Diese Personalentscheidung von Merkels Vizekanzler Olaf Scholz (SPD) dürfte kein Zufall sein. Die neue Große Koalition in Berlin sieht schweren Zeiten entgegen. Die politischen, wirtschaftlichen und finanziellen Zeichen stehen auf Sturm. Während sich der Westen systematisch auf die Ausweitung eines Krieges im Nahen Osten und eine mögliche Konfrontation mit Russland und China vorbereitet, kommt die globale Wirtschaft trotz aller anderslautenden Meldungen auch zehn Jahre nach der letzten großen Krise nicht wieder in Schwung.
An den Finanzmärkten brodelt es
Besonders kritisch ist die Entwicklung an den Finanzmärkten: Sie werden seit einem Jahrzehnt nur durch künstliche Manipulation am Leben erhalten. Die dafür erforderlichen Maßnahmen wie Gelddrucken und Zinssenkungen durch die Zentralbanken zeigen dabei immer stärkere und gefährlichere Nebenwirkungen – zum Beispiel Blasenbildung und Geldentwertung bzw. Inflationsgefahr.
Um dem entgegenzusteuern, müsste die Flut billigen Geldes eingedämmt und die Zinsen erhöht werden.
Das aber trifft auf den erbitterten Widerstand genau der Banken, die vor zehn Jahren für „too big to fail“ erklärt wurden. Sie sind mittlerweile so mächtig, dass sie jede Regierung der Welt innerhalb weniger Tage in die Knie zwingen können. Diese Großbanken haben sich mittlerweile wie Süchtige an das billige Geld gewöhnt und setzen es Tag für Tag in horrendem Ausmaß zur Finanzspekulation ein.
Damit aber stecken sowohl die Zentralbanken als auch die Regierungen in einer Klemme, aus der es für sie langfristig kein Entrinnen gibt. Da beide aber von Menschen geführt werden, die nur kurzfristig – nämlich an die eigene Macht und die eigene Karriere – denken, reagieren sie durchweg auf dieselbe Art und Weise: Sie unterwerfen sich bedingungslos den Interessen der „Too-big-to-fail“-Banken. Genau diese Botschaft möchte Scholz offenbar der Wall Street senden.
SPD-Führung positioniert sich – für die Großbanken
Scholz’ Maßnahme ist aber auch noch aus einem anderen Grund ein klares Signal an die Wall Street: Das Hin und Her der SPD nach den Wahlen, das Personalkarussell an ihrer Spitze und die Mitgliederabstimmung zur GroKo haben der internationalen Finanzelite, die vor allem auf Verlässlichkeit setzt und mit großem Misstrauen auf jede Veränderung reagiert, überhaupt nicht gefallen. Um sie zu beruhigen, gibt Deutschlands neuer Finanzminister ihr jetzt durch Kukies‘ Ernennung zu verstehen, dass sein Ministerium sich in den kommenden Stürmen voll und ganz ihren Interessen unterordnen und an ihre Vorgaben halten wird.
Dass dieses Zeichen gerade von Scholz kommt, sollte nicht verwundern: Er hat erst vor wenigen Wochen als Hamburger Bürgermeister dazu beigetragen, dass die profitablen Reste der HSH Nordbank an den US-Geier-Hedgefonds Cerberus verramscht wurden, während die unprofitablen Teile beim Staat blieben und die Steuerzahler in Hamburg und Schleswig-Holstein in den kommenden Jahren einen zweistelligen Milliardenbetrag kosten werden.
Scholz hat damit nicht nur eindeutig Position für die Banken und gegen die arbeitende Bevölkerung bezogen. Sein Verhalten hat auch einmal mehr deutlich gemacht, wie die Arbeitsteilung in der SPD funktioniert: Diejenigen, die keine Entscheidungsgewalt haben, dürfen von „Erneuerung“ faseln und das Märchen verbreiten, die SPD sei wieder auf dem Weg zu einer Partei der arbeitenden Bevölkerung. Diejenigen, die die Fäden in der Hand halten, erledigen gleichzeitig hemmungslos das Geschäft der Finanzelite.
Ein weltumspannendes Spinnennetz an Kontakten
Goldman Sachs zählt zu den größten Finanzinstituten der Welt. Die Bank ist mit dem wahrscheinlich umfassendsten und effektivsten globalen Netzwerk und dem direktesten Zugang zu den Schaltzentren der internationalen Politik ausgestattet.
Zu ehemaligen Goldman-Sachs-Mitarbeitern zählen unter anderen EZB-Chef Mario Draghi, Ex-EU-Kommissionspräsident José Barroso, die Ex-US-Finanzminister Henry Paulson und Robert Rubin, der gegenwärtige US-Finanzminister Steven Mnuchin, Trumps Ex-Berater Stephen Bannon und Gary Cohn, Ex-Weltbank-Chef Robert Zoellick, die ehemaligen italienischen Ministerpräsidenten Mario Monti und Romano Prodi, der ehemalige griechische Ministerpräsident Loukas Papadimos, aber auch der deutsche EZB-Direktor und Merkel-Berater Ottmar Issing und die AfD-Sprecherin Alice Weidel.
Wie kein anderes Finanzinstitut hat es Goldman Sachs geschafft, seinen Einfluss in der Politik geltend zu machen und sich über seine eigenen Leute grenzübergreifend Vorteile aller Art zu verschaffen. Dass die Bank nun auch einen direkten Vertreter im deutschen Finanzministerium besitzt, verdankt die arbeitende Bevölkerung unseres Landes ironischer Weise der Partei, die im zurückliegenden Wahlkampf als Vorkämpferin für soziale Gerechtigkeit angetreten ist.