Bankenrettung und Staatsschuldenkrise

 

Bankenrettung belastet auch Kleinsparer und Steuerzahler massiv.

Die Agenda 2010 sei Gift für Europa, sagt Sahra Wagenknecht, Vize-Fraktionschefin der Linken.

Zur Überwindung der Staatsschuldenproblematik sagt sie: 

"Das geht nur mit einem grundsätzlichen Kurswechsel. Wichtig sind dabei folgende Punkte: Zukünftig müssen Bankenrettungen zu Lasten der Steuerzahler wirksam verhindert werden. Außerdem muss die Finanzierung der öffentlichen Haushalte von der Diktatur der Finanzmärkte befreit werden. Dazu ist es nötig, dass die Europäische Zentralbank (EZB) direkt oder indirekt zinsgünstige Kredite an die öffentlichen Haushalte vergibt, um Investitionen und nicht neue Blasen auf den Finanzmärkten zu finanzieren. Durch einen Schuldenschnitt und eine EU-weit koordinierte Vermögensabgabe können dann die Staatsschulden gesenkt werden. Die von Merkel und Co. diktierten Kürzungen von Löhnen, Renten und Sozialleistungen müssen zurückgenommen werden. Wir brauchen steigende Löhne, die Eindämmung prekärer Arbeit und mehr Arbeitnehmerrechte statt Raubtierkapitalismus...

Die herrschende Politik bedient die Interessen der Superreichen und großen Konzerne. Das ist bequem, denn es ist leider kein großer öffentlicher Druck für eine gerechtere Verteilung vorhanden. Die Gründe dafür sind komplex. Einer ist, dass die Profiteure der Ungleichheit erfolgreich Mythen in der Gesellschaft verankern konnten, wie zum Beispiel: Multimillionäre und -milliardäre sind Leistungsträger und daher darf man ihnen nichts wegnehmen. Obwohl das offensichtlicher Quatsch ist, hält sich dieser Mythos hartnäckig. Dazu kommt: Opportunismus gegenüber Superreichen und großen Konzernen ist für Regierungspolitiker auch lukrativ. Nach der politischen Laufbahn winken den Handlangern des großen Geldes in der Wirtschaft hoch bezahlte Jobs. Dirk Niebel ist dafür das jüngste Beispiel. Er entschied im Bundessicherheitsrat über Rüstungsexporte und wird jetzt Cheflobbyist des Rüstungskonzerns Rheinmetall. Diese Korruption nach dem Motto „bezahlt wird später“ muss dringend gesetzlich verboten werden", meint Sarah Wagenknecht.

Eigentlich war es das große Ziel der Europäischen Union, dass Banken künftig nicht mehr mit Steuerzahlergeld gerettet werden müssen. Also einigten sich Parlament, Rat und Kommission auf eine Abwicklungsrichtlinie, die es leichter machen soll, Banken zu restrukturieren oder ganz vom Markt zu nehmen. Die Kosten dafür sollte künftig nicht mehr der Steuerzahler, sondern die Gläubiger der Bank tragen. Die Richtlinie ist eigentlich unter Dach und Fach - doch seitdem versuchen die Regierungen der Mitgliedsstaaten über die technischen Details der Richtlinie doch staatliche Bankenrettungen zu ermöglichen.

 

Das soll über folgenden Trick funktionieren: In Artikel 51 der neuen Richtlinie geht es um die Bedingungen, unter denen die neue Restrukturierungsbehörde Fremdkapital in Eigenkapital umwandeln darf. Durch diese Möglichkeit sollen Gläubiger an einer Bankschieflage beteiligt werden. Nur bleibt von diesem Grundgedanken wenig übrig, wenn der Rat just diesen Artikel aufweichen will.

Allen voran Großbritannien will erreichen, dass in den Text nachträglich zwei große Ausnahmen eingefügt werden: So sollen staatliche Garantien an Banken und Liquiditätshilfen von Notenbanken an Geschäftsbanken keine Gläubigerbeteiligung auslösen.

"Das widerspricht der Idee der Abwicklungsrichtlinie"

Und genau das wäre ein Einfallstor für neuerliche Bankenrettungen auf Staatskosten: Denn auf diese Art und Weise könnten Nationalstaaten wieder Banken retten - ohne dass Gläubiger mithaften. "Das widerspricht der Idee der Abwicklungsrichtlinie, dem können wir nicht zustimmen", sagt Sven Giegold, Finanzexperte der Grünen im Europaparlament. Er fordert, dass sich Deutschland im Rat gegen eine solche Aufweichung einsetzt.

Die Abwicklungsbehörde bekommt künftig mehr Kompetenzen. Bisher gibt es zwei Institutionen: Die Finanzaufsicht Bafin und die FMSA, die auch den Soffin verwaltet. In einem ersten Schritt sollen die Aufsichtskompetenzen bei der FMSA angesiedelt werden. In einem zweiten wird die nationale Abwicklungsbehörde an der Bafin angesiedelt – als separate Säule und Anstalt in der Anstalt. Banken müssen formal Sanierungspläne als Vorbereitung für eine Krise erstellen.

Die Bundesregierung hat jetzt kurz vor dem WM-Finale ein nationales Gesetzespaket zur Bankenunion und zur Staatsschulden-Krise beschlossen. Im Fall einer Bankpleite werden formal zuerst Aktienhalter und Sparer zur Kasse gebeten.

Danach werden die Steuergelder aus dem Rettungsschirm ESM für die Bankenrettung eingesetzt. Die Einlagensicherungen sind völlig unzureichend. Die Sparer müssen sich ihr Geld bei einer GmbH der Banken-Lobby holen.

In dem Gesetz wird die Haftung im Falle einer Bankpleite geregelt. Demnach werden zuerst Aktienhalter und Sparer nach dem „Bail-In“-Konzept zur Kasse gebeten.

Danach soll der europäische Fonds zur Bankenabwicklung genutzt werden. Und schließlich soll der Rettungsschirm ESM für eine Refinanzierung von Krisenbanken herangezogen werden.

Kritiker sehen durch diese Konstruktion wie oben angedeutet enorme Schlupflöcher in den Gesetzen, so dass am Ende vermutlich doch Sparer und Steuerzahler für die Bankpleiten haften müssen.

„Die heute beschlossenen Maßnahmen sind ein wichtiger Schritt, um den Finanzsektor weiter zu stabilisieren und um das Vertrauen in die Stabilität unserer gemeinsamen europäischen Währung weiter zu stärken. [...] So wollen wir das Risiko, dass wieder die Steuerzahler wie in der Finanzkrise in die Haftung eintreten müssen, ausschließen“, sagte Finanzminister Wolfgang Schäuble am Mittwoch in Berlin.

Die Bundesregierung verabschiedete insgesamt vier Gesetzesentwürfe zur Bankenunion. In den ersten beiden Gesetzen wird das Vorgehen bei der Abwicklung europäischer Banken geregelt. Im „Gesetz zur Umsetzung der europäischen Bankenabwicklungsrichtlinie“ (BRRD-Umsetzungsgesetz) wird die „Haftungskaskade“ im Falle einer Bankenpleite festgelegt.

Demnach werden künftig zuerst die Eigentümer (Aktienhalter) und Gläubiger (Besitzer von Anleihen und Sparer) der insolventen Bank zur Kasse gebeten („Bail-In“). Sie sollen zusammen im Krisenfall für acht Prozent der Bilanzsumme haften.

Der zweite Gesetzesentwurf regelt die Übertragung von Beiträgen vom nationalen zum europäischen Abwicklungsfonds. Der Abwicklungsfonds kommt nach dem „Bail-In“ der Eigentümer und Gläubiger zum Tragen und haftet für bis zu fünf Prozent der Bilanzsumme.

Die Banken müssen dafür in den nächsten acht Jahren insgesamt 55 Milliarden Euro in den Fonds einzahlen.

Die lange umstrittenen direkten Finanzspritzen des ESM an Problembanken sind als „ultima ratio“ gedacht. Sie sollen im Notfall greifen, wenn weder Eigentümer, Gläubiger und Sparer noch der betroffene Staat in der Lage sind, die Lücken zu füllen. Für die direkte Banken-Rekapitalisierung dürfen aber aus dem 500 Milliarden Euro umfassenden ESM zudem nur maximal 60 Milliarden Euro fließen. Danach haftet dann doch wieder die Allgemeinheit für Zockerbanken. 

Wie die Abgaben jedoch bemessen werden, darüber herrscht noch Unklarheit. 

„Subventionen für risikoreiche Investmentbanken von konservativen Geschäftsbanken sind eine Perversion sozialer Marktwirtschaft. Die EU-Kommission muss ihre Pläne grundlegend überarbeiten“, sagte der EU-Abgeordnete Sven Giegold....

Giegold kritisierte an anderer Stelle auch, dass der Bankenrettungsfonds nach den europäischen Planungen überwiegend von den risikoarmen Instituten getragen werden solle. Damit komme es zu einer indirekten Subventionierung großer Investmentbanken durch kleine Banken: “Wenn diese Pläne, die derzeit hier in Brüssel gekocht werden, realisiert werden, dann bedeutet das, dass die stabilen Banken die Versicherung der risikoreichen tragen. Und diese neue Welle von Bankensubventionen, die muss man unbedingt verhindern. Sie wären das Gegenteil von dem, was wir mit der Finanztransaktionssteuer eigentlich wollen: Nämlich Risiko zu besteuern.”

Die weiteren zwei Gesetze regeln die Bankenrettung durch den „unbefristeten Rettungsschirm ESM“. Demnach soll der ESM ab November 2014 zur direkten Refinanzierung von Banken genutzt werden können.

Die Änderung des ESM-Finanzierungsgesetzes und die Änderung der Finanzhilfeinstrumente haben das Ziel, dass die Bundesregierung der Einführung eines neuen internationalen ESM-Instruments zur direkten Bankenrekapitalisierung zustimmen kann. Damit kann der ESM Banken, die in Schwierigkeiten geraten sind, direkt unterstützen. Voraussetzung ist, dass die betroffenen Mitgliedsländer diesen Schritt nicht selbst über ihre Staatshaushalte leisten können“, so die Bundesregierung.

Damit man die Zusammenhänge nicht ganz so intensiv hinterfragt, wird dieses Gesetzespaket mal schnell wenige Tage vor dem WM-Finale durch die Parlamente gepeitscht. 

Diese Mogelpackung könnte genau das Gegenteil davon bewirken, was eigentlich angestrebt wurde. Die alleinige Haftung der Eigentümer und Zocker der Banken wird es auch zukünftig nicht geben. So haften in letzter  Instanz weiter die Steuerzahler und damit die Allgemeinheit für die Bankenrettung - auch wenn Mechanismen der Bankenrettung jetzt auf eine zusätzliche europäische Ebene gebracht wurden. Aber unterm Strich ist es eine Mogelpackung, die der Öffentlichkeit mehr Gerechtigkeit vorheucheln soll.