Verfassungsschutz (BRD-"Stasi") steuerte wohl mordende NSU-Nazi-Terror-Zelle

V-Mann "Primus" als Ur-Quelle im NSU-Komplex enttarnt

Ralf Marschner - Neonazi und V-Mann "Primus" - in Skinheradkreisen: "Manolo"

Schon  vorher war bekannt, dass sich dutzende V- Leute  also inoffizielle Mitarbeiter des Staatsschutzes der BRD im Umfeld der NSU-Terror- Zelle aufgehalten waren und da aktiv waren .

Ein V- Mann war sogar bei 6 von 9 Tatorten während der Anschläge in unmittelbarer Nähe. Im Internetcafe in Kassel sogar direkt im Laden.

Jetzt gibt es aber erstmals Hinweise darauf, dass auch Uwe Mundlos und Berate Zschäpe im Auftrag des Staates agierten und die Morde ssizusagen im Staatsauftrag ausgeführt haben könnten.

Noch nachdem das Nazi-Trio  untergetaucht waren udn eine konspirative und festungsartig verbarrikadierte Wohnung benutzte, wurden sie von einem V-Mann-Führer betreut und Uwe Mundlos wurde sogar in der Baufirma des Staatsschutz-Agenten beschäftigt. Während zweier Anschläge wurden sogar Baufahrzeuge des Bau-Unternehmers benutzt, der die NSU- Terror- Zelle als Agentenführer  demnach geführt und gesteuert hat.

Der thüringische Ministerpräsident Bodo Ramelow hat schockiert auf neue Enthüllungen zur Neonazi-Mordserie reagiert. "Das Staatsversagen wird immer facettenreicher", sagte Ramelow dem Tagesspiegel zur ARD-Dokumentation "Der NSU-Komplex", die am Mittwochabend ausgestrahlt worden war. Er habe die Sendung selbst gesehen, erklärte der Linke-Politiker, ihm sei "die Kinnlade heruntergefallen".

Der NSU-Terrorist Uwe Mundlos hat laut der ARD-Dokumentation zeitgleich mit Beginn der Neonazi-Mordserie für die Firma eines V-Manns des Verfassungsschutzes gearbeitet. Mundlos sei von 2000 bis 2002 bei einer Baufirma eines Zwickauer Neonazis tätig gewesen, berichtete ein Autorenteam der "Welt" in der Fernsehsendung.

Ramelow sagte weiter, die neue Dokumentation mache deutlich, "dass das V-Leute-System ein verfaultes System ist". Die entscheidende Frage sei nun, was diese Leute an ihre V-Mann-Führer berichtet hätten. Der Linke-Politiker erklärte: "Zu viele Ermittlungsbehörden haben die ganze Zeit gemauert", deshalb sei auch die Arbeit der Untersuchungsausschüsse im Bundestag und in mehreren Landtagen noch immer nur auf der Ermittlungsebene stecken geblieben. Kanzlerin Angela Merkel habe versprochen, dass der NSU-Terror lückenlos aufgeklärt werde. "Ich würde mir wünschen, wenn diese Zusage mit Sonderermittlungsdruck umgesetzt wird, und nicht immer nur Journalisten vorbehalten bleibt."

Ganz konsequent und ehrlich argumentiert aber auch Bodo ramelow nicht, der beispielsweise nicht vom Handeln eines möglichen BRD-Unrechtsstaates spricht, den er in der DDR zuletzt zu verorten glaubte,  obwohl dem DDR- Geheimdienst keine solchen möglichen Serienmorde aus rassistischen und  nazistischen Gründen nachgewiesen werden konnten.

Bei der aktuellen Enthüllung geht es um den Zwickauer Bau-Unternehmer Ralf Marschner, der für den bundesdeutschen Staatsschutz als Agentenführer tätig war und unter dem Decknamen "Primus" agierte. Er soll bereits seit 1992 bis 2002 als V-Mann gearbeitet haben.

Der Marschner Bau-Service setzte von 2000 bis 2002 regelmäßig sächsische Neonazis und Skinheads für Abbruch- und Entkernungsarbeiten im damals boomenden Immobiliensektor ein.

Auch Beate Zschäpe und nicht nur Uwe Mundlos hatte für den Unternehmer um 2000 bis wenigstens  2002  und somit nach ihrem Untertauchen gearbeitet, der gleichzeitig Top- Agent der westdeutschen Staatssicherheit war,  Das Bundesamt für Verfassungsschutz - wie sich der Laden offiziell nennt- wollte diesen Vorgang nicht dementieren, was explizit nicht wie  ein Dementi klingt.

Auch das ARD-Rechercheteam von Stefan Aust - dem eine solche Verbindung von Zschäpe zum Staat als Nachweis nicht gelang, berichtet davon,  dass Beate Zschäpe in diesem Baugeschäft gesehen worden war. 

So berichtete etwa der damalige Bauleiter verschiedener Immobilienprojekte, er sei sicher, dass es Mundlos war, der in jener Zeit als eine Art Vorarbeiter bei der Baufirma Manoles arbeitete – natürlich nicht unter seinem richtigen Namen. Er muß demnach einen Personalausweis gehabt haben, den in der Regel staatliche Behörden und der Verfassungsschutz für Verschleierungszwecke wahrer Identitäten und auch für das Leben im Untergrund ausstellen könnte.  Seine Aussage hat Arne-Andreas Ernst mit einer eidesstattlichen Versicherung dem Fernsehteam gegenüber bekräftigt.

Auf die Spur gekommen waren die Autoren Stefan Aust und Dirk Laabs dem dubiosen V-Mann Manole bereits bei den Recherchen zu ihrem Buch "Heimatschutz" (2014), für das sie zahlreiche Akten auswerteten, so etwa die BKA-Vernehmungsprotokolle von Marschner.

Am Dienstag, dem 30. Oktober 2012, so heißt es darin, erscheint Marschner um 16.10 Uhr "auf schriftliche Vorladung" in den Räumen der Staatsanwaltschaft Graubünden. Anwesend sind der Schweizer Staatsanwalt Maurus Eckert, seine Protokollführerin und die beiden BKA-Beamten Marc S. und Sven G. von der Staatsschutzabteilung in Meckenheim bei Bonn.

Es beginnt mit Fragen zu einem Nazi-Fußballturnier, bei dem Zeugen behauptet hatten, dass sie Marschner dort gemeinsam mit Böhnhardt und Mundlos gesehen hätten (Marschner: "keine Erinnerung"), mit Manoles Kampfhund (Marschner: "eine weiße Pitbullhündin namens Bonny"), und steigert sich zu der Frage, ob er das NSU-Trio aus Mundlos, Böhnhardt und Zschäpe je getroffen habe? (Marschner: "Nein. Ich habe diese Leute nie gesehen.") Ob er Waffen habe? (Marschner: "Einen alten Karabiner.") Um 17.25 Uhr wird die Vernehmung beendet, nachdem Marschner zu Protokoll gegeben hat: "Generell würde ich sagen, dass ich nie ein Neonazi war.D

Das BKA verhörte Marschner vielleicht zum Schein später in der Schweiz - doch dieser mauerte - udn dasd BKA hakte nicht nach.

Spätestens jetzt hätten bei den BKA-Beamten alle Alarmglocken läuten müssen, denn sie wussten: Max-Florian Burkhardt ist ein früherer Neonazi, der dem NSU-Trio, nachdem es 1998 in den Untergrund ging, für ein halbes Jahr zunächst seine Chemnitzer Wohnung und später sogar seine Identität überließ. Uwe Mundlos benutzte die Papiere von Max-Florian Burkhardt, um sich unter anderem einen Reisepass, eine Bahncard mit seinem eigenen Passbild, aber dem Namen und den Daten von Burkhardt ausstellen zu lassen.

Unter dieser falschen Identität, sogar mit einer Verdienstbescheinigung von Max-Florian Burkhardt, mietete mutmaßlich Mundlos später weitere Wohnungen für das Trio in Zwickau an, reiste zu den Mordtatorten und versteckte sich fast 13 Jahre lang im Untergrund. Seit am 4. November 2011 die Leichen von Mundlos und Böhnhardt samt ihrer falschen echten Ausweise in einem ausgebrannten Wohnmobil in Eisenach gefunden wurden, musste jeder Polizist in Deutschland, erst recht jeder ermittelnde Beamte vom BKA-Staatsschutz wissen: Es existierten damals zwei Männer mit der Identität "Max-Florian Burkhardt". Der echte und der andere: eben Uwe Mundlos.

Ein V-Mann-Führer nimmt den Kontakt auf

Wenn Marschner alias Verfassungsschutz-V-Mann Primus also in dieser zweiten BKA-Vernehmung von sich aus sagt, Max-Florian Burkhardt habe, sogar gemeinsam mit seinem Bruder, zwischen 2000 und 2002 in seiner Baufirma gearbeitet, hätten die Beamten auch noch auf einen anderen Gedanken kommen können. Die beiden Uwes (Mundlos und Böhnhardt) hingegen wurden wegen ihres zwillingshaften Verhaltens und ihrer Ähnlichkeit sowohl von Zeugen als auch von einem Profiler als Männer beschrieben, die "wie Brüder" wirkten. Alles seit Jahren aktenkundig.

Während BKA und Bundesanwaltschaft trotz dieser hochbrisanten Ergebnisse der zweiten Marschner-Vernehmung keine erkennbaren Ermittlungstätigkeiten entfalten, hat der Mitarbeiter einer anderen Bundesbehörde die potenzielle Sprengkraft des Zeugen offenbar erkannt. Einer von Manoles V-Mann-Führern beim Bundesamt für Verfassungsschutz. Der sogenannte Beschaffer mit dem Decknamen "Richard Kaldrack" nimmt nach dieser Aussage Marschners sofort Kontakt mit seiner früheren Vertrauensperson auf.

Nach diesem BKA-Verhör in Chur, so sagt Kaldrack am 13. Mai 2013, also neun Wochen danach, vor dem Bundestagsuntersuchungsausschuss in Berlin aus, "da ist bei uns von meinem Vorgesetzten die Entscheidung gefällt worden, dass ich Q3 (Quelle 3 = Marschner, d. Red.) zumindest aus Fürsorgegründen kontaktieren sollte."

Kaldrack gibt gegenüber dem Untersuchungsausschuss insgesamt acht Kontakte mit Marschner zu, seit das NSU-Trio im November 2011 enttarnt wurde.

Marschner arbeitet mit seiner Abbruchfirma als Sub-Unternehmer auch für einen interessanten Bau-Unternehmer.

Der Bauunternehmer, für den Manoles Abbruchfirma arbeitete, war ein Immobilienunternehmer, der zugleich hochrangiger Scientologe war und zeitweise unter Beobachtung des Verfassungsschutzes stand. Beim BfV zuständig für Scientologen war damals ein Beamter mit dem Tarnnamen "Lingen". Dieser war auch für Rechtsradikale zuständig – und er war derselbe Verfassungsschutzbeamte, der, nachdem Beate Zschäpe sich im November 2011 gestellt hatte, massenweise Akten von V-Leuten aus der rechtsradikalen Szene vernichten ließ.

Da scheint es sinnvoll, sich auf die Suche nach dem untergetauchten V-Mann zu machen. Znd man wird  in Liechtensteinin Vaduz  fündig. Pro-Kopf-Einkommen: 100.000 Euro. Steuerlast: minimal. Mit horrenden Monatsmieten. Hier spürten die Reporter Ralf "Manole" Marschner auf. Ausgerechnet hier, an einem der mondänsten und verschlossensten Wirtschaftsstandorte und Steueroasen Europas betreibt er ein großflächiges Antiquitätengeschäft.

Der 1971 in Plauen  geborene Rechtsradikale machte so mit Staatshilfe eine beachtliche Karriere. Zuerst eine  abgebrochene Lehre als Facharbeiter in der Tierzucht, dann eine abgebrochene Lehre als Hotelfachmann, 17 Strafverfahren in den Akten, gescheitert als Türsteher, als Nazi-Rocksänger, als Bekleidungs- und Bauunternehmer, Zwickauer Verbindungsmann zum wegen seiner Gewalttätigkeit verbotenen Blood-&-Honour-Neonazi-Netzwerk, der seine verschiedenen Kleinfirmen der Reihe nach in die Pleite trieb, ein Mann, der Zwickau und seine diversen Gläubiger fluchtartig zurückließ.

Mit Internetauftritt: viele Seiten im Netz, aber kein Name im Impressum.

Marschner arbeitet in Vaduz, wohnt aber auf der anderen Rheinseite, auf Schweizer Gebiet.

Als er 2007 aus Zwickau verschwand, ließ er seinen Computer in einem seiner Geschäfte, dem Heaven & Hell in Zwickau, zurück. Mehrmals wurde von Unbekannten danach gefragt, doch sein ehemaliger Geschäftspartner rückte ihn nicht heraus.

Erst als im November 2011 der NSU-Komplex mit dem Tod von Böhnhardt und Mundlos aufflog, ließ das Bundeskriminalamt Manoles bzw. Marschners Computer beschlagnahmen. Bei der Überprüfung der Daten stellte sich heraus, dass in der Audiodatei die Titelmelodie der Fernsehserie "Paulchen Panther" gespeichert war. Es ist Musik, die Böhnhardt und Mundlos für ihre Bekenner-DVD verwendet hatten. Eingespeichert offenbar vor seinem Abtauchen – das ihn zunächst nach Irland, 2008 dann über Österreich in die Schweiz führte.

Auffällig ist, wie wenig Ralf Marschner alias Manole alias Primus seit Jahren in der öffentlichen Wahrnehmung auftaucht – den Ermittlungen der zahlreichen Untersuchungsausschüsse in Bund und Ländern, der Bundesanwaltschaft, der Nebenklägeranwälte der NSU-Opfer und vor dem Oberlandesgericht München.

Dabei hatte Marschners V-Mann-Führer beim Bundesamt für Verfassungsschutz, der Beamte mit dem Decknamen Richard Kaldrack, in seiner ersten und einzigen Zeugenvernehmung – im Mai 2013 vor dem Bundestagsuntersuchungsausschuss – seinen Schützling als "die einzige wirklich relevante Quelle in dem subkulturellen Bereich in den neuen Bundesländern" beschrieben. Primus eben, "der Erste". Ansonsten in Sachen Marschner: keine persönlichen Vorladungen. Nicht vor Ausschüssen, nicht vor dem OLG. Keine zielführenden Ermittlungen. Großes Schweigen. Bis heute.

Wenn das stimmt, gehört nicht nur Beate Zschäpe vor das Gericht sondern auch die damalige Bundesregierung und  der damalige Innenminister und der damalige Verfassungssch(m)utzpräsident - jedenfalls wenn es wirklich einen Rechtsstaat im Lande geben würde.

Aktuell wäre es die Aufgabe von de Maiziere als  innenministerin und von Kanzlerin Merkel offenzulegen, ob der Staat sich an Nazi-Morden im Lande beteiligte oder sie gar federführend steuerte.

Der zweite Untersuchungsausschuss im Bundestag zur rechten Terrorzelle NSU will den neuen Hinweisen in dem Fall gründlich nachgehen. "Wenn es sich als wahr herausstellen sollte, dass (Uwe) Mundlos für einen V-Mann gearbeitet hat - in der Zeit, als die Morde des NSU begannen - dann hätte das eine völlig neue Dimension", sagte der Ausschussvorsitzende Clemens Binninger (CDU) der Deutschen Presse-Agentur. "Und im Moment spricht einiges dafür."

Die SPD forderte Innenminister Thomas de Maizière (CDU) dazu auf, die mutmaßliche Verstrickung von V-Leuten in die NSU-Affäre lückenlos aufzuklären. "De Maizière ist in der Pflicht, ohne Rücksichtnahmen und Ansehen der Person volle Transparenz zu schaffen", sagte  der stellvertretende SPD-Vorsitzende Ralf Stegner dem Tagesspiegel.

Der SPD-Politiker kritisierte in diesem Zusammenhang die Weigerung der schwarz-grünen Koalition für Aktentransparenz im Untersuchungsausschuss im Wiesbadener Landtag zu sorgen, dessen Einrichtung sie lange bekämpft hatte. "Das ist skandalös und eine Verhöhnung der Opfer."  

Schuster: Traue Typen wie Marschner nicht

Der CDU-Abgeordnete Armin Schuster, Obmann der Unionsfraktion im Innenausschuss und im NSU-Untersuchungsausschuss sowie Mitglied des Parlamentarischen Kontrollgremiums, sagt: "Ich traue solchen Typen wie Marschner nicht einen Millimeter." Sollte die Geschichte jedoch stimmen, dass Mundlos bei Marschner beschäftigt war, "kommt das Thema V-Mann-Führung wieder hoch".

Bundestagsvizepräsidentin Petra Pau (Linke) sagte, "mehr denn je" seien Zweifel angebracht, ob die offizielle Version der Geschichte stimme, wonach ein Nazi-Trio namens NSU mehr als zehn Jahre lang mordend und raubend durch Deutschland gezogen sei, unerkannt und unbehelligt.

Es scheine sich zu bestätigen, dass Mundlos und wohl auch Zschäpe bei einem V-Mann des Verfassungsschutzes angestellt gewesen sein sollen, formulierte Pau vorsichtig. Anfragen der Linksfraktion zu diesem Komplex seien bislang durch die Bundesregierung stets ausweichend beantwortet worden. Die Regierung gebe aus "Gründen des Staatswohls keine Auskunft", habe Bundesinnenminister de Maizière erst jüngst wieder beschieden. Pau sagte dem Tagesspiegel: "So wird Bundeskanzlerin Merkel weiter in den Meineid getrieben, denn sie hatte bedingungslose Aufklärung versprochen. Und so werden die NSU-Opfer weiter verhöhnt, von Staats wegen."

Gemeinsam mit ihren beiden mutmaßlichen Komplizen Mundlos und Uwe Böhnhardt lebte Beate Zschäpe von 1998 bis 2011 im Untergrund, zunächst in Chemnitz, später in Zwickau - in einer mit Spezialwänden und Überwaschungstechnik gut ausgestatteten sowie  gut ausgebauten Wohnung.

Die Fahndung nach dem Trio war bis zum Auffliegen im November 2011 nach einem missglückten Banküberfall und nach der Tötung von Mundlos und Böhnhardt  - Selbstmord kann inzwischen wohl ausgeschlossen werden -  in Eisenach erfolglos geblieben. (mit AFP, dpa)