EU Militarisierungsgipfel will Rüstungswahn ankurbeln

 
Am 19./20. Dezember 2013 fand das erste Gipfeltreffen der EU-Staats- und Regierungschefs primär zu Militärfragen seit 5 Jahren statt. Dabei wurde sich auf ein 22seitiges Dokument mit dem Titel „Defence Matters“ – „Verteidigung ist wichtig“ geeinigt.
Dazu erklärt Sabine Lösing, MdEP, außenpolitische Sprecherin der LINKEN im Europaparlament:
 
 
„Gemessen an den im Vorfeld geäußerten Erwartungen scheint auf den ersten Blick nicht viel Substanzielles herausgekommen zu sein – doch der Schein trügt etwas. Denn es wurde u.a. ein Ausbau der EU-Rüstungskooperation zur gemeinsamen Anschaffung und Nutzung von Militärgerät („Pooling & Sharing“) sowie die Ausarbeitung einer Cyberverteidigungs- und einer maritimen Sicherheitsstrategie in Auftrag gegeben. 
 

Das hat den EU-Granden gerade noch gefehlt. Von Tausenden Demonstranten – einer Allianz von Gewerkschaftern, Bauern, Arbeitslosen und Friedensaktivisten – wurden die Staats- und Regierungschefs mit lauten Sprechchören empfangen: „Schluss mit den Sparprogrammen“, „Mehr Arbeitsplätze“, „Keinen Wettbewerbspakt“ und „Gegen eine Militarisierung der EU“. Schwere Traktoren blockierten die Zufahrt zum Ratsgebäude. Das gesamte Europaviertel war stundenlang gesperrt, Hunderte Polizisten mit Panzerwägen im Einsatz.

Die Proteste machten es der deutschen Kanzlerin Merkel nicht leicht, ihre Anliegen für mehr Wettbewerb durchzusetzen. Gestärkt am Beginn ihrer dritten Amtszeit will sie die EU-Staaten durch Verträge zu Reformen verpflichten. So ein Abkommen würde auch Eingriffe der EU-Kommission in das Sozial- und Pensionssystem bedeuten, gegen die sich manche Länder sowie Gewerkschaften heftig wehren. „Ohne Vertragsänderung wird man ein wirklich funktionsfähiges Europa aber nicht entwickeln können“, sagte Merkel zum Gipfelauftakt.

Frankreich sagt Nein

„Mit uns nicht“, erwiderte Frankreichs Staatspräsident François Hollande. Skeptische Reflexe kommen auch aus Österreich, wo Bundeskanzler Faymann Eingriffe in das Sozialsystem auf keinen Fall zulässt.

 
Auch wurde von der deutschen Kanzlerin Angela Merkel angedeutet, der aktuelle französische Kriegseinsatz in der Zentralafrikanischen Republik (ZAR) könnte in eine EU-Operation überführt werden.“
 

Lösing weiter:

 „Schließlich soll die - bisher verbotene – Finanzierung von EU-Kriegseinsätzen aus dem EU-Haushalt einer grundlegenden Revision unterzogen werden. Insofern sind zwar auf dem Gipfeltreffen noch nicht endgültig Nägel mit Köpfen gemacht worden, Besorgnis erregende Weichen wurden aber gestellt – und zwar in die grundfalsche Richtung.“

Das globalisierungskritische Netzwerk Attac Deutschland lehnt die Bestrebungen der beim EU-Gipfel in Brüssel versammelten Staats- und Regierungschefs entschieden ab, die EU weiter zur gemeinsamen Kriegsmacht hochzurüsten. "Der aktuelle EU-Gipfel entpuppt sich zunehmend als Militärgipfel.

 
Mit dem vorgeschobenen Argument, durch Synergieeffekte Kosten einzusparen, wird einer Supermacht EU das Wort geredet – mit dem Ziel gemeinsamer Kriegseinsätze in der ganzen Welt", kritisierte Gabi Bieberstein von der Attac-Arbeitsgruppe Globalisierung und Krieg. Dafür gefordert werden zentrale EU-Rüstungsprogramme, insbesondere auf dem Gebiet der militärischen Drohnentechnologie, des Cyberkrieges und der Luftbetankung.

"Krieg und Kriegsvorbereitungen spielen eine zunehmende Rolle in der EU-Politik, und gerade die deutsche Regierung vertritt diese Position immer entschiedener", stellte Gabi Bieberstein fest. "Wie Bundeskanzlerin Angela Merkel am Donnerstag in Brüssel EU-Rüstungsexporte in Krisenländer quasi als Hilfe zur Selbsthilfe zu preisen, ist dabei mehr als zynisch."

Bereits im Vorfeld des EU-Gipfels hatte die Außenbeauftragte der EU, Catherine Ashton, gefordert, die EU müsse "zu direkten Interventionen in ihrer Nachbarschaft in der Lage sein, in Allianzen oder wenn nötig alleine". Notwendig seien „Schlüsselfähigkeiten für militärische Einsätze auch in entfernten und kargen Umgebungen".

Attac Deutschland wendet sich entschieden gegen eine Militarisierung der EU und eine Politik der Kriegseinsätze. Die Attac AG Globalisierung und Krieg beteiligt sich an einer internationalen Kampagne zur Ächtung von Drohnen und kritisiert den Beschluss zur Entwicklung einer gemeinsamen Drohne scharf.

Mehrere tausend Menschen blockierten gestern friedlich das Europaviertel in Brüssel und demonstrierten gegen die Militarisierung und autoritäre Krisenpolitik der EU sowie den Freihandel. Dazu aufgerufen hatte die Allianz D19-20, der verschiedene Gewerkschaften, Landwirte, soziale Bewegungen und die Friedensgruppe Agir pour la Paix angehören.

Attac protestiert gegen die Verhaftung von 80 Aktivistinnen und Aktivisten bei den gestrigen Aktionen.

Zusammen mit anderen Organisationen rufen die Globalisierungskritiker zu Protesten gegen die sogenannte Sicherheitskonferenz vom 31. Januar bis 2. Februar in München auf. Attac beteiligt sich an der parallel stattfindenden Internationalen Münchner Friedenskonferenz sowie der Großdemonstration "Kein Frieden mit der NATO" am 1. Februar in München.
 
 

http://www.sabine-loesing.de/article/275.eu-militarisierungsgipfel-weichen-gestellt.html