BSW stellt Sofortprogramm in Kurzfassung vor - detailliertes Wahlprogramm nach Parteitag am 12.01.2025
IZ vom 23.12.2024
Das Bündnis Sahra Wagenknecht legte am Sonntag, 22.12.2024, ein 8-seitiges Programm vor, dass man nach erfolgreichem Einzug in Fraktionsstärke im Deutschen Bundestag als erstes abarbeiten möchte. Auf dem Bonner Parteitag am 12.01.2025 wird dann über den Entwurf eines Wahlprogramms entschieden, der dann sehr detailliert die Analysen des BSW sowie dessen Ziele und Positionen in den einzelnen Themenfeldern darlegen wird.
Hier eine Zusammenfassung der IZ der wichtigsten Punkte im Sofortprogramm:
Das Papier verlangt etwa das Verbot von Mietsteigerungen bis zum Jahr 2030. Danach dürfen die Mieten nur noch bei deutlicher Wohnwertverbesserung und auch nur in Höhe der Inflationsrate steigen. Mieterhöhungen aufgrund von Neuvermietungen sollen sowieso verboten werden. Für die kommende Legislaturperiode fordert man ein Investitionsprogramm, um die fehlenden 800.000 Wohnungen zu schaffen. Der Soziale Wohnungsbau soll aktiviert werden, bis zu 300.000 Sozialwohnungen jährlich, bei denen Miethöhe 20% des Nettoeinkommens nicht übersteigen darf und die Sozialbindung nicht schon nach 15 Jahren endet, sondern unbefristet ist. Kautionen und Maklergebühren sollen abgeschafft werden, die Grundsteuer nicht mehr auf die Miete angerechnet werden dürfen. Wohnungsgenossenschaften sollen erhalten und ausgeweitet werden, indem sie durch zinsverbilligte Kreditprogramme des Bundes unterstützen will. Große Wohnkonzerne mit mehr als 3.000 Wohnungen sind zu entflechten und in öffentliches oder genossenschaftliches Eigentum zu überführen. Ein bundesweiter Mietendeckel von maximal 6,50 €/qm soll für besonders angespannte Gegenden eingeführt werden.
Der Ersterwerb eines Eigenheims soll für Normalverdiener, vor allem bei jungen Familien, von der Grunderwerbssteuer und Grundsteuer befreit werden. Für sie soll auch die Eigenheimzulage wieder eingeführt werden.
Die Verwerfungen der Agenda 2010 und von Hartz IV/Bürgergeld will man überwinden und eine solide Arbeitslosenversicherung, und eine bedarfsorientierte Mindestsicherung für alle Erwerbslosen einführen.
Der Mindestlohn soll sofort auf 15 € erhöht werden, ohne Ausnahmen und Umgehungsmöglichkeiten, durch deutlich mehr Kontrollpersonal - auch unangekündigt und verdachtsunabhängig - streng kontrolliert und Verstöße mit Verpflichtung der Nachzahlung ausstehender Löhne, Entschädigungen an die Betroffenen und hohen Geldstrafen geahndet werden, statt wie bislang mit lächerlichen Bußgeldern, die die Unternehmer günstiger als die Zahlung des Mindestlohns kommen.
Die Tarifbindung ist durch die Vereinfachung und Anwendung von Allgemeinverbindlichkeitserklärungen zu stärken.
Belegschafts- und Genossenschaftseigentum in großen und mittleren Betrieben, damit der Gewinnzuwachs denen zugute kommt, die ihn erarbeiten und zu Investitionen in neue Arbeitsplätze, zu höheren Löhnen und innovativen Produkten führt, anstatt in erster Linie auf den Konten der Aktionäre, Vorstände und Manager zu landen, gilt fürs BSW als Notwendigkeit zur Überwindung des ausbeuterischen Kapitalismus, ebenso die Begrenzung der Unternehmer- und Managergehälter auf maximal das 20-Fache der untersten Lohngruppe im Betrieb. .
Einkommen bis 24.000 Euro brutto im Jahr sollen steuerfrei sein. Vermögende, reiche Erben, Konzernumsätze und Kapitalerträge will das Bündnis Sahra Wagenknecht drastisch besteuern und somit adäquat an der Finanzierung des Staates beteiligen. Gegen Steuerhinterziehung will man konsequent vorgehen durch eine personell aufgestockte und international kooperierende Steuerfahndung, deutlich kürzere Intervalle bei der Steuerprüfung von Superreichen und der Betriebsprüfung von Banken und Konzernen, die Einführung einer öffentlich einsehbaren Steuerbetrügerdatei, die Abschaffung der Verjährungsfristen und Straffreiheit bei Selbstanzeige und die Kopplung der Steuerpflicht an die Staatsbürgerschaft, so dass jeder in dem Land, dessen Staatsbürgerschaft er inne hat, steuerpflichtig ist, unabhängig vom Ort des Wohnsitzes und des Kontos. Bei Weigerung der Steuerzahlung werden die Konten eingefroren, solange bis die ausstehende Summe zzgl. einer Strafsteuer von 50 Prozent und einem Zinssatz von mindestens 10 Prozent dem Fiskus überführt werden.
Banken, die Steuern hinterziehen oder bei der Steuerhinterziehung behilflich sind, wird die Lizenz entzogen.
Das BSW schlägt eine Mindestrente von 1.200 vor, die sich nach 30 Beitragsjahren auf 1.300 Euro erhöhen und nach 40 Beitragsjahren 1.500 Euro betragen soll.
Das BSW schlägt zur Finanzierung eine Bürgerversicherung wie in Österreich vor, bei der alle Berufsgruppen und auch Einkommensarten einzahlen müssen, und zwar ohne Beitragsbemessungsgrenze. Ab einem Bruttomonatseinkommen von 10.000 € wird der Rentenanspruch im Sinne des Solidarausgleichs degressiv abgeflacht und umverteilt, hin zu denjenigen, die aufgrund von Niedriglöhnen und Langzeitarbeitslosigkeit nicht genügend Ansprüche erwerben konnten. Des Weiteren wird eine Bruttowertschöpfungsabgabe angestrebt, bei der die Unternehmen nach der Gewinnhöhe in die Rentenkasse einzahlen. Zudem sollen Renten steuerfrei sein. Liegen weitere Einkünfte vor, wenigstens bis zu einer Höhe von 2.000 Euro monatlich. Die milliardenschweren Zuschüsse für die private Rentenversicherung sollen in die GRV fließen. Als Inflationsausgleich sollen schon vor der großen Rentenreform alle Renten sofort um 120 € monatlich erhöht werden.
Im Gesundheitsbereich will das BSW alle Krankenhäuser erhalten, die Fallpauschalen abschaffen, mehr Vorsorge statt Nachsorge, eine Arzneimittelpositivliste, so dass nur noch die kostengünstigsten und effizientesten Medikamente verschrieben werden dürfen und zugleich der Pharmaindustrie einen Riegel vorgeschoben wird, Medikamente mit gleichem oder ähnlichen Wirkstoff unter anderem Namen und als Gel oder in einer anderen Packung bei deutlichem Preisaufschlag als neu zu vermarkten. Die Konzepte der Bürgerversicherung und Bruttowertschöpfungsabgabe werden auch hier angestrebt, ebenso die Überführung der Einnahmen aus der Tabaksteuer und die Einführung einer Tabakindustrieabgabe als zusätzliche Einnahmequelle. Die privaten Krankenkassen will das BSW restlos abschaffen, die bisherigen Zuschüsse und die Gewinne der Privatversicherungen in die gesetzliche Krankenversicherung überführen. Auch zielt das BSW auf die Abschaffung der Zusatzbeiträge in der gesetzlichen Krankenversicherung. Anschaffungs- und Reparaturkosten für Brillen und Hörgeräte sollen wieder vollständig von den Krankenkassen übernommen werden. Medizinische Verbundzentren sollen sich flächendeckend etablieren, eine Wiederbelebung des Gemeindeschwesterprogramms Hausärzte entlasten. Die Ausbildungskosten für Pflegekräfte sind nach Meinung des BSW vom Staat zu tragen, anstatt sie den Auszubilden und ihren Eltern aufs Auge zu drücken. Jeweils 150.000 Pflegekräfte sind in den Krankenhäusern und Pflegeheimen einzustellen. Ärzte, die sich für den ländlichen Raum entscheiden sowie Leute, die in die Pflege wechseln oder zurückkehren sind mit einer Prämie zu fördern. Wer im Schichtdienst in der Pflege arbeitet, vor allem Frauen, müssen nach Willen des BSW mit spätestens 60 abschlagsfrei in Rente gehen können.
In der Wirtschaft will man vor allem wieder durch Innovationen, gut ausgebildete Fachkräfte und preiswerte Energie international wettbewerbsfähig werden. Dazu sollen die direkten Öl- und Gaslieferungen aus Russland wieder aufgenommen werden. Ein Innovationsfonds und die Unterstützung von Start-Ups sind weitere Schwerpunkte des BSW, um hiesige Wertschöpfungsketten zu erhalten und neue zu schaffen, anstatt US-Konzernen wie Tesla, Intel und Co. Subventionen in den Rachen zu werfen, während unsere heimische Industrie vor die Hunde geht.
Das BSW fordert in seinem Sofortprogramm die Aufarbeitung der willkürlichen, jeglicher Evidenz entbehrenden und verfassungswidrigen Coronamaßnahmen durch einen Untersuchungsausschuss und eine Enquétekommission, die unverzügliche Einstellung aller laufenden Bußgeldverfahren wegen Maßnahmeverstößen und die Rückzahlung der Bußgelder sowie die Rehabilitation und Entschädigung all jener, die beruflichen und staatlichen Repressionen wegen Maßnahmeverstößen oder Impfverweigerung ausgesetzt waren.
Zu den Forderungen des BSW gehört auch die Rücknahme des Heizungsgesetzes und des Verbrenner-Aus sowie ein Volksleasing-Konzept, analog zum Deutschlandticket, mit dem der Kauf verbrauchsarmer Verbrenner (deutlich unter 5 l) und von Autos, die mit umweltverträglichen Kraftstoffen oder neuen Antriebstechnologien betrieben werden, gefördert werden soll, ebenso die Umrüstung alter Fahrzeuge, Stichwort Nachhaltigkeit. Außerdem fördert man so die KFZ-Werkstätten, die Automobilindustrie und Zuliefererbranche.
In der Bildungspolitik, so kann man zusammengefasst sagen, orientiert man sich am skandinavischen Modell bzw. dem der ehemaligen DDR, von der sie die skandinavischen Staaten übernommen haben. Das BSW wünscht sich außerdem ein Handy- und Tabletverbot bis Klasse 6 und den Schwerpunkt auf die Vermittlung von Lesen, Schreiben und Rechnen zu legen. Auch nennt das Bündnis ein Social-Media-Gesetz nach australischem Vorbild, wo künftig Jugendliche erst ab 16 Jahren soziale Netzwerke nutzen dürfen, als erstrebenswert.
Um Kinder und Jugendliche zu mehr Bewegung zu animieren, möchte das BSW die Mitgliedsbeiträge für das erste Jahr im Sportverein vom Bund bezahlen lassen – bis zu einer Obergrenze von 150 Euro.
Das BSW fordert nach dänischem Vorbild einen harten Kurswechsel in der Asyl- und Migrationspolitik. So sollten Asylverfahren außerhalb der EU in sicheren Drittstaaten stattfinden, wer aus einem solchen sicheren Drittstaat einreise, habe kein Anrecht auf Aufenthalt in Deutschland. „Gewalttäter, Islamisten und Hassprediger“ müssten konsequent abgeschoben werden, heißt es im Programm.
In der Energiepolitik will die Partei die Preise „durch vernünftigen Einkauf, Abschaffung der Netzentgelte und des CO2-Preises“ senken.
Beim Strom soll die Mehrwertsteuer nur noch in Höhe von 7 Prozent erhoben, alle Steuern und Umlegen abgeschafft und ein kostenloses Grundkontingent von 350 kWh und zusätzlichen 150 kWh für jede weitere im Haushalt lebende Person eingeführt werden. Alle Preise müssen vom Kartellamt geprüft und genehmigt werden. Verstöße sind neben saftigen Bußgeldern mit einer Übergewinnsteuer zu belegen, mit der dann die Entlastungen der Verbraucher finanziert werden sollen.
Eine Außenpolitik, die wieder auf dem Völkerrecht, gegenseitigen Sicherheitsgarantien, Abrüstung sowie ursachenbekämpfenden und präventiven Konfliktlösungen, Diplomatie sowie Neutralität und Blockfreiheit setzt, statt mit Waffenlieferungen einen Krieg gegen Russland zu führen, ist für das BSW zentral.
In der Ukrainepolitik solle Deutschland "die diplomatischen Bemühungen Chinas und der Länder des Südens unterstützen und die Initiative für einen Waffenstillstand und einen realistischen Friedensplan ergreifen", heißt es weiter.
Das BSW fordert auch ein Moratorium für die EU-Erweiterung, insbesondere für die Ukraine, Georgien und Moldawien.
Das BSW setzt sich darüber hinaus für Meinungsfreiheit und die Rücknahme die Meinung einschränkender Gesetze, das Remonstrationsrecht (Widerstandsrecht für Beamte gegen willkürliche und verfassungswidrige Befehle) - auch in der Praxis - und die Rehabilitation bei Verwehrung dieses Rechts und vollzogenen Entlassungen ein sowie für das Recht auf Generalstreik, für freie investigative Medien, eine unabhängige Justiz und direkte Demokratie ein - einschließlich fakultativer Referenden und einer Bürgerkammer mit Gesetzesinitiativ-, Veto- und Haushaltsrecht.
Lobbyismus und Politiker- und Parteienkäuflichkeit will man mit entsprechenden Regeln unterbinden.