Bernd Riexinger und Katja Kipping bleiben Parteivorsitzende - Reformer abgestraft

Die Doppelspitze bleibt, und zwar mit großer Mehrheit. Auf dem Parteitag der Linken in Berlin bekam die aus Sachsen stammende Bundestagsabgeordnete Katja Kipping, 36, am Samstag 77,25 Prozent der Stimmen. Für ihren Kollegen Bernd Riexinger, 58, aus Baden-Württemberg stimmten sogar 89,69 Prozent. Das Ost-West-Gespann sitzt seit zwei Jahren der inzwischen größten Oppositionspartei Deutschlands vor. Gegenkandidaten gab es nicht. Rund 500 Delegierte waren stimmberechtigt.

Katja Kipping wurde sicher wegen einer zu laschen Ukraine-Politik und einer zu zahmen Anti-Kriegs-Politik abgestraft, wie auch rechtspopulistische Medien wie die "Welt" vermuten. 

In Berlin hatte am ersten Tag des Parteitreffens die Spitzenkandidatin der Linken fürs Europaparlament, Gabi Zimmer, zwar noch gesagt, "alle" Seiten hätten zum Konflikt beigetragen. Doch dann fielen ihr nur Argumente gegen die USA ein. Obama, so Zimmer, benutze die Ukraine-Krise, für die Modernisierung seines Atomwaffenprogramms.

Sie stehe dazu, eine "Russland-Versteherin" zu sein, sagte Zimmer, um dann zu beschreiben, was sie damit meinte: eine Sozialisation mit Dostojewksi, der russischen Serie "Hase und Wolf" (Nu pagadi) und den Büchern von Wladimir Kaminer. Ellen Brombacher, Sprecherin der Kommunistischen Plattform in der Linken, brachte diese Haltung auf den Punkt: "Ich bin eine Russland-Versteherin und ich bin keine Nato-Versteherin."

Als neue stellvertretende Vorsitzende der Linken wurden am frühen Samstagabend Janine Wissler und Tobias Pflüger gewählt. 

Die hessische Fraktionsvorsitzende Wissler erhielt 83,1 Prozent, für Pflüger, der sich mit einer friedenspolitisch geprägten Rede beworben hatte, votierten 54 Prozent. Gut das es Tobias Pflüger  geschafft hat. 

Janine Wissler

Wiedergewählt wurden die Bundestagsabgeordneten Caren Lay (55,24 Prozent) und Axel Troost (54,9 Prozent).

Tobias Pflüger

Der rechtsreformistische Europapolitiker Dominic Heilig, der vom Forum demokratischer Sozialismus unterstützt worden war, unterlag mit 48,9 Prozent. Das ist ein schwerer Rückschlag für die Rechtsreformer, wozu sicherlich auch die notwendige und zu begrüßende Radikalisierung der Linken in den Sozialen Netzwerken beigetragen hat. 

Das ZDF sprach von einem Sieg des radikalen Flügels der Linkspartei.  

Riexinger erklärte, dass die Partei immer noch »Integration« brauche und in Zukunft weiter »ganz klar Mitgliederpartei und Bewegungspartei« sein solle. Hier sah Riexinger in seiner Bewerbungsrede allerdings »noch viel Spielraum nach oben«. Er forderte die Linken auf, nicht nur Forderungen auf Papier zu formulieren, die Partei müsse sich stattdessen in gesellschaftlichen Auseinandersetzungen »auch wirklich einmischen«. Kipping sagte, die Aufgabe der Linken sei es nicht, »dem Zeitgeist hinterherzudackeln«.

Der Parteitag hatte zuvor über den Konflikt in der Ukraine, das umstrittene Freihandelsabkommen TTIP sowie die anstehenden Wahlen debattiert. In den ostdeutschen Ländern Sachsen, Thüringen und Brandenburg rechnet sie sich dabei Chancen auf eine Regierungsbeteiligung aus. Rot-Rot sei »Exportschlager« aus Brandenburg, sagte Kipping.(nd)

Ihrem Fraktionschef Gregor Gysi verpasste die Partei allerdings überraschend einen Dämpfer. Der Parteitag beschloss mehrheitlich, dass der 66-Jährige die Bundestagsfraktion künftig nicht mehr allein führen soll. Noch in diesem Jahr soll es auch dort eine Doppelspitze mit mindestens einer Frau geben. Die Wortführerin des linken Flügels, Sahra Wagenknecht, strebt schon länger an die Spitze. Bislang hatte sich Gysi erfolgreich dagegen gesperrt.

Zugleich bekräftigte die Linke in der Außenpolitik ihren bisherigen Kurs. Dazu gehört ein striktes Nein zu allen Auslandseinsätzen der Bundeswehr. Unter großem Beifall der mehr als 500 Delegierten schloss Riexinger jede Entsendung von deutschen Soldaten in internationale Missionen aus. Kipping warf der schwarz-roten Bundesregierung im Ukraine-Konflikt "großes außenpolitisches Versagen" vor.

Wahl des Parteivorstandes

Wahl der Parteivorsitzenden

Wahl der Parteivorsitzenden
524 abgegebene Stimmen, 523 gültige Stimmen, 36 Enthaltungen
404 Ja-Stimmen (77 Prozent), 83 Nein-Stimmen (16 Prozent)
Gewählt: Katja Kipping

Wahl des Parteivorsitzenden
524 abgegebene Stimmen, 524 gültige Stimmen, 16 Enthaltungen
470 Ja-Stimmen (89 Prozent), 37 Nein-Stimmen (7 Prozent)
Gewählt: Bernd Riexinger

Wahl der stellvertretenden Parteivorsitzenden (weiblich)

Abgegebene Stimmen: 525, gültige Stimmen: 525
Caren Lay: 290 Ja-Stimmen (55 Prozent), 143 Nein-Stimmen (27 Prozent), 89 Enthaltungen (17 Prozent)
Janine Wissler: 436 Ja-Stimmen (83 Prozent), 51 Nein-Stimmen (10 Prozent), 37 Enthaltungen (7 Prozent)

Gewählt: Caren Lay, Janine Wissler

Wahl der stellvertretenden Parteivorsitzenden

Abgegebene Stimmen: 526, gültige Stimmen: 526
Dominic Heilig: 254 (49 Prozent)
Tobias Pflüger: 284 (54 Prozent)
Axel Troost: 289 (55 Prozent)

Gewählt: Tobias Pflüger, Axel Troost

Wahl des Bundesgeschäftsführers

Abgegebene Stimmen: 510, gültige Stimmen: 510, Enthaltungen: 18
Matthias Höhn: 391 Ja-Stimmen (77 Prozent), 92 Nein-Stimmen (18 Prozent)

Gewählt: Matthias Höhn

Wahl des Bundesschatzmeisters

Abgegebene Stimmen: 517, gültige Stimmen: 516, Enthaltungen: 16
Thomas Nord: 254 (53 Prozent)
Raju Sharma: 228 (44 Prozent)

Gewählt: Thomas Nord

Wahl der weiteren Mitglieder des Parteivorstandes - Frauenliste

Abgegebene Stimmen: 489 Stimmen, gültige Stimmen: 484 Stimmen

Gewählt:
Wils, Sabine: 271 Stimmen (55,99 Prozent)
Buchholz, Christine: 239 Stimmen (49,38 Prozent)
Köditz, Kerstin: 233 Stimmen (48,14 Prozent)
Scheringer-Wright, Johanna; 230 Stimmen (47,52 Prozent)
Dahme, Katharina: 226 Stimmen (46,69 Prozent)
Schubert, Katina: 220 Stimmen (45,45 Prozent)
Benda, Judith: 218 Stimmen (45,04 Prozent)
Geschonneck, Anne: 218 Stimmen (45,04 Prozent)
Wawzyniak, Halina: 214 Stimmen (44,21 Prozent)
Zoschke, Dagmar: 212 Stimmen (43,80 Prozent)
Barkow, Pia: 211 Stimmen (43,60 Prozent)
Tändler, Marika: 211 Stimmen (43,60 Prozent)
Eumann, Nina: 187 Stimmen (38,64 Prozent)
Firmenich, Ruth: 187 Stimmen (38,64 Prozent)
Kaschuba, Karin: 185 Stimmen (38,22 Prozent)
Mayer, Anja: 174 Stimmen (35,95 Prozent)
Müller, Irene: 174 Stimmen (35,95 Prozent)
Pfeiffer, Juliane: 170 Stimmen (35,12 Prozent)
Haydt, Claudia: 165 Stimmen (34,09 Prozent)

Wahl der weiteren Mitglieder des Parteivorstandes - gemischte Liste

Abgegebene Stimmen: 501 Stimmen, gültige Stimmen: 499 Stimmen

Gewählt:
Tempel, Frank: 286 Stimmen (57,09 Prozent)
Al-Dailami, Ali: 273 Stimmen (54,49 Prozent)
Lederer, Klaus: 251 Stimmen (50,10 Prozent)
Seifert, Ilja: 237 Stimmen (47,31 Prozent)
Schirdewan, Martin: 232 Stimmen (46,31 Prozent)
Gehrcke, Wolfgang: 227 Stimmen (45,31 Prozent)
Häber, Florian: 223 Stimmen (44,51 Prozent)
Wolf, Harald: 215 Stimmen (42,91 Prozent)
Harzer, Steffen: 211 Stimmen (42,12 Prozent)
Bierbaum, Heinz: 204 Stimmen (40,72 Prozent)
Brix, Arne: 196 Stimmen (39,12 Prozent)
Hunko, Andrej: 189 Stimmen (7,72 Prozent)
Hartmann, Stefan: 188 Stimmen (37,52 Prozent)
Bockhahn, Steffen: 187 Stimmen (37,33 Prozent)
Merk, Xaver: 178 Stimmen (35,53 Prozent)
Löser, Torsten: 164 Stimmen (32,73 Prozent)
Höne, Marco: 161 Stimmen (32,14 Prozent)

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