Fraktionschef Gregor Gysi will Rot-Rot-Grün im Bund - Knackpunkt sei die Umverteilungsfrage - nicht primär die Friedensfrage 

Maßgebliche Politiker der Linkspartei halten die Zeit für gekommen, ihr eigenes Mitregieren im Bund einzufordern. Auf die Agenda gesetzt hat es am Wochenende erneut Gregor Gysi. Der Vorsitzende der Linksfraktion im Bundestag sprach sich am Sonntag im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur (dpa)für »ernsthafte Gespräche« mit SPD und Grünen über ein »rot-rot-grünes« Bündnis auf Bundesebene aus. Dafür sollten die Parteivorsitzenden offiziell Personen benennen, die das gesamte politische Spektrum ihrer Parteien repräsentierten.

Bislang gibt es nur einen informellen Diskussionskreis von Bundestagsabgeordneten der drei Parteien aus der zweiten Reihe. Bei der Linken arbeiten die überwiegend ostdeutschen »Realos« intensiv auf eine Regierungsbeteiligung hin – und sind dafür bereit, die grundsätzliche Ablehnung von Kriegseinsätzen und Sozialabbau durch ihre Partei zur Disposition zu stellen. Gysi sieht derweil in seiner Partei die größten Hürden nicht in der Außenpolitik. Die »eigentliche Schwierigkeit« sei »die Umverteilungsfrage«, meinte er.

Gysi will der rot-rot-grünen Annäherung nun einen offizielleren Charakter verleihen. "Es wird Zeit, dass wir ernsthafte Gespräche führen, um zu sehen, was geht."

In der SPD gibt es vor allem beim linken Flügel Sympathien für Rot-Rot-Grün, während die Parteiführung skeptisch ist. Bei der Linken wollen die überwiegend ostdeutschen Pragmatiker auf eine Regierungsbeteiligung hinarbeiten. Die linken Linken setzen dagegen auf einen Oppositionskurs gegen den Block der neoliberalen Parteien.

Gysi legt Wert darauf, dass alle Parteiströmungen innerhalb der Linkspartei in die Diskussion über Rot-Rot-Grün eingebunden werden. "Man muss letztlich jeweils die ganze Partei dafür gewinnen."

Bei neoliberalen SPD und Grünen gibt es vor allem wegen massiver Differenzen mit der Linkspartei in der militaristischen Außenpolitik der SPD heute und entsprechend  Vorbehalte gegen Rot-Rot-Grün. Auch die Querfrontpolitik  der SPD mit dem Swobodafaschismus erschwert eine Kooperation mit der SPD.  Gysi sieht an dieser Stelle aber nicht die größten Hürden. "Ich sage nicht, dass das leicht ist, sagte er. 

Vor allem hat die SPD keien Skrupel Sozialabbau und eine austeritäre Sparpolitik zu Lasten der Bevölkerung durchzusetzen, was mit Linken nicht zu machen ist. Die griechische Linke setzt da gerade ein Zeichen gegen eine neoliberale Sparpolitik, die nur den Profit-Interessen der Top-Wirtschaft dient. 

Im aktuellen Bundestag gibt es zwar eine Mehrheit für SPD, Linke und Grüne. Aber nur, weil immer klar war, dass diese Mehrheit nicht regieren wird. Wäre dies vor der nächsten Bundestagswahl anders, finge die linke Mehrheit gleich an zwei Stellen an zu bröseln. Denn die Linke im Bund legitimiert sich mit Radikalopposition - je wahrscheinlicher eine Regierungsbeteiligung, desto gefährdeter ihre Existenz, zumal die Linke anders als in Erfurt nicht den Regierungschef stellen könnte. Wenn aber die Protestpartei sich als (neoliberale) Pro-System-Partei selbst zu verraten droht, gehen die Protestwähler eben nächstes Mal zur rechtspopulistisch-völkisch denkenden AfD.

Was aber einer SPD passieren kann, die ein Bündnis mit der Linken nicht ausschließt, ist vielleicht die wichtigste Lektion, die Gabriel aus der Landtagswahl in Thüringen lernen kann: minus sechs Prozentpunkte. Das wirkliche Signal von Erfurt ist für die SPD kein Aufbruch-, sondern ein Warnsignal: Rot-Rot-Grün im Bund, das ist wirklich ein Ding der Unmöglichkeit, schrieb die SZ noch vor wenigen Monaten.

.Unterdessen präsentiert Bodo Ramelow als Ministerpräsident in Thüringen ein entsprechends Pilotprogramm für Rot-Rot-Grün.

 
 
Er verspricht eine " solide Haushaltspolitik" und er will ohne Neuverschuldung auskommen und Schuldenbremsen einhalten. Alles stehe unter Finanzierungsvorbehalt. So kann er viel versprechen und notfalls auf leere Kassen verweigern - insbesondere wenn Superreiche auch in Thüringen nicht  verstärkt zur Finanzierung der Sozialpolitik herangezogen werden.  Auch eine Rente mit 70 kann er sich auf freiwilliger Basis vorstellen. Eine armutsfeste Grundsicherung als Forderung fällt ihm in diesem Kontext  nicht ein. Damit würde verhindert werden, dass viele Rentner überhaupt zusätzlich arbeiten müssen, weil die Rente zum Leben nicht ausreicht. Von Kritik an neoliberaler Austeritätspolitik ist wenig zu hören. 
 
Ministerpräsident Bodo Ramelow bemühte sich vor allem bei Geldfragen um ein solides Image. 
 
Ramelow sicherte zum Beispiel den freien Schulträgern im Freistaat zu, sie am neuen Finanzierungsgesetz für ihre Einrichtungen zu beteiligen. Von den freien Schulen "kommen wichtige Impulse der Weiterentwicklung pädagogischer Konzepte und zur Schulentwicklung", sagte Ramelow und versprach diesen Einrichtungen "eine sichere Entwicklungsperspektive".

Für das kommende Jahr kündigte die rot-rot-grüne Koalition eine zusätzliche staatliche Finanzhilfe für freie Schulen von "mindestens zehn Millionen Euro" an. Der Verfassungsgerichtshof des Landes hatte im Mai eine Unterfinanzierung der freien Träger festgestellt.

Eine Finanzierung von staatlichen Gemeinschaftsschulen und der Abbau der Hauptschulen wäre aber viel wichtiger und auch wesentlich sinnvoller als freie oder private Eliteschulen zu fördern.