Egon Krenz: Ich wollte eine Perestroika - Wende und eine bessere DDR
Egon Krenz: Mein Ziel war eine Wende in Richtung Perestroika Gorbatschower Art
Egon Krenz Ex SED Generalsekretär
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Marcel Joppa: Herr Krenz, am 09. November wird in Deutschland und natürlich auch speziell in Berlin der Fall der Mauer vor 25 Jahren gefeiert. Lassen Sie uns aber zunächst etwas früher ansetzen, nämlich im Jahr 1961. In diesem Jahr wurde ja die Mauer gebaut und Sie waren zu diesem Zeitpunkt Sekretär des Zentralrats der FDJ. Können Sie sich daran erinnern wie Sie die Entscheidung für den Bau der Mauer 1961 aufgenommen haben?
Zwei Vorbemerkungen: aus meiner Sicht ist der Begriff „09.November Fall der Mauer“ nicht korrekt. Am 09.November wurden die Grenzübergänge der DDR entlang der gesamten Grenze und auch in Berlin von Ost nach West geöffnet und nicht von West nach Ost. Die Mauer ist erst ein Dreivierteljahr oder ein Jahr später gefallen. Aber das ist ein ideologischer Begriff, im Nachhinein, um deutlich zu machen, die Mauer sei eingerissen worden von Ostberlinern. Das war ja nicht so. Die Ostberliner sind ja auf Einladung von Schabowski an die Grenze gegangen, nicht in der Absicht die Grenze oder die Mauer einzureißen, sondern in der Absicht der Einladung zu folgen und nach Westberlin gehen zu können. Also damals haben alle davon so gesprochen. Gorbatschow hat eine persönliche Botschaft an Bundeskanzler Kohl geschickt und hat von der Öffnung der Grenze auf Beschluss der Regierung der DDR gesprochen. Bush Senior hat mir ein Telegramm geschickt und sich für die Öffnung der Grenze bedankt, nicht für den Fall der Mauer. Und am 11.November hat Bundeskanzler Kohl mich angerufen und hat auch nicht vom Fall der Mauer geredet, alle haben von der Öffnung der Grenze gesprochen. Aber im Nachhinein wird so getan, als sei die DDR überrumpelt worden und es sei hier ein Sturm auf die Mauer losgegangen. Selbst die Bundeskanzlerin hat ja erklärt, sie sei aus der Sauna kommend zum Spaziergang an die Mauer gegangen. Also das zum ersten. Zum zweiten, ich war 1961 nicht in Berlin, ich war auch nicht Sekretär des Zentralrats, das war ich erst später, ich war damals erster Sekretär der FDJ in Rostock an der Ostsee oben und da habe ich diese Sache als einen normalen Schritt empfunden. Will man das im Rückblick sehen dann sage ich, das war damals ein historischer Kompromiss zwischen den vier Besatzungsmächten, beziehungsweise den vier Alliierten des Zweiten Weltkrieges. Willy Brandt hat damals einen Brief an Kennedy geschrieben und hat gesagt, man müsse doch jetzt etwas dagegen tun und da hat Kennedy geantwortet, da kann man nichts gegen tun, das ist eine sowjetische Entscheidung die nur mit Krieg zu verändern ist. Und öffentlich hat Kennedy dann gesagt, es ist keine schöne Lösung mit der Mauer, aber immerhin noch besser als Krieg. Das heißt, man darf die Berliner Mauer weder beim Aufbau, noch bei der Niederreißung von den weltpolitischen Ereignissen trennen.
Marcel Joppa: Das natürlich nicht, aber es war ja damals auch ein Staatsgeheimnis, also erst drei Tage vor dem Bau bekam der Bundesnachrichtendienst beispielsweise erste Hinweise. Wann haben Sie vom Bau der Mauer erfahren?
Ich bezweifle, dass der Bundesnachrichtendienst das drei Tage vorher gewusst hat.
Marcel Joppa: So heißt es.
Wenn er das gewusst hätte, dann hätte er ja die Politiker des Westens alarmieren können. Es war ja alles überraschend. Im Grunde genommen ist es so am 09.November und am 13. August auch überraschend für den Westen gewesen. Also ich bezweifle, dass der Bundesnachrichtendienst Bescheid gewusst hat.
Marcel Joppa: So heißt es rückblickend.
Ja, rückblickend heißt vieles, aber das war eine tolle Leistung fand ich. Und zwar eine gemeinsame Leistung zwischen den Freunden in der Sowjetunion und der DDR. Von Ulbricht ist überliefert, dass er kurz vor der Beratung in Moskau, als die Staatschefs der sozialistischen Länder, also damals des Warschauer Vertrages in Moskau den Bau der Grenzsicherungsanlagen beschlossen hatten, dass er bei einem Gespräch bei Chruschtschow war und sie haben über alles Mögliche geredet, auch über Berlin, aber nicht über Grenzsicherungsmaßnahmen. Und dann sind sie zusammen in den Saal gegangen wo alle Staatschefs vereint waren und da hat dann Chruschtschow gesagt, der Genosse Ulbricht hat mir gerade vorgeschlagen eine Mauer um Berlin zu bauen. Das hat der Ulbricht aber nie so vorgeschlagen. Das heißt es war nicht so, wie das heute heißt, Ulbricht habe Chruschtschow gezwungen, sondern es war schon eine gemeinsame Vereinbarung von der Sowjetunion und der DDR und den anderen Staaten des Warschauer Vertrages.
Alexander Sorkin: In einem der Interviews haben Sie gesagt, dass sämtliche Politiker, auch Gorbatschow, Ihnen zugesichert haben, dass vom Mauerfall und von der Einigung Deutschlands gar nicht die Rede war. Glauben Sie, dass man Sie bewusst falsch informiert hat?
Was ich glaube? Mit dem Glauben ist das immer so eine Sache, es ist besser es zu wissen.
Alexander Sorkin: Also was wissen Sie?
Ich war am 01.November 1989 vier Stunden bei Gorbatschow in seinem Arbeitszimmer und ich habe ihm damals die Frage gestellt, Michail Sergejewitsch sag mal bitte, welchen Platz soll die DDR in deinem gesamteuropäischen Haus einnehmen? Er hat mich angeschaut und ich hatte den Eindruck er verstand meine Frage nicht so recht und dann habe ich gesagt, wenn man mal überlegt, die DDR ist im Ergebnis des Zweiten Weltkrieges entstanden und auch als Ergebnis des Kalten Krieges, sie ist also auch euer Kind und mir liegt jetzt daran, steht ihr zu eurer Vaterschaft?
Alexander Sorkin: Was hat Gorbatschow gesagt?
Er sagte es ist gut, dass du die Frage aufwirfst, nach den Völkern der Sowjetunion ist uns das Volk der DDR am liebsten und wir sind enge Verbündete und so weiter und er habe mit Bush gesprochen, mit Mitterrand, mit Thatcher, mit Andreotti, auch mit Brzezinski und der habe sogar gesagt, die deutsche Einheit, das wäre eine Katastrophe und keiner könne sich die deutsche Einheit vorstellen und weißt du auch warum? So hat er rhetorisch gefragt? Weil sich keiner vorstellen kann, dass der Warschauer Vertrag und die Nato aufgelöst werden und solange Nato und Warschauer Vertrag existieren, wird es auch nicht zur deutschen Einheit kommen. Im Übrigen sind wir nicht dafür Jalta und Potsdam zu revidieren. Das wird weiterexistieren. Er hat mich damals vor dem Nationalismus den Kohl fährt gewarnt und hat gesagt, passt auf, dass ihr nicht in die Umarmung der Bundesrepublik kommt. Also das war am 01. November 1989 und nun mag man sagen ich sei blauäugig gewesen, aber ich habe Gorbatschow damals vertraut. Die Sowjetunion war unser Bündnispartner….
Marcel Joppa: Wie haben Sie sich gefühlt nachdem die Mauer gefallen ist und Sie solche Zusicherungen von der Seite der Sowjetunion bekommen hatten?
Ich sage nochmal, die Mauer ist nicht gefallen, die Grenze ist auf Beschluss der Regierung der DDR geöffnet worden. Wenn Sie wollen gebe ich Ihnen gerne Einblick in die Dokumente von damals. Zum Beispiel in die Mitteilung die Gorbatschow an Kohl gemacht hat oder die anderen Dinge. Damals hat keiner vom Fall der Mauer gesprochen, insofern war das für mich der Versuch das Reiseproblem zu lösen. Das stand ja an erster Stelle der Forderungen.
Alexander Sorkin: Sie dachten, dass wenn man das Reiseproblem löst, dann kann die DDR durchaus weiter existieren?
Die DDR hat 12 Jahre existiert bevor die Mauer gebaut worden ist. Die DDR wurde 1949 gegründet und 1961 wurde die Mauer gebaut. Im Grunde genommen auch 16 Jahre nach Kriegsende waren offene Grenzen hier und ich hatte gedacht, die Stabilität ist inzwischen auch so, dass die DDR mit offenen Grenzen leben kann. Aber natürlich hat es ja eine Menge Dinge im Hintergrund gegeben. Zum Beispiel will ich mal daran erinnern, die letzte Beratung des politisch beratenden Ausschusses, also des obersten Gremiums des Warschauer Vertrages, die sozusagen noch mit der ganzen alten Garde stattfand, das war am 07. und 08. Juli 1989 – das war eine zerstrittene Gemeinschaft dort und Gorbatschow war der einzige der damals gesagt hat, der Kalte Krieg ist nicht zu Ende. Die Ungarn haben damals schon gesagt der Kalte Krieg sei zu Ende, aber er das verneint und hat an seinen Auftritt vor dem Europarat erinnert, den er einige Tage zuvor hatte. Dort hatte er sich beschwert, dass der Westen die Einheit Europas gleichsetzt mit der Vernichtung des Sozialismus und er hat kritisiert, dass aus der Sicht des Westens die Einheit Europas hergestellt werden soll indem man die Sowjetunion „zurückholt in die Wertegemeinschaft der Demokratie“, so wie Bush es ausgedrückt hat. Also es gab damals schon Auseinandersetzungen, aber jedenfalls nach außen hin hat sich Gorbatschow als Bündnispartner dargestellt und ich hatte keinerlei Zweifel, dass die Sowjetunion zu ihrer Vaterschaft zur DDR steht. Honecker war da anderer Meinung.
Alexander Sorkin: Kam es Ihnen nicht seltsam vor, dass diese Ereignisse hinterher passiert sind- erst kam der Mauerfall, dann der Zerfall der Sowjetunion unter dem Mann, den Sie als bündnistreu bezeichnen?
Ja natürlich war ich blauäugig, ich habe Gorbatschow als anständigen Kerl gesehen.
Alexander Sorkin: Jetzt nicht mehr?
Nein, seine Unehrlichkeit die kann ich nicht haben. Er soll ja in einer Vorlesung in der Türkei gesagt haben, dass sein Lebensziel die Vernichtung des Kommunismus gewesen sei. Wenn er das tatsächlich gesagt hat, dann ist das nicht die Wahrheit. Ich habe ihn kennengelernt, ich habe seit 1985 an allen Tagungen des Warschauer Vertrages auf höchster Ebene teilgenommen – ich habe ihn kennengelernt als einen wie wir damals sagten – Kommunisten wie er im Buche steht. Der die volle Unterstützung zum Beispiel von Andropow hatte und von anderen Mitgliedern des Gremiums. Ich bin mit Honecker zusammen nach Moskau gefahren als Tschernenko beerdigt worden war und auf dem Flugplatz holte uns Gromyko ab, und der machte so einen Scherz, der aber eigentlich im Nachhinein für mich gar kein Scherz mehr war – er empfing uns und sagte, wir haben gerade Michail Sergejewitsch zum Generalsekretär gewählt. Er kam gerade von der ZK und dann machte er eine kleine Pause und sagte, eigentlich hätten sie auch mich wählen können, aber ich wollte euch nicht zumuten, dass ihr nächstes Jahr wieder zur Beerdigung kommen müsst. Er hat uns ein Signal gegeben, Gorbatschow ist der Jüngere, deshalb ist er auch Generalsekretär geworden und ich muss sagen, ich habe ihm in den ersten Jahren voll vertraut und das, was er als Perestroika entwickelt hatte, das war ja notwendig. Die Sowjetunion war seit 10 Jahren nicht mehr richtig regiert worden. Drei Generalsekretäre innerhalb von drei Jahren zu verlieren, das war für ein Land wie die Sowjetunion äußerst kompliziert. Also es musste schon was verändert werden und deshalb hatte ich zunächst auch Vertrauen zu Gorbatschow.
Marcel Joppa: Lassen Sie uns auf die Jahre 1989 und die Folgejahre gleich noch eingehen. Lassen Sie uns kurz noch einmal springen und zwar in das Jahr 1984 – Sie wurden dort zum Stellvertreter von Erich Honecker ernannt, waren also der zweite Mann im Staat. Da lagen aber eine schwere Ölkrise und auch die drohende Zahlungsunfähigkeit der DDR schon hinter Ihnen. Hat man spätestens in diesen Jahren gemerkt, so wie es bisher lief kann es nicht weitergehen? Man muss irgendwie den Kurs ändern?
Na gut, in wirtschaftliche Schwierigkeiten sind doch nicht nur die DDR und andere gekommen, Sie sehen doch heute wie viele ökonomische Schwierigkeiten existieren und trotzdem geht nicht gleich ein Land unter.
Marcel Joppa: Man misst sich ja nicht nur an den Nachbarländern.
Ja, na gut. Aber die Sache ist natürlich so gewesen: 1982 kam der Sekretär des ZK der KPdSU der für die sozialistischen Staaten zuständig war Rusakow, er hat zu Honecker gesagt, dass er im Auftrag von Breschnew kommt und die Mitteilung macht, dass die Sowjetunion die Verpflichtungen nicht mehr erfüllen kann, bei der Erdöllieferung. Wir bekamen damals 21 Millionen Tonnen Erdöl jedes Jahr, das war dann damals schon auf 18 Millionen gesenkt und nun sollte es weiter gesenkt werden auf 16 Mio. Das war für die DDR eine ganz schlimme Sache. Und da hat Erich Honecker zu ihm gesagt: ihr sägt an dem Lebensnerv der DDR. Das haben uns die sowjetischen Genossen damals übel genommen. Und darauf hat Rusakow gesagt, Genosse Erich, als Leonid das unterschrieben hat standen ihm die Tränen in den Augen. Wir befinden uns nämlich in einer Situation wie 1918 in Brest-Litowsk. Ich war damals noch nicht Sekretär des ZK, da war ich noch bei der FDJ und ich kam zur Politbürositzung und treffe auf dem Flur Erich Honecker und da sagt Erich, Egon du bist doch Lehrer, kannst du mir mal sagen warum die Sowjetunion in einer Situation ist wie 1918 beim Frieden von Brest-Litowsk? Was sollte ich sagen, darüber hatte ich nicht nachgedacht, aber Brest-Litowsk war für mich immer das Synonym dafür, sein oder nicht sein. Und das konnten wir uns nicht vorstellen dass die Sowjetunion in einer so schwierigen Situation war, dass man in der Führung Maßnahmen treffen musste wo es um sein oder nicht sein ging. Aber offensichtlich war das damals so und deshalb habe ich das immer in Erinnerung gehabt. Auch später wenn Gorbatschow über die Schwierigkeiten des Landes gesprochen hat, das er ja ein schweres Erbe übernommen hat. Das war ja kein leichtes Erbe für ihn.
Marcel Joppa: Hätte die DDR wahrscheinlich ohne milliardenschwere auch von Westdeutschland Anfang und Mitte der 1980er schwer überleben können. Wie wurde denn die Entwicklung innerhalb der SED gesehen? Oder sagte man wir machen so weiter wie bisher?
Das ist ein Gerücht. Das ist ein absolutes Gericht. Die DDR war zu keinem Zeitpunkt zahlungsunfähig.
Marcel Joppa: Aber das drohte.
Ja, na gut. Das hat inzwischen ja auch die Deutsche Bundesbank festgestellt die 1999 eine Schlussbilanz gemacht hat und da ist raus gekommen, dass die DDR eine Devisenschuld im Ausland von 19,9 Milliarden D-Mark hatte, also umgerechnet nicht mal von 10 Milliarden Euro. Nun frage ich Sie, an 10 Milliarden Euro würde kein Staat kaputt gehen? Das ist auch Anfang der achtziger Jahre nicht so gewesen. Ich sage Ihnen ganz ehrlich warum der Strauß den Kredit eingefädelt hat- der wollte Kohl ärgern. Der wollte selber Deutschlandpolitik machen und damit hat er den Kohl tatsächlich geärgert und dann hat ihn Kohl einbezogen und er war derjenige der mit einer Milliarde damals kann man doch eine Wirtschaft retten. Gucken Sie sich doch mal an wie heutzutage die Milliarden hin und her geschoben werden und da soll man mit einer Milliarde die DDR-Wirtschaft retten können. Das ist doch Unsinn und diese Milliarde hat die Bundesrepublik Deutschland 1990 bei der Vereinigung zurückbekommen. Die lag unangetastet auf dem Konto der DDR, weil diese Milliarde nur ein Ziel hatte für uns: das war ein Signal an internationale Banken dass die DDR kreditwürdig ist. Und die DDR hat nach diesem Kredit auch Kredite in Japan bekommen, in Italien und Frankreich, also die Funktion war nicht die DDR-Wirtschaft zu retten mit dieser einen Milliarde von Strauß, sondern die Funktion war den internationalen Banken zu sagen, dass die DDR kreditwürdig ist.
Marcel Joppa: Würden Sie bestreiten, dass es in den 80er Jahren in der DDR bröckelte? Wir haben uns letztens mit dem damaligen Oberbürgermeister von Dresden unterhalten der auch sagte, man konnte in die Kassen schauen, dort war es leer, es fehlte an allen Ecken und Enden. Wie haben Sie diese Zeit empfunden?
Natürlich gab es Schwierigkeiten in der Ökonomie. Die größten Schwierigkeiten weshalb man sagte die DDR war ein Mangelstaat bestand darin, dass die DDR keine oder wenige eigene Rohstoffe hatte. Und die Rohstoffe die wir hatten wie zum Beispiel Uran, das war ja eine sowjetisch-deutsche Aktiengesellschaft, die hat uns zusätzlich viel Geld gekostet. Aber das haben wir damals gerne übernommen weil wir gesagt haben, damit tragen wir dazu bei auch die Atommacht Sowjetunion zu stärken. Wer wenig Rohstoffe hat, hat Schwierigkeiten mit Fertigprodukten. Ich sage nicht, dass die DDR keine Probleme hatte. Sie hatte große Probleme. Sie hatte zum Beispiel im Vergleich zur Bundesrepublik eine sehr viel geringere Arbeitsproduktivität, aber viele dieser Mängel waren der DDR in die Wiege gelegt worden. Die DDR war der kleinere Teil Deutschlands, der auch die zerstörte Wirtschaft nach dem Krieg hatte. Es gab in der DDR sechs Hochöfen die so einigermaßen funktionierten. In der alten Bundesrepublik gab es hundert davon. Was die DDR gewagt hatte, das war ein Wettrennen zwischen Trabi und Mercedes. Und ein solches Wettrennen kann man nicht gewinnen. Also wir hatten schon schlimme Dinge, aber sie sind nicht alle nur auf dem Boden der DDR selber gewachsen.
Alexander Sorkin: Man trampelt auf der Geschichte der DDR ganz schön herum. Man spricht von Diktatur und dass das Land früher oder später sowieso zugrunde gegangen wäre – warum wird das getan?
Ich sehe schon eine ganze Menge von Gründen. Also erstens sehe ich den Grund, dass es eine Warnung ist, wagt nie wieder eine Alternative zum Kapitalismus. Je schlimmer das Bild der DDR ist, umso schlimmer wird den Leuten eingeredet, ist der Sozialismus. Und je schlimmer der Sozialismus ist, umso mehr kann man dafür werben, dass man diese Idee nicht mehr realisieren darf. Aber es ist auch eine ganz aktuelle Geschichte. Da man die Linke beispielsweise immer mit der DDR identifiziert, obwohl das absoluter Unsinn ist, das ist eine völlig andere Partei. Wenn das noch die alte SED wäre, dann wäre ich mindestens Mitglied dort oder vielleicht sogar Ehrenvorsitzender. Aber ich bin nicht Mitglied dieser Partei. Also das ist alles Quatsch zu sagen, das ist die alte SED. Aber der Schmähbegriff DDR soll auch dazu beitragen, dass die Leute sagen, ne wir wollen keine neuen Experimente. Im Grunde genommen wird das schlechte DDR-Bild der Linken angehängt um ihr zu bescheinigen sie sei gar nicht regierungsfähig.
Alexander Sorkin: Sind die Linken für Sie Kommunisten?
Nein.
Alexander Sorkin: Sind Sie ein Kommunist?
Ich bin einer, ja. Das muss man ja heutzutage erklären, weil ja manche Leute den Begriff Stalinist und Kommunist und alles zusammenwerfen. Ich bin Kommunist im Sinne des Manifests von Marx und Engels.
Alexander Sorkin: Wie beurteilen Sie die letzten Warnungen von Bundespräsident Gauck der zur Wahl in Thüringen gesagt hat, passt auf, wenn ihr die Linke in die Regierung nehmt, weil die die alten Kommunisten sind und wir wissen was Kommunisten an sich haben, wir kennen die Geschichte der DDR. Wer ist Herr Gauck für Sie und wie beurteilen sie diese Aussage?
Also wissen Sie, Herr Gauck ist ja kein Mann der politische Tatsachen analysiert, er ist ein Mann der Glaubensgrundsätze verkündet und zwar antikommunistisch. Deshalb kann ich das gar nicht so ernst nehmen. Wer heute noch sagt, dass die Linke die SED von gestern ist, der lässt sich nicht von Tatsachen, sondern von irgendwelchen Ideologien leiten. Deutschland bräuchte einen Präsidenten der neutral ist.
Marcel Joppa: Lassen Sie uns auf das Jahr 1989 zu sprechen kommen. Ich möchte auf ein ganz bestimmtes Ereignis hinweisen und zwar auf den 13. Oktober 1989. Die Demonstrationen haben sich in der DDR zugespitzt und Sie haben an Honecker vorbei den sogenannten Befehl 9/89 unterschrieben der besagt, keinen Gebrauch von Schusswaffen bei Demonstrationen. Haben Sie sich selbst als Reformator, als jemand der etwas anders machen möchte als der Vorgänger, als ich sage mal „neues Gesicht“ der DDR gesehen?
In der Politik spielt für mich Etikette überhaupt keine Rolle. In der Politik geht es darum sachlich zu reagieren und am 13. Oktober 1989 war ich zusammen mit dem stellvertretenden Minister der Staatssicherheit, mit dem stellvertretenden Minister des Innern, mit dem Sekretär des Nationalen Verteidigungsrates Streletz und dem Leiter der Abteilung für Sicherheitsfragen im ZK in Leipzig. Wir haben uns dort die Berichte angehört, haben mit Leuten gesprochen und im Ergebnis haben wir den Befehl formuliert den Sie eben zitiert haben. Dass bei Demonstranten keine Gewalt angewendet werden darf, auch nicht mit der Schusswaffe. Und das Gewalt nur angewendet wird als Gegenmaßnahme gegen Gewalt. Das war der Sinn dieses Beschlusses und den haben wir dann abends Honecker vorgelegt und Honecker hat ihn nach längerer Diskussion auch unterschrieben. Und jetzt gilt es ein Missverständnis aufzugreifen. Es heißt immer aus Moskau sei der Befehl gekommen: bleibt in den Kasernen. Das stimmt, und es stimmt auch nicht. Ich will mal sagen wie das zustande gekommen ist. Als ich mit den Leuten mit denen ich in Leipzig war wieder im Flugzeug war, da hat Fritz Streletz, der Sekretär des Nationalen Verteidigungsrates zu mir gesagt: weißt du Egon, jetzt ist Oktober, da machen unsere Freunde ihre Herbstübungen, ihre Manöver. Und wenn jetzt in diesen Tagen sowjetische Einheiten mit Panzern ausrücken auf die Manöverplätze, dann könnte das missverstanden werden. Und daraufhin habe ich mit dem sowjetischen Botschafter Kotschemassow gesprochen und der hat wiederum mit dem Chef der Westtruppe der sowjetischen Streitkräfte gesprochen und wir haben uns geeinigt, dass die Truppen nicht zu Manövern ausrücken um keine Eskalation oder falschen Dinge zu provozieren. Und aus diesen Dingen ist in den Medien gemacht worden, Moskau habe befohlen, bleibt in den Kasernen. Ein solcher Befehl ist nirgendwo dokumentiert. Er ist auch vor der DDR offensichtlich geheim gehalten worden wenn es ihn gegeben haben sollte. Ich weiß es nicht ob es ihn gegeben hat. Aber sowohl der damalige Chef des Oberkommandos der Warschauer-Vertragsstaaten Armeegeneral Luschew, als auch der Chef der Gruppe der sowjetischen Streitkräfte hier in Deutschland Snetkow, sie haben alle gesagt sie kennen einen solchen Befehl nicht. Und ein solcher Befehl wäre ja auch nur wichtig, wenn ihn die DDR gekannt hätte. Denn wir hätten ja gar keine Streitkräfte aus der Sowjetunion anfordern brauchen wenn wir hätten Gewalt anwenden wollen, dann hätten unsere eigenen Truppen dazu gereicht. Also ich habe mich damit auch auseinandergesetzt, der Altbundespräsident von Weizsäcker hat ja ein Buch geschrieben „Der Weg zur Einheit“ und behauptet dort DDR-Sicherheitskräfte hätten Truppen aus Moskau angefordert und das hätte Moskau abgelehnt. Das ist eine Legende. Wir haben nie Truppen angefordert.
Marcel Joppa: Lassen Sie uns nun auf den eigentlichen 09.November 1989 kommen. Einige Tage davor haben Sie bereits Honecker beerbt und sind der erste Mann im Staat der DDR geworden. Dann gibt es diese berühmt berüchtigte Pressekonferenz in der Günter Schabowski verkündet, die Grenzen sind jetzt offen. Wie haben Sie das aufgenommen? Haben Sie von einem Telefonat, oder aus den Medien davon erfahren?
Nein, nein, das ist alles viel irdischer. Also wir haben an diesem gleichen Tag, am 09. November die Regierungsverordnung im Zentralkomitee der SED bestätigt. Es war wohl so gegen 16 Uhr, da habe ich diesen Beschluss im ZK vorgelesen und es gab eine kurze Diskussion und er wurde bestätigt. Und etwa eine Stunde später kam Schabowski zu mir und sagt er würde sich jetzt abmelden um zur Pressekonferenz zu gehen, ob ich noch etwas hätte. Und da habe ich gesagt ja, hier nimm diesen Beschluss mit. Das ist ja die Weltnachricht- die Reisemöglichkeit für die DDR-Bürger. Und ich denke natürlich, dass er sich diesen Beschluss nochmal ansieht und war ja auch davon ausgegangen, dass er ihn selber mitverfasst hat und ihn daher kennen muss. An diesem Beschluss war eine Pressemitteilung dran. Die Pressemitteilung sollte früh um vier Uhr in den Radiosendern und in den Printmedien veröffentlicht werden. Und der letzte Satz dieser Meldung hieß: diese Verordnung tritt ab sofort in Kraft. Wenn er die also am Vorabend erläutert, braucht er nur zu sagen, diese tritt ab morgen in Kraft oder ab dem 10., so wie die Sache lag und er hat also mit diesem Zettel dann zum Schluss seiner Pressekonferenz gesagt, sofort und unverzüglich. Das hat aber niemand von uns gehört, weil wir alle auf einer Sitzung des Zentralkomitees saßen und als ich um 20:45 Uhr ungefähr aus der Sitzung kam, da erfuhr ich überhaupt erst, dass so etwas auf der Pressekonferenz gesagt worden war. Und mein Entscheidungsspielraum in diesen Stunden war relativ eng. Entweder militärische Sicherung, oder den Dingen ihren freien Lauf zu lassen. Und da wir ohnehin vorhatten am anderen Tag die Grenzübergänge zu öffnen, habe ich mich für die letztere Variante entschieden weil eine militärische Sicherung eine Katastrophe geworden wäre. Denn wie war die Situation? Die Grenzer hätten am 10.November ihre Befehle gehabt, am 09. hatten sie noch keine- das heißt, jetzt kommen am 09. November die Leute dorthin und da hat er uns an den Rand einer bürgerkriegsähnlichen Auseinandersetzung gebracht. Ich habe nicht mal daran gedacht, dass geschossen wird, weil es gab ja den Befehl nicht zu schießen. Aber nun stellen Sie sich vor, in dieser emotionsgeladenen Zeit da wäre einer durch trampeln oder sonst was zu Schaden gekommen, es hätte auch nur einen Toten gegeben – das hätte doch sofort geheißen die DDR macht die chinesische Lösung oder so. Nein, also das war schon eine sehr gefährlich Situation die da entstand und wir haben uns dann entschieden der Sache den freien Lauf zu lassen und das hat uns dann sehr komplizierte Reaktionen eingebracht. Am frühen Morgen des 10. November rief mich der sowjetische Botschafter in der DDR Kotschemassow an und sagte Genosse Krenz, in Moskau ist man äußerst beunruhigt über die Situation die sich heute Nacht an der Grenze vollzogen hat. Und dann habe ich gesagt wieso? Das war doch mit euch abgesprochen dass wir das am 10. machen. Und dann kam ein Argument, das ich bis dato lange nicht gehört hatte. Dann sagte er nein, mit uns war abgesprochen dass ihr die Grenze öffnen könnt zwischen der DDR und der Bundesrepublik Deutschland, aber nicht zwischen Berlin-West und der Hauptstadt der DDR, denn in Berlin gibt es den Vier-Mächte-Status. Da seid ihr gar nicht berechtigt gewesen die Grenze zu öffnen. Können Sie sich vorstellen in welchem emotionalen Zustand ich auch war bei diesem Vorwurf. Dann hat er empfohlen sofort ein Stabstelegramm an Gorbatschow zu schicken. Das habe ich dann getan und ungefähr 2 Stunden später hat Kotschemassow wieder angerufen und hat gesagt Genosse Krenz, im Namen von Michael Sergejewitsch: herzlichen Glückwunsch zu dem mutigen Schritt die Berliner Mauer geöffnet zu haben. Das heißt innerhalb von zwei Stunden, zwei so unterschiedliche Nachrichten, das war für mich schon kompliziert und ich habe mir die Frage gestellt, wer hat nun in Moskau das Sagen? Der Präsident, der KGB, die Armee, der Außenminister? Es zeigte sich schon, dass in dieser schwierigen Situation in Moskau keine einheitliche Haltung mehr vorhanden war.
Marcel Joppa: Herr Krenz, lassen Sie uns in die Gegenwart kommen. Da interessiert mich noch, sehen Sie sich rückblickend als Opfer der Wende? Oder schauen Sie vielleicht mittlerweile mit positiven Gefühlen zurück?
Ich mag diese Einteilung einer Gesellschaft in Täter und Opfer überhaupt nicht, weil die nämlich gar nichts aussagt über die Zusammenhänge die da eine Rolle spielen. Mir ist auch mein eigenes Schicksal nie so wichtig gewesen wie die Sache selber. Sehen Sie mal, die Absetzung Honeckers ist mir sehr nahe gegangen, weil ich ja viele Jahre mit ihm eng verbunden war, wir haben viele Jahre gut zusammengearbeitet und in dem Moment war mir aber das Schicksal der DDR wichtiger als das persönliche Schicksal von Honecker. Denn mein Ziel war ja nicht eine Wende in Richtung deutscher Einheit zu vollziehen, sondern mein Ziel war eine Wende in Richtung sagen wir mal, so naiv war ich damals, in Richtung Perestroika Gorbatschower Art zu machen. Das hat nicht mehr funktioniert. Also ich fühle mich weder als Opfer noch als Täter, das ist absoluter Quatsch, ich fühle mich als jemand der sich an die DDR mit anderen Gefühlen erinnert als sie heute in den Medien der Bundesrepublik Deutschland publiziert werden.
Alexander Sorkin: Herr Krenz, vor 25 Jahren ist die Mauer gefallen. Am Sonntag dieser Woche wird das gefeiert. Ob das ein Anlass zum Feiern ist, ist zumindest für Sie fraglich. Jetzt fällt ein anderes Land in Europa auseinander und zwar die Ukraine. Wie beurteilen Sie die Rolle Deutschlands, die Außenpolitik Deutschlands und grundsätzlich die Ereignisse in dem Land?
Ich bin betroffen. Dass zum Beispiel der Bundespräsident zur Feier anlässlich des 75. Jahrestages des Kriegsbeginns nach Polen fährt, ohne auch nur in einem Nebensatz zu erwähnen, dass für die Freiheit Europas 28 Millionen Sowjetmenschen ihr Leben gelassen haben. Da bin ich tief erschüttert. Was in der Ukraine vorgeht, das kann man nicht Russland anlasten. Das Land ist von ukrainischen Oligarchen nieder gewirtschaftet worden und nicht von Russland und mir tut es weh, dass die Trennlinie die einst an Elbe und Werra verlief, hier quer durch Deutschland, dass diese Trennlinie im Grunde genommen an die russische Grenze verlegt wird.
Alexander Sorkin: Damit meinen Sie die Nato-Osterweiterung?
Ja, die Nato-Osterweiterung, natürlich. Gorbatschow hatte mir ja gesagt er könne sich keine deutsche Einheit vorstellen ohne die Auflösung der Militärpakte, aber es ist dann ja dazu gekommen, dass die Nato weiterexistierte und man hat ihm versprochen, da bin ich ja nun noch Zeitzeuge, dass sich die Nato nicht ausdehnt. Nicht einmal auf das Territorium Ostdeutschlands. Also wenn es zur deutschen Einheit kommen sollte, sollten Nato-Truppen nicht mal in Ostdeutschland stationiert werden. Also selbst Gorbatschow hat sich wahrscheinlich nicht im Schlaf vorstellen können, dass der Preis für die Auflösung des Warschauer Vertrages die Ausdehnung der Nato bis an die russische Grenze ist. Ich halte das für eine ganz schlimme Entwicklung die seit 1990 eingesetzt hat.
Alexander Sorkin: Herr Westerwelle, damals noch Außenminister, ist vor einem Jahr auf dem Maidan aufgetreten und hat zu der sogenannten friedlichen Revolution gerufen: die Rolle deutscher Außenpolitik in der Ukraine.
Ja, ich meine Deutschland sollte sich im Zusammenhang mit den Ländern der früheren Sowjetunion und auch im Zusammenhang mit Russland besonders zurückhalten, weil das Sicherheitsbedürfnis Russlands liegt auch in einem Datum der deutschen Geschichte begründet: das war der Überfall der Nazis auf die Sowjetunion im Juni 1942 und das war zum Beispiel der Anlass für Stalin, als die Westmächte die Note zur deutschen Einheit ablehnten 1942, die strategische Verteidigungslinie der Sowjetunion von der Oder und Neiße an die Elbe und Werra zu verlegen. Das heißt alle sowjetischen Regierungen und auch die späteren russischen Regierungen haben dieses Datum des Überfalls der Nazis auf die Sowjetunion genommen und gesagt nie wieder sollen fremde Truppen an unserer Grenze stehen und uns so überraschen können wie damals. Und ich denke die einzige geschichtliche Lehre die Deutsche daraus ziehen könnte ist, mit Russland muss man Frieden haben. Ohne Frieden mit Russland wird Deutschland auch nicht existieren.
Alexander Sorkin: Feiern Sie den Mauerfall am Sonntag mit oder ist das für Sie kein Fest?
Doch, ich treffe mich mit Vertretern der bewaffneten Organe die 1989 alles dafür getan haben dass wir Frieden haben und dass die Sache nicht ausgeartet ist und das sind nämlich die eigentlichen Helden des 09.November. Sehen Sie, bei aller Achtung vor der Politik die da die Großmächte gemacht haben – der Bundeskanzler war am 09. November nicht in Berlin, der war in Warschau bei einem Empfang. Gorbatschow war auch nicht hier. Bush war auch nicht hier. Hier an der Grenze haben Leute Dienst getan, die wirklich von sich sagen können, sie haben mitgeholfen den Frieden zu retten. Und statt die großen Politiker zu loben, lobe ich lieber diejenigen.
Zitate:
Egon Krenz:
Sieben Wochen lang übte Egon Krenz das Amt des SED-Generalsekretär und Staatsratsvorsitzender der DDR aus, dann kam die Wende. Heute lebt der 77 jährige zurückgezogen in einem Dorf in Mecklenburg Vorpommern. Seine Gedanken zum 25-jährigen Jahrestag des Mauerfalls bespricht er mit Alexander Sorkin und Marcel Joppa.
„Gorbatschow sagte mir: Er habe mit Bush gesprochen, mit Mitterrand, mit Thatcher, mit Andreotti, auch mit Brzezinski und der habe sogar gesagt, die deutsche Einheit, das wäre eine Katastrophe und keiner könne sich die deutsche Einheit vorstellen……. nun mag man sagen ich sei blauäugig gewesen, aber ich habe Gorbatschow damals vertraut. Die Sowjetunion war unser Bündnispartner.“
„Nach außen hin hat sich Gorbatschow als Bündnispartner dargestellt und ich hatte keinerlei Zweifel, dass die Sowjetunion zu ihrer Vaterschaft zur DDR steht.“
„…ich habe Gorbatschow als anständigen Kerl gesehen.“
Jetzt nicht mehr?
„Nein, seine Unehrlichkeit die kann ich nicht haben. Er soll ja in einer Vorlesung in der Türkei gesagt haben, dass sein Lebensziel die Vernichtung des Kommunismus gewesen sei. Wenn er das tatsächlich gesagt hat, dann ist das nicht die Wahrheit.“
„Ich sage nochmal, die Mauer ist nicht gefallen, die Grenze ist auf Beschluss der Regierung der DDR geöffnet worden.“
„Die DDR hat 12 Jahre existiert bevor die Mauer gebaut worden ist. Die DDR wurde 1949 gegründet und 1961 wurde die Mauer gebaut. Im Grunde genommen auch 16 Jahre nach Kriegsende waren offene Grenzen hier und ich hatte gedacht, die Stabilität ist inzwischen auch so, dass die DDR mit offenen Grenzen leben kann.“
„Die DDR war zu keinem Zeitpunkt zahlungsunfähig.“
Man trampelt auf der Geschichte der DDR ganz schön herum. Warum wird das getan?
„Also erstens sehe ich den Grund, dass es eine Warnung ist, wagt nie wieder eine Alternative zum Kapitalismus. Je schlimmer das Bild der DDR ist, umso schlimmer wird den Leuten eingeredet, ist der Sozialismus.“
„Ich bin ein Kommunist, ja. Das muss man ja heutzutage erklären, weil ja manche Leute den Begriff Stalinist und Kommunist und alles zusammenwerfen. Ich bin Kommunist im Sinne des Manifests von Marx und Engels.“
„Herr Gauck ist ja kein Mann der politische Tatsachen analysiert, er ist ein Mann der Glaubensgrundsätze verkündet und zwar antikommunistisch. Deshalb kann ich das gar nicht so ernst nehmen. Wer heute noch sagt, dass die Linke die SED von gestern ist, der lässt sich nicht von Tatsachen, sondern von irgendwelchen Ideologien leiten. Deutschland bräuchte einen Präsidenten der neutral ist.“
„In der Politik spielt für mich Etikette überhaupt keine Rolle. In der Politik geht es darum sachlich zu reagieren…“
„Ich mag diese Einteilung einer Gesellschaft in Täter und Opfer überhaupt nicht, weil die nämlich gar nichts aussagt über die Zusammenhänge die da eine Rolle spielen. Mir ist auch mein eigenes Schicksal nie so wichtig gewesen wie die Sache selber.“
„Mein Ziel war ja nicht eine Wende in Richtung deutscher Einheit zu vollziehen, sondern mein Ziel war eine Wende in Richtung sagen wir mal, so naiv war ich damals, in Richtung Perestroika Gorbatschower Art zu machen. Das hat nicht mehr funktioniert.“
„Ich bin betroffen, dass der Bundespräsident zur Feier anlässlich des 75. Jahrestages des Kriegsbeginns nach Polen fährt, ohne auch nur in einem Nebensatz zu erwähnen, dass für die Freiheit Europas 28 Millionen Sowjetmenschen ihr Leben gelassen haben. Da bin ich tief erschüttert.“
„Was in der Ukraine vorgeht, das kann man nicht Russland anlasten. Das Land ist von ukrainischen Oligarchen nieder gewirtschaftet worden und nicht von Russland und mir tut es weh, dass die Trennlinie die einst an Elbe und Werra verlief, hier quer durch Deutschland, dass diese Trennlinie im Grunde genommen an die russische Grenze verlegt wird.“
„…wenn es zur deutschen Einheit kommen sollte, sollten Nato-Truppen nicht mal in Ostdeutschland stationiert werden. Also selbst Gorbatschow hat sich wahrscheinlich nicht im Schlaf vorstellen können, dass der Preis für die Auflösung des Warschauer Vertrages die Ausdehnung der Nato bis an die russische Grenze ist.“
„Deutschland sollte sich im Zusammenhang mit den Ländern der früheren Sowjetunion und auch im Zusammenhang mit Russland besonders zurückhalten, weil das Sicherheitsbedürfnis Russlands liegt auch in einem Datum der deutschen Geschichte begründet…. und ich denke die einzige geschichtliche Lehre die Deutsche daraus ziehen könnte ist, mit Russland muss man Frieden haben. Ohne Frieden mit Russland wird Deutschland auch nicht existieren.“
„…der Bundeskanzler war am 09. November nicht in Berlin, der war in Warschau bei einem Empfang. Gorbatschow war auch nicht hier. Bush war auch nicht hier. Hier an der Grenze haben Leute Dienst getan, die wirklich von sich sagen können, sie haben mitgeholfen den Frieden zu retten. Und statt die großen Politiker zu loben, lobe ich lieber diejenigen.“
Quelle: Stimme Russlands http://german.ruvr.ru/2014_11_07/Egon-Krenz-Mein-Ziel-war-eine-Wende-in-Richtung-Perestroika-Gorbatschower-Art-9480/
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