Die Armut im Lande steigt trotz Beschäftigungszuwachs stark an 

Trotz der Zunahme an Jobs sind immer mehr Menschen in Deutschland arm. Zu diesem Ergebnis kommt der Datenreport 2013 des Statistischen Bundesamts, der Bundeszentrale für politische Bildung, des Wissenschaftszentrums für Sozialforschung (WZB) und des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP). 

Mit 41,5 Millionen hatte die Bundesrepublik danach im Jahr 2012 so viele Erwerbstätige wie noch nie. Aber die Qualität und der Umfang der Beschäftigung sinkt.

Gleichzeitig stieg die sogenannte dauerhafte Armut. Im Jahr 2011 waren 40 Prozent der von Armut gefährdeten Menschen bereits in den vorangegangenen fünf Jahren arm. Im Jahr 2000 lag der Anteil der dauerhaft Armen bei 27 Prozent. Als arm gilt der Definition des Reports zufolge, wer im Jahr 2011 weniger als 980 Euro im Monat zur Verfügung hatte.

 

Das Armutsrisiko ist besonders für Ältere gestiegen. In der Gruppe der 54- bis 64-Jährigen erhöhte es sich von 17,7 Prozent (2007) auf 20,5 Prozent (2011). Damit erreichte es in etwa das Niveau der Altersgruppe der 18- bis 24-Jährigen, von denen 2007 20,2 Prozent und 2011 20,7 Prozent von Armut bedroht waren. Wer einmal arm ist, bleibt es auch deutlich häufiger als vor einem Jahrzehnt. Insgesamt stieg der Anteil der armutsgefährdeten Menschen von 15,2 Prozent im Jahr 2007 auf 16,1 Prozent im Jahr 2011.

Die sozialen Unterschiede bei der Gesundheit haben in den vergangenen 20 Jahren zugenommen. Geringverdiener beurteilen den Angaben zufolge ihren Gesundheitszustand heute als weniger gut oder schlecht. Bei Frauen und Männern, die sehr gut verdienen, ist eine gegenläufige Entwicklung zu sehen. Armut wirkt sich auch unmittelbar auf die Lebenserwartung aus. Die mittlere Lebenserwartung von Männern der niedrigsten Einkommensgruppe liegt bei der Geburt fast elf Jahre unter der von Männern der hohen Einkommensgruppe, teilten die Statistiker mit. Bei Frauen beträgt der Unterschied acht Jahre.  

Mehr Teilzeitjobs

Gleichzeitig war das Arbeitsvolumen aber geringer als 1991. Die Zahl der Arbeitsstunden, die jeder Erwerbstätige durchschnittlich leistet, nimmt seit 20 Jahren ab. Als einen der Gründe nennen die Forscher, dass immer mehr Menschen gewollt oder unfreiwillig auf Teilzeitstellen arbeiten.

Zugenommen hat dem Report zufolge die sogenannte atypische Beschäftigung. Das sind beispielsweise Minijobs unde Werk- oder Honorarverträge.

Jeder fünfte Arbeitnehmer – unter den Frauen und den jungen Leuten jeder Dritte – arbeitet nicht in einem unbefristeten und sozialversicherten Job.

Gründe für das zunehmende Armutsrisiko trotz Beschäftigungsbooms könnten in der Art der Jobs liegen.

Das Arbeitsvolumen ist niedriger als etwa 1991, stellen die Autoren des Reports fest. Die durchschnittliche Zahl der Arbeitsstunden hat in den vergangenen zwei Jahrzehnten stetig abgenommen. Jeder fünfte Erwerbstätige hatte 2012 eine atypische Beschäftigung, also etwa eine Zeitarbeit oder Teilzeitarbeit.

Armut hat Auswirkungen auf die Gesundheit der Menschen. So liegt die durchschnittliche Lebenserwartung von Männern in der niedrigsten Einkommensgruppe bei der Geburt fast elf Jahre unter der von Männern der hohen Einkommensgruppe. Bei Frauen beträgt die Differenz immerhin acht Jahre.

Arm und Reich driften weiter auseinander: Der Unterschied in der Verteilung der verfügbaren Einkommen privater Haushalte hat sich in Deutschland erhöht. Die ärmsten 20 Prozent der Bevölkerung verfügten 2011 nur über neun Prozent des monatlichen Gesamteinkommens. Die reichsten 20 Prozent hingegen hatten fast 37 Prozent davon zur Verfügung.

Bildung schützt vor Arbeitslosigkeit, zeigen die Zahlen: 2012 waren 11,7% der Personen ohne berufliche Qualifikation erwerbslos, aber nur 2,5% derjenigen mit einem Hochschulabschluss. Insgesamt waren 2012 in Deutschland 2,3 Millionen Menschen erwerbslos.

Das private Vermögen sei zwischen 1992 und 2012 von 4,6 auf 10 Billionen Euro angewachsen.

Das Privatvermögen in Deutschland ist sehr ungleich verteilt. So verfügt die untere Hälfte der Haushalte - statistisch gesehen - kaum über ein nennenswertes Vermögen, während auf das oberste Zehntel etwa 60 Prozent des gesamten Nettovermögens entfallen. Dieser Anteil des obersten Zehntels ist in den vergangenen Jahren kontinuierlich gestiegen und wird logischerweise weiter steigen. Die Schere zwischen "Arm" und "Reich" in Deutschland öffnet sich also immer weiter (siehe Erkenntnisse weiter unten).

 

Faustformeln zur Interpretation der Daten

 

Bei der Beurteilung der Vermögensverteilung kann zum besseren Verständnis von folgenden (stark vereinfachenden) Faustformeln ausgegangen werden:

  • Die Bevölkerung der Bundesrepublik umfasst rund 80 Millionen Menschen (tatsächlich sind es 81,8 Millionen in 2011)
  • Die Zahl der Haushalte beträgt fast genau die Hälfte, nämlich 40 Millionen (tatsächlich sind es 40,4 Millionen in 2011)
  • Ein Zehntel der Haushalte umfasst rund 4 Millionen Haushalte mit zusammen etwa 8 Millionen Menschen

Wie immer man auch die Haushalte bzw. die Bevölkerung unterteilt und welche Datenquellen auch immer man heranzieht, die sehr ungleichmäßige Verteilung des Privatvermögens ist evident. Und die Schere zwischen Millionen von Haushalten am untersten und Millionen von Haushalten am obersten Ende wird sich - nach allen bisherigen Erfahrungen und erkennbaren Trends - weiter öffnen. Es ist Aufgabe der Politik, hier umgehend und einschneidend gegenzusteuern, soll es nicht zu ernsten politischen Verwerfungen in der Gesellschaft kommen.


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