Zschäpe bestreitet NSU-Mitgliedschaft - Erpresst Zschäpe den Verfassungsschutz?

Die wahre Geschichte des NSU im Anhang - IZ-Artikel. Die Akte Zschäpe

Beate Zschäpe will nicht Bestandteil des NSU-Trios gewesen sein . Sie sei in die Mordplanungen auch nie einbezogen worden. Verteidiger Grasel liest 54 seitige Zschäpe-Erklärung vor. 

Darin gibt sich Zschäpe als unschuldig und bedient die Mitleidsschiene. Aus einer schwierigen DDR-Kindheit mit einer dem Alkohol verfallenen Mutter wurde ihre Familie zum Wendeopfer und ihre Mutter nach der Wende endgültig arbeitslos. Deshalb sei sie zu kleinen Diebstählen gezwungen gewesen . Hinzu kam im Alter von 19 Jahren ihr Freund Uwe Böhnhardt, der der Bundeswehr, dem Militarismus, nationalistischer  und der Nazi-Ideologie zugetan war. Später entwickelte sich mit Uwe Mundlos daraus eine Dreier-Beziehung, da dieser noch nationalistischer und rechtsradikaler dachte.  

Der Name "NSU" sei eine Erfindung von Uwe Mundlos, der allenfalls noch Uwe Böhnhardt angehört habe. Sie sei nie Mitglied des NSU gewesen und von den Morden erst im nachhinein informiert worden. Damit zieht sie sich auf die Rolle der " deutschen Hausfrau" zurück, die nur gehorchte und ihre Rolle im patriarchalen Denken von Mundlos und Böhnhardt als Heimchen am Herd nur wahrgenommen hatte.

Sie schwieg aus Liebe. Die Neonazi-Terroristen Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos seien „ihre Familie“ gewesen. Wäre sie zur Polizei gegangen, hätten sich die beiden umgebracht...Die Brandstiftung in Zwickau gab sie zu. Das sei auch im Auftrag von Mundlos und Böhnhardt für den Fall ihres Todes geschehen und vorher so geplant gewesen.

Das stärkt die Vermutung,dass es sich bei der NSU um ein ferngesteuertes Geheimdienstkonstrukt gehandelt hat, wenn die Aussage stimmen sollte. Es ist kaum vorstellbar, dass Uwe Mundlos alles allein geplant hatt, zumal sie deutlich machte, dass auc Uwe Böhnhardt allenfalls nur vielleicht auch Mitglied der NSU-Zelle gewesen sei, die so aus maximal ein bis zwei Personen bestanden habe. Allerdings explodierte die Wohnung, nachdem Zschäpe selbige verlassen hatte.  

Nach der Pause hat der neue Pflichtverteidiger von Beate Zschäpe die drei alten Anwälte der Hauptangeklagten scharf attackiert. Mathias Grasel beantragte am Mittwoch die Entpflichtung von Wolfgang Heer, Wolfgang Stahl und Anja Sturm. Zschäpe sei von ihnen blockiert worden, das Vertrauen sei erschüttert, sagte Grasel. Die Angeklagte sei von ihren alten Pflichtverteidigern dazu gedrängt worden zu schweigen. Demnach war auch das 2,5 jährige Schweigen vor Gericht nicht ihre Strategie gewesen. Ihre Entschuldigung wirkt wie die ganze Erklärung als ein Versuch sich reinzuwaschen.

Das Gegenteil wird das Gericht aber nur beweisen können, wenn sie die ganzen VS-Leute im Umfeld der NSU-Terror-Zelle als mögliche Mittäter in den Prozess mit einbezieht, was bisher nicht geschehen ist. 

Eine Motivation der Aussage könnte sein, dass Zschäpe den Verfassungsschutz erpresst, weil es im Umfeld der NSU-Zelle nachweislich  viele VS-Leute gegeben hatte, wovon Zschäpe gewusst haben muß.

Dass der Geheimdienst mit über 40 V-Leuten im Nahbereich des NSU und seines Netzwerkes agierte, ist inzwischen Gemeingut geworden. Dass diese V-Leute diesen Untergrund maßgeblich mit ausgerüstet haben, ist ebenfalls in Hülle und Fülle belegt. Wie weit dieser Einfluss, das Gewährenlassen, aber reicht, wäre Ermittlungsaufgabe der Strafverfolgungsbehörden, die allerdings nur mit den Achseln zucken und diesen Bereich des NSU-Netzwerkes damit unter Straffreiheit stellen, erklärt der NSU-Experte wolf Wetzel. 

Wetzel würde von der Evidenz der zahlreichen Belege, Indizien und Zeugenaussagen sprechen, die eine Manipulation zahlreicher Ermittlungsergebnisse belegen. Sonst gäbe es auch keinen zweiten parlamentarischen Untersuchungsausschuss auf Bundesebene, und keinen zweiten in Thüringen. In beiden werden zwei zentrale Thesen angezweifelt: Jene von den drei angeblichen NSU-„Einzeltätern“ und jene vom Selbstmord der beiden NSU-Mitglieder Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt. In letzteren Fall wurde der Tatort Eisenach, wo die Genannten einvernehmlichen Selbstmord begangen haben sollen, so massiv „kontaminiert“, also manipuliert, dass jedes sich darauf gründende Ermittlungsergebnisse eine Farce sein muss. 

Wem dienen diese Manipulationen? Nun, wenn alle noch vorhandenen Indizien, einen Selbstmord zum unwahrscheinlichsten Geschehensablauf machen, ein Fremdeinwirken, also einen Mord hingegen für zum wahrscheinlichsten, dann will man hier offenbar Täter decken bzw. nicht verfolgen, so der Experte.

Es gibt einen Mann, der Ihre Frage nach Interesse und Motiv dieser Manipulationen und Ermittlungssabotage auf ganz unfreiwillige Art und Weise bereits wunderbar beantwortet hat. Er heißt Klaus-Dieter Fritsche und war, als der NSU noch im Untergrund weilte, Vize-Chef des Verfassungsschutzes in Köln. Dieser Mann wurde 2012 als Zeuge vor den Parlamentarischen Untersuchungsausschuss in Berlin geladen, um zu erklären, wie es zu den Vernichtungen von V-Mann-Akten in seiner Bundesbehörde kam, nachdem die Generalbundesanwaltschaft die Ermittlungen aufgenommen hatte. Dort klärte er folgendermaßen auf:

»Es dürfen keine Staatsgeheimnisse bekannt werden, die ein Regierungshandeln unterminieren. (…) Es gilt der Grundsatz ›Kenntnis nur wenn nötig‹. Das gilt sogar innerhalb der Exekutive. Wenn die Bundesregierung oder eine Landesregierung daher in den von mir genannten Fallkonstellationen entscheidet, dass eine Unterlage nicht oder nur geschwärzt diesem Ausschuss vorgelegt werden kann, dann ist das kein Mangel an Kooperation, sondern entspricht den Vorgaben unserer Verfassung. Das muss in unser aller Interesse sein.«

Klarer und kompetenter kann man nicht sagen, dass der NSU nicht nur eine neonazistische Organisation ist, sondern zugleich eine Staatsangelegenheit. Denn nur im letzteren Fall kann man daraus ein „Staatsgeheimnis“ machen.

Klar und unbestritten ist hoffentlich, dass es für Neonazismus und Neofaschismus keine staatlichen Geburtshelferdienste bedarf. Den Nährboden hat die nicht begonnene politische und gesellschaftliche Entnazifizierung geschaffen, aber auch das skrupellos optionale Verhältnisse der politischen Klasse zu neofaschistischen Ideologien und Praxen. Sie waren und sind ihnen willkommen, wenn es um Antikommunismus ging und geht, den sich beide verbissen teilen. Und sie sind sich einig darin, dass die gesellschaftliche Linke ihr gemeinsamer Feind ist. Verneinen würde ich für Deutschland, in der jetzigen „Führungsposition“ mit Blick auf die Europäische Union, dass man den Neofaschismus als eine Art politische Notreserve, also letzte Machtoption hält.

Wenn man diese knapp gezeichneten Verbindungslinien vor Augen hat, dann erschließt sich auch das Verhältnis zwischen neonazistischem Terror - hier in Gestalt des NSU - und staatlichen Behörden und Diensten. Für den NSU kann ich sehr engmaschig nachzeichnen, dass das Abtauchen und Gründen eines neonazistischen Untergrundes ohne das Zusehen und Gewährenlassen von Geheimdiensten nicht möglich gewesen wäre. Das reicht bis hin zur aktiven Unterbindung von Festnahmemöglichkeiten, was ebenfalls belegt ist. Doch, es ist eben mehr als das gern verwendete Bild vom „verselbstständigten“ Geheimdienst. Denn in all diesen Fällen, wo verschiedene Interessen – zum Beispiel zwischen Polizei und Geheimdienst - aufeinandertrafen, haben keine James Bond-Gestalten, mit Griff zur ultimativen Waffe entschieden …. sondern das jeweilige Innenministerium. Ein ordentlicher und geordneter Weg, den ich an vielen Tatorten nachzeichnen kann. Also weder einer verselbstständigter Geheimdienst, noch das behauptete „Behördenwirrwarr“.

Das heißt also, dass der Geheimdienst, der sogenannte Verfassungsschutz an keinem entscheidenden Punkt gegen übergeordnete Interessen verstoßen hat, schon gar nicht, dass er mit eigener „Agenda“ gegen die Regierung agiert hat.

Ich hatte zuvor bereits den ehemaligen Vizechef des Inlandgeheimdienstes „Verfassungsschutz“ Klaus-Dieter Fritsche zitiert. Wenn er den NSU zum „Staatsgeheimnis“ hochstuft, das bei Offenlegung Regierungshandeln unterminieren könnte, dann belegt er doch sehr eindrucksvoll, dass es eben keinen Dissens zwischen Geheimdiensten auf der einen und Regierung plus regierungswilliger Opposition auf der anderen Seite gibt.

Dass er diese doch klare Ansage zur Nichtaufklärung der NSU-Morde, zur fortgesetzten Ermittlungssabotage nicht gegen seine politisch Vorgesetzten gemacht hat, sondern in ihrem Namen, ist ganz einfach zu belegen: Im Dezember 2013 katapultierte ihn die Bundeskanzlerin Angela Merkel ins höchste Amt, das es auf diesem Terrain zu vergeben gibt: Staatssekretär für die Belange der Nachrichtendienste im Bundeskanzleramt. Dieser Posten wurde von der Bundeskanzlerin extra neu geschaffen.