Ostermärsche gegen Hochrüstung und Islamfeindlichkeit 

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Mit einem Gottesdienst vor den Toren des Fliegerhorstes Büchel hatten die Ostermärsche am Freitag in Rheinland-Pfalz begonnen. An diesem Montag ist ein weiterer Marsch in Büchel geplant. Der Luftwaffenstützpunkt gilt als einziger Standort in Deutschland, an dem amerikanische Atomwaffen lagern.

Mehrere hundert Menschen sind am Samstag dem Aufruf zu Ostermärschen in Baden-Württemberg gefolgt. Die Teilnehmer wandten sich gegen Rüstungsexporte und Islamfeindlichkeit und forderten Schritte zu einer friedlichen Konfliktlösung in der Ukraine.

Den Auftakt machte am Karfreitag eine Mahnwache in Biberach, an der nach Angaben des Veranstalters rund 300 Menschen teilnahmen. Christliche Pfarrer und ein islamischer Geistlicher mahnten, dass  Unterschiede in der Religion nie zu Hass und Gewalt führen dürften. Bei nasskaltem Wetter kamen weniger Menschen zu den Veranstaltungen als erwartet.

Vor der Kommandozentrale für die US-Streitkräfte in Europa (EUCOM) in Stuttgart-Vaihingen versammelten sich am Samstag nach Angaben der Veranstalter etwa 400 Menschen. Der evangelische Pfarrer Dietrich Becker-Hinrichs forderte „eine fundamentale Abkehr von einer Politik des Kriegführens, die immer wieder neuen Terrorismus erzeugt“. Jede Religion habe ein Gewaltpotenzial, aber auch ein mächtiges Friedenspotenzial.

Deshalb gelte es, der verbreiteten Islamfeindlichkeit in Deutschland entschieden entgegenzutreten.

Der Stuttgarter IG-Metall-Gewerkschaftssekretär Kai Burmeister forderte von der Bundesregierung ein Konversionsprogramm „mit dem Ziel, militärabhängige Arbeitsplätze durch zivile Produktion zu sichern“.

 

„Unsere Verantwortung heißt: Frieden!“

In Mannheim folgten nach Polizeiangaben rund 35 Menschen dem Aufruf zum Ostermarsch, in Ellwangen waren es 150 Teilnehmer. 70 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkrieges standen die Veranstaltungen des Friedensnetzes Baden-Württemberg unter dem Motto „Unsere Verantwortung heißt: Frieden!“ Am Ostermontag folgen noch Ostermärsche in Müllheim (Kreis Breisgau-Hochschwarzwald) und Bregenz.

Die Ostermarschbewegung hat ihre Wurzeln im Protest gegen das atomare Wettrüsten während des Kalten Krieges. In der alten Bundesrepublik erlebte sie 1968 und 1983 ihre Höhepunkte mit Hunderttausenden von Demonstranten. Mittlerweile sind die Teilnehmerzahlen stark zurückgegangen.

Am  zweiten Tag der Ostermärsche haben in Deutschland mehrere tausend Menschen gegen Krieg, Gewalt, Rüstungsexporte und Ausländerfeindlichkeit demonstriert.

In Berlin gingen am Samstag etwa 1000 Menschen unter dem Motto „Die Waffen nieder“ auf die Straße. Sie machten sich vor allem für einen friedlichen Dialog mit Russland in der Ukraine-Krise stark und forderten die Nato auf, einen Einsatz in der Krisenregion zu unterlassen.

Mit einer Radtour hat die Ostermarschbewegung in Nordrhein-Westfalen am Sonntag (05.04.2015) ihre dreitägige Friedensdemonstration fortgesetzt. Nach Veranstalterangaben machten sich am Morgen etwa 100 Menschen auf den Weg von Essen nach Bochum. Bei Zwischenstopps in Gelsenkirchen und Herne stießen zahlreiche weitere Teilnehmer hinzu. Die Demonstranten machten sich mit Transparenten und Reden stark für eine Ächtung von Atomwaffen und gegen Krieg und Militarisierung. Sie forderten einen Stopp des Kriegswaffen-Exports sowie eine humanere Flüchtlingspolitik in der EU und Deutschland. "Kriege stoppen, Atomwaffen ächten, zivile Lösungen schaffen", so lautet das Motto des diesjährigen Ostermarschs Rhein-Ruhr.

In Essen erinnerten am Ostersonntag die Teilnehmer an die Befreiung von Krieg und Faschismus vor 70 Jahren. Gewarnt wurde vor dem Zusammenspiel von ziviler und militärischer Nutzung der Atomkraft. So werde im nordrheinwestfälischen Gronau mit der Urananreicherungsanlage auch die Technologie vorgehalten, um eine Atombombe zu bauen. In Essen demonstrierten Ostermarschierer vor dem Verwaltungsgebäude des Energieriesen RWE. Er betreibt das Atomkraftwerk Emsland in Lingen, wo es am Freitag einen Zwischenfall gab. Die Demonstranten forderten die sofortige Stilllegung des Atommeilers.

Den Auftakt der dreitägigen Demo hatten am Samstag (04.04.2015) rund 250 Teilnehmer in der Duisburger Innenstadt gemacht. Dort trat die Gruppe "Bandbreite" auf. Dem schlossen sich am Nachmittag bei einer Demonstration und einem Friedensfest in Düsseldorf knapp 600 Teilnehmer an. Damit seien Teilnehmerzahlen wie im vergangenen Jahr erreicht, sagte Joachim Schramm, Landesgeschäftsführer der Deutschen Friedensgesellschaft in Nordrhein-Westfalen. "Es ist erfreulich, dass in diesem Jahr auch zahlreiche junge Menschen mitlaufen", so Schramm. In der Landeshauptstadt gab es eine Kundgebung vor dem DGB-Haus. Hauptredner war Friedensaktivist Jürgen Grässlin.

Im diesjährigen Aufruf der Ostermärsche wurde der Europäischen Union und derNATO eine "Kriegspolitik" vorgeworfen. Beide Bündnisse setzten "fast ausschließlich auf eine militärische Durchsetzung ihrer Interessen."

Auch in anderen nordrhein-westfälischen Städten gab es Ostermarsch-Aktionen, so in Bielefeld, Gummersbach und Münster. Während dieser Tage nur mehrere hundert Teilnehmer den Weg zu den Friedensdemonstrationen im Land finden, demonstrierten Anfang der 80er Jahre bundesweit bis zu eine Million Menschen gegen das Wettrüsten mit Atomwaffen.

Einen der "nassesten Ostermärsche" haben am Samstag die Landeshauptstädte Wiesbaden und Mainz erlebt. Rund 200 Menschen traten hier im strömenden Regen "Für eine Welt ohne Krieg" ein. Ostermärsche gab es auch in Gießen und Fulda.Video:

In Fulda gingen am Karsamstag nach Polizeiangaben 80 Menschen auf die Straße. Einer der Organisatoren der Ostermarschbewegung, der hessische Linken-Fraktionschef Willi van Ooyen, sprach von 120 Teilnehmern. Im Odenwald zogen die Teilnehmer von Erbach nach Michelstadt. Laut Polizei nahmen daran 60 bis 70 Personen teil. Mit dabei waren der Deutsche Gewerkschaftsbund, die Organisation Attac und die Gruppe "Odenwald gegen Rechts". 

In der Fußgängerzone von Gießen fand unter dem Motto "Konflikte friedlich lösen - Wir sind keine Feinde!" eine Veranstaltung mit Infoständen und Aktionen statt, zu der laut Organisatoren rund 80 Teilnehmer kamen.
 
Die Aktionen enden am Ostermontag mit Kundgebungen in Frankfurt und Kassel und einem "Osterspaziergang" in Marburg. Zu der zentralen Frankfurter Kundgebung um 13 Uhr auf dem Römerberg werden als Redner der katholische Sozialethiker Friedhelm Hengsbach, Ünal Kaymakci von der Islamischen Religionsgemeinschaft Hessen, Mohamud Omer von den "Refugees for Change" und Sandro Witt vom DGB Hessen-Thüringen erwartet. 

Der Kasseler Ostermarsch steht unter dem Motto "Von deutschem Boden muss Frieden ausgehen!". Hauptrednerin der Abschlusskundgebung vor dem Rathaus ist die Linken-Bundestagsabgeordnete Sevim Dagdelen.
 
Die Menschenmengen früherer Jahrzehnte bringen die Ostermarschierer aber nicht mehr auf die Straße. Van Ooyen hofft auf 2.000 bis 2.500 Menschen bei der zentralen Veranstaltung am Ostermontag in Frankfurt. 

Die Kundgebungen sollen sich auch gegen das Freihandelsabkommen TTIP zwischen den USA und der EU richten. "Wir brauchen kein TTIP, keine Wirtschafts-Nato", sagte van Ooyen. Nötig sei dagegen ein großer Wirtschaftsraum von Portugal bis in den fernen Osten Russlands. Europa brauche auch eine neue Entspannungspolitik.

Ostermarsch im strömenden Regen

Zum Ostermarsch von Mainz und Wiesbaden kamen bei strömendem Regen rund 200 Aktivisten. Der Protestmarsch stand unter dem Motto "Für eine Welt ohne Krieg, Militär und Gewalt". 

Im Mittelpunkt der Reden auf der Abschlusskundgebung in Mainz habe der Konflikt in der Ukraine gestanden, sagte Koordinator Gernot Lennert. Es sei der "nasseste Ostermarsch" in der Geschichte der Veranstaltung gewesen, die in dieser Form seit 2004 stattfinde. Bis Montag sind in Hessen insgesamt elf Kundgebungen geplant.
 

Das große Friedensfest zum Abschluss der Ostermärsche findet in Dortmund statt. Dort wird auch an die Atombombenabwürfe auf Hiroshima und Nagasaki vor 70 Jahren erinnert.

 In mehreren Städten Bayerns hatten Friedensaktivisten zu Ostermärschen aufgerufen. Rund 1000 Menschen folgten ihnen. Das sah schon mal anders aus.

An den diesjährigen Ostermärschen am Karsamstag haben in bayerischen Städten nach Polizeiangaben gut 1000 Menschen teilgenommen. Insgesamt entspricht dies in etwa der Teilnehmerzahl der vergangenen Jahre. Friedensaktivisten hatten unter anderem zu Demonstrationen und Kundgebungen in München, Ansbach, Erlangen, Würzburg, Augsburg und Traunstein aufgerufen. Sie richteten sich gegen Rüstungsexporte, Krieg und Gewalt, vor allem in Bezug auf den aktuellen Ukraine-Konflikt.

 

Rund 300 Menschen bei Ostermarsch in Bremen

Der Marsch, den das Bremer Friedensforum organisiert, beginnt wie immer am Vormittag auf dem Ziegenmarkt im Steintor. Wie die vielen Transparente und Fahnen verraten, ist der Ostermarsch längst ein Sammelsurium für unterschiedlichste Protestbewegungen: gegen Atomkraft, Massentierhaltung und die Verfolgung von Muslimen, für mehr Gerechtigkeit, mehr Offenheit gegenüber Flüchtlingen, für die volle Anerkennung des Staates Palästina und für die Rekommunalisierung der Bremer Abfallentsorgung.

Auf einer roten Fahne tragen Mitglieder der Deutschen Kommunistische Partei (DKP) das Konterfei der Sozialistin Rosa Luxemburg zur Schau. Eine Fahne aus besonders edlem Stoff hält Gerd-Rolf Rosenberger hoch: Sie zeigt ein Bild des im KZ ermordeten Kommunisten Ernst Thälmann. „Die wurde mir 1986 auf dem DKP-Parteitag in Hamburg verliehen, als auch Boris Jelzin von der KPdSU als Gast erschien“, erzählt der Blumenthaler.

Vor allem aber wehen beim Bremer Ostermarsch unzählige Fahnen der Linkspartei. Grüne und Sozialdemokraten, die in den Hoch-Zeiten der Ostermärsche mitdemonstrierten, sucht man vergebens. Vermutlich wären sie bei den meisten Teilnehmern ohnehin nicht willkommen. Denn eine ihrer vielfach formulierten Forderungen lautet: Keine Auslandseinsätze der Bundeswehr. Im Bundestag unterstützt das nur die Linksfraktion. Doch Hauptredner Wolfgang Gehrcke, Frankfurter Bundestagsabgeordneter für die Linke, rät in seiner Ansprache, auch seiner eigenen Partei gegenüber kritisch zu bleiben: „Würde eine Linkspartei Auslandseinsätzen zustimmen, wäre sie nicht mehr links.“

Der 71-jährige Friedensaktivist bleibt sich treu. Bevor er bei der Gründung der DKP mithalf, trat er in die verbotene KPD ein – aber nur, wie er sagt, weil er zuvor aus der SPD ausgeschlossen wurde. Das sei die Strafe der Sozialdemokraten gewesen, weil er mit anderen Aktivisten – wie etwa Detlef Dahlke aus Bremen – zum ersten Ostermarsch in der Bundesrepublik aufgerufen habe, erzählt Gehrcke am Rande der Demo. Damals. im Jahr 1960, ging es im Sternmarsch von Hamburg, Hannover, Braunschweig und Bremen zu Fuß nach Bergen in die Lüneburger Heide, wo zuvor Raketen für Atomwaffen getestet wurden. Dass heute nur noch wenige Menschen mitmarschieren, bedauert Gehrcke. Doch Unterstützer gebe es genug: „Viele junge Friedensaktivisten organisieren sich heute im Internet“, sagt er. Trotzdem seien die Demos wichtig. „Die Ostermärsche versammeln die Knoten des Friedensnetzes, ohne die es sonst nur viele Strippen gäbe.“

Wie Annette Düring vom Bremer DGB und Gerhard Baisch von der Juristenvereinigung Ialana fordert auch Gehrcke in seiner Rede auf dem Marktplatz die weltweite Abrüstung. Es sei unverantwortlich, dass die Verteidigungsministerin den Einsatz bewaffneter Drohnen fordere und die US-Armee in der Eifel immer noch Atomwaffen lagere. Vor allem verurteilt er die Regierung dafür, dass sie in der Ukrainekrise Russland zum Feind mache. So werde ein Krieg riskiert, den Europa nicht überstehen würde, sagt der Politiker und wettert gegen die Nato-Osterweiterung. „Wahrlich, wir leben in finsteren Zeiten.“

Es sind vor allem alte Friedensaktivisten, die sich zum Ostermarsch versammeln

 

Bis Ostermontag werden in Deutschland voraussichtlich Tausende Menschen bei mehr als 80 Veranstaltungen und Aktionen für eine Welt ohne Krieg auf die Straße gehen. Die Veranstalter gehen von einer stabilen Teilnehmerzahl aus. 2014 waren bundesweit einige tausend Ostermarschierer gezählt worden.