Ist der DFB ein Selbstbedienungsladen, der über Leichen geht? 

In den vergangenen Tagen hat der 69-jährige Zwanziger zwei Vorwürfe gegen seinen Nachfolger Wolfgang Niersbach an die Öffentlichkeit lanciert. Der erste ist politischer Natur.

Theo Zwanziger

Der amtierende DFB-Präsident habe kein Programm und kein Profil, er sei ein Leichtgewicht. In Brasilien im Quartier der Nationalmannschaft wurde eifrig die Geschichte verbreitet, Niersbach habe einem Dokumentarfilmer keine Auskunft erteilt, der eine der dunkelsten Episoden aufbereitet hat. Im Film wird behauptet, 1977 hätte der DFB unter Hermann Neuberger den Tod einer Frau verhindern können, die im Gefängnis der argentinischen Militärjunta saß. Der DFB  hofierte damals lieber die faschistische Militärjunta und spielte brav Fußball, statt sich mit der linken deutschen Studentin zu solidarisieren, die von der Junta mit dem Tode bedroht worden war. Das hat die Fußball-Funktionäre schlicht nicht interessiert.

Studentin Käsemann - Trotz Ermordung durch die faschistische Militärjunta 1977 sagte man das Freundschaftsspiel gegen Argentinien 1977 nicht ab- und noch heute schweigt der "Sauhaufen"  DFB dazu

Niersbach blieb bei aller Wortgewalt überzeugende Antworten schuldig. Als ließe sich die fehlende Linie bei der Reaktion auf die gravierenden Disziplinlosigkeiten der Nationalmannschaft nicht elegant korrigieren; als dürfte ein DFB-Präsident auf das gut dokumentierte, schreckliche Versagen der deutschen Diplomatie im Zusammenspiel mit dem DFB nach der Ermordung der Studentin Elisabeth Käsemann durch die argentinische Militärjunta wenige Tage vor einem Freundschaftsspiel in Buenos Aires 1977 mit Schweigen reagieren. Niersbach sagte ein versprochenes Interview ab.

 

Die Sprachlosigkeit der Sportführer

 

Es ist diese Sprachlosigkeit in Führungs- und Haltungsfragen, die sich Sportführer heute nicht mehr leisten dürften. Das gilt aber nicht nur in Verteidigungsfällen. Seit wenigstens zwei Jahren wächst der Druck der Welt-Gesellschaft auf die erste Reihe des Sports, ihr Handeln zu legitimieren. Denn nachdem die erstbesten Sportkameraden jahrzehntelang die gesellschaftspolitische Wirkung ihrer Verbände proklamiert haben, fordert die Gesellschaft sie nun auf, ihre selbstgewählten, hehren Regeln auch mal anzuwenden. Das hat der weltweite Aufschrei nach den Enthüllungen der Skandale in und um Qatar gezeigt. In Deutschland belegte die Ablehnung Münchens als Bewerber um die Winterspiele 2022 durch die Bevölkerung einen Stimmungswandel. Das waren die letzten Alarmzeichen für Sportfunktionäre in einflussreichen Positionen: Es ist noch wichtiger geworden, über die Spielfelder hinaus zu schauen, den Spitzensport wieder einzubetten in die Mitte der Gesellschaft. Angesichts seiner Kraft hat der Fußball die Verpflichtung, dieser Rolle gerecht zu werden. 

Und wieder spielt man trotz sozialer Unruhen und der Verschwendung von Millionen für Fußball-Tempel bei gleichzeitiger  bitterer Armut der Menschen im Lande und trotz verfallender Infrastruktur wieder brav und bieder Fußball in Lateinamerika ohne sich über Mißstände im Lande zu äussern . Lieber posieren deutsche Nationalspieler mit brasilianischen Paramilitärs vor der Kamera, die Demonstranten zusammenschlagen .

 

 Der DFB spielte stattdessen lieber Fußball - als sich im Lande zu äussern. Blamabel. 

Ganz  im Sinne der argentinischen Propaganda handelte man damals.  Nachfragen waren damals - wie offenbar heute auch noch - unerwünscht.

Ebenso greift Zwanziger seinen Nachfolger aber mit einem weiteren  Vorwurf an. Es geht um die Vergütung als ehrenamtlicher Präsident. Niersbach soll sich, so der Vorwurf von Zwanziger, an Gremien vorbei eine üppige Altersvorsorge genehmigt haben.  Das ist Selbstversorgungsmentalität deutscher Sport-Funktionäre, die kritisch hinterfragt werden sollte.

Man könne sich „doch nicht bei Hunderttausenden von Menschen, die unter Ehrenamt im Fußball etwas ganz anderes verstehen, aus der Kasse des DFB Vergütungen in einer deutlich sechsstelligen Größenordnung zahlen lassen“, kritisierte Zwanziger und fügte hinzu: „Das ist Heuchelei. Der DFB ist schließlich ein gemeinnütziger Verband.“, sagte Zwanziger.

 Der DFB entgegnet empört, die Aufwandsentschädigung für Niersbach entspreche "exakt der des Amtsvorgängers Zwanziger", die Altersversorgung sei gutachterlich geprüft und vollumfänglich mit den Vorgaben des gemeinnützigen Verbandes vereinbar.

Jetzt fordert der  DFB aus Rache den Rücktritt von Theo Zwanziger als Fifa-Mitglied.