Was sind Posingfotos?

von Heinz Michael Vilsmeier
 
Ich recherchiere seit einem knappen Jahr zum Thema Kinderprostitution, Kinderpornographie und Kinderhandel. In diesem Kontext habe ich sehr ausführliche Gespräche mit einem pädophilen Straftäter geführt, der in seiner Kindheit in ein Kinderbordell entführt und später selbst zum pädophilen Täter geworden war. 
 
Bei einem der vielen Interviews, die ich mit diesem Mann geführt habe, erklärte er, welche Funktion "Posingfotos" haben. Mein Informant war als Kind selbst zu Aufnahmen  für kinderpornographische Videos und Posingfotos gezwungen worden. Später, als Täter, wirkte er bei deren Produktion mit. 
 
Die Bearbeitung des gesammelten Materials und die Fertigstellung des Buches fällt mir extrem schwer, einfach deswegen, weil ich die Schilderungen sehr oft nicht ertrage. Ebenso unerträglich aber finde ich die Verlogenheit, mit der über "Nacktaufnahmen von Kindern" gesprochen und berichtet wird, so als könnten "Posingfotos" "harmlose Aufnahmen" ohne pornographischen Hintergrund sein. Diesen Eindruck musste man auch gewinnen, wenn man die Diskussion des von Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) eingebrachten Gesetzes verfolgt hat. Da wurde ständig versucht, eine Grenzlinie zwischen "harmlosen Nacktfotos" von Kindern und pornographischen Aufnahmen zu ziehen. - Wer hunderte von Posingfotos besitzt, verfügt in gleicher Anzahl über Schlüssel zu Kindern oder kinderpornographischen Aufnahmen!
 
"Posingfotos" befinden sich in der Regel an jener viel beschworenen "Grenze zur Pornographie" und sind, isoliert betrachtet, auch nach dem neuen Gesetz nicht strafbar. Sie zeigen die abgebildeten Kinder oftmals nicht einmal völlig nackt. "Posingfotos" ermöglichen dem pädophilen Kunden in der Kinderprostitution, in der Kinderpornographie und im Kinderhandel die Auswahl eines ganz bestimmten Kindes oder eines pornographischen Produkts, in dem das jeweils im "Posingfoto" abgebildete Kind zu sehen ist.
 
Da ich die aktuelle Berichterstattung zu dieser Thematik nicht mehr ertrage, veröffentliche ich nachfolgend einen kurzen Auszug aus meinem über 300 Seiten starken Buch, das demnächst erscheinen wird. Die nachfolgenden Zeilen sind Teil eines Interviews mit einem pädophilen Täter.
 
Frage: Momentan geht die Affäre um einen Bundestagsabgeordneten durch die Presse, der über eine kanadische Firma sog. „Posingfotos“ bestellt haben soll. Er soll diese über einen längeren Zeitraum bezogen haben. Was mich in diesem Kontext verwundert, ist, dass diese Posingfotos als "an der Grenze zur Kinderpornografie" eingestuft werden und somit legal seien. Was halten Sie davon?
 
Antwort: Also eines kann man schon mal festhalten, von vornherein, dass sich Kinder, so im Allgemeinen, nicht freiwillig vor die Kamera stellen, mit dem Wissen, dass sie fotografiert werden und diese Bilder verkauft oder in irgendeiner Form veröffentlicht werden. Das machen Kinder nicht freiwillig! Vielleicht mit vier, fünf, sechs – dann nicht mehr! Man zwingt sie dazu! Und in Pose zu stehen, sodass es vielleicht noch aufreizend wirkt... Ich weiß nicht, um welche Bilder es sich handelt, ich habe sie nicht gesehen, deswegen kann ich dazu auch nicht großartig etwas sagen. Aber wenn sie posieren, in irgendeiner Form, dann ist das mit Sicherheit nicht freiwillig, dann sieht das nur so aus. Wenn die gekauft werden, wird damit Geld gemacht, das heißt, es ist professionell aufgezogen. Ich persönlich vermute mal ganz einfach, dass das zu einem Katalog gehört, dass die Kinder da posieren, damit man sie kaufen kann. Das stelle ich jetzt einfach so in den Raum. Kann natürlich sein, dass es nicht so ist, aber ich vermute es einfach mal so.
 
Frage: Wie entstehen solche Aufnahmen?
 
Antwort: Ja, da gibt es verschiedene Wege. Entweder macht man mit oder man wird dazu gezwungen, notfalls mit Schlägen, mit Drohungen – ja … Mit Drogen, auch mit Versprechungen, mit Geschenken … Es gibt alle Spielarten.
 
Frage: Was meinen Sie mit „mit Drohungen“?
 
Antwort: Drohungen mit Schmerzen, Folter oder … Keine Ahnung, was für Mittel und Möglichkeiten die haben oder was die machen. Es kann auch so was wie mit dem Hund sein oder die Familie wird bedroht. – Da ist alles möglich.
 
Frage: Sie glauben, dass, wenn es solche Aufnahmen gibt, diese nur so aussehen, als würden die Kinder spielen, als würden sie nicht gezwungen. Sie glauben, dass es so manipuliert wird, damit die dargestellten Posen und Handlungen quasi erscheinen?
 
Antwort: Ja. Ich meine, es gibt natürlich so etwas wie Schnappschüsse. Aber da zweifle ich mal an, ob das verkauft wird. [lacht] Warum soll jemand einen Schnappschuss verkaufen!? Das geht nicht!
 
Frage: Sie waren bei der Herstellung solcher Aufnahmen zugegen und beteiligt?
 
Antwort: Jawohl – als Opfer, wie auch als Täter.
 
Frage: Als Täter, als Sie später erwachsen waren?
 
Antwort: Genau! Wobei ich sagen muss, ja gut, ich hab mich nicht zwingen müssen, weil ich hab's ja eh nicht gecheckt. Aber … Ja, ich hab nach Anweisung eines Kunden Filme gedreht … Ich möchte jetzt, momentan nicht … Machen wir später!
 
Frage: Okay …
 
Antwort: … da schäme ich mich zu sehr dafür! … Ja, das ist unglaublich, aber wahr!
 
....
 
Frage: Sie wollen darüber sprechen, was es mit sogenannten Posingfotos auf sich hat?
 
Antwort: Ja. Erstens, wie sie gemacht werden, zweitens, wofür sie eigentlich da sind. Weil ... Posingfotos gibt es wie Sand am Mehr, die braucht man nicht kaufen! Die musste man schon in den 90er Jahren nicht kaufen! Die gibt es tausendfach … Quatsch, Millionen und Abermillionen gibt es von diesen Bildern! Nacktbilder von Kindern, das ist überhaupt kein Thema! Also wer sollte dafür Geld bezahlen? Ich weiß, dass ich solche Bilder auch hergestellt habe, um Kinder verkaufen zu können, zumindest die Filme, die dahinter stecken.
 
Frage: Das heißt, der Zweck dieser Posingfotos ist nicht nur, dass da ein pornografischer Inhalt dargestellt wird, mit dem der Käufer sich erregt …
 
Antwort: … nicht nur …
 
Frage: … sondern, dass der Käufer über diese Posingfotos eine Auswahl trifft …
 
Antwort: Ja.
 
Frage: … welches Kind er …
 
Antwort: … welches Kind zu sehen ist, in welchem Porno, zum Beispiel. Oder wenn jetzt mehrere Kinder auf einem Bild sind, die kann man sich dann bestellen. Oder, damals ging das noch nicht so wunderbar, aber heute ist das ja gang und gäbe: Livestream! Da werden die Kinder vor der Kamera live vergewaltigt. - Dafür sind solche Posings da!
 
Frage: Wollen Sie darüber detaillierter erzählen?
 
Antwort: … Ja gut …
 
Frage: Wie es heute ist, wissen Sie wahrscheinlich gar nicht, weil Sie ja seit Jahren …
 
Antwort: Richtig. Also früher war es halt so, dass die Kinder vor die Kamera gestellt wurden. Die wurden fotografiert. Da gibt es dann einfach verschiedene Aufnahmen, entweder bis hierher [deutet auf die Hüfte], um einfach den Reiz zu erhöhen, oder komplett, oder man lässt die Kinder spielen und fotografiert sie da dabei. Man sagt ihnen, wie sie sich da hinzusetzen haben, wo sie ihre Beine hinzutun haben, damit man auch was sieht. Meistens sind die Pornofilme dann schon vorher gemacht worden und diese Bilder sind quasi nichts anderes, wie ein Katalog, wie der Quelle-Katalog, so blöd sich das anhört, und da kann man sich diese Kinder quasi aussuchen. – Man bekommt dieses Bild und hinterher bekommt man eine Information, wo man sich zu melden hat. Das macht nicht eine Organisation, sondern das sind mehrere.
...