Auf der Betriebsversammlung am 11. Dezember informiert der Betiebsrat von M. DuMont Schauberg in Köln über den Stand der Verhandlungen mit der Geschäftsleitung. Die geplanten 84 Kündigungen sind nicht vom Tisch. Die ver.di-Vertrauensleute von MDS Köln informieren über den aktuellen Stand in einer Gewerkschahfts-Info:
Am Montag ging’s los. Reiner Calmund donnerte die Kolleginnen und Kollegen aus den Verkaufsabteilungen an, sie sollten »arbeiten, arbiten, arbeiten«. Nicht nur 40 oder gar nur 35 Stunden, sondern »mehr, mehr, mehr«. Wer heute noch in den Verlag komme, um nur seinen Arbeitsvertrag zu erfüllen, dem gehöre eine »Briefmarke auf den Hintern geklebt«. Freigestellten Betriebsräten, die mit der Gewerkschaft Tarifrechte einfordern, gehöre der »Stecker gezogen«.
Das alles war beim »Express-Frühstück« im Betriebsrestaurant. Der Verlag hatte Calmund als Auftragsredner angeworben, um die Kolleginnen und Kollegen für das Jubiläumsjahr 2014 zu motivieren. Angesichts des geifernden, adipösen Redners blieb vielen das spendierte x-förmige Laugengebäck im Hals stecken.
Weiter ging’s am Mittwoch. Da war Betriebsversammlung bei MDS. Der Betriebsrat informierte die Beschäftigten über den Stand der Beratungen mit dem Unternehmen, das am Standort Köln betriebsbedingte Kündigungen und die Zerschlagung des Verlages plant.
Hart in der Sache, aber konziliant im Ton schilderte Kollege Plaßmann die Position des Betriebsrats, der mit der Unterstützung von ver.di einen langfristigen Tarifvertrag zur Beschäftigungssicherung abschließen will. Durch tarifabweichende Regelungen soll dem Unternehmen Geld zur Verfügung gestellt werden, das es diesem erlaubt, die wirtschaftlichen Probleme ohne Kündigungen und Tarifflucht zu bewältigen. Die Beratungen verliefen sehr schwierig, führte Plaßmann aus, weil das Unternehmen langfristige Bindungen scheue und nachhaltige Investitionen in die Printprodukte nicht mehr vornehmen wolle. Aber es werde weiter beraten. Die nächste Beratungsrunde finde am 19. Dezember statt und das Unternehmen habe zugesagt, während der Beratungen keine Kündigungen auszusprechen.
Für Empörung sorgte der neue Verlagsgeschäftsführer Froben, der in einem Gastbeitrag verdeutlichte, dass Calmunds peinlicher Auftritt kein Ausrutscher war, sondern Ausdruck der neuen »Kultur« im Haus. Für die neu zu gründende »Medienvermarktung Rheinland«, sagte Froben, wolle er »vollständige unternehmerische Freiheit«. Es sollen dort keine tarifvertraglichen Regelungen mehr gelten. Er wolle keinen »gleichen Lohn für gleiche Arbeit«, sondern den »War of Talents«.
Auf Froben antwortete ver.di-Landessekretär Vogt. Er verwies auf unsere demokratische Grundordnung, die zwar einerseits die Freiheit des Unternehmers garantiere, aber andererseits auch die Rechte der Beschäftigten, sich gegen unternehmerische Willkür durch Tarifverträge abzusichern. Die Mitgliedschaft in einer Gewerkschaft sei der erste und wichtigste Schritt zu einer solchen Absicherung.
Auf Froben antwortete auch ein Lokalredakteur des Kölner Stadt-Anzeigers. Er verdeutlichte die Zwickmühle, in der sich die Kolleginnen und Kollegen in den Redaktionen von Express und KStA befinden. Beide Titel werden von den Leserinnen und Lesern als soziale und moralische Institutionen gesehen. Diese Rolle können sie aber nur dann glaubwürdig vertreten, wenn im Verlag selbst soziale Regelungen gelten.
Auf der Betriebsversammlung wurde verdeutlicht, dass das Unternehmen nicht selbst mit dem Betriebrat berät. Es lässt beraten. Und hat sich dafür einen Berliner Rechtsanwalt eingekauft, der in der Branche als »harter Hund« gilt. Solche harten Hunde werden von der Leine gelassen, wenn es darum geht, eine langfristig gewachsene Unternehmenskultur wirksam zu zerstören.
(von http://koeln.verdi.de/berufe_branchen/medien_kunst_und_industrie/dumont-schauberg)