Linke Vize Fraktionschefin Sahra Wagenknecht kritisiert Merkels  Russland Bashing  

In Erfurt nahm sie schon gestern an einer Euro Wahlkampfveranstaltung teil.

Die letzten Takte hat die Linken-Frontfrau noch gehört, jedenfalls beginnt sie ihre 45-minütige Wahl-Rede zur Europapolitik mit einer Schelte an die Adresse der EU für ihre aktuelle Politik in der Krise um die zerfallende Ukraine. "Die Sanktionen gegen Russland nutzen der ukrainischen Bevölkerung nichts." Und falsch seien sie obendrein. "Schließlich sitzen in der gegenwärtigen ukrainischen Regierung waschechte Faschisten und Antisemiten."

Wahlkampfauftakt der Linke in Erfurt: Auf dem Anger sprachen Gabriele Zimmer (links), Sahra Wagenknecht und Bodo Ramelow vor etwa 500 Zuhörern. Foto: Alexander Volkmann

Die stellvertretende Linke-Vorsitzende Sahra Wagenknecht hat das europäische Krisenmanagement im Ukraine-Konflikt kritisiert. In Erfurt warf sie EU und deutscher Außenpolitik am Mittwoch »übles Russland-Bashing aus Kalter-Krieg-Zeiten« vor. »Das hat nichts mit Diplomatie zu tun«, sagte Wagenknecht. Die Linke-Spitzenkandidatin für die Europawahl, Gabriele Zimmer, kritisierte, die EU betreibe eine Nachbarschaftspolitik, »die Russland ausgrenzt, die antirussisch ist«. Eine solche Politik könne in dem Konflikt nicht wirksam sein. Die Thüringer Linken starteten am Mittwoch in den Wahlkampf für die Europawahl am 25. Mai.

Denn abseits der außenpolitischen Einführungsworte steht Europa für Wagenknecht vor allem für eine verfehlte Finanz-, Währungs- und Bankenpolitik. Sie erinnert daran, dass es der Steuerzahler war, mit dessen Geld nach 2009 die Banken gerettet worden sind. Sie erinnert daran, dass die Schulden der Euro-Staaten 16 Billionen Euro betragen und immer noch deutlich unter der Summe des Privatvermögens vom reichsten Zehntel der europäischen Bevölkerung liegen.

An diese Vermögen müsse der Staat ran, wenn er Geld brauche, notfalls im Ausland. "Die USA haben es vorgemacht. Die haben die Schweiz gezwungen, jede Kontobewegung eines US-Bürgers in der Schweiz den amerikanischen Steuerbehörden zu melden".

Dabei vergisst Wagenknecht nie, wen sie vor sich hat. Etwa wenn sie mit scharfen Worten kritisiert, dass sich Banken ihr Geld bei der Zentralbank für 0,25 Prozent leihen können, dem kleinen Endkunden auf der Straße Dispozinsen von zehn oder mehr Prozent aufbrummen. Schnell fordert die gebürtige Jenaerin ein Gesetz, dass Banken solche Aufschläge beim Weiterverleih auf höchstens fünf Prozentpunkte begrenzen soll. Ihr Publikum nickt und klatscht, berichten thueringische Lokalmedien. .

Das Europawahlprogramm der Partei beschwört den Aufbau eines anderen Europas: Friedlicher, sozialer und gerechter soll es sein. Sahra Wagenknecht fordert das auch. Und trotzdem bleibt es eine Rede die vor allem den Eindruck erweckt, eine Rede gegen Europagewesen zu sein.

 

Vor einigen Hundert Menschen hielten Wagenknecht und Zimmer Deutschland und der Europäischen Union auch eine falsche Strategie in der europäischen Finanzkrise vor. Ein Krisenmanagement, das wie in Griechenland auf massive Kürzungen öffentlicher Ausgaben, Eingriffe in ohnehin schon niedrige Löhne und den Zusammenbruch des Gesundheitssystems setze, sei »die falsche Medizin«, erklärte Zimmer. Sie ist derzeit Vorsitzende der Fraktion der Vereinten Europäischen Linken/Nordische Grüne Linke im EU-Parlament.

Wagenknecht sagte, angesichts der anhaltend hohen Staatsverschuldung sei die Euro-Krise noch nicht gelöst. Beide Politikerinnen warben für eine möglichst hohe Beteiligung an der Europawahl. »Von Europa geht manches aus, was sehr gut ist - das wissen viele nur nicht«, sagte Zimmer und verwies unter anderem auf EU-Umweltstandards. Die Haltung zu Europa hatte im Vorfeld des Wahlkampfes innerhalb der Linken für Streit gesorgt. dpa/nd

Diese Politik der Austeritaet wird auch weltweit weitergefuehrt. So bekommt die Ukraine einen 12 Mrd. Dollar Kredit vom IWF nur gegen Auflagen, die Sozialabbau  und Sparorgien zulasten des Volkes beinhalten.  Der neoliberale Wahn der westlichen Politik dauert weiterhin an. 

http://www.neues-deutschland.de/artikel/931568.wagenknecht-kritisiert-russland-bashing.html

Die »Ernte« fahren Finanzzocker ein
Sahra Wagenknecht

 

 

Sahra Wagenknecht, 1. Stellvertretende Vorsitzende der Fraktion DIE LINKE.

 

Das vielleicht zweifelhafteste Finanzmarkt-Comeback des Jahres war eine Propagandashow. Was war geschehen? Der griechische Staat durfte wieder eine fünfjährige Anleihe an die Finanzmafia verkaufen. Einige, wie der griechische Finanzminister, meinten, dass damit die Krise zuende sei. Und auch für EU-Kommissar Joaquín Almunia konnte damit die Ernte für die "großen Bemühungen der griechischen Behörden und der griechischen Bürger" eingefahren werden. „Kleiner Schönheitsfehler“: Leider fuhr die Finanzmafia die Ernte ein. Zum einen Deutsche Bank, Goldman Sachs und Co., die sich bei der Abwicklung der Anleiheemission ohne Risiko die nächste goldene Nase verdienten. Zum anderen die Finanzzocker, die gegenwärtig durch die gigantischen Geldspritzen der Zentralbanken im Geld schwimmen. Trotzdem diktierten insbesondere Hedgefonds für die Abnahme der griechischen Anleihe einen Zinssatz von fünf Prozent. Die Rendite lag damit um 3,25 Prozentpunkte höher, als sie zum Beispiel vom Krisenland Spanien für vergleichbare Anleihen gezahlt wurde, oder um 3,5 bis gut vier Prozentpunkte höher als Griechenland aktuell für die sogenannten Hilfskredite bezahlt. In den nächsten fünf Jahren fallen im griechischen Staatshaushalt Zinskosten in Höhe von einer Dreiviertelmilliarde Euro an. Die Troika wird deshalb im Gegenzug neue Kürzungen bei anderen öffentlichen Ausgaben erzwingen. Bluten für die „Ernte“ der Hedgefonds und anderer Finanzzocker wird wie immer die Bevölkerung. Der Chef des Bündnisses der europäischen Linken, Alexis Tsipras, erklärte daher zutreffend: Mit dem Kredit schieße sich Athen "ins Bein".

Die griechische Staatsverschuldung erreichte Ende 2013 einen neuen Rekordwert. Durch die aktuelle Rückkehr des Landes unter die Diktatur der Finanzmärkte und die damit verbundene Schuldenaufnahme steigt die Staatsverschuldung noch weiter. So wie im letzten Jahr, als die Schuldenquote – insbesondere durch neue Kapitalspritzen in zweistelliger Milliardenhöhe für griechische Banken – deutlich zunahm. Von der Bankenrettung profitieren Spekulanten und Aktionäre. Der Börsenkurs der griechischen Alpha-Bank hat sich von Ende Juni 2013 bis Anfang dieses Jahres verdoppelt. Gleichzeit ist die Säuglingssterblichkeit in Griechenland dramatisch gestiegen, immer mehr Menschen hungern und chronisch Kranke können sich ihre Medikamente nicht mehr leisten.

Es ist ein Skandal, dass diese unverantwortliche Kürzungs- und Bankenrettungspolitik auf europäischer Ebene von Union, SPD und Grünen mitgetragen wird. Durch die strangulierte Nachfrage geraten immer mehr Länder der Eurozone in eine gefährliche wirtschaftliche Situation, die durch sinkende Preise gekennzeichnet ist. Bei einer Deflation nimmt die Fähigkeit Kredite zurückzuzahlen noch weiter ab.

Das Verhältnis aus Schulden und Wirtschaftsleistung ist in Griechenland heute (175 Prozent) wesentlich höher als im April 2010, als das Land um Finanzhilfen bat (130 Prozent). Trotzdem ist das Kreditausfallrisiko für die Hedgefonds und die anderen Abnehmer der fünfjährigen „Wunder-Anleihe“ überschaubar. Denn sie werden bevorzugt behandelt, weil sie ihr Geld bereits 2019 wieder zurückbekommen. Also noch bevor ein Euro aus den sogenannten Hilfskrediten aus dem EFSF ab 2020 zurückgezahlt werden muss, für den der europäische Steuerzahler haftet. Und sollte bis 2019 doch noch etwas schief gehen, hat der griechische Staat bei seinem Finanzmarkt-Comeback sogar noch eine zusätzliche Zockerversicherung eingebaut: Die Anleihe ist nach internationalem Recht begeben worden, das heißt, die Hedgefonds könnten, sollten sie von einem erneuten Schuldenschnitt betroffen sein, den griechischen Staat verklagen.

Die überwiegende Mehrheit der griechischen Bevölkerung hat ihrem Regierungschef die Europawahl-Propaganda vom „Anleihen-Wunder“ von Anfang an nicht geglaubt. Sie wissen, dass das Geld nicht den Banken und Finanzzockern in den Rachen geworfen werden darf, sondern für höhere Löhne, Renten und mehr Arbeitsplätze ausgegeben werden muss, damit anstatt Anleihen wieder Menschen an die Märkte zurückkehren können. Wenn sich Bundeskanzlerin Merkel bei ihrem Besuch im Troika-Protektorat nicht hinter Showterminen versteckt hätte, dann wäre ihr von den Griechinnen und Griechen auf der Straße ein Alternativprogramm zusammengestellt worden, so wie es der in einer Taverne arbeitende Mitsaras dem Spiegel gegenüber vorschlug: „An einem Tag würde ich ihr die Obdachlosen zeigen, am nächsten die Suppenküchen. Und die geschlossenen Geschäfte, die Selbstmordstatistiken.“

linksfraktion.de, 30. April 2014