Stellungnahme/Richtigstellung: Verfolgung durch den Verfassungsschutz Baden-Württemberg

(Auszug der Pressemitteilung von Querdenken 711)

 

Stuttgart/09.12.2020 Durch die Medien wurden wir damit konfrontiert, dass „das Landesamt für Verfassungsschutz in Baden-Württemberg auf politische Weisung von Innenminister Thomas Strobl Querdenken 711 und ihre regionalen Ableger als Beobachtungsobjekt einstuft.“

 

Zunächst wundern wir uns darüber, dass die Pressemitteilung zu einem Großteil aus Zitaten von Herrn Strobl besteht. Die Basis für die Einschätzung des Verfassungsschutzes wird nicht genannt. Wir freuen uns jedoch gleichzeitig darüber, dass Herr Strobl in der Pressemitteilung bestätigt: „Die Mehrheit der Teilnehmerinnen und Teilnehmer der ‚Querdenken‘-Demonstrationen sind keine Extremisten“ -entgegengesetzt zu der Darstellung der Demonstrationen in den Medien. Thomas Strobl ist seit 1996 verheiratet mit Christine Strobl, der ältesten Tochter des CDU-Politikers Wolfgang Schäuble. Zum 1. Mai 2021 soll Christine Strobl die Nachfolge von Volker Herres als Programmdirektorin des ARD-Gemeinschaftsprogramms Das Erste antreten. Thomas Strobl ist Mitglied der CDU und kriminalisiert die größte außerparlamentarische Bürgerbewegung.

 

Grundsätzlich ist die Entscheidung, eine Organisation zu beobachten, eine politische Entscheidung der jeweiligen Regierung. Behördenintern wird die Entscheidung, eine Organisation zum Beobachtungsobjekt zu machen, durch den Behördenleiter – in einigen Ländern im Einvernehmen mit dem Innenminister – getroffen. Hier ist offensichtlich das CDU-Mitglied und der Schwiegersohn von Wolfgang Schäuble, Thomas Strobl, der Initiator.

 

Der Entscheidung, eine Organisation zu beobachten, geht allerdings zwingend eine Vorprüfung voraus. Sie dient dazu zu prüfen, ob die rechtlichen Voraussetzungen für die Beobachtung erfüllt sind. Auch diese Vorprüfung wird behördenintern ausdrücklich beschlossen: Eine bestimmte Organisation wird zum „Prüffall“ erklärt. Auch diese Entscheidung wird durch den Behördenleiter getroffen oder durch den Referatsleiter im Einvernehmen mit dem Behördenleiter.

 

Da es eine Organisation Querdenken-711 in einer rechtlichen Organisationsform noch gar nicht gibt, kann es eine Beobachtung als Organisation auch nicht geben, sondern es könnte lediglich eine Beobachtung von Einzelpersonen geben. Querdenken ist auch keine hierarchisch gegliederte Gruppe, sondern ein dezentral aufgestellter Zusammenschluss von Menschen, der völlig unabhängig voneinander demokratische und rechtsstaatliche Proteste gegen die staatlichen Cororna-Maßnahmen bündelt und punktuell vernetzt. Offenbar sind diejenigen der Regierung ein Dorn im Auge, die die Demonstrationen organisieren.

 

Von einer Vorprüfung im vorgenannten Sinne hat bisher keine Person aus dem Umfeld von Querdenken irgendeine Kenntnis. Eine Beobachtung muss sich auf Bestrebungen beziehen, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtet sind. Voraussetzung für die Beobachtung ist nicht, dass bei ihrem Beginn bereits feststeht, dass die zu beobachtende Organisation verfassungsfeindliche Bestrebungen verfolgt; es reicht aus, wenn es hierfür hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte gibt.

 

Verfassungsschutzrechtlich relevant ist erst die Entwicklung von Aktivitäten, die auf die Beseitigung der Prinzipien der freiheitlichen demokratischen Grundordnung abzielen.

 

Die Bestrebung von Querdenken ist es gerade, einen Debattenraum zu eröffnen, in dem alle gesellschaftlichen Meinungen, Schichten, Ideen vorurteilsfrei miteinander kommunizieren können, um den Grundprinzipien Menschenwürde – Demokratie – Rechtsstaat gerade auch in Krisenzeiten zu einer bestmöglichen Entfaltung zu verhelfen. Im Sinne dieser Definition erscheinen gerade die öffentlichen Angriffe auf Querdenken dazu geeignet, diejenigen, die sich entsprechend äußern als Verdachtsfall einzustufen, als umgekehrt.

 

Die Beobachtung einer Organisation durch den Verfassungsschutz ist nicht erlaubt, wenn der Verdacht, sie verfolge verfassungsfeindliche Bestrebungen, sich nur auf Gerüchte, Behauptungen von Politikern oder Wertungen in Medien stützt. Vielmehr muss der Verdacht durch Tatsachen begründet sein, die darauf schließen lassen, dass die Organisation möglicherweise darauf abzielt, die freiheitliche demokratische Grundordnung oder jedenfalls eines ihrer notwendigen Elemente zu beseitigen. Das Bundesverwaltungsgericht formuliert: „Es müssen konkrete und in gewissem Umfang verdichtete Umstände als Tatsachenbasis für den Verdacht vorliegen.“

 

Wird aus einer Meinungsäußerung, welche die Ablehnung eines Elements der freiheitlichen demokratischen Grundordnung nicht zum Inhalt hat und die auch nicht inhaltlich mit dieser Verfassungsordnung unvereinbar ist auf eine verfassungsfeindliche Zielsetzung geschlossen, dann ist dies ein Schluss auf die nicht geäußerte – innere – Gesinnung des Äußernden. Eine verfassungsfeindliche Gesinnung darf dem sich Äußernden aber nicht von den Verfassungsschutzbehörden einfach unterstellt werden.