Bürgerkrieg im Sudan - Auch ein Stellvertreterkrieg zwischen USA und Russland?

Kolonialländer wie Deutschland flüchten aus dem Land

Bislang haben die mehrfach angekündigten Waffenruhen im Sudan keine Wirkung gezeigt. Deutsche Bundeswehr fliegt hunderte Bundesbürger aus. Gr0ßbritannien soll im Kolonialherrenstil ohne absprache mit der sudanesischen regierung Menschen willkürlich und ungefragt ausfliegen.

Am Freitag morgen kündigte die »Schnelle Eingreiftruppe« (RSF) eine weitere für 72 Stunden an.

Die Länge orientiert sich am Freitag begonnenen islamischen Zuckerfest Eid Al-Fitr, das auf den Fastenmonat Ramadan folgt.

Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation vom Freitag sind bei den Kämpfen, die sich zwar auf die Hauptstadt Khartum konzentrieren, aber in alle Landesteile ausgeweitet haben, seit vergangenem Wochenende 413 Zivilisten getötet und mehr als 3.500 Menschen verletzt worden.

Auch die vorangegangenen Ankündigungen zu einer zeitlich begrenzten Waffenruhe waren von den RSF ausgegangen, die seit Dienstag als »aufständische Truppe« gelten. Diese von De-facto-Präsident Abdel Fattah Al-Burhan verkündete Entscheidung wird juristisch jedoch angezweifelt.

Ein von Radio Dabanga interviewter Anwalt erklärte dazu, dass die RSF, »unabhängig von der Haltung der Regierung zu ihnen, Kräfte vor Ort« seien, »die per Gesetz ins Leben gerufen wurden«. Al-Burhan habe nicht das Recht, sie aufzulösen.

Der Bevölkerung dürften solche Spitzfindigkeiten angesichts des heftigen Gewaltausbruchs egal sein.

Nach Angaben des Welternährungsprogramms sind schätzungsweise 15,8 Millionen Menschen von akuter Ernährungsunsicherheit bedroht, Krankenhäuser sind geschlossen, und die Luftangriffe der sudanesischen Streitkräfte unter Al-Burhan zerstören die ohnehin prekäre Infrastruktur.

Die Kämpfer der RSF, die dem formellen Vize Al-Burhans, Mohammed Hamdan Daglo, unterstehen, greifen wiederum lokalen Berichten zufolge direkt die Zivilbevölkerung an, beschlagnahmen Häuser, um sie als Kampfstellungen für Flugabwehrwaffen zu nutzen.

Nach außen erklären die RSF, für »Demokratie« und gegen den »verbrecherischen Putsch« zu kämpfen.

Damit verweisen sie auf den Oktober 2021, als Al-Burhan die zivil-militärische Übergangsregierung absetzte und sich an die Spitze des Staates stellte.

Der General äußerte sich dagegen erstmals am Freitag in einer Videobotschaft und erklärte, dass »uns der sichere Übergang zur Zivilregierung anvertraut werden kann«. Eine Bestätigung der Waffenruhe kam von seiner Seite nicht.

Al-Dschasira ließ am Freitag einen Experten zu Wort kommen, dem zufolge Al-Burhan von seiten einiger Spitzenmilitärs, die dem politischen Islam – und damit dem alten Regime unter dem im April 2019 gestürzten Omar Al-Baschir – verbunden sind, zu diesem »letzten Showdown mit den RSF« gedrängt worden sei.

Sonst bestünde die Möglichkeit, dass »es einen Putsch gegen ihn geben« könne, so Dschihad Maschamun. Dabei wird der General von seiten Ägyptens unterstützt, auch mit Truppen. So teilte die ägyptische Armee am Donnerstag mit, dass drei Flugzeuge mit Truppen aus dem Sudan zurückgekehrt seien. Zuvor hatten die RSF ebenfalls angegeben, 27 in Gewahrsam genommene ägyptische Soldaten an das Rote Kreuz übergeben zu haben.

Hinter Daglo stehen wiederum die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE), die als Goldabnehmer eine zentrale Rolle spielen. Nach Angaben des Portals Africa Confidential vom vergangenen März landete 2020 sudanesisches Gold im Wert von über 1,7 Milliarden US-Dollar in Dubai, was knapp der Hälfte des Wertes aller Ausfuhren des Landes entsprach. Und wie das Wall Street Journal am Mittwoch berichtete, sei auch der libysche Warlord Khalifa Haftar beteiligt.

Der Befehlshaber der Libyschen Nationalarmee (LNA), die Ostlibyen kontrolliert, soll demnach mindestens ein Flugzeug mit militärischer Ausrüstung in ein den RSF unterstehendes Gebiet geschickt haben. Gegenüber der Nachrichtenseite Middle East Eye dementierte ein LNA-Sprecher jedoch den Bericht und nannte ihn »billig und korrupt«.

Und dann gibt es noch den Umstand, dass der Kampf im Sudan ähnlich wie in der Ukraine zwischen den USA – Außenminister Blinken hatte unmittelbar vor Beginn der Eskalation Al-Burhan in einem Telefongespräch seiner Unterstützung versichert – und Russland sei.Also ein weiterer Stellvertreterkrieg der USA und  von Russland wie in der Ukraine.

Letzteres wird mit dem militärischen Privatunternehmen »Wagner« gleichgesetzt.

Dessen Finanzier Jewgeni Prigoschin ließ Anfang der Woche vernehmen, dass es bis heute »keinen einzigen ›Wagner‹-Kämpfer im Sudan« gebe, »ich betone, nicht einen einzigen«, um dann ein paar Tage später mit einem Vermittlungsangebot nachzulegen. Ebenfalls über seinen Kanal im Messengerdienst Telegram erklärte Prigoschin, dass er im Gegensatz zur UNO und vielen anderen »Frieden für das sudanesische Volk« wolle. Er sei bereit, »falls erforderlich«, bei Verhandlungen zu vermitteln.