Jedes Jahr starben weltweit bereits um 2015 ca. 1,1 Millionen Menschen an Tuberkulose - fast so viele wie an Aids. Das sind zu viele, warnt die WHO. Denn mit der richtigen Therapie ist Tuberkulose oft heilbar.
Es ist ein trauriger Wettlauf: Tuberkulose macht dem HI-Virus zunehmend als eine der häufigsten Ursachen für durch Infektionskrankheiten verursachte Todesfälle Konkurrenz: Laut einem aktuellen Bericht der Weltgesundheitsorganisation WHO starben 2014 1,1 Millionen Menschen an Tuberkulose - ähnlich viele wie bereits 2013.
Im gleichen Zeitraum (2014) erlagen 1,2 Millionen den Folgen einer Infektion mit HIV.
Der Report zeige den deutlichen Fortschritt, was die Verfügbarkeit von Aids-Medikamenten in den vergangenen zehn Jahren angehe, so Mario Raviglione, Direktor des WHO-Tuberkuloseprogramms. Das habe vielen Menschen geholfen, die Infektionen zu überleben. Gleichzeitig werde aber deutlich, dass immer noch zu viele Menschen an Tuberkulose sterben.
Der WHO-Report macht erneut deutlich, dass die Infektionskrankheiten häufig gemeinsam auftreten: 400.000 der Aids-Toten litten auch an einer Tuberkuloseinfektion.
Für den Bericht hat die WHO Daten aus 205 Ländern ausgewertet. Am stärksten von Tuberkulose sind demnach Südostasien und Regionen im Westpazifik betroffen. Gemessen an der Einwohnerzahl verzeichnete aber Afrika die meisten Fälle.
Multiresistente Keime bleiben ein Problem
Sorgen bereiten den Gesundheitsexperten weiterhin multiresistente Tuberkulosestämme, die nicht mehr auf die beiden wirksamsten Medikamente anschlagen. Von den nach WHO-Schätzungen 480.000 Fällen mit resistenten Keimen im Jahr 2014 sei gerade mal einer von vier richtig diagnostiziert worden - womit häufig die Grundvoraussetzung für eine sinnvolle Behandlung fehlt. Besonders betroffen von den multiresistenten Keimen waren China, Indien und Russland.
"Trotz der Fortschritte durch den Einsatz besserer Diagnostika wie etwa molekularer Schnelltests wurde 2014 bei weniger Menschen multiresistente Tuberkulose diagnostiziert als 2013, obwohl die geschätzte Fallzahl gleichbleibend ist", erklärt Grania Brigden von Ärzte ohne Grenzen. "Wir verlieren im Kampf um die Kontrolle der resistenten Tuberkulose an Boden."
Um die Krankheit weltweit effektiv zu bekämpfen, fehlen laut WHO für das Jahr 2015 1,4 Milliarden Dollar (etwa 1,3 Milliarden Euro). Derzeit stünden etwa 6,6 Milliarden zur Verfügung, acht Milliarden seien notwendig.
TB ist eine Infektionskrankheit, die vom Erreger Mycobacterium tuberculosis übertragen wird. Normalerweise befällt der Erreger die Lungen, es kann jedoch auch zur Infektion anderer Organe kommen. Die Krankheit breitet sich über die Luft aus, wenn Erkrankte die Bakterien etwa beim Husten ausstoßen.
Allerdings bricht nur bei relativ wenigen Menschen, die mit dem Erreger infiziert sind, die Krankheit auch tatsächlich aus. Besonders gefährdet sind Menschen mit geschwächtem Immunsystem. Ohne Behandlung sterben bis zu 70 Prozent der Erkrankten innerhalb von zehn Jahren an einer Lungentuberkulose
Auch in Europa und Zentralasien drohen aktuell schwere Rückschläge beim Kampf gegen Tuberkulose und HIV. "Wir hatten große Fortschritte in den letzten Jahren gemacht", berichtet
Dr. Masoud Dara. Der Arzt ist bei der Weltgesundheitsorganisation (WHO) für Europa und Zentralasien zuständig.
"Die Tuberkulose-Epidemie ist stärker als bisher gedacht". So lautet der einleitende Satz im diesjährigen Welt-Tuberkulose (TB) Bericht der UN-Weltgesundheits-Organisation WHO. Das liegt einerseits daran, dass die Anzahl der Neuerkrankungen relativ stabil, aber auf hohem Niveau ist, aber auch daran, dass der WHO neue Daten aus Indien vorliegen, die im letzten Bericht noch nicht berücksichtigt worden waren.
WHO-Generaldirektorin Margaret Chan sieht jedenfalls keinen Grund zur Entwarnung: "Wir müssen uns sehr anstrengen, um unsere Ziele bei der Bekämpfung der Tuberkulose zu erreichen", sagte Chan. "Es muss eine massive Verstärkung der Bemühungen geben oder die Staaten werden hinter den Zielen zurückfallen."
Multiresistente TBC in Russland, China und Indien
2015 gab es 10,4 Millionen Neuerkrankungen.
Davon entfielen etwa 480.000 Fälle auf multiresistente TB-Erreger - also Keime, die nicht auf Penizillin oder andere Antibiotika reagieren. Hinzu kommen 100.000 Fälle von Rifampicin-resistenten Erregern, die auf ein gängiges Antibiotikum nicht mehr ansprachen. 45 Prozent dieser resistenten TB-Fälle traten in Indien, China und Russland auf.
1,4 Millionen Menschen, die keine HIV-Träger waren, sind 2015 an den Folgen von TB verstorben.
Weitere 400.000 HIV- infizierte erlagen ebenfalls an den Folgen einer TBC-Erkrankung. Damit rangiert TB noch immer unter den 10 häufigsten Todesursachen weltweit.
Immer noch liegt die Anzahl der Neuerkrankungen seit der Jahrtausendwende stets knapp über 10 Millionen jährlich.
Die Vereinten Nationen haben sich 2015 neue nachhaltige Entwicklungsziele ("Sustainable development Goals/SDGs") gesetzt, die sie bis 2030 erreichen wollen. Die Bekämpfung von TB ist eins davon.
Die WHO strebt eine Reduzierung der Neuinfektionen bis 2030 um 80 Prozent und der Todesfälle sogar um 90 Prozent an. Länder, die gezielt Patienten-Screenings und Behandlungen durchführen, können schon jetzt deutliche Erfolge vorweisen. Insofern wären die Ziele medizinisch wohl innerhalb der gesetzten 15 Jahre erreichbar - wenn alle Staaten mit Entschlossenheit das Ziel verfolgen.
Priorität bei der Bekämpfungsstrategie haben Länder mit hohen Fallraten. Dazu hat die WHO drei Länderlisten mit je 30 Staaten zusammengestellt. Fast alle davon liegen in Subsahara-Afrika, auf dem Asiatischen Subkontinent wie Pakistan und Indien, in Eurasien von Russland über Aserbaidschan bis in die Mongolei und in Südostasien von China über Kambodscha und über die Philippinen bis nach Indonesien.