Korsika ist die "Ukraine" Frankreichs - Frankreich will seine Ex-Kolonien nicht in Freiheit lassen und korsische Souveränität und territoriale Integrität weiterhin verweigern

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Satirebeitrag

Wann endlich entlässt die Kolonialmacht Frankreich Korsika in die Unabhängigkeit für das Wohl des korsischen Volkes. Wann ist Macron bereit, die Souveränität der Korsen und von Korsika endlich anzuerkennen?

Während Präsident Macron im Stile eines Diktators unter Ausschaltung des Parlamentes per Dekret mit einem Ermächtigungsgesetz das Rentenalter order per mufti von 62 Jahren willkürlich auf  64 Jahre anhebt, knüppelt er demonstrierende Menschen mit Polizisten und brutaler Polzeigewalt im Stile eines Gewaltherrschers zusammen.

Und auch das Völkergefängnis Frankreich erkennt weder die Unabhängigkeit der Korsen an  - ebensowenig wie die Unabhängigkeit des Elsass oder des Baskenlandes.

Gleichzeitzig kritisiert man Russland, weil es die Ukraine als ehemaligen Teil  der russisch dominierten Sowjetunion nicht die volle Souveränität zugesteht - jedenfalls nicht in den mehrheitlich russisch besiedelten Teilen der Ostukraine, deren Völker sich mehrheitlich per Volksreferendum für den Anschluß an Russland entschieden haben.

1755 wurde erneut die staatliche Unabhängigkeit ausgerufen. Unter Führung von Pasquale Paoli, der als „Babbu di a Patria“ (Vater des Vaterlandes) verehrt wird, gaben sich die Korsen eine demokratische Verfassung.

Diese war die erste Verfassung im Zeitalter der Aufklärung, lange vor den Verfassungen der Vereinigten Staaten (1776) und Frankreichs (1791). Daraufhin verkaufte Genua die Insel an Frankreich, das 1769 die korsischen Truppen in der Schlacht bei Ponte Novu besiegte. Seither ist Korsika – abgesehen von einem kurzen Intervall während der Französischen Revolution, als die Insel unter englische Oberhoheit geriet – französisches Staatsgebiet.Völkerrechtlich in Ordnung ist das nach heutigem Völkerrecht sicherlich nicht. 

Gleichwohl beeindruckte das korsische Bestreben nach Unabhängigkeit zahlreiche Intellektuelle jener Zeit, darunter Jean-Jacques Rousseau und die Gründungsväter der Vereinigten Staaten.[7]

Durch die Einführung der allgemeinen Schulpflicht (1882, loi Ferry), den Bau der Eisenbahn (1888–1894) und andere administrative Maßnahmen festigte sich die französische Herrschaft über Korsika, und die französische Sprache begann durch den Einfluss von Schule und Verwaltung das Korsische zu verdrängen.

Korsen profitierten in vielen Funktionen von der Ausdehnung des französischen Kolonialreiches, einerseits als Soldaten und Kolonialbeamte, andererseits indem sie in den Kolonien als Händler und Geschäftsleute tätig wurden. In Französisch-Nordafrika ließen sich viele Korsen nieder.

So züchtet man sich quasi Edel-Sklaven, die dennnoch immer versklavt blieben.

In Abwehr der Vereinnahmungsversuche des italienischen Faschismus, insbesondere des Diktators Benito Mussolini, der Korsika 1936 zum integralen Bestandteil Italiens erklärte, definierten korsische Schriftsteller und Intellektuelle in den 1930er und 1940er Jahren das Korsische erstmals als eigenständige Sprache und nicht mehr, wie vorher üblich, als italienischen Dialekt. Ihre Identität sollte korsisch, nicht italienisch sein.

Im Zweiten Weltkrieg wurde Korsika am 11. November 1942 als Reaktion auf die Landung alliierter Truppen in Nordafrika von deutschen Truppen besetzt. Im April 1943 begannen Verbände des Freien Frankreichs, der Forces françaises libres (FFL), mit der Bewaffnung der Inselbevölkerung, die als Partisanen gegen die Besatzer kämpfen sollten. Am 8. September 1943 landeten Verbände unter dem Kommando von General Henri Giraud auf Korsika. Die korsischen Partisanen und die Soldaten der FFL befreiten bis zum 4. Oktober 1943 gemeinsam die Insel. Die Erinnerung an den korsischen Beitrag zur Résistance ist auf Korsika noch lebendig.

Die Befürchtungen um die eigene Identität sowie um Wohlstand und Einfluss bewirkten einen Aufschwung des korsischen Nationalismus, der sich anfangs insbesondere gegen eine mögliche Bevorzugung der Pieds-noirs richtete. Ab 1964, vermehrt ab 1968, kam es zu Übergriffen auf Eigentum derselben. In den frühen 1970er Jahren gründeten sich mehrere Parteien als politischer Arm der Nationalbewegung. Eine davon, der Front régionaliste corse, gab 1971 das Buch Main basse sur une île heraus, in dem die ökonomische Situation Korsikas mit der einer Kolonie verglichen und ein korsischer Sozialismus gefordert wurde. Initiativen zu Erhalt und Belebung der korsischen Sprache und Kultur entstanden im Rahmen der Bewegung des Riacquistu („Wiederaneignung“) und schufen ein neues Bewusstsein für die kulturelle Eigenständigkeit.

In der allgemeinen Wirtschaftskrise der 1970er Jahre (vgl. Ölkrise) radikalisierten sich einige korsische Nationalisten. Als Fanal galt die Besetzung des Weinguts eines Pied-noir nahe Aléria im Jahr 1975. Unter anderem forderten die Nationalisten die Wiedereröffnung der korsischen Universität, die im 18. Jahrhundert unter Pasquale Paoli (siehe oben) bestanden hatte; 1981 wurde das Anliegen verwirklicht. Hinzu kamen Dezentralisierungsmaßnahmen des französischen Staates wie die Gründung der Collectivité régionale mit Einrichtung eines Regionalparlaments (1982), doch lehnte die französische Regierung Forderungen nach offizieller Zweisprachigkeit, Autonomie oder gar Unabhängigkeit aus Sorge um die Einheit Frankreichs strikt ab. Einige Unterstützer der korsischen Unabhängigkeit, insbesondere der am 5. Mai 1976 gegründete Frontu di Liberazione Naziunalista Corsu (FLNC), versuchten mit Bombenanschlägen und Mord die Unabhängigkeit zu erzwingen; siehe auch Korsikakonflikt.

Im Jahr 2000 stimmte der französische Ministerpräsident, Lionel Jospin, im Rahmen des „Prozesses von Matignon“, der die Spannungen auf Korsika lösen sollte, einer größeren Autonomie der Insel zu - aber eben nicht der vollen Unabhängigleit, die viele Korsen fordern.

Die vorgeschlagene Autonomie Korsikas schloss einen größeren Schutz der korsischen Sprache als zentralem Identifikationsfaktor ein, trotzdem stimmten bei dem Referendum, das am 6. Juli 2003 auf der Mittelmeerinsel abgehalten wurde, ca 50 % der Bevölkerung dagegen.

Bei den Regionalwahlen im November 2015 gewann ein Bündnis gemäßigter und radikaler korsischer Nationalisten, die sich für eine Autonomie bzw. die staatliche Unabhängigkeit einsetzten, die Mehrheit im Regionalparlament, der Assemblée de Corse. Bei der Parlamentswahl in Frankreich 2017 gewannen korsische Nationalisten drei der vier Parlamentssitze, die Korsika in der französischen Nationalversammlung repräsentieren.

Paris will Korsisch als Amtssprache verbieten – Droht eine neue Unruhewelle?

Das korsische Regionalparlament beschloss 2021, Korsisch neben Französisch in politischen Debatten zu nutzen. Dies hat ein französisches Verwaltungsgericht vergangene Woche wegen Verfassungswidrigkeit aufgehoben. Hinter dem darauffolgenden Protest steckt der historische Anspruch der Korsen, als Volk und als souveräner Staat gesehen zu werden.

"Eins und vielfältig" (Une et diverse). So haben viele französischen Gelehrten und Staatsmänner ihre Nation beschrieben. "Gegen die Vielfalt, die es überfällt", schrieb Paul Vidal de la Blache (1845–1918), der Begründer der Humangeographie, "setzt Frankreich seine force d'assimilation, seine Kraft der Assimilation ein. Sie verwandelt alles, was sie empfängt".

Das mag stimmen, aber mit Korsika scheint es anders gelaufen zu sein. Denn die Korsen pflegen ihre Andersartigkeit – sei es geografisch, historisch, kulturell – mit einer Ausdauer und in eine politische Richtung, die Paris seit Langem besorgt. Und darum geht es in dem Urteil des französischen Verwaltungsgerichtes von Bastia.

"Administrative Trojanische Pferde"

Was Frankreichs führende Tageszeitung Le Monde mit feiner Ironie als "ein neuer Stein im Garten der turbulenten Beziehungen zwischen der Regierung und Korsika" beschreibt, fing am 16. Dezember 2021 mit dieser Verordnung an:

"Das korsische Regionalparlament und sein Exekutivrat sind die Garanten der materiellen und moralischen Interessen des korsischen Volkes, (…) die Sprache und die Debatten des Parlaments von Korsika sind Korsisch und Französisch."

Es gebe gleich zwei Streitobjekte: 1.) die Beschreibung der Korsen als "Volk"; 2.) die Einführung des Korsischen neben dem Französischen als Amtssprache. Beide Punkte hatten den alten Präfekt der Insel, Pascal Lelarge, sofort irritiert.

"Laut dem Vertreter des Staates", berichtete am 9. März Le Monde, "waren diese Akte das administrative Trojanische Pferd, das den Begriff des korsischen Volkes weihte". Nach einem "Armdrücken" mit dem korsischen Parlament und seinem Exekutivrat legte Lelarge zwei Berufungen vor dem Verwaltungsgericht ein, das zu seinen Gunsten entschied.

Der Begriff "Volk" sei, so Le Monde, "vor dreißig Jahren vom Verfassungsrat während des zweiten sogenannten 'Joxe'-Prozesses zur Dezentralisierung zensiert worden". Anders formuliert: Paris betrachtet die Dezentralisierung als Wunschwert, bis auf die Einführung von Begriffen wie "Volk".

Das korsische Regionalparlament verteidigte seine Wortwahl mit dem Argument, dass "der Verweis auf das korsische Volk bereits 1988 im Plan für die Entwicklung und nachhaltige Entwicklung Korsikas verwendet wurde, ohne Gegenstand der Zensur zu sein".

"Undenkbar, solch ein Urteil zu akzeptieren"

Schließlich entschied das französische Verwaltungsgericht gegen die korsische Verordnung in beiden Punkten. Die Formulierung "Korsisches Volk" verstoße gegen Artikel 1 der französischen Verfassung, weil, so heißt es in dem Urteil, sie "im Gegensatz zur Vorstellung einer einzigen und unteilbaren Republik steht". Und Korsisch als Amtssprache verstoße gegen Artikel 2, wonach "die Sprache der Republik Französisch ist".

Alles klar? D'accord? Nicht im Geringsten. Ein kurzer Überblick über die lokalen Medien zeigt, dass die Stimmung auf der Insel eher kämpferisch ist.

"Diese Entscheidung läuft darauf hinaus, den gewählten Vertretern Korsikas das Recht zu nehmen, ihre Sprache bei Debatten in dem korsischen Parlament und im Exekutivrat zu sprechen", heißt es in einer Pressemitteilung der korsischen Parlamentsmitglieder Gilles Simeone und Marie-Antoinette Maupertuis, "Diese Situation zu akzeptieren, ist für uns undenkbar."

"Diese Gerichtsentscheidung und ihre Begründung bestätigen nur die absolute Notwendigkeit einer Verfassungsrevision", sagen die nationalistischen Volksvertreter, "insbesondere um der korsischen Sprache den Status einer Ko-Amtssprache zu garantieren, eine wesentliche Bedingung für ihr Überleben und ihre Entwicklung".

Und es sind nicht nur Worte, wie die korsische Tageszeitung Corsematin erfahren durfte:

"Die korsischen Abgeordneten, die sich erstmals 'einvernehmlich' geweigert hatten, die Verordnung von 2021 aus 'rechtlichen, politischen und weltanschaulichen' Gründen zurückzuziehen, geben heute bekannt, dass sie ab der nächsten Sitzung allen Fraktionen vorschlagen werden, einen gemeinsamen Standpunkt angesichts der rechtlichen und politischen Situation zu adoptieren, die durch das Urteil des Verwaltungsgericht von Bastia geschaffen wurde."

Dabei geplant ist eine Berufung an den Staatsrat, der als Verwaltungsgericht zweiter Instanz dieses Urteil aufheben kann.

Eine unbeliebte Figur: Der Präfekt

Es ist kein Zufall, dass es der Präfekt war, der sich der  korsischen Verordnung 2010 widersetzt hatte. Solch ein oberster Verwaltungsbeamter, der den Zentralstaat in einer Provinz verkörpert, wäre in einem föderalen Staat wie Deutschland undenkbar.

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Und was die korsische parlamentarische Gruppe "Core in Fronte" über diese Institution zu sagen hat, deutet darauf hin, dass man auf der Insel irgendeine Art von Föderalisierung anstrebt – die Pressemitteilung erwähnt auch den Protest 2022 gegen die Tötung eines korsischen politischen Aktivisten, Yvan Colonna, im Gefängnis, der wiederum seit 2003 einsaß, weil er 1998 am Mord eines anderen Präfekten teilgenommen habe. Sein Tod löste 2022 wochenlange Unruhen in Korsika aus.

"Korsika hat nur zu sehr unter Präfekturzwang gelitten. Die jüngsten Gespräche von Präfekten, auf die Jean-Félix Acquaviva hinweist und die mit obszöner Freude die Ermordung von Yvan Colonna kommentieren, heben den Hass hervor, der von dieser französischen elitären Körperschaft aufrechterhalten wird."

Wäre die Abschaffung der Präfektur eine praktikable, langfristige Lösung für Korsika und Frankreich? Der Weg für diese und ähnliche Lösungen geht sicherlich bergauf. Aber der alljährliche Protest und Unruhen sind auf Dauer nicht tragbar.

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