Hoeneß-Prozeß wegen Steuerhinterziehung: Welche Rolle spielt seine Wurstfabrik?
(dpa) - Wie gelangten vertrauliche Dokumente aus der Steuerakte von FC-Bayern-Präsident Uli Hoeneß an die Presse? Rund sechs Wochen vor Beginn des mit Spannung erwarteten Prozesses wegen Steuerhinterziehung geraten bayerische Finanzbehörden ins Visier der Münchner Staatsanwaltschaft.
Am Donnerstag gab es nach Informationen des Bayerischen Rundfunks Razzien im Finanzamt in Miesbach und im Rechenzentrum des Landesamtes für Finanzen in Nürnberg. Die Münchner Staatsanwaltschaft bestätigt lediglich Durchsuchungen in bayerischen Finanzbehörden - ohne Details zu nennen.
Hoeneß' Anwalt Hanns W. Feigen will sich dazu nicht äußern. Soviel aber ist klar: Ein Magazin war im Besitz eines Dokumentes, das in der Öffentlichkeit eigentlich - und vor allem nach Ansicht von Uli Hoeneß - nichts verloren hat. Nach BR-Informationen handelt es sich um ein Schriftstück, das sich auf Einnahmen von Hoeneß' Wurstfabrik in Franken bezieht. Ob es überhaupt im Zusammenhang mit dem Verfahren gegen Hoeneß steht, ist nicht klar. Es gehe bei dem Dokument um ein rein internes Papier, zu dem außerhalb der Finanzverwaltung nach bisherigen Erkenntnissen niemand Zugang hatte, teilt die Staatsanwaltschaft mit.
Jetzt versucht man die undichte Stelle zu ermitteln und prüfen, ob ein Finanzbeamter Dokumente an Medien verkauft hat.
Nach Informationen der "Bild"-Zeitung muss sich Hoeneß in seinem Prozess wegen angeblicher Steuerhinterziehung in sieben Fällen verantworten. Die Fälle beziehen sich laut dem Bericht auf die Einkommensteuer. Andere Fälle, in denen Hoeneß Steuern hinterzogen habe, seien dagegen verjährt. Bei der schweren Steuerhinterziehung beträgt die Verfolgungsfrist zehn Jahre.
"Sieben Fälle bedeuten übersetzt Anklage für sieben Jahre, wenn sich der Vorwurf nur auf die Einkommensteuer bezieht und nicht auch beispielsweise auf die Umsatzsteuer", sagt der Rechtsanwalt Markus Deutsch. Auch Christine Varga, Steuerstrafrechtlerin der Kanzlei Rödl & Partner, sagt: "Wenn in Zusammenhang mit Einkommensteuerhinterziehung von sieben Fällen die Rede ist, dann heißt dies nichts anderes, als dass der Beschuldigte in sieben der zehn steuer- und strafrechtlich relevanten Jahre Einnahmen nicht versteuert hat."
Uli Höneß soll bis zu 500 Mio. Franken gebunkert haben.
Ein Whistleblower sagte gegenüber der Staatsanwaltschaft aus, dass es bei den Geldern im Falle Uli Höneß keinesfalls um Peanuts gehe.
Bis 2008 waren demnach durchgehend 500 Mio. Franken auf Schwarzgeldkonten gebunkert worden.
Damit geht es um Summen, die laut geltender Rechtsprechung eine Freiheitsstrafe unumgänglich machen würden.
Die höchste bisher vermutete Summe in der Steueraffäre veröffentlichte seinerzeit der „Stern“. In einer damaligen Ausgabe berichtet das Blatt, dass FC-Bayern-Präsident Uli Hoeneß über weit höhere Summen in der Schweiz verfügt haben soll, als bislang bekannt.
Der „Stern“ schreibt: Ein anonymer Informant habe über seinen Anwalt die Münchner Staatsanwaltschaft informiert, dass sich auf dem Depotkonto von Hoeneß bei der Schweizer Privatbank Vontobel in den Jahren vor 2008 durchgehend Werte von mehr als 500 Millionen Schweizer Franken befunden haben sollen. Diese Summe entspricht etwa 350 Millionen Euro.
Der Whistleblower machte laut „Stern“ auch Angaben zu angeblichen Aktiengeschäften und zu Transaktionen auf Nummernkonten bei drei weiteren Schweizer Banken. Vertreten wird der Whistleblower von der Kanzlei des Mainzer Wirtschaftsanwalts Volker Hoffmann. Hoffmann bestätigt die Existenz eines Hinweises gegenüber dem „Stern“: „Ich habe die Angaben in einem Vermerk an die Ermittlungsbehörden weitergeleitet.“
Bei den genannten hohen Summen gehe es um das Nummernkonto 4028BEA bei der Vontobel sowie dazugehörige Unterkonten für verschiedene Währungen und Depots, berichtet der „Stern“. Und die Spekulationen reichen weiter: Unter den Vermögenswerten sollen sich in erheblichem Umfang Aktien der Deutschen Telekom befunden haben, mit denen sich Hoeneß offenbar auch an sogenanntem Dividendenstripping beteiligt haben soll. Das habe der Informant gegenüber der Staatsanwaltschaft München angegeben.
Vorher hatten Medien berichtet, dass auf seinen Konten mehr als 33 000 Kontobewegungen registriert wurden.
Die schiere Menge seiner Geldgeschäfte hatte es dem Fußballmanager vermutlich unmöglich gemacht, den bayerischen Finanzbehörden bei Einreichen seiner Selbstanzeige eine lückenlose Dokumentation der Kontobewegungen vorzulegen.