Heidrun Bluhm bleibt Linken - Chefin in Mecklemburg-VP

Mit einer SED Lehrerin und einem SED Erbe zu neuen Ufern  

Die zu große Nähe der Linkspartei in MV führte auch hier zu drastischen Verlusten bei der Bundestagswahl, zumal man auch in der Regierung mit der SPD seinerzeit weitgehend versagt hat und  als Linke mit eigenem Profil nicht mehr erkennbar war.

So verlor man in MV alle Direktmandate der Partei  - auch das des Rostockers Bockhahn, der sich sogar zur Dummheit hinreissen ließ und sich seinerzeit als Seeheimer bezeichnete - also als marktkonformer und auf Sozialpartnerschaft statt Sozialismus setzender Sozialdemokrat.

Der Verrat linker Prinzipien sollte sich auch hier bitter rächen. 

Es ist ein besseres Ergebnis als bei ihrer ersten Wahl vor einem Jahr: Mit 84,6 Prozent der Delegiertenstimmen ist Heidrun Bluhm als Parteichefin der Linken in Mecklenburg-Vorpommern in ihrem Amt bestätigt worden. 2012 hatte die 55-Jährige lediglich 75 Prozent der Stimmen auf sich vereinigen können. Auf dem Landesparteitag in Greifswald stimmten 88 Delegierte für die Bundestagsabgeordnete, jeweils acht votierten gegen sie beziehungsweise enthielten sich. Auch zwei der drei bisherigen Stellvertreter wurden in ihren Ämtern bestätigt. Die 43-jährige Landtagsabgeordnete Jeannine Rösler erhielt mit 82,1 Prozent das beste Ergebnis. Der 35-jährige Politikwissenschaftler Björn Griese kam auf 77,4 Prozent. Dritter Vize ist der 24-jährige André Walther aus Schwerin (74,5 Prozent). Der bisherige Stellvertreter Torsten Koplin trat nicht wieder an.

Heidrun Bluhm © dpa-bildfunk Fotograf: Jens BüttnerHeidrun Bluhm war schon in DDR Zeiten in der SED

Heidrun Bluhm (geb. 18. Januar 1958 in Schwerin)

1974-1976 Berufsausbildung zur Bauzeichnerin

1976 Eintritt in die SED-Jugendorganisation FDJ
1981-1990 Lehrerin für Marxismus-Leninismus
1990 Diplom der Gesellschaftswissenschaften in Berlin
1990-1991 Landesvorstand der PDS in MV
1992 Diplom Innenarchitektur und Design in Hamburg
2002 Stellvertretende Oberbürgermeisterin Schwerins
2005 Mitglied im Bundestag (PDS)
2007 Mitglied im Vorstand der Linken in MV
2012 Wahl zur Landesvorsitzenden der Linkspartei in MV
2013 Mitglied im Bundestag (Die Linke)
Heidrun Bluhm ist geschieden und hat zwei Kinder.

Bluhm: In der Mitte der Gesellschaft agieren

Die alte und neue Landes-Chefin will ihre Partei stärker als Anwalt der sozialen Gerechtigkeit profilieren. Die Linke dürfe das Feld nicht der rot-schwarzen Landesregierung überlassen.

Bluhm hatte vor ihrer Wahl erklärt, die Partei gestärkt in den Kommunalwahlkampf im kommenden Jahr führen zu wollen. "Diese Partei muss für die Zukunft gerüstet sein. Die Probleme im Land sind groß - vor allem für die Menschen, die wir mit unserer Politik vertreten", sagte sie. In den kommenden zwei Jahren gehe es darum, "unsere Strukturen an die Zukunftsfähigkeit" anzupassen: "Wir wollen wieder stärker in der Mitte der Gesellschaft agieren mit unseren Mitgliedern."

Zwei Monate nach der Bundestagswahl zog die Partei zugleich eine ungeschönte Bilanz des Super-Wahljahres, das besser hätte laufen können: 21,5 Prozent wählten links, 2009 waren es noch 29 Prozent. Zudem verlor die Partei das Direktmandat in Rostock - statt vier sitzen nur noch drei Linken-Abgeordnete aus dem Nordosten im Bundestag. Der Wahlkampf habe die Linke an die personellen Grenzen geführt, räumte Bluhm ein.

Dies sei angesichts des Durchschnittsalters der rund 4.500 Mitglieder von knapp 69 Jahren kein Wunder. "Viel schmerzhafter ist aber für uns, dass es schon lange nicht mehr in jeder Gemeinde eine Genossin oder einen Genossen gibt, der wenn es darauf ankommt, für die Partei die rote Fahne heraushängt", konstatierte Bluhm. Auch unter der arbeitenden Bevölkerung gebe es immer weniger Parteimitglieder.

Bernhard Quandt (li.) im Gespräch mit mecklenburgischen Bauern, 1958. © cc-bysa Fotograf: Wolf SpillnerDie Linkspartei in Mecklenburg-Vorpommern kann sich aber über eine überraschend große Finanzspritze freuen. Der Landesverband hat von der Witwe des ehemaligen 1. Sekretärs der SED-Bezirksleitung, Bernhard Quandt, ein Erbe von mehreren Hunderttausend Euro überwiesen bekommen. Quandts Witwe Hermine vererbte der Partei nach Informationen von NDR 1 Radio MV 297.000 Euro.

 

"Wir rufen alle auf, zu helfen, dass aus dem junkerlichen Mecklenburg-Vorpommern ein Land der Demokratie, ein Mecklenburg-Vorpommern freier Bauern wird, wo die Bauern und nicht mehr die Junker die Nutznießer des Bodens sind." So liest man auf zahllosen Flugblättern im Herbst 1945 in der Sowjetischen Besatzungszone (SBZ), die für die geplante Bodenreform werben. Die Reform sieht vor, sämtliche Landwirtschaftsbetriebe über 100 Hektar sowie alle Betriebe von Nazis und Kriegsverbrechern entschädigungslos zu enteignen. Der frei werdende Grundbesitz soll zunächst einem Bodenfonds übertragen werden, der das Land in Flächen von fünf bis zehn Hektar aufteilt und an Neubauern vergibt. Anwärter hierfür gibt es genug: Zahllose Flüchtlinge, Vertriebene und Umsiedler strömen 1945 nach Mecklenburg.

Die Bodenreform soll jedoch nicht nur den Mittellosen helfen, sondern auch ein deutliches Signal sein: Die politische Elite auf dem Lande, die vielfach das Hitlerregime unterstützt hatte, soll vollständig entmachtet werden. Bei den großen Betrieben über 100 Hektar spielt jedoch das politische Verhalten keine Rolle. So trifft alle Großgrundbesitzer dasselbe Schicksal: Enteignet werden, neben Anhängern des Naziregimes, auch deren Gegner. Enteignet werden Gutbesitzer, die ihre Mitarbeiter ausgebeutet, aber auch solche, die faire Arbeitsbedingungen geschaffen hatten.

"Das kann nur der Bernhard Quandt"

Als Vater der Bodenreform in Mecklenburg gilt der Kommunist Bernhard Quandt. Aufgewachsen ist er in Gielow bei Malchin, unter dem Gutsherrn Graf von Hahn. Dessen Verhalten gegenüber den Landarbeitern hat Quandts Entschlossenheit bei der Durchführung der Bodenreform geprägt. "Wenn ich die Bodenreform durchführe, der ich inmitten der Grafen von Hahn und so weiter groß geworden bin, das Elend gesehen habe, dann muss der Tag so durchgeführt werden, dass man in 100 Jahren noch davon spricht", sagt er im Herbst 1945.

Nach jahrelanger Haft in den Konzentrationslagern von Sachsenhausen und Dachau zieht er nach Kriegsende in die Kleinstadt Güstrow. Dort wird er Erster Kreissekretär der KPD. Kurz darauf wird ihm der Posten des Landrats angeboten, und damit die Aufgabe, die Bodenreform im Kreis Güstrow zu organisieren. "Das kann eben nur ein Kommunist. Das kann nur der Bernhard Quandt", bekommt er von allen Seiten zu hören. Bernhard Quandt nimmt den Posten an.

In Mecklenburg ist Güstrow der Kreis mit den meisten Gutsbesitzern. 164 Güter muss Bernhard Quandt nun aufteilen. Doch zunächst muss er sich gegenüber seinen neuen Kollegen durchsetzen. Im Landratsamt ist er der einzige Kommunist. "Die aktiven Faschisten waren natürlich raus, aber viele Mitläufer und die ideologisch Belasteten, die waren natürlich alle noch drin", erinnert er sich. Die Zeit eilt. Im nahe gelegenen Wismar ist die Landaufteilung schon weiter fortgeschritten. Doch dort hat es auch keine ordentliche Landvermessung gegeben, sind die Pflöcke übereilt eingeschlagen worden. Bernhard Quandt will es gründlicher, demokratischer: Er beauftragt professionelle Landvermesser und setzt durch, dass die Landarbeiter selbst die Bodenkommissionen wählen, die für die Zuteilung des Landes zuständig sind.

Passagen-Ausschnitte aus dem MDR