"Es soll eine linke Gegenöffentlichkeit zerstört werden"

In einem Interview mit der Freiheitsliebe stellt der Autor der Nachdenkseiten  Jens Berger fest, dass der Angriff aus sein linkes Medieum zum Ziel hat, eine linke und wohl auch konzernunabängige Gegenöffentlichkeit zu zerstören oder aber erst  garnicht entstehen zu lassen.

Fast alle Konzernmedien und quasi Staatsmedien vertreten ökonomisch den Neoliberalismus und politisch im Mainstream erzkonservative bis rechtspopulistische Positionen. Die offene und unterschwellige Hetze gegen Asylanten in fast allen Medien macht das in diesen Tagen besonders deutlich. 

Da die Linke politisch in vielen Bereichen versagt hatte, ist eine neue Protestbewegung auf der Straße entstanden, die oftmals von Libertären  und Nichtlinken geführt wird, weil die Linke sich ängstlich wegduckte. So entsteht eine neue Protestbewegung mit Politamateuren wie Mährholz oder jetzt in Plauen mit einem "umpolitischen Kneipenwirt" an der Spitze.  

Besonders deutlich wurde das bei der Entstehung der neuen Friedensbewegung, die historisch mmer als überparteiliche Volksfrontbewegung in Erscheinung getreten war. Als sie ohne Linke als Montagsmahnwache entstand und wuchs, was das Entsetzen bei so manche linken groß.

Politische Themen wie die Unterdrückung der Palästinenser durch  ein rassistisches Apartheidregime in Israel und Palästina hat die Linke als Partei genauso ignoriert wie die Dschihadsöldner in Syrien,  die oftmals  als versteckte Söldner der USA in Syrien kämpften, nachdem sie über das Nato-Land Türkei aber auch über pro-westliche Golfstaaten eingeschleust worden waren. So schaute die Linke bei dem faktische imperialistischen Krieg der USA gegen Syrien genauso weg, wie sie beim Libyenkrieg des US Imperialismus gegen Gadaffi oder beim Malikrieg wegschaute, an dem sich auch EU-Staaten beteiligt hatten.    Das wurde dann sogar noch getoppt als die USA den Putsch in der Ukraine starteten und finanzierten und sich dabei auf faschistische Milizen der Swoboda-Partei stützte.  Selbst die SPD und Außenminister Steinmeier  hatte den Führer  der Faschisten namens Tagnynok in Kiew hofiert.

Die Linke schaute beim Rußland-Bashing genauso weg wie beim Erstarken des Faschismus in der Ukraine. Das alles brachte das Fass zum Überlaufen und statt linke Ikonen eroberten Nichtlinke wie Märholz, Jebsen u a. die Straße und konnten sich an die Spitze der Bewegung stellen.

Hinzu kam die Weigerung der Linken die EU an sich kritisch zu betrachten und das neoliberale Konstrukt insgesamt in Frage zu stellen sowie ein sozialistisches Europa zu fordern, statt ein undemokratisches Europa der Bürokraten, der zockenden Finanzspekulanten und der koruppten Kapitaloligarchen hinzunehmen, die sich dort als Lobbyisten die Politiker in Brüssel oftmals kaufen wollen.   

Deshalb ist es auch so, dass viele Protestwähler, die im Osten bisher immer PDS und später die Linkspartei wählten,  die Linke nicht mehr als systemkritische Protestpartei wahrgenommen haben und stattdessen in letzter Zeit erstmals AfD und Rechtspopulisten wählten und der Pegida zuströmten. Nur so konnte der Protest und die berechtigte Systemkritik falsch nach rechts und völkisch statt kapitalismuskritisch kanalisiert werden.

Die Linke hatte sich besonders in Regierungen im Osten zu sehr etabliert und hatte sich der neoliberalen und systemischen SPD zu sehr angebiedert und untergeordnet. Für viele Ostdeutsche, die seit Jahren grundsätzlich Protestwähler waren und den Kapitalismus ablehnten, war die Linke plötzlich nicht mehr attraktiv genug

Nur deshalb konnte überhaupt eine rechtspopulistische Partei entstehen und den Sprung in die Parlamente schaffen, was bisher in der Regel überall auf Dauer  verhindert werden konnte. Die Linke hat so in letzter Zeit ihre Rolle als die einzig relevante Protestpartei mit Verankerung in  Parlamenten und sozialen Bewegungen verloren.

Jetzt grollen manche Linke, dass da was ohne sie entsteht und sie brüllen Querfront, wenn sich Linke an diesen außerparlamentarischen Bewegungen beteiligen wollen. Das trifft sogar auf linke Linke wie den Bundestagsabgeordneten Niema Movassat zu, der sich als Antikapitalist definiert. Auch er wittert Querfront, weil sich Ken Jebsen als Linkslibertärer an der neuen Bewegung in Plauen beteiligen will, die sich eindeutig von Pegida abgrenzt, aber im Punkt 3 ihres 8- Punkte- Programms eine fragwürdige asylkritische Position vertritt, die auch tatsächlich zu verurteilen ist. 

Aber manchen Linken wie auch Diether Dehm (MdB) oder Sahra Wagenknecht im Januar geht und ging  es darum, dass man die Basis von systemkritischen Bewegungen gewinnt, solange diese Menschen noch nicht  hoffnungslos den Rassiten und völkischer Ideologie verfallen sind.  Die Führer wird man ohnehin nicht erreichen können . Aber wenn  Linkslibertäre wie Ken Jebsen oder Diether Dehm autonom im Sinne eines "offenen Mikros" auftreten und ihre Positionen vertreten können, die desn Rassismus strickt ablehnen, sollten sie auch versuchen die Menschen der Basis zu erreichen ( solange sie noch erreichbar sind)  und ihren Protest abtikapitalistisch und  klassenkämpferisch nach links zu kanalisieren. Es geht um ein Gegenangebot - um sozialistischen Klassenkampf gegen Superreiche statt völkischen Rassenkampf gegen arme Kriegsflüchtlinge und Asylanten.   

Die Freiheitsliebe hat jetzt ein Interview mit Jens Berger gefüht, dass sich dieser Thematik annimmt, nachdem selbst die "Nachdenkseiten" als Querfrontgestrukt an  den Pranger gestellt werden soll. 

Es geht darum die linke Gegenöffentlichkeit zu zerstören – Im Gespräch mit Jens Berger (Nachdenkseiten)

In den letzten Wochen haben verschiedenene Zeitungen den Nachdenkseiten Querfrontaktivitäten und Einseitigkeit vorgeworfen. Dabei wurden sie in einen Topf geworfen mit rechten Webseiten und Verschwörungstheoretikern, Fakten für die Behauptung wurden allerdings nicht genannt. Wir haben mit Jens Berger, Autor bei den Nachdenkseiten, über die Artikel gegen die Nachdenkseiten, ihre Ursachen und die Antwort der Nachdenkseiten gesprochen.

Die Freiheitsliebe: In den letzten Tagen wurden in verschiedenen Zeitungen Artikel veröffentlicht, die die NachDenkSeiten der Querfront bezichtigen, was war der Auslöser?

Jens Berger: Auslöser, nein besser Aufhänger, war das Ausscheiden unseres Mitherausgebers Wolfgang Lieb, der unserem anderen Mitherausgeber Albrecht Müller zum Abschied noch einige kritische Sätze mit auf den Weg gab. Das war natürlich ein gefundenes Fressen für Journalisten, die uns ohnehin nicht wohlgesonnen sind. Daraus machten sie dann bar jeder inhaltlichen Basis einen Querfront-Vorwurf.

Man muss sich das einmal vorstellen. Der Begriff „Querfront“ bezeichnet ja eine strategische Partnerschaft zwischen der politischen Rechten und der politischen Linken. Die NachDenkSeiten kann man wohl zur politischen Linken zählen. In welchem Punkt wir nun mit der politischen Rechten paktieren sollten, ist mir jedoch ein absolutes Rätsel.

Die Freiheitsliebe: Ist an den Vorwürfen etwas dran? Arbeitet ihr mit Leuten aus dem rechten Spektrum, wie Elsässer oder seinem Compactmagazin?

Jens Berger: Ach was. Wir sehen Elsässer und auch den in diesem Zusammenhang genannten Kopp-Verlag doch genau so kritisch wie die Zeitungen, die uns mit diesen Gestalten in einen Topf werfen. Man muss sich doch nur einmal die inhaltlichen Positionen der Genannten anschauen, um sofort festzustellen, dass diese Vorwürfe komplett lächerlich sind. Elsässer feiert Tilo Sarrazin, Pegida und die AfD. Wir kritisieren Sarrazin, Pegida und die AfD. Elsässer wünscht sich ein starkes Deutschland. Wir wünschen uns ein solidarisches Europa.

Dass Elsässer auch gerne im linken Lager wildern würde, ist ja seit langem bekannt. Als gemeinsamer Nenner wird da immer wieder die Kritik an der Außen- und Sicherheitspolitik der USA genannt. Ja und? Sollen wir etwa nun etwa keine Kritik mehr an den USA üben, weil ein Herr Elsässer ähnliche Kritikpunkte hervorbringt? Das ist doch absurd.

Die Freiheitsliebe: Wie stehst Du zu Ken FM, dem aufgrund kritischer Aussagen immer wieder rechte Tendenzen unterstellt werden?

Jens Berger: „Wie hältst Du es mit Ken Jebsen“ scheint ja schon fast eine Gretchenfrage der linken Gegenöffentlichkeit geworden zu sein. Auch Du fragst mich das ja nicht ohne Grund. Ken Jebsen redet viel und einige seiner Sätze sind natürlich kritikwürdig. Das wird er wahrscheinlich selbst so sehen. Auch ich habe in meiner überschaubar langen Karriere als Journalist und Blogger sicher schon den einen oder anderen dummen Satz gesagt oder geschrieben. Nichtsdestotrotz sind viele der Interviews, die er für KenFM produziert, sehr interessant. Ich kann auch ganz ehrlich nicht nachvollziehen, warum man ihn in die rechte Ecke stellt. Schaut man sich die Kritik an ihm an, stellt man auch schnell fest, dass hier fast immer auf persönlicher Ebene, also ad hominem, aber fast nie auf sachlicher Ebene argumentiert wird.

Die Freiheitsliebe: Was ist das Ziel der Kampagne gegen euch?

Jens Berger: Da gibt es sicher verschiedene Motive. Zum Einen passt es einigen wenigen Journalisten natürlich nicht, dass wir sie und ihre Arbeitgeber vom Thron stoßen wollen und den Lesern aufzeigen, dass es mit der vielbeschworenen Unabhängigkeit und Überparteilichkeit der großen Zeitungen nicht immer so weit her ist, wie diese es gerne nach außen darstellen. Zum Anderen wird derartige Kritik ja vor allem von Journalisten vorgebracht, die uns ohnehin politisch und ideologisch nicht sonderlich nahe stehen. Für beide Motive wäre es natürlich ein gefundenes Fressen, unsere Glaubwürdigkeit zu beschädigen. Schlussendlich geht es doch vor allem auch darum, Sprengfallen innerhalb der linken Gegenöffentlichkeit auszulegen. Man hofft, dass wir auf diesen Trick hereinfallen, uns nun von Gott und der Welt distanzieren und uns gegenseitig zerfleischen. Das ist natürlich berechenbar.

Die Freiheitsliebe: Werdet ihr darauf reagieren, euch vielleicht sogar ändern oder einfach weitermachen wie bisher?

Jens Berger: Unsere Leser haben diese Frage eigentlich schon für uns beantwortet. Sogar ich „harter Hund“ war überwältigt von den Solidaritätsbekundungen, die uns in der letzten Woche erreichten. Ich weiß auch nicht, warum wir uns von außen eine derartige Debatte aufdrängen lassen sollten, bei der es aller Erfahrung nach, ohnehin keine Gewinner, sondern nur Verlierer gibt. Man muss schließlich nicht über jedes Stöckchen springen, dass einem taz und FR vorhalten.

  http://diefreiheitsliebe.de/politik/es-geht-darum-die-linke-gegenoeffentlichkeit-zu-zerstoeren-im-gespraech-mit-jens-berger-nachdenkseiten/

Im Januar hatte die jetzigen linke Fraktionsvorsitzende Sahra Wagenknecht auch noch die damals richtige Meinung, dass man mit der Pegida-Basis reden solle. Die Bewegung sei systemkritisch. Diese Systemkritik sei nur falsch kanalisiert worden und sie müsse stattdessen nach links kanalisiert werden. Die Kader der Bewegung konnte man wohl auch schon damals nicht erreichen - aber vielleicht noch einfache Mitläufer auf der Straße. Darum gin es Wagenknecht damals. Inzwischen hat sich die Bewegung als rassistische Bewegung verfestigt, deren Anhänger kaum noch erreicht werden können. Manche verabschiedeten sich aber auch von Pegida und schlossen sich stattdessen linken und kapitalismuskritischen oder auch anti-imperialistischen und globalisierungskritischen Bewegungen an.

Aber wenn es Abspaltungen wie Pegada oder jetzt der neuen Deutschland- Bewegung gibt, die sich von Pegida unterscheiden oder sich sogar diametral von deren Forderungen  unterscheiden, sollte man wenigstens versuchen diese  systemkritischen Leute für linke Politikansätze gegen den Finanzmarktkapitalismus und gegen imperialistische Kriege der USA und der Nato zu gewinnen statt sie den rechten "Rattenfängern" zu überlassen, die Menschen völkisch zu Rassisten umerziehen wollen und die Flüchtlingsfrage dafür mißbrauchen um "kleine Leute" zu bekämpfen, die oftmals ihr eigenes Schicksal als Billiglöhner usw. teilen. 

Genau deshalb meinte Sahra Wagenknecht seinerzeit im Januar:

Sahra Wagenknecht, Vize-Fraktionschefin der Linken, ist für Gespräche mit den Anhängern von Pegida. Unter den Anhänger gebe es eine Reihe von Leuten, "die da hingehen, weil sie die herrschende Politik ablehnen".
 

Gregor Gysi will mit Pegida-Anhängern reden. Sie auch?
Ja. Die Organisatoren von Pegida schüren rassistische Ressentiments und machen Stimmung gegen Flüchtlinge. Aber es gibt eine Reihe von Leuten, die da hingehen, weil sie die herrschende Politik ablehnen, weil sie empört sind über prekäre Jobs und miese Renten. Sie haben das Gefühl, da ist endlich mal eine Protestbewegung. Natürlich muss man mit diesen Leuten reden und ihnen deutlich machen, dass das nicht einfach eine Protestbewegung ist, sondern eine Bewegung, die Protest genau in die falsche Richtung lenkt, die Sündenböcke sucht, statt die Schuldigen und die Profiteure zu nennen.

Die Protestpartei war bisher die Linke.
Das sind wir nach wie vor. Aber die Menschen haben erlebt, dass Deutschland in den letzten 15 Jahren von verschiedenen Parteien regiert wurde, und die Politik immer die gleiche geblieben ist. Natürlich haben viele Zweifel, ob sie überhaupt noch einer Partei vertrauen können, ob nicht alle in der Opposition schöne Reden schwingen, sich aber nichts ändert, wenn sie dann regieren. Wir müssen deutlicher machen: Wir sind nicht wie die anderen, wir lassen uns nicht kaufen.

Ist Pegida typisch ostdeutsch?
Nein. Natürlich ist es absurd, wenn ausgerechnet in Dresden, wo nahezu keine Muslime leben, vor der Islamisierung des Abendlandes gewarnt wird. Aber Befragungen der Pegida-Teilnehmer zeigen, dass vielen das Thema Islam und Zuwanderung ziemlich egal ist. Natürlich gibt es auch Ressentiments, aber die findet man im Westen genauso.

Zwischen Links und Rechts gibt es Schnittmengen.
Das sind keine Schnittmengen. Schon immer greifen Rechte Themen auf, die in der Bevölkerung populär sind. Und natürlich ist es richtig, die Bundesregierung für ihre falsche Russland-Politik zu kritisieren. Das tun Persönlichkeiten wie Helmut Schmidt oder Matthias Platzeck auch.

Hat die Linke da eine besondere Verantwortung?
Aufgabe der Linken ist es, die Unzufriedenen zu erreichen und klar zu machen, dass die Profiteure sinkender Löhne nicht Zuwanderer oder Moslems sind, sondern die Bezieher von Gewinnen der Konzerne.