NSA will den totalen globalen Überwachungsstaat

NSA wollte Aktivitäten ausweitenDaten von jedermann, jederzeit, überall

 
Ein Strategiepapier aus dem Jahr 2012 enthüllt jetzt, dass der Geheimdienst selbst der Meinung ist, er müsse seine Aktivitäten dramatisch ausweiten.
 
 

Das jüngste von Edward Snowden bekannt gemachte Dokument aus dem Innenleben der National Security Agency (NSA) ist ein Vierjahresplan für den Zeitraum von 2012 bis 2016. Die „New York Times“ berichtet in ihrer Samstagsausgabe über das als streng geheim klassifizierte Papier mit einem Umfang von vier Seiten plus Deckblatt, das am 26. Februar 2012 amtsintern in Umlauf gesetzt wurde. Unter dem Titel „(U) Sigint Strategy“ gibt ein anonymer Verfasser eine Übersicht über die von der NSA ins Auge gefassten Mittel und Wege der Optimierung ihrer Arbeit. Veränderungen der rechtlichen Rahmenbedingungen werden ebenso als notwendig hingestellt wie kontinuierliche Rationalisierungsmaßnahmen bei den internen Abläufen.

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Ausgangspunkt ist die Feststellung, dass die „Signals Intelligence“ (Sigint), die Gewinnung von Informationen durch Auffangen von Funksignalen und elektronischen Signalen im Unterschied zur „Human Intelligence“ (Humint), der Spionage durch Agenten, in ein goldenes Zeitalter eingetreten ist. Durch die globale Vernetzung und die Individualisierung der elektronischen Kommunikation haben sich sowohl die Signale als auch die Möglichkeiten ihrer Abschöpfung vermehrt wie nie zuvor. Die neuen technischen Möglichkeiten kann sich allerdings auch die Konkurrenz zunutze machen. Um ihre Position als Weltmarktführerin zu behaupten, muss die NSA und damit die USA als unipolare Weltmacht  im Interesse der eigenen Top-Wirtschaft innerhalb der Behörde formulierten Lageeinschätzung ihre Methoden dem permanenten Wandel der Technik permanent anpassen.

 

Den weltpolitischen Rahmen der strategischen Überlegungen gibt die Erwartung vor, dass das aus dem Zweiten Weltkrieg hervorgegangene Staatensystem im Jahr 2025 nicht mehr wiederzuerkennen sein werde. Der Aufstieg neuer Mächte, die Globalisierung der Wirtschaft, eine säkulare Wohlstandsverschiebung von West nach Ost und die wachsende Bedeutung nichtstaatlicher Akteure: Diese vier Faktoren wird die NSA ins Kalkül ziehen, wenn abzuwägen ist, ob es sich noch lohnt, die Telefone der Regierungschefs verbündeter Staaten im alten Europa abzuhören.

Die Ausdehnung der gesetzlichen Handlungsmöglichkeiten im Jahrzehnt nach dem 11. September 2001, die nach dem Willen vieler Kongressmitglieder jetzt zurückgefahren werden soll, geht den NSA-Strategen, wie aus ihren noch nicht von Snowdens Enthüllungen überschatteten Merkpunkten aus dem Februar des vergangenen Jahres hervorgeht, nicht weit genug. Es wird ein automatischer Anpassungsbedarf der rechtstechnischen Arbeitsmittel postuliert. Die Auslegung der einschlägigen Rechtsnormen in der administrativen Praxis habe mit der Komplexitätszunahme der Umwelt nicht mitgehalten. Bei einigen Vorschriften seien Uminterpretationen nicht genug, sondern Neufassungen nötig. „Aggressiv“ will die NSA neue rechtliche Ermächtigungen anstreben.

NSA mietete über Tarnfirma Server in Deutschland an

Welche Beschränkungen der Datenerhebung die Behörde im Einzelnen für anachronistisch hält, geht aus dem Papier nicht hervor. Anonyme Geheimdienstbeamte, die die „New York Times“ zitiert, nennen das Beispiel, dass die elektronische Überwachung eines Terrorverdächtigen bis zur Ausstellung einer richterlichen Anordnung unterbrochen werden muss, wenn dieser den Boden der Vereinigten Staaten betrifft. Auf der informationstechnischen Seite wird als größte Herausforderung die Entwicklung von Programmen zum Knacken der modernsten Verschlüsselungssysteme beschrieben. Es gilt, die Cybersicherheitsmaßnahmen der Gegner zu besiegen, damit die NSA ihre Mission erfüllen kann, Daten „von jedermann, jederzeit und überall“ zu sammeln.

Zudem hat die NSA nach Informationen der “New York Times“ in Datencentern über Tarnfirmen Server gemietet und sich damit Zugang zu Datenströmen verschafft. Unter dem Programm mit dem Namen „Packaged Goods“ wurden demnach Server unter anderem in Deutschland, Polen, Dänemark, Südafrika, China und Russland angemietet.

NSA infizierte 50.000 Netzwerke mit Überwachungs-Software

Mithilfe von Malware hat die NSA jahrelang Tausende Netzwerke überwacht. Zudem soll der Geheimdienst versucht haben, Anbieter von Verschlüsselungstechnik zu unterwandern.

Der amerikanische Geheimdienst NSA hat weltweit in mehr als 50.000 Computer-Netzwerken eine Software installiert, um sensible Daten zu stehlen. Das berichtet die niederländische Zeitung NRC Handelsblad unter Berufung auf Dokumente von Edward Snowden. 

Eine Präsentation unter Führungskräften aus dem Jahr 2012 zeige,  wie sich die NSA Informationen beschaffe. Der Geheimdienst benutze "Computer Network Exploitation" (CNE), ein Verfahren, bei dem Malware heimlich in Computersystemen installiert wird. Dies sei in über 50.000 Netzwerken passiert.

Die Computer-Attacken werden bei der NSA von der Abteilung TAO (Tailored Access Operations) geführt, in der mehr als 1.000 Hacker arbeiten. Internet-Operationen sind für die NSA in den vergangenen Jahren immer wichtiger geworden. Das Hacken von Computern ist nicht teuer und zugleich effektiv. 

Die Präsentation von 2012 zeigt, wie die NSA in Ländern wie Venezuela und Brasilien mit CNE arbeitet: Die installierte Malware ist oft über Jahre aktiv, ohne erkannt zu werden. Sie kann von der NSA mit einem Knopfdruck an- und ausgeschaltet werden.  Seit 1998 arbeitet die NSA mit CNE, wie die Washington Post berichtet.   

Auszüge aus Washington Post, Zeit, FAZ und New York Times