Querdenken in Leipzig

Diskussionsbeitrag im Vorfeld der Querdenken Demonstration. Von Ralph T. Niemeyer.

Liebe Mitstreiterinnen und Mitstreiter,

es hat schon einen gewissen Klang, wenn man in dieser Woche auf die Frage, was man am übernächsten Wochenende mache, antwortet, man fahre nach Leipzig, die Grenze sei ja gerade mal offen!

1989 und Heute stellen historische Zäsuren dar.  Ebenso wie 1989  sind mal wieder die Lügen zu groß geworden. Ebenso wie in der DDR maßt sich mal wieder eine arrogante Herrschaftselite an, mündigen Bürgern Wasser zu predigen, selber aber Wein zu trinken. Wandlitz wurde in eine 4 Millionen - Euro Villa nach Zehlendorf verlegt und während Ottonormalverbraucher um soziale Exitenz, Zukunft und Lebensperspektive fürchtet, versteigen sich mit ständig steigenden Diäten überversorgte Abgeordnete und Regierungsmitglieder dazu, der Bevölkerung des Landes, welches Deutsch heißt, unter martialischer Straf- und Gewaltandrohung jegliche Lebensfreude zu nehmen. Innerdeutsche Grenzen und Sperrgebiete werden mithilfe von Soldaten willkürlich festgelegt, grundgesetzwidrige Sperrstunden und Beherbergungsverbote erlassen, derweil Parlamentarier und Minister sich während der angeblich größten Krise nach dem Zweiten Weltkrieg eine lange Sommerpause gönnen, anstatt Tag und Nacht daran zu arbeiten, uns aus der Krise zu führen. Denunziantentum wird zur Spaltung der Bevölkerung auf eine Weise propagiert, die selbst der STASI die Schamesröte ins Gesicht treiben würde und so wird die Maske zum neuen Hakenkreuz.    

Die Tatsache, daß ich mit meinen auch heute noch für mich gültigen Überzeugungen, daß der Frieden insbesondere mit Rußland, die Auflösung der NATO, der Kampf gegen Faschismus, Hochfinanz, Waffen-, und Pharmalobbyisten, und für eine soziale, nachhaltige und freiheitliche Politik in der alten BRD von Kohl und Strauß als ultra-links gescholten wurde, und die Niedervereinigung aus eben dem Grunde abgelehnt hatte, weil mir klar war, daß mit dem Anschluß der DDR ein Rechtsruck folgen würde, und somit faktisch 1989 auf der falschen Seite stand, beweist, daß sich das politische Koordinatensystem diametral verschoben hat, denn heute stehen meine ehemaligen Genossen mir als Teil der Merkel´schen Querfront gegenüber, was mich in die Lage bringt, in Anlehnung an KPD-Genossen Max Reimann zu rufen: ich habe nicht die Wiedervereinigung von 1990 begrüßt sondern die Wende von 1989 als Konterrevolution gesehen, aber ich werde sie nun verteidigen müssen gegen all Jene, die damals auf Kohl`s Märchen hereingefallen sind und mir nun vorwerfen, den Grundkonsens von uns Humanisten und demokratischen Sozialisten zu verraten, weil ich den Geist von Leipzig `89 wiederbeleben möchte.

Gegenwärtig ist unser Land tief gespalten und zwar nicht zwischen Ost und West, links und rechts, Oben und Unten, sondern derartig triefgreifend, daß der Riß durch Freundschaften und Familien führt. Wir müssen dies beenden und am Besten damit, daß wir den ersten Schritt tun. Diejenigen, die bislang aus Angst oder staatstreue den Verlautbarungen und Argumentationen der Regierung Glauben geschenkt haben, dürfen wir nicht damit aufziehen, daß sie etwas nicht durchschaut haben mögen. Die Regierung ist offensichtlich fehlgeleitet worden, und kann eigentlich ohne Gesichtsverlust nicht mehr zurückrudern.

Unsere Stärke liegt nun darin, den Menschen, die auf die Regierung vertraut haben, dies nicht hämisch zum Vorwurf zu machen, sondern vielmehr Brücken zu bauen, indem wir wie ´89 eine Art Runden Tisch einberufen, der aber diesmal versöhnen und nicht weiter spalten darf. Alles muß auf den Tisch und es muß von vorneherein klar sein, daß auf gegenseitige Schuldzuweisungen und persönliche Angriffe verzichtet werden muß.

 

Natürlich gibt es die krudeste geschwurbelte Verschwörungstheorie des Jahrhunderts: Kapitalismus bricht so mir nichts Dir nichts vor einem Virus zusammen!

Aber wenn wir uns einig sind, daß es zwar einen mitunter in manchen Fällen tödlichen Virus gibt, der nicht unterschätzt werden sollte, weshalb bestimmte Regeln durchaus Sinn machen dürften, wir aber deshalb weder zu paranoiden Maskenmenschen mutieren und auch nicht übereilt irgendwelche Impfversuche mit uns machen lassen müssen, dann kann man sicher über so einige Maßnahmen verhandeln, die die allgemeine Gesundheit fördern.

Aber dazu zählt Augenmaß und vor allen Dingen die Einsicht und Freiwilligkeit der Bevölkerung und eben nicht ein Zwang, der sehr schnell mit dunkelsten Kapiteln der Geschichte unseres Vater- und Mutterlandes in Verbindung gebracht wird.

Es gilt vor Allem die Würde des Menschen, besonders im Falle von Krankheit, gesegnetem Alter und im Sterbevorgang und die Freiheit der Selbstbestimmung zu wahren.

Und es gilt die soziale Existenz aller Menschen zu sichern, gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten. Die Suizidrate während dieses Jahres hat sicher wegen der zum Teil übertriebenen Maßnahmen stark zugenommen. Das darf nicht verschwiegen werden. Es gibt nicht nur Tote, die mit und wegen Corona verstorben sind, sondern auch viele, die wegen der Maßnahmen gegen Corona gestorben sind.  

Und, wenn ich sage, wir müssen versöhnen und nicht spalten, dann möchte ich den Anfang damit machen zuzugeben, was wir Sozialisten falsch gemacht haben. Unser System hat offensichtlich nur bedingt funktioniert. Es erstickte schließlich an einem völlig irrationalen Zentralismus. Der Kapitalismus hingegen verschluckt sich an seiner Gier und Konzentration.

Der Sozialismus versprach, daß man alles bekommen würde, was man brauche. Der Kapitalismus behauptet, wir bräuchten alles, was wir bekommen.

Bevor wir in einen neuen Faschismus abrutschen, müssen wir darüber reden, wie es weitergehen soll.

30 Jahre Neoliberalismus haben nicht zu mehr sozialer Sicherheit geführt, nicht zu besserer Bildung, sondern zu Überkapazitäten in verschwenderischen Industriezweigen, was den unglaublichen Plastikmüll in den Weltmeeren erklärt. Zugleich wurden soziale Bereiche, u.a. in Pflege- und medizinischen Berufen sträflich auf Profitmaximierung infolge von Privatisierungen getrimmt und entsprechend unterversorgt. Wir müssen und können dies sofort korrigieren.  

Dafür ist es aber notwendig, eines einzusehen. Corona legt endlich offen, wo es bei uns hapert und was wir tun müssen, um eine bessere Gesellschaft zu schaffen.

Was ansteht ist allerdings wirklich eine Revolution: die Abkehr von der Logik ungebremsten Wachstums! Wenn ein System sich nur um den Preis von Zerstörung am Leben halten kann, dann verhandelt man nicht um die Höhe des Preises, sondern stellt das System in Frage!

Ich sagte zuvor, daß beide Systeme ihre Fehler haben. Ich muß etwas relativieren. Dem Sozialismus war bislang ein einiziger Versuch gegönnt worden. Er ist gescheitert. Der Kapitalismus scheitert jedoch seit fast 400 Jahren immer wieder und schafft es dennoch jedes Mal ein Comeback hinzulegen.

Der Sozialismus implodierte, Kapitalismus explodiert und führte bisher stets zu großen Kriegen, und auch heute gibt es eine konkrete Weltkriegsgefahr, weil das die-Luft-aus-den-Blasen-lassen halt nicht ohne brutale soziale Verwerfungen zu gelingen scheint. Gastronome, mittelständische Unternehmerinnen, freischaffende Künstler, auch Lebenskünstler!, Wissenschaftler, Arbeitnehmer, Menschen, die das System recht zynisch aufgegeben hat und vor allem jene, die sich am wenigsten wehren können, Kinder, Jugendliche und Senioren, zahlen mal wieder die Zeche, die Hedgefondsmanager und Investment Banker geprellt haben.

2008 ist eben bis heute in Wahrheit nicht ad Acta gelegt worden, sondern mit jeder weiteren Bankenrettungsrunde hinausgezögert worden, bis es nun halt doch irgendwann zu knallen drohte. So schrieben alle großen Wirtschaftszeitungen in den vergangenen Jahren, daß 2020 eine große Rezession drohe. Aber dann kam wie ein „Deus ex Machina“ dieser ominöse Virus dazwischen und vertuschte, was eigentlich im Argen liegt. Angesichts der Flut von aus Hygienegründen in Plastik eingeschweißter Gebrauchsgüter und Alltagsgegenstände könnte man auch versucht sein, eine Verschwörung der Erdölindustrie sehen, die sich ein letztes Mal die Taschen vollstopft, bevor der Verbrennungsmotor durch vermeintlich ökologischere E-Mobilität ersetzt wird. Man kann nur darauf hoffen, daß sich am Ende Hydrogenantriebe durchsetzen.

Nun versucht also eine elitäre Schicht aus Bundestagsabgeordneten, Staatssekretären, Ministern und Redaktionsleitern verzweifelt mit einer hanebüchenen Legende die Luft aus den Blasen zu lassen aber leitet sie doch nur in einen „Grünen Tech-Raubtierkapitalismus“ um, aber was wir brauchen ist kein "Grüner Endsieg" und Öko-Faschismus, sondern einen wirklichen Neustart unseres ökonomischen Systemes, welches nachhaltiger und sozialer sein muß, als der Neo-Liberalismus.

Da die Produktivität ständig steigt, weil wir weniger Energie, Arbeitskraft und Kapitaleinsatz benötigen, als jemals, ist der Kapitalcoeffizient günstiger, denn je zuvor, das heißt, es ist immer mehr zum Verteilen da und da die Gesellschaft insgesamt produktiver wird, kann man sich auch bessere soziale Standards leisten.

Dies setzt allerdings voraus, daß es keine leistungslose Einkommen von Aktionären und Großanlegern gibt, sondern, daß Konzerne, Banken und Großbetriebe ab 1000 Mitarbeitern als Stiftungen und Genossenschaften betrieben werden und von denjenigen Managern und Mitarbeitern verwaltet werden, die im Unternehmen beschäftigt sind.

Wenn es keine Aktienmärkte mehr gibt, wird es auch keine Profitmaximierung und auch keine abfließenden Gewinne in die Tasche von Erben und Coupon-Schneidern geben, die eben nicht arbeiten, sondern bei Kisten von Chamagner ihre Vermögenswerte zusammenzurechnen versuchen.        

Und natürlich brauchen wir eine Wertschöpfungsabgabe, damit eine tatsächlich freie und soziale Marktwirtschaft, in Anlehnung an den Ordoliberalismus, dessen Verfechter Ludwig Erhardt war, funktionieren kann, aber eben mit dem Hauch von Sozialismus, den eine wirklich humane Gesellschaft nun einmal braucht, wie die Luft zum Atmen!

Alle Menschen müssen mitgenommen werden, denn die gesteigerte Produktivität wird viel „Humankapital“ freisetzen welches nicht mehr in digitalisierter Produktion benötigt wird. Die Menschheit hat mithin geschafft, was sie seit Jahrtausenden sich wünschte: die Mühen der Ebenen in Täler mit Milch und Honig zu verwandeln. China scheint uns dabei gerade einen Schritt voraus zu sein, aber ebensowenig wie der angelsächsische und US-amerikanische Kapitalismus von Amazon und Google uns Vorbild sein kann, sollten wir uns einreden lassen, das Chinesische Modell mit seinem 5G - Überwachungsregime sei die Lösung. Die Digitalisierung ist nicht in allen Bereichen sinnvoll und zerstört analoges menschliches Leben und Gefühle. Homeoffice ersetzt nicht die zwischenmenschlichen Aspekte, die auch Kreativität und Produktivität fördern.

Ich denke als alter Sozialist, daß wir wieder so etwas bräuchten, wie die Rede Lenin´s in der er rhetorisch frug „Wer ist der Arbeiter?“, und in welcher wir heute neu definieren, daß es  keinen  „Fetisch Arbeit“ geben kann, wenn die Produktivität so rasch wächst, daß wir uns einem immer kürzeren Erwerbsleben gegenübersehen, also mit unserer vielen Freizeit etwas anderes anfangen können, zum Beispiel uns sozial zu engagieren.   

Vermutlich schlachtet man mich nun von zwei Seiten, aber ich sage es trotzdem: die DDR bot die materiellen Voraussetzungen für ein philosophisches Leben, aber leider ließ einen das Politbüro geistig verhungern. Ein Ausweg aus der Misere innerhalb des Kapitalismus wäre wohl das „Bedingungslose Grundeinkommen“. Ich bin mir nicht sicher in diesem und in einigen anderen Punkten, aber ich denke in einer Demokratie darf man mal alles zur Disposition stellen und eine Debatte eröffnen. Aber bevor dies überhaupt gelingen kann müssen wir uns die Freiheit wieder erkämpfen, denn Sozialismus, Kapitalismus, Neo-Liberalismus klingen zu sehr nach „Müssen“, aber Freiheit nach Ideal, und so kann mal wieder Leipzig Ausgangspunkt großer gesellschaftlicher Veränderungen werden, im „Run-Up“ zum 9. November in Berlin, dem Tag des Maskenfalles!

1989 war auch der Sieg der runden Tische über die Grünen Tische, machen wir da weiter, wo wir 1989 stehengeblieben sind!