Gemeinsame Geheimdienst-Waffen-Spur von NSU und dem Fall Anis Amri? 

Der Attentäter vom Breitscheidplatz und die Neonazi-Terrorzelle NSU besaßen dasselbe Pistolenmodell. In beiden Fällen führt die Spur in die Schweiz.  der Tummelplatz internationaler Geheimdienste. Die Opposition verlangt Aufklärung.

Es sind ikonische Bilder historischer Verbrechen. Einmal das ausgebrannte Wohnmobil im thüringischen Eisenach, darin die Leichen der Rechtsterroristen Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos. Jahrelang waren sie mordend und raubend durch Deutschland gezogen, töteten neun Migranten und eine Polizistin.

Und dann der Lastwagen auf dem Berliner Breitscheidplatz.

Zwischen Holzbuden und Tannenbäumen steht er, hinter ihm eine Schneise der Verwüstung. Der islamistische Fanatiker Anis Amri war mit dem tonnenschweren Gefährt in den Weihnachtsmarkt gerast. Zwölf Menschen starben.

Die Mordserie des Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU) und das Attentat von Anis Amri sind die schwersten terroristischen Straftaten in der jüngeren Geschichte der Bundesrepublik. In beiden Fällen haben Sicherheitsbehörden das Morden nicht verhindern können – obwohl die Attentäter der Polizei und den Geheimdiensten hinlänglich bekannt waren.

Ähnliche Seriennummern der Waffen, ähnliche Spur

Was bislang kaum bekannt ist: Es gibt eine merkwürdige Verbindung zwischen der rechten Terrorzelle und dem Dschihadisten. Ein Zufall ist da wohl eher ausgeschlossen. 

Bevor Anis Amri am Abend des 19. Dezember 2016 in den Weihnachtsmarkt raste, tötete er den polnischen Lastwagenfahrer Lukasz Urban. Amri verwendete dabei eine Pistole der Marke Erma, Modell EP 552, Kaliber .22..

Auch der NSU besaß eine solche Waffe. Sie wurde im November 2011 im zerstörten Wohnhaus des Neonazi-Trios in Zwickau gefunden. Die Pistole hat eine ähnliche Seriennummer wie Amris Tatwaffe. Und in beiden Fällen führt die Spur zunächst an den Bodensee und dann in die Schweiz.

Die Pistolen waren Anfang der 1990er-Jahre in die Region Konstanz geliefert und dort nahezu zeitgleich von Schweizer Staatsbürgern gekauft und exportiert worden. Wie sie wieder nach Deutschland gelangten, ist bis heute nicht klar. Die Opposition verlangt nun weitere Aufklärung bei der Waffenbeschaffung im Fall Anis Amri.

„Die Herkunft der Waffe des Attentäters ist eine der entscheidenden Fragen des Anschlags auf dem Breitscheidplatz“, sagt FDP-Innenpolitiker Strasser.

Es sei bemerkenswert, dass sowohl im Fall Amri, als auch beim NSU die Spur der Pistole in die Schweiz führe. „Es bleibt zu klären, welche illegalen Strukturen bei der Waffenbeschaffung bestehen oder bestanden und ob dies den Behörden vor dem Anschlag hätte bekannt werden müssen.“

Martina Renner, stellvertretende Linke-Vorsitzende und Obfrau im Amri-Untersuchungsausschuss, erklärt: „Es stellt sich die Frage, ob und inwieweit terroristische Gruppierungen, seien es Dschihadisten oder Nazis, ihre Waffen aus den gleichen Quellen beziehen.“

Denkbar sei beispielsweise, dass die Pistolen auf den Balkan gelangten und von rechtsextremen Söldnern aus Deutschland, die in den jugoslawischen Bürgerkriegen gekämpft haben, wieder nach Deutschland gebracht wurden.

„Wenn zwei der schlimmsten Verbrechen der letzten 20 Jahre eine solche Parallelität aufweisen, muss dem entschlossen nachgegangen werden“, fordert auch Konstantin von Notz, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der Grünen im Bundestag. Zudem müsse der illegale Waffenhandel „effektiver unterbunden“ werden.

Die NSU-Waffe wurde am 9. November 2011 in den Trümmern des Wohnhauses in der Frühlingsstraße Nr. 26 in Zwickau gefunden. Dort hatte das Trio Beate Zschäpe, Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt bis zuletzt gewohnt. Unauffällig, auf zwei Etagen in einem tristen Gebäude.

Nach dem  angeblichen Selbstmord von Mundlos und Böhnhardt, den viele Beobachter für eine staatlichen Auftragsmord unter Geheimdiensten halten,  hatte Zschäpe in der Wohnung unter anderem Benzin verteilt und das Versteck angezündet und später danach einen Anruf aus Geheimdienstkreisen erhalten. 

Es gab eine Explosion, die große Teile des Hauses zerstörte. Übrig blieb ein riesiger Haufen Schutt, indem die Polizei insgesamt elf Schusswaffen entdeckte.