Die radikale Linke wurde auf dem Berliner Parteitag gestärkt
Das deutlichste Signal für einen Linksruck der Linkspartei ist wohl die Wahl des AKL nahen friedenspolitischen Aktivisten Tobias Pflüger, der vor Wochen den 2. Platz der Europaliste trotz Nominierung von Parteigremien dann dennoch verfehlt hatte.
Diese Wahl von Tobias Pflüger fand gegen den Willen der Parteivorsitzenden Kartja Kipping und Bernd Riexinger statt, die eine Wahl von Pflüger verhindern wollten und wohl eine Stärkung des linken Flügels befürchtet hatten.
Aber auch Katja kipping erhielt deutlich weniger Zustimmung als Bernd Riexinger. Ein zu lascher friedenspolitischer und antifaschistischer Kurs und das Überlassen der Friedensbwegung an Nichtlinke und Journalisten wie Ken Jebsen könnte dafür verantwortlich gewesen sein und zwar genauso wie wie der zu starke Anbiederungskurs der Partei an eine neoliberal tickende SPD, die zuletzt sogar eine Querfrontpolitik mit dem Kiewer Sowoboda-Faschismus zu verantworten hat.
Die Parteispitze hatte sich nach Angaben einer FDS Erklärung der Gruppe " Freiheit durch Sozialismus" dafür ausgesprochen, dass die Position des FDS im engeren Parteivorstand gestärkt werden sollte. So haben die Parteivorsitzenden angeblich die Wahl von Dominic Heilig befürwortet, der aber bei der Wahl zum stellvertretetenden Parteivorsitzenden gescheitert war und zwar genauso wie der Reformer Raju Sharma, der jetzt nicht mehr Schatzmeister der Partei ist und von Genossen Nord abgelöst wurde.
Der FDS wirft der Parteispitze vor, sich nicht aktiv für die Wahl von Heilig eingesetzt zu haben. Das zeugt allerdings von einem seltsamen Demokratieverständnis, da die Wahl des Parteivorstandes so mit merkwürdigen Argumenten in Frage gestellt wird.
In einem Interview mit der JW betrachtet auch Tobias Pflüger seine Wahl als Stärkung des linken und friedenspolitischen Flügels der Partei und er will als stellvertretender Parteivorsitzender angesichts der Gefahr des Eurofaschismus und der Gefahr für den Weltfrieden auch schnell friedenspolitisch aktiv werden.
Auch Gregor Gysi reiste nach Moskau, damit eine friedenspolitische Initiative der Partei gestartet werden kann . Hochrangige Persönlichkeiten will er dort sprechen. Ob es sich dabei um Putin, Lawrow oder Snowdon handelt, wurde nicht mitgeteilt.
Aber auch Gysi musste einen Dämpfer auf dem Parteitag hinnehmen, der besonders den FDS Flügel schmerzt. So soll es zukünftig eine Doppelspitze in der Bundestagsfraktion der Partei geben. Auch das wird als Niederlage des FDS interpretiert, da somit wohl die Wahl von Sahra Wagenknecht als Fraktionschefin spätestens im Herbst 2015 ansteht.
Und auch das Ausscheiden von Sahra Wagenknecht betrachtet Pflüger nicht als Schwächung der linken Linken, da sie durch die ebenfalls linke Linke und marxistische Janine Wissler ersetzt wurde, die ebenfalls starke friedenpolitische und antikapitalistische Akzente setzen will.
Tobias Pflüger meint weiter in der JW
"Wir müssen dem in letzter Zeit üblich gewordenen deutschen Großmachtsgehabe – zum Beispiel vom Bundespräsidenten – ebenso etwas entgegensetzen wie den Auslandseinsätzen der Bundeswehr. Dafür stehe ich, und ich glaube, deswegen wurde ich auch gewählt...Nun ja, daß ich stellvertretender Vorsitzender geworden bin, wird schon als eindeutiges Zeichen dafür gesehen, daß die klare Antikriegsposition an Einfluß gewonnen hat. Die Linke ist und bleibt die Antikriegs- und Friedenspartei im Deutschen Bundestag und auf der Straße".
Und auch der Antrag des FDS den AG s und Gruppen keine zusätzlichen Stimmrechte als Kollektiv auf dem Parteitag zu gewähren, wurde ebenso abgelehnt, was den Einfluß der Strömungen und Arbeitsgemeinschaften auf den Parteitagen weiterhin sichert. Auch das schwächt die Position des FDS, die sich jetzt grundlegend neu definieren will und wohl auch muß.
Bernd Riexinger und Katja Kipping bleiben Parteivorsitzende - Reformer abgestraft
Die Doppelspitze bleibt, und zwar mit großer Mehrheit. Auf dem Parteitag der Linken in Berlin bekam die aus Sachsen stammende Bundestagsabgeordnete Katja Kipping, 36, am Samstag 77,25 Prozent der Stimmen. Für ihren Kollegen Bernd Riexinger, 58, aus Baden-Württemberg stimmten sogar 89,69 Prozent. Das Ost-West-Gespann sitzt seit zwei Jahren der inzwischen größten Oppositionspartei Deutschlands vor. Gegenkandidaten gab es nicht. Rund 500 Delegierte waren stimmberechtigt.
Katja Kipping wurde sicher wegen einer zu laschen Ukraine-Politik und einer zu zahmen Anti-Kriegs-Politik abgestraft, wie auch rechtspopulistische Medien wie die "Welt" vermuten.
In Berlin hatte am ersten Tag des Parteitreffens die Spitzenkandidatin der Linken fürs Europaparlament, Gabi Zimmer, zwar noch gesagt, "alle" Seiten hätten zum Konflikt beigetragen. Doch dann fielen ihr nur Argumente gegen die USA ein. Obama, so Zimmer, benutze die Ukraine-Krise, für die Modernisierung seines Atomwaffenprogramms.
Sie stehe dazu, eine "Russland-Versteherin" zu sein, sagte Zimmer, um dann zu beschreiben, was sie damit meinte: eine Sozialisation mit Dostojewksi, der russischen Serie "Hase und Wolf" (Nu pagadi) und den Büchern von Wladimir Kaminer. Ellen Brombacher, Sprecherin der Kommunistischen Plattform in der Linken, brachte diese Haltung auf den Punkt: "Ich bin eine Russland-Versteherin und ich bin keine Nato-Versteherin."
Als neue stellvertretende Vorsitzende der Linken wurden am frühen Samstagabend Janine Wissler und Tobias Pflüger gewählt.
Die hessische Fraktionsvorsitzende Wissler erhielt 83,1 Prozent, für Pflüger, der sich mit einer friedenspolitisch geprägten Rede beworben hatte, votierten 54 Prozent. Gut das es Tobias Pflüger geschafft hat.
Janine Wissler
Wiedergewählt wurden die Bundestagsabgeordneten Caren Lay (55,24 Prozent) und Axel Troost (54,9 Prozent).
Tobias Pflüger
Der rechtsreformistische Europapolitiker Dominic Heilig, der vom Forum demokratischer Sozialismus unterstützt worden war, unterlag mit 48,9 Prozent. Das ist ein schwerer Rückschlag für die Rechtsreformer, wozu sicherlich auch die notwendige und zu begrüßende Radikalisierung der Linken in den Sozialen Netzwerken beigetragen hat.
Das ZDF sprach von einem Sieg des radikalen Flügels der Linkspartei.
Riexinger erklärte, dass die Partei immer noch »Integration« brauche und in Zukunft weiter »ganz klar Mitgliederpartei und Bewegungspartei« sein solle. Hier sah Riexinger in seiner Bewerbungsrede allerdings »noch viel Spielraum nach oben«. Er forderte die Linken auf, nicht nur Forderungen auf Papier zu formulieren, die Partei müsse sich stattdessen in gesellschaftlichen Auseinandersetzungen »auch wirklich einmischen«. Kipping sagte, die Aufgabe der Linken sei es nicht, »dem Zeitgeist hinterherzudackeln«.
Der Parteitag hatte zuvor über den Konflikt in der Ukraine, das umstrittene Freihandelsabkommen TTIP sowie die anstehenden Wahlen debattiert. In den ostdeutschen Ländern Sachsen, Thüringen und Brandenburg rechnet sie sich dabei Chancen auf eine Regierungsbeteiligung aus. Rot-Rot sei »Exportschlager« aus Brandenburg, sagte Kipping.(nd)
Ihrem Fraktionschef Gregor Gysi verpasste die Partei allerdings überraschend einen Dämpfer. Der Parteitag beschloss mehrheitlich, dass der 66-Jährige die Bundestagsfraktion künftig nicht mehr allein führen soll. Noch in diesem Jahr soll es auch dort eine Doppelspitze mit mindestens einer Frau geben. Die Wortführerin des linken Flügels, Sahra Wagenknecht, strebt schon länger an die Spitze. Bislang hatte sich Gysi erfolgreich dagegen gesperrt.
Zugleich bekräftigte die Linke in der Außenpolitik ihren bisherigen Kurs. Dazu gehört ein striktes Nein zu allen Auslandseinsätzen der Bundeswehr. Unter großem Beifall der mehr als 500 Delegierten schloss Riexinger jede Entsendung von deutschen Soldaten in internationale Missionen aus. Kipping warf der schwarz-roten Bundesregierung im Ukraine-Konflikt "großes außenpolitisches Versagen" vor.
Wahl des Parteivorstandes
Wahl der Parteivorsitzenden
Wahl der Parteivorsitzenden
524 abgegebene Stimmen, 523 gültige Stimmen, 36 Enthaltungen
404 Ja-Stimmen (77 Prozent), 83 Nein-Stimmen (16 Prozent)
Gewählt: Katja Kipping
Wahl des Parteivorsitzenden
524 abgegebene Stimmen, 524 gültige Stimmen, 16 Enthaltungen
470 Ja-Stimmen (89 Prozent), 37 Nein-Stimmen (7 Prozent)
Gewählt: Bernd Riexinger
Wahl der stellvertretenden Parteivorsitzenden (weiblich)
Abgegebene Stimmen: 525, gültige Stimmen: 525
Caren Lay: 290 Ja-Stimmen (55 Prozent), 143 Nein-Stimmen (27 Prozent), 89 Enthaltungen (17 Prozent)
Janine Wissler: 436 Ja-Stimmen (83 Prozent), 51 Nein-Stimmen (10 Prozent), 37 Enthaltungen (7 Prozent)
Gewählt: Caren Lay, Janine Wissler
Wahl der stellvertretenden Parteivorsitzenden
Abgegebene Stimmen: 526, gültige Stimmen: 526
Dominic Heilig: 254 (49 Prozent)
Tobias Pflüger: 284 (54 Prozent)
Axel Troost: 289 (55 Prozent)
Gewählt: Tobias Pflüger, Axel Troost
Wahl des Bundesgeschäftsführers
Abgegebene Stimmen: 510, gültige Stimmen: 510, Enthaltungen: 18
Matthias Höhn: 391 Ja-Stimmen (77 Prozent), 92 Nein-Stimmen (18 Prozent)
Gewählt: Matthias Höhn
Wahl des Bundesschatzmeisters
Abgegebene Stimmen: 517, gültige Stimmen: 516, Enthaltungen: 16
Thomas Nord: 254 (53 Prozent)
Raju Sharma: 228 (44 Prozent)
Gewählt: Thomas Nord
Wahl der weiteren Mitglieder des Parteivorstandes - Frauenliste
Abgegebene Stimmen: 489 Stimmen, gültige Stimmen: 484 Stimmen
Gewählt:
Wils, Sabine: 271 Stimmen (55,99 Prozent)
Buchholz, Christine: 239 Stimmen (49,38 Prozent)
Köditz, Kerstin: 233 Stimmen (48,14 Prozent)
Scheringer-Wright, Johanna; 230 Stimmen (47,52 Prozent)
Dahme, Katharina: 226 Stimmen (46,69 Prozent)
Schubert, Katina: 220 Stimmen (45,45 Prozent)
Benda, Judith: 218 Stimmen (45,04 Prozent)
Geschonneck, Anne: 218 Stimmen (45,04 Prozent)
Wawzyniak, Halina: 214 Stimmen (44,21 Prozent)
Zoschke, Dagmar: 212 Stimmen (43,80 Prozent)
Barkow, Pia: 211 Stimmen (43,60 Prozent)
Tändler, Marika: 211 Stimmen (43,60 Prozent)
Eumann, Nina: 187 Stimmen (38,64 Prozent)
Firmenich, Ruth: 187 Stimmen (38,64 Prozent)
Kaschuba, Karin: 185 Stimmen (38,22 Prozent)
Mayer, Anja: 174 Stimmen (35,95 Prozent)
Müller, Irene: 174 Stimmen (35,95 Prozent)
Pfeiffer, Juliane: 170 Stimmen (35,12 Prozent)
Haydt, Claudia: 165 Stimmen (34,09 Prozent)
Wahl der weiteren Mitglieder des Parteivorstandes - gemischte Liste
Abgegebene Stimmen: 501 Stimmen, gültige Stimmen: 499 Stimmen
Gewählt:
Tempel, Frank: 286 Stimmen (57,09 Prozent)
Al-Dailami, Ali: 273 Stimmen (54,49 Prozent)
Lederer, Klaus: 251 Stimmen (50,10 Prozent)
Seifert, Ilja: 237 Stimmen (47,31 Prozent)
Schirdewan, Martin: 232 Stimmen (46,31 Prozent)
Gehrcke, Wolfgang: 227 Stimmen (45,31 Prozent)
Häber, Florian: 223 Stimmen (44,51 Prozent)
Wolf, Harald: 215 Stimmen (42,91 Prozent)
Harzer, Steffen: 211 Stimmen (42,12 Prozent)
Bierbaum, Heinz: 204 Stimmen (40,72 Prozent)
Brix, Arne: 196 Stimmen (39,12 Prozent)
Hunko, Andrej: 189 Stimmen (7,72 Prozent)
Hartmann, Stefan: 188 Stimmen (37,52 Prozent)
Bockhahn, Steffen: 187 Stimmen (37,33 Prozent)
Merk, Xaver: 178 Stimmen (35,53 Prozent)
Löser, Torsten: 164 Stimmen (32,73 Prozent)
Höne, Marco: 161 Stimmen (32,14 Prozent)
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