Dietmar Bartsch distanziert sich  vom "Bartschianer-Liederbuch" 

Die rechtspopulistische Springer-Presse hatte ein Liederbuch publiziert, das nach Springer-Angaben auf Texten vom Karl-Liebknecht-Haus Mitarbeiter Mark Seibert beruhen soll, dessen Tätigkeit in  diesem Jahr noch enden soll.

In dem Liederbuch  werden alte Lieder der KPD und der Arbeiterklasse wie "Der Kleine Trompeter", dass an die Thälmann-Zeit der KPD und an politische Morde an Linken erinnert, verhunzt und umgedichtet. 

Die Lieder werden zu einer Neuauflage des Kampfes von Reformern gegen Sozialisten in der Partei instrumentalisiert. 

In den Liedtexten werden u a Katja Kipping als rote Hexe dargestellt, dessen Haare gerodet werden sollten. Aber auch Oskar Lafontaine, Sahra Wagenknecht, Bernd Riexinger, Caren Lay und Diether Dehm werden darin als Gegner der Linken verspottet.


So sieht das Liederheft aus

Das Liedbuch ist wohl in der Zeit der Machtverhinderung von Dietmar Bartsch entstanden. Aber der 2. stellvertretende Fraktionschef der Linksfraktion distanziert sich von diesem Pamphlet.

Texte aus "Bartschismo o muerte!"

Jetzt wird Kipping in die Suppe gespuckt (zu: Bruttosozialprodukt)

Wenn früh am Morgen die Parteisirene dröhnt

und die Caren beim Gysi lustvoll stöhnt,

in der Parteitagshalle die Neonsonne strahlt

und der Be-reichsleiter mit der Be-reichsleitung prahlt,

ja, dann wird Kipping in die Suppe gespuckt.

Wir steigern den Dietmar zum Kultprodukt,

ja, ja, ja, dann wird Kipping die Suppe gespuckt.

http://www.welt.de/politik/deutschland/article120936261/Das-geheime-Hass-Liederbuch-der-Ost-Linken.html

Auf Facebook schreibt er : 

 

Dieses so genannte Liederbuch und die mir nunmehr bekannten Texte sind unterste Schublade und völlig inakzeptabel. Dieses Liederbuch und die Texte kannte ich nicht und ich habe die Entstehung auch nicht billigend in Kauf genommen. Bis heute habe ich dieses Buch nicht gesehen.

Wer immer Autor/in ist, sollte sich bei allen Betroffenen entschuldigen.

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http://www.diether-dehm.de/index.php?option=com_content&view=article&id=667%3Aoffener-brief-an-jan-korte&catid=31&Itemid=60   

Der Kampf zwischen Reformern und Sozialisten in der Partei hat aber leider eine lange Tradition, zu deren Überwindung Dietmar Bartsch jetzt aber  auch beitragen könnte. Eine Fraktionsdoppelspitze hätte da eine gutenBeitrag dazu leisten können.  Das geschah aber nur in sehr abgeschwächter Form, indem Sahra Wagenknecht zur 1. Stellvertreterin des Fraktionschefs Gregor Gysi gemacht wurde. 

In einem Brief an Jan Korte beschreibt Diether Dehm den Konflikt der Lager, die sich auch in Pfingsttreffen am brandenburgischen Werbellinsee manifestieren, wo dieses strittige Liedgut zum Teil auch entstanden sein sollen.

Diether dehm schrieb:    

Und hier bin ich eigentlich beim Kern dessen, wonach Du gefragt hast. In die möglicherweise überhöhte Ablehnung gegenüber Dietmar ist eine Angst hinein chiffriert, dass, wenn Ihr (FDS, „Bartschisten“, Bartsch-FreundInnen) eine Mehrheit habt, Ihr Andersdenkenden (die nicht zu Eurem Inner-Circle) keinen Platz, keine Betätigung ihrer Talente, ja, oft nicht mal eine echte Diskussionsfreiheit lasst. Und das korrespondiert mit alter PDS-Erfahrung und ärgert dann besonders, wenn es gleichzeitig mit der Verhöhnung von Leuten wie mir einhergeht: „Nun stellt Euch doch nicht so an, wir wollen doch hier keine Strömungspolitik. Vergesst doch mal die Strömungen. Wir sind doch alle Linke! Und voller Meinungspluralität.“

Wir führten unser Gespräch am Sonntag am Werbellinsee. Wohlbemerkt, einer Pfingst-Veranstaltung, die der Parteivorstand mitfinanziert, und die nicht vom FDS veranstaltet war.

 

Aus meiner ganz persönlichen Sicht war das so: ich kam an und wurde mit einem Spottgesang unter dem Dirigenten Mark Seibert empfangen. (wohlbemerkt: Bartschkritiker waren unter den Funktionsträgern dort eine kleine Minderheit – und andere von ihnen fanden sich auch dort ähnlich angemacht und ausgegrenzt.) Gut, so etwas stecke ich (ein wenig traurig) lachend weg. Dann komme ich ans Zelt, vor dem eine Gruppe, überwiegend BAK Shalom-Mitglieder, zusammensaß und sehe den ersten Workshop. Die Veranstaltung hieß: „Wohin treibt Europa?“ Es diskutieren „strömungsübergreifend“ Heinz Vietze mit Helmut Scholz. (ich als Schatzmeister der Partei der europäischen Linken und Europapolitischer Sprecher der Bundestagsfraktion und für Europapolitik im Parteivorstand zuständig bin für danach für ein Kulturprogramm angemeldet, aber niemand kommt auf die Idee, um der Diskursivität der Veranstaltung und der Spannung willen, mich etwa hier kontrovers mit einzuladen.)

 

Der zweite Workshop dieses Pfingstwochenendes hieß: „Wohin geht DIE LINKE?“. Es diskutieren wiederum „strömungsübergreifend“ Jan Korte, Steffen Bockhahn, Steffen Harzer, Halina Wawzyniak, Raju Sharma. Naja…

Ihr seid dann vernünftigerweise auf die Idee gekommen, mich spontan auf die Bühne zu holen. (Die „Diskussion“ bestand darin, dass jede/r ein Statement von drei bis vier Minuten hatte und wir eigentlich gar nicht ins Gespräch kommen konnten.) Hättet Ihr diese Veranstaltung des Parteivorstands nicht zu einem reinen FDS-Treffen gemacht und würdet Ihr das in Zukunft nicht tun, wäre zweierlei erreicht: Erstens: Das Treffen vom Werbellinsee wäre viel breiter „aufgestellt“ und das käme diesem wunderbaren Grundanliegen künftig auch zugute und der Pfingsttreff verdient auch neuen Zuspruch. Und zweitens: Ihr nähmt etwas von der Angst , dass Ihr überall da, wo Ihr „den Daumen drauf“ habt, anders Denkende möglichst von vornherein nicht zu Wort kommen lasst.

 

Dies ist nämlich die reale Angst! Es gibt weder beim Neuen Deutschland (dessen Geschäftsführung und Chefredaktion eindeutig D. Bartsch und dem FDS nahestehen) einen entscheidenden Redakteur oder leitenden Redakteur, der der antikapitalistischen Seite nahesteht, noch bei der Rosa-Luxemburg-Stiftung, die ähnlich gestrickt ist, irgend einen Abteilungsleiter, der eine Position hätte, wie sie etwa Oskar Lafontaine, Sahra Wagenknecht oder andere gegen die Eurokrise radikal formulieren. Auch das KL Haus ist unter Dietmar Bartsch ohne Pluralität personell zusammengesetzt worden.

 

Ich will Dir vom Werbellinsee noch eine kleine Anekdote erzählen. Wolfgang Gehrcke und ich haben bekanntlich ein Lob für Klaus Ernst geschrieben, das zwei Kernelemente enthält: Erstens, dass Klaus mit unglaublicher Klugheit und Geduld den Prozess hin zu unserem erfolgreichen Parteiprogramm gestaltet und moderiert hat. Und zweitens, dass Klaus Ernst ein erfahrener Streikführer ist und dass Streik das entscheidende auch in der Linken noch weitgehend übersehene zivilisatorische Element des aufrechten Gangs, der Zivilisation und der Zivilcourage darstellt. Streik nämlich, wo sich Menschen organisiert der Kapitalisierung mit ihrer Arbeitskraft verweigern, ist der Moment, in dem am meisten Rassismus überwunden wird, am meisten Vorurteile zwischen den Geschlechtern, am meisten Brücken gebaut werden zwischen Alt und Jung, also am meisten wirklich Solidarität als neue Herzlichkeit erlebt und erkämpft wird. In diesem Bereich ist Klaus Ernst einfach hervorragend und diese Erfahrung dürfen wir in der neuen Parteiführung keinesfalls vernachlässigen.

 

Und nun kommt das Kuriosum: Es kommen drei wichtige Funktionsträger des Werbellinseetreffens zu mir und sagen wie abgesprochen und im identischen Wortlaut, Gehrcke und ich hätten den Stalinpreis verdient wegen des „Lobs für Klaus Ernst“. Sie setzten mich sogar in die Nähe von Leuten, die irgendwelche Oden an Kim Il Sung geschrieben hätten. Fällt denn wirklich niemandem auf Eurer Seite auf, was der qualitative Unterschied ist, wenn man immer bei der Macht stehen möchte, oder wenn man - fast im Herzen eingebaut - den Reflex hat, bei Schwachen und Ohnmächtigen zu stehen? Klaus Ernst liegt am Boden. Die Medien trampeln auf ihm rum, er ist für den nächsten Parteivorstand faktisch abgeschrieben. Und er hat doch nach anfänglichen Fehlern auch Großartiges geleistet. Das beschreiben wir gegen den Medien-Mainstream.

 

Ist das nicht etwas ganz anderes, als vor irgendwelchen Parteiführern zu katzbuckeln, die über Staatsmacht und Medien verfügen? Haben die drei, die mich da als Stalinpreis-Verdächtigen angriffen (alles frühere Mitglieder der SED) wirklich gegen eine Staatsmacht vor 1989 rebelliert? Ich weiß es nicht. Aber ich weiß, dass Klaus Ernst nichts mit den Horrorgestalten Stalin oder Kim Il Sung zu tun hat. Das in die Nähe zu rücken, ist billige Provinzrhetorik, die den inneren Kern, die Beziehung zu Macht und Ohnmacht, völlig außer acht lässt. Das ist vielleicht meine größte Angst in Bezug auf Euer Lager, dass Ihr so arglos meint, den Tiger reiten zu können, die hiesige Macht, die SPD, den einen oder anderen SPIEGEL-Redakteur etc.