Gedanken und Plädoyer zur Zukunft eines gemeinsamen Europas

 

Ein gemeinsames Europa ist eine wundervolle Idee und natürlich auch politisch und ökonomisch notwendig; nur muss dieses Europa sozial, solidarisch, demokratisch, ökologisch und friedlich sein. Das ist das Ziel der Partei DIE LINKE und der Linken in Europa.

Dies wird aber erst möglich sein, wenn endlich das Europäische Parlament die Legislative, also die gesetzgebende Gewalt, in Europa übernimmt, die Vorschläge die DIE LINKE zur demokratischen Erneuerung unterbreitet hat (Volksinitiativen, Volksbefragungen, Volksbegehren, Volksentscheide und Volksabstimmungen, Generalstreik, Runde Tische, Außerparlamentarisches Kontrollgremium usw.) auch auf EU-Ebene und in allen Mitgliedsstaaten angewandt werden sowie eine Verfassung auf den Weg gebracht wird, die ein neues Europa für die Menschen zum Ziel hat und in den jeweiligen Mitgliedsstaaten gleichzeitig zur Abstimmung gestellt wird.

Die Verträge von Maastricht und Lissabon sind zu beseitigen und durch ein europaweites Gesetz, dass ein soziales, ökologisches und demokratisches Wirtschaftsmodell, das langfristig Vollbeschäftigung für alle herbeiführt sowie soziale, ökologische, demokratische, rechtsstaatliche, verbrauchschutzrechtliche und innerbetriebliche Mindeststandards berücksichtigt, zu ersetzen.

Der EU-Haushalt sollte endlich transparent gemacht und streng kontrolliert werden, um die Verschleuderung von Steuergeldern endlich der Vergangenheit zu überweisen.

Schon der Vorsitzende des Haushaltskontrollausschusses des EU-Parlaments, Herbert Bösch, wies darauf hin, dass kein Mensch weiß, in welchem Umfang die EU Geld ausgibt und vor allem wofür, da es an jeglicher Transparenz und Kontrolle mangelt.

Dies ist ein Skandal sondergleichen, der so niemals hingenommen werden kann.

Auch die Höhe der Einzahlung in den EU-Topf und wie viel jeder davon erhält, sollte endlich klar geregelt sein, da es nicht sein kann, dass Deutschland jährlich rund 8-10 Milliarden Euro in die Europakasse einzahlt, aber nur ein Bruchteil davon wieder heraus bekommt, was uns zum größten Nettoeinzahler der Europäischen Union werden lässt.

Allein eine Rücknahme des im Jahre 1984 ausgehandelten Britenrabattes würde Deutschland um 4-6 Milliarden Euro pro Jahr entlasten. Dies ist doch eine ungeheure Zahl, die von den Herrschenden überhaupt nicht zur Kenntnis genommen wird.

Stattdessen stellen sie sich hin und behaupten, es sei kein Geld da, den Regelsatz bei Hartz IV zu erhöhen, ein solides Bildungssystem auf den Weg zu bringen oder den 2,6 Millionen Kindern in diesem Lande, die von Armut betroffen sind, zu helfen. Das ist ungehörig und verlogen. Geld ist nämlich in Mengen vorhanden; nicht nur zur Lösung der Probleme in Deutschland, sondern in ganz Europa. Es darf nur nicht verschleudert werden oder in schwarzen Kanälen versickern. Das ist die Wahrheit. Und die Reichen müssen sich beteiligen und zwar angemessen. Steuerhinterziehung gehört bekämpft.

 

Verträge von Maastricht und Lissabon schreiben neoliberale Politik fest

 

Die Bürgerinnen und Bürger Europas verbanden einst mit der Europäischen Union einen Staatenbund und eine Institution, die dazu beiträgt, Frieden zwischen einstmals verfeindeten Staaten herzustellen und die Völker einander näher zu bringen und dass gemeinsame Aufgaben, die in Europa anstehen auch gemeinsam gelöst werden. Anfangs sind diese Hoffnungen noch erfüllt wurden, doch spätestens seit der neoliberalen Wende Ende der 1970-er Jahre in ganz Europa, der  Teilnahme Deutschlands und anderer Staaten am Jugoslawienkrieg und den Verträgen von Maastricht und Lissabon, schwenkte die politische Ausrichtung der EU und der einzelnen Mitgliedsstaaten immer mehr zu einem völlig verfehlten Kurs des entfesselten Kapitalismus, des Neoliberalismus durch Deregulierung, Privatisierung und massiven Kahlschlag des Sozialstaates und der Demokratie sowie des Militarismus und der Macht der Banken, Konzerne, Vermögenden und Superreichen ein.

So sieht der Maastrichter Vertrag vor, dass die jährliche Neuverschuldung nur 3% und die Gesamtverschuldung nur bei 60% des BIP der EU - Mitgliedsstaaten liegen darf. Doch es geht hier nicht um die Begrenzung und Rückführung der Staatsverschuldung, sondern einzig und allein darum, den wirtschaftlich schwächeren Staaten den haushalts- und konjunkturpolitisch notwendigen Spielraum zu nehmen, um sich von den wirtschaftlich stärkeren Staaten, ihrer Banken und Konzerne abhängig zu machen. Denn gerät ein Land in die Rezession, muss es Schulden aufnehmen, um in die Wirtschaft investieren zu können. Wenn die Wirtschaft wieder läuft, Gewinn gemacht wird, Steuern auf die Gewinne gezahlt werden und die Beschäftigung auch spürbar zunimmt und sich daraus Steuereinnahmen und Einsparungen bei den Sozialausgaben resultieren lassen, kann man mittel- bis langfristig die neuen und auch alten Schulden begleichen. Das ist das Grundprinzip der nachfrageorientierten Wirtschaftslehre, die von Keynes und vielen anderen vertreten und auf den Weg gebracht wurde. Doch seit Beginn der neoliberalen Ära ist man der Auffassung und Ansicht, dass nur ein rigider Sparkurs zum Abbau der Schulden führen kann. Doch da die Investitionen des Staates und die Kaufkraft massiv zurückgefahren werden, brechen die Wirtschaft und die Beschäftigung noch weiter ein und die Staatsverschuldung steigt. Das nennt man unter Ökonomen Schuldenparadoxum. Das bedeutet, wenn beispielsweise die schwäbische Hausfrau zu wenig Geld und Schulden hat, muss sie sparen, ein Staatshaushalt funktioniert aber gänzlich anders: Man muss sparen, wenn die Wirtschaft floriert und Schulden abbauen; und investieren, notfalls auch über neue Schulden, um eine Stagnation und Rezession der Wirtschaft abzuwehren. Insofern müsste der Maastrichter Vertrag zumindest weitestgehend geändert werden, um endlich ökonomische Ausnahme- und Notsituationen zu berücksichtigen und es müsste endlich einmal geregelt sein, dass eine vorübergehende Zunahme der Schulden durch eine höhere Besteuerung der Reichen abgebaut werden muss und nicht wie bisher die Bevölkerung durch massive Kürzungen bei Bildung, Gesundheit und Soziales bluten muss.

Im Grunde genommen kann man sagen, dass Irland und Spanien nur in die Krise gerieten, weil einerseits der Lissabonner Vertrag eine ausdrückliche Deregulierung der Wirtschaft und Finanzwelt vorsieht, aber eben auch durch die Regelung zur Staatsverschuldung im Vertrag von Maastricht. Irland und Spanien hatten nämlich vor Beginn der Finanzkrise so gut wie gar keine Schulden, ganz wenig nur. Im Zuge der Krise waren diese Staaten, wie andere auch, gezwungen, riesige Konjunkturprogramme aufzulegen und ihre Banken zu retten, was die Staatsverschuldung extrem ansteigen ließ. Und schon kam die Brüsseler Keule und bedrohte Spanien und Irland mit Strafzahlungen und massiven Kürzungsdiktaten bei ihren Haushalten.

Dadurch brach die Wirtschaft erst so richtig ein, die Arbeitslosigkeit, insbesondere bei den jungen Leuten im Alter zwischen 18 bis 25 Jahren stieg enorm an bis auf 55% und die Verschuldung der Staaten ebenfalls. Das sind die bitteren Zustände mitten in Europa.

Das geschieht, wenn man zur falschen Zeit am falschen Ende spart. Nur eine konsequente Bankenregulierung, Konjunkturprogramme, eine Besteuerung der Reichen, ein radikaler Schuldenschnitt und eine Haftung der Eigentümer und Anteilseigner der Banken sowie der Großaktionäre und jener, die über 100.000 Euro Spareinlagen haben, kann jetzt noch helfen.

Und wenn man sparen will, dann bei den extrem hohen Ausgaben fürs Militär und für Rüstungsprojekte, die ja im zweistelligen Milliardenbereich liegen, bei umweltschädlichen Subventionen und natürlich bei den extrem hohen Ausgaben für gewaltige Prestigebauten.

Das sollte auf europäischer Ebene geregelt werden, wenn man Politik für die Menschen will.

Die Verträge von Maastricht und Lissabon müssen daher schnellstens beseitigt und ersetzt oder aber zumindest weitestgehend geändert werden, um einen anderen Kurs einzuschlagen.

Der Vertrag von Lissabon und der seit ein paar Jahren geltende Fiskalpakt haben die Situation immer weiter verschärft, indem sie massive Einschnitte im sozialen Netz, noch mehr Privatisierungen und noch mehr Deregulierungen sowie ein Eingriff in das Haushaltsrecht der Parlamente der Mitgliedsstaaten vorsehen. Das ist Demokratieabbau pur. Ein Abbau von Sozialstaat und Demokratie ist aber auch dadurch gegeben, dass der Lissabonner Vertrag eine Kontrolle des Kapitalverkehrs gegenüber Staaten der Dritten Welt ausdrücklich als unnütz und überflüssig ansieht und so für deren Ablehnung plädiert. Er macht damit die Dritte Welt weiterhin zur Beute der westlichen Welt, deren Banken und Konzerne uneingeschränkt ihr Geschäft machen können auf Kosten der Bevölkerung in den Staaten des Südens, wie Afrika.

Aber auch Lateinamerika und Asien leiden unter dieser kapitalistisch-imperialistischen Vormachtstellung der EU. In der Regel wird die uneingeschränkte Macht der Banken und Konzerne noch durch Freihandelsabkommen abgesichert. Diese sehen vor, dass die Staaten des Südens vorrangig von Importen leben, damit die Banken und Konzerne der wirtschaftlich starken Staaten neue Absatzmärkte erobern können und die Banken durch die Verschuldung der Südstaaten, um ihre Importe zu finanzieren, ordentliche Profite einfahren können. Ein ganz perfides und perverses Spiel auf Kosten der Ärmsten. Gleichzeitig kann man durch Freihandelsabkommen aber auch billig Rohstoffe und Erzeugnisse, oftmals unter erbärmlichsten Arbeits- und Lohnbedingungen bis hin zu mitunter Kinderarbeit, in den Norden und Westen importieren. Freihandelsabkommen dienen nie der Entwicklung des Südens, auch wenn das immer wieder so dargestellt wird, sie schaden ihr und nützen nur den Profitinteressen der internationalen Banken und Konzerne, der Global Player dieser Welt. Daher sind diese Freihandelsabkommen abzulehnen und schnellstens rückgängig zu machen. Wir brauchen Verträge, Richtlinien und Gesetze der EU und UNO, die eine eigenständige Entwicklung der Staaten auf der südlichen Halbkugel verbindlich und deutlich festschreiben.

DIE LINKE lehnte von Anfang an all diese Freihandelsabkommen ab, auch das zwischen EU und USA, was jetzt auf den Weg gebracht  werden soll. Auch hier geht es wie immer und überall nur um die Profitinteressen der großen international tätigen und verzahnten Multis. Arbeits-, sozial-, verbraucherschutzrechtliche sowie ökologische Standards müssten nicht mehr eingehalten werden, weder bei Importen noch bei Exporten. Tarifverträge gelten nicht. Das Streikrecht wird beschnitten, die betriebliche Mitbestimmung und die Betriebsräte auch. Notfalls durch Klagen bei rechtlich völlig unzulässigen Instanzen, sogenannten vermittelnden Schiedskommissionen, die nicht vermitteln oder wie Gerichte nach Recht und Gesetz agieren, sondern Ombudsleute und Lobbyisten einberufen, die im Interesse der Banken und Konzerne Recht sprechen sollen. Das Kapital macht dann quasi von nun an absolut sein eigenes Recht. Der freie Handel und Kapitalmarkt geht somit weit vor Demokratie und Rechtsstaatlichkeit. Auch soll rückwirkend Klage eingereicht werden können, dafür, dass derzeit andere Regeln gelten, die ominöse Bankgeschäfte, die in den USA noch massiver und fataler sind als in Deutschland und der EU sowie Gen-Mais, gechlortes Geflügel und anderes klar verbieten.

DIE LINKE wird den Kampf gegen diese Pläne weiterhin konsequent führen. Er ist zwingend erforderlich, denn wer sonst, wenn nicht wir, führt ihn denn dann?! Zurück zu Lissabon: Der Vertrag wird von der LINKEN und den anderen linken Parteien in Europa auch deshalb zu Recht abgelehnt, weil er eine extreme Aufrüstung vorsieht, sowohl innerhalb der einzelnen Staaten als auch durch die Einrichtung einer EU-Rüstungsagentur und durch eine schnelle, flexible EU-Einsatztruppe, die weltweit militärisch intervenieren soll, die EU-Battlegroups.

Dem stellen wir uns entgegen. Gegen Krieg, Rüstung und Militär! Konsequent für Frieden!