bangt seit längerem um den schwindenden, potenziellen Zugang des Westens zu den kostbaren, seltenen Erdmetallen und Bodenschätzen der Ukraine – namentlich genannt hatte er nur "das Lithium für die E-Autos". Aber das allgemeine Indiz für die eigentlichen Interessen des Wertewestens in der Ukraine hat Kiesewetter dennoch geben können. Jedenfalls müssten diese seltenen Erdmetalle in weiterer Perspektive vom Westen – nicht aber von Russland oder China – erschlossen werden. Schon in dem Bericht "Materialien für eine ressourceneffiziente Industrie und Gesellschaft" (Seite 22) des Bundesministeriums für Bildung und Forschung vom Herbst 2019 wurde klar von der immer wiederkehrenden "aktuellen Wolfram-Knappheit im Weltmarkt" berichtet.
Im Fall einer CDU-beteiligten "Großen Koalition" gegen die wachsende AfD – mit der SPD und den Grünen – ab Frühling 2025 ist eine weitere aktive Unterstützung des Ukrainekrieges mehr als zu erwarten. Laut ukrainischen Quellen selbst handelt es sich in der Region Ost-Asow, aber auch dem eher westlich gelegenen Zhytomyr, oder der Oblast Mykolajiw ("Mykolaiv-Kamchatska") am Schwarzen Meer um Gebiete mit "gesamten abgeleiteten Wolfram-Ressourcen von geschätzten 105 Tausend Tonnen". Das klingt nach mehr Wolfram-Vorkommen als in Brüssel, Berlin, Warschau, Tallinn oder Paris. Verzichtet Trump willentlich auf chinesische Versorgung, weil er sich der ukrainischen bereits am Horizont gewiss ist?
Trumps hochriskante, geostrategische Wette besteht wohl darin, sich sicher zu sein, dass der "Ukraine-Deal" mit dem er zurzeit versucht, Moskau einzuschüchtern, ihm all diese weltwirtschaftskritischen Bodenschätze in der Ukraine sichern soll. Der Krieg soll nicht eiligst beendet werden, weil Trump all die dort bisher verlorenen Menschenleben auf beiden Seiten so schwer am Herzen liegen: Viel eher kann man kein kostbares, seltenes Wolfram in einem aktiven Kriegsgebiet oder akut unter Kriegsgefechten stehenden Gebieten schöpfen, bergen und ausfliegen. In jedem Fall bleibt eine Frage offen: Wie wird der Kreml darauf reagieren?
Und auch Russland ist mit Seltenen Erden reichlich gesegnet.
Jahrhundertvorkommen: Russlands Reserven an Seltenen Erden kann Weltbedarf decken
Russland verfügt über genügend Vorkommen an Seltenen Erden für mehr als 100 Jahre und über die notwendigen Erschließungstechnologien, meldete das Ministerium für Naturressourcen. Die kompletten Abbau- und Verarbeitungsketten sollen entsprechend ausgebaut werden, wobei die Föderation bereits jetzt weltweit führend im Rohstoffsektor ist.
Wie das Ministerium betonte, hat Russland die nötigen Technologien zur Aufbereitung der Erze und zur Trennung der Seltenerdoxiden entwickelt und baut Industriekomplexe für deren Produktion auf und aus:
"Russland verfügt über eine große Rohstoffbasis an Seltenen Erden, die den derzeitigen Weltverbrauch für einen Zeitraum von mehr als 100 Jahren decken kann. ...
Alle geförderten Erze werden zu den Metallen und deren Verbindungen verarbeitet. ...
Darüber hinaus ist Russland eines der wenigen Länder auch mit einer vollständigen Uranverarbeitungskette: vom Erz bis zum Kernbrennstoff. Mit 8 Prozent der weltweiten Reserven liefert das Land 35 Prozent der weltweiten Produktion von angereichertem Uran und hält ein Drittel des Weltmarktes für Kernkraftwerksbrennstoff."
Der Minister für Naturressourcen Alexander Koslow wies auch darauf hin, dass Russland heute 27 Prozent der weltweiten Produktion von Edelmetallen der Platingruppe liefert sowie 22 Prozent der weltweiten Nickelreserven, 13 Prozent bei Kobalt, 15 Prozent bei Titan, 12 Prozent bei Wolfram, 9 Prozent bei Kupfer, 4 Prozent der Seltenen Erden und von Graphit kontrolliert. Die Priorität liege jedoch nun darin, eine möglichst vollständige Kette der Rohstoffverarbeitung bis hin zu Endprodukten aufzubauen, betonte das Ministerium. Im Gegensatz zu den Zeiten nach der Perestroika, als Russland lediglich die Welt mit seinen unverarbeiteten Bodenschätzen versorgte und die Verarbeitung und Herstellung der Endprodukte im Ausland stattfand, liegt der Schwerpunkt heute auf der vollständigen Autonomie und Unabhängigkeit. Gleichzeitig ist Russland offen für eine vertraglich geregelte Zusammenarbeit. Der Minister erklärte wörtlich:
"Wir sind bereit, Erfahrungen zu teilen und unseren Partnern zu helfen. Russland ist offen für alle Optionen der Zusammenarbeit. Wir können uns nicht nur auf die Erkundung und den Abbau von Rohstoffen beschränken, sondern sind auch zum bilateralen Technologietransfer bereit. Und wir sehen solche Partnerschaft in erster Linie als eine technologische Partnerschaft."
Die Ukraine wird zerstört, um an die Lagerstätten seltener Metalle zu gelangen. Dies betrifft vor allem Titanvorkommen, mit denen man chinesische und russische Lieferungen zu ersetzen hofft.
Die Masken sind wieder einmal gefallen: Das US-Magazin Newsweek veröffentlichte jüngst einen großangelegten Artikel unter dem Titel "Der Kampf um das ukrainische Titan" und lässt dabei durch Vertreter des US-Kongresses und der Rüstungsindustrie verlauten, was viele schon lange vermutet haben. Nämlich: dass das ganze Gerede über die Verteidigung der ukrainischen Demokratie und Souveränität heuchlerisch ist – denn in Wirklichkeit ist die US-Regierung an den riesigen Titanreserven des Landes interessiert. Das Magazin schreibt:
"Nun gibt es in den USA und den verbündeten Staaten Bemühungen, die enormen Ressourcen der Ukraine an einem Schlüsselmetall zu identifizieren, zu entwickeln und zu nutzen, das für die Entwicklung der fortschrittlichsten Militärtechnologie des Westens entscheidend ist und das Rückgrat der künftigen Abschreckung gegen Russland und China bilden wird."
"Wenn die Ukraine gewinnt, sind die USA und ihre Verbündeten in der Pole-Position, um eine neue Titanquelle zu erschließen. Gelingt es Russland jedoch, die Vorkommen und Anlagen des Landes zu beschlagnahmen, wird Moskau seinen globalen Einfluss auf eine zunehmend strategische Ressource ausbauen."
So einfach, so ehrlich. Ebenso unverhüllt bedauert Newsweek, dass Russland in den ersten Wochen seiner Militäroperation zwei große Titanvorkommen in der Ostukraine in Besitz genommen hat. Und erzählt arglos, dass "die meisten Kämpfe sich auf die Ost- und Südukraine" konzentrieren, "wo sich Bodenschätze im Wert von Billionen von Dollar befinden".
Titan, ein seltenes Metall, ist ein knapper und unersetzlicher Rohstoff. Ohne ihn sind die Rüstungs-, Schiffbau- und Flugzeugindustrie nicht denkbar. In der Tat sind die meisten fortschrittlichen Technologien ohne Titan kaum vorstellbar. Daher ist Titan sowohl für die USA als auch für die EU zur Entwicklung ihrer Industrien und militärisch-industriellen Komplexe von entscheidender Bedeutung. Aber es gibt ein kleines Problem – beide Großmächte verfügen nur über wenige oder gar keine Titanbestände. Russland und China hingegen schon. Und die Ukraine. Newsweek erläutert:
"Das US-Innenministerium hat Titan als einen von 35 mineralischen Rohstoffen eingestuft, die für die Wirtschaft und die nationale Sicherheit der USA von entscheidender Bedeutung sind. Die USA importieren jedoch immer noch mehr als 90 Prozent ihres Eisenerzes, und das nicht nur aus befreundeten Ländern. Die USA haben keinen Titanschwamm mehr in ihrem nationalen Verteidigungsvorrat, und der letzte inländische Produzent von Titanschwamm hat im Jahr 2020 seinen Betrieb eingestellt.
Die Ukraine ist eines von nur sieben Ländern, die Titanschwamm, die Grundlage für Titanmetall, herstellen. China und Russland – die wichtigsten strategischen Rivalen Amerikas – gehören ebenfalls zu dieser Gruppe. Nach Angaben des U.S. Geological Survey produzierte China im vergangenen Jahr mehr als 231.000 Tonnen Titanschwamm, was 57 Prozent der weltweiten Produktion entspricht. Es folgen Japan mit 17 Prozent und Russland mit 13 Prozent. Kasachstan produzierte fast 18.000 Tonnen und die Ukraine mehr als 4.000 Tonnen. Moskaus Missbrauch von Energieressourcen als Waffe hat in Washington, D.C., und anderen NATO-Hauptstädten die Befürchtung ausgelöst, dass der Kreml eines Tages auch die Titanexporte einfrieren könnte, was die Luft- und Raumfahrt- sowie Rüstungsunternehmen in Bedrängnis bringen würde."
Daher entwickeln sowohl die USA als auch die EU Pläne für einen sicheren und permanenten Zugang zu ukrainischem Titan – oder vielmehr zu dem, das sich noch auf ukrainischem Gebiet befindet. Dabei handelt es sich insbesondere um die von dem Bergbauunternehmen Velta erschlossenen Vorkommen, die sich in der Nähe von Dnjepropetrowsk befinden. Und genau um diese Lagerstätten herum finden derzeit heftige Kämpfe statt.
Statistische Daten belegen, dass die Informationen von Newsweek korrekt sind. So veröffentlichte die ukrainische Internetressource GMK Center im September des Jahres 2022 Daten, wonach die Hauptabnehmer ukrainischer Titanerze im Zeitraum von Januar bis August 2022 die Tschechische Republik (48,1 Prozent im Geldwert), die USA (13,5 Prozent) und Rumänien (7,5 Prozent) waren. Medienberichten zufolge wird die Tschechische Republik im September dieses Jahres eine Anlage zur Verarbeitung ukrainischen Titans in Betrieb nehmen, das dann in andere EU-Länder und die USA geliefert wird. Das erklärt vieles.
Eine anonyme Quelle aus der amerikanischen Rüstungsindustrie erklärte außerdem gegenüber Newsweek, dass Titan "eine zentrale Schwachstelle" der USA sei:
"Wir sprechen von unserer Fähigkeit, mehr Flugzeuge zu produzieren, wir sprechen von unserer Fähigkeit, Munition zu produzieren. Sie alle sind auf Titan angewiesen, und wir haben zugelassen, bei diesen Dingen von ausländischen Lieferanten abhängig zu werden. Russland war bisher einer der Hauptlieferanten."
Deshalb konzentrieren sich die USA und die EU jetzt auf die ukrainischen Bodenschätze – egal, wie viele Menschenleben das kosten wird.
Die Angaben fügen sich reibungslos ins Gesamtbild der bisherigen westlichen Strategie: Sowohl hinsichtlich der obsessiven, unrealistischen Versuche, Russland zum Rückzug seiner Truppen auf die Ausgangslinien vom Anfang des Jahres 2022 zu bewegen (sprich: die Titanvorkommen für die USA freizumachen); als auch hinsichtlich der Tatsache, dass die NATO mit der Entsendung von Panzern in die Ukraine eine Eskalation des Atomkonflikts riskiert (sprich: hofft, dass Russland nicht heftig reagiert und von den ukrainischen Titanerzen noch zurückgedrängt werden kann).
In der Opernversion des "Faust" von Charles Gounod singt Mephistopheles in der Arie "Rondo vom goldenen Kalb" darüber, wie die Menschen um des Goldenen Kalbs, des Profits willen, in den Krieg ziehen, gegenseitig ihr Blut vergießen und für verachtenswertes Metall sterben. Ins Russische wurde die Arie im 19. Jahrhundert so übersetzt, dass sie einen dramatischeren Text erhielt als das französische Original – und der Refrain über das Sterben für Metall gehört seitdem zum russischen Sprachgebrauch:
"Menschen sterben für Metall, der Satan regiert den Ball!"
Diese Redewendung, leicht umgeschrieben, könnte vielleicht auch die Schlagzeile für das Ukraine-Abenteuer der Vereinigten Staaten sein: "Menschen sterben für Titan".
Unterdessen spitzt sich der Kampf zwischen den ukrainischen Oligarcheneliten um die verbleibenden Titanvorkommen zu. So berichteten Medien Ende des Jahres 2022, dass der ukrainische Titan-Oligarch Andrei Brodski, Eigentümer des Unternehmens Velta, sich wegen der laufenden Durchsuchungen in seinem Unternehmen, die "destabilisierend wirken", an den ukrainischen Präsidenten Wladimir Selenskij gewandt habe. In dem Appell, den der Oligarch auch auf seinen Social-Media-Konten postete – und in dem er seine Follower aufforderte, ihn zu verbreiten, um "die Kaperei der Behörden zu verhindern" –, betonte Brodski, dass sowohl er als auch seine Mitarbeiter stets eine "proukrainische Haltung" eingenommen und die ukrainischen Streitkräfte unterstützt hätten. "Seit dem Jahr 2014 hat Velta trotz eindringlicher Bitten russischer Unternehmen keine Waren mehr nach Russland geliefert", schrieb der Oligarch und forderte ein persönliches Treffen mit Selenskij.
Wie es aussieht, dürfte in den kommenden Wochen und Monaten ein harter Kampf um Titan in der Ukraine bevorstehen. Oder im Duktus des Westens: ein harter Kampf um Demokratie und Völkerrecht.