Zweiter Mega-Knall: Weiterer Abbruch der  Groko-Verhandlungen 

 

Der zweite Knall bei den Koalitionstreffen der Groko binnen 24 Stunden: Weil die Union das Thema Maut ausklammern wollte, hat die SPD die Verhandlungen kurzerhand abgebrochen.

 

Die SPD lässt den Streit mit der Union bei den Koalitionsverhandlungen eskalieren: Weil die Vertreter von CDU und CSU das Streitthema  Mautgebühren ausklammern wollten, hat die SPD die Beratungen der Arbeitsgruppe Verkehr am Dienstag abgebrochen. 

Die SPD-Arbeitsgruppe habe mit der Union "wie vereinbart das Thema Ausweitung der Lkw-Maut diskutieren" wollen, teilte das Büro des SPD-Delegationsleiters Pronold mit.

Nachdem die Union sich geweigert habe, "auch nur über das Thema zu diskutieren – geschweige denn in einen Entscheidungsprozess einzutreten", habe die SPD die Beratungen "für heute" beendet. Die SPD erwarte, dass am 18. November die Beratungen zur Lkw-Maut und anderen offenen Themen fortgesetzt und entschieden werden könnten.

Der amtierende Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) sagte, die Union sei über die Reaktion der SPD enttäuscht. "Wir wollten heute wichtige Themen diskutieren: Zum Beispiel Maritime Wirtschaft, Elektromobilität, Verkehrssicherheit oder Barrierefreiheit im öffentlichen Verkehr", sagte Ramsauer. Der inhaltliche Fahrplan sei gemeinsam intensiv vorbereitet worden. "Es fällt schwer zu glauben, dass die Maut der tatsächliche Grund für den Auszug der SPD gewesen ist." Da wird der SPD indirekt unterstellt, dass sie kein Interesse an der Groko mehr habe, was durchaus der  Fall sein könnte.   

Die Union habe sich an die Absprachen gehalten, nachdem die Parteichefs der Union am Montag mit der SPD-Führung ausgemacht hätten, dass der gesamte Maut-Komplex zunächst ausgeklammert werden solle, sagte Ramsauer. Dies sei auch in der sogenannten großen Runde so abgesprochen worden.

Seit Tagen schieben CDU und SPD Kontroversen vor sich her.  Zum ersten großen Streit war es am Montagabend in der Familienverhandlungsgruppe gekommen, als über das Adoptionsrecht für gleichgeschlechtliche Paare diskutiert wurde. SPD-Vize Manuela Schwesig hatte danach gedroht, die Koalitionsverhandlungen abzubrechen. "Das ist kein Theaterdonner, sondern da sind wirklich ernste Konflikte jetzt aufgebrochen", hatte dazu SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles gesagt. Sie gehe davon aus, dass noch weitere heftige Auseinandersetzungen bevorstünden – eine nächste Eskalation erfolgte prompt.

 

CDU will die direkte Demokratie weiterhin verhindern 

Die SPD forderte Referenden und Volksabstimmungen also echte Volksherrschaft auch zwischen den Wahlen. 

Die CDU lehnt echte Demokratie kategorisch ab .

Koalition diskutiert über direkte Demokratie

Die Süddeutsche Zeitung berichtet über ein Papier, in dem sich angeblich die Verhandlungsführer der Arbeitsgruppe Demokratie, Hans-Peter Friedrich (CSU), und Thomas Oppermann (SPD) auf die Einführung der direkten Demokratie in Deutschland geeinigt hätten.

Die SZ schreibt:

In dem Vorschlag heißt es, ,die im Grundgesetz verankerte parlamentarisch-repräsentative Demokratie‘ habe sich zwar ,über sechs Jahrzehnte bewährt‘. Doch in der Bevölkerung wachse der Wunsch nach stärkerer Beteiligung, ,deshalb wollen wir den Bürgerinnen und Bürgern die Möglichkeit geben, auch zwischen den Wahlen auf Entscheidungen Einfluss zu nehmen‘. Das Volk solle ,bei europapolitischen Entscheidungen von besonderer Tragweite direkt befragt werden‘. Das gelte ,insbesondere für die Aufnahme neuer Mitgliedstaaten, wenn wichtige Kompetenzen nach Brüssel abwandern sollen oder wenn es um finanzielle Leistungen Deutschlands auf EU-Ebene geht – dafür wollen wir bundesweite Volksabstimmungen ermöglichen‘.“

Ob es wirklich dazu kommt, ist ungewiss: Denn unmittelbar nach der Bekanntgabe des Papiers haben sich die CDU-Abgeordneten Bosbach, Brock und Krings bereitsablehnend geäußert: „Die repräsentative Demokratie hat sich bewährt und sollte nicht durch Experimente mit bundesweiten Volksentscheiden untergraben werden“, sagte Krings dem Tagesspiegel.


Zwei Rechtspopulisten verlassen in Niedersachsen die Linkspartei 

Kreistagsmitglieder der LINKEN im Landkreis Leer wechseln in die AfD

von Tony Kofoet, Linkes Forum Ostfriesland
 

Am 7. November 2013 sind Charlotte Lenzen und Reinhard Theen, bisher Kreistagsabgeordnete der LINKEN im Landkreis Leer/Ostfriesland, offiziell in die rechtspopulistische AfD übergetreten. Dieser Übertritt kam nicht überraschend, nachdem beide bereits Mitte Oktober ihren Austritt angekündigt und eine "Unabhängige Fraktion" gegründet hatten.

 

Die Multifunktionärin Lenzen, die zwei Kommunalmandate inne hat, Sprecherin und Schatzmeisterin des Kreisverbands (KV) und Mitglied des Vorstands des Landesauschusses der Partei war, begründete ihren Austritt im parteieigenen Verteiler in erster Linie mit persönlichen Differenzen mit Parteimitgliedern und der mangelnden Unterstützung bei ihrer Bundestagskandidatur. Außerdem schrieb sie: „Es ist auch irgendwo befreiend, sich Euro- kritisch äußern und darüber wenigstens nachdenken und diskutieren zu dürfen.“ In einer Pressekonferenz spielten die persönlichen Disharmonien im KV nur eine untergeordnete Rolle. Lenzen kritisierte, dass die Partei Oskar Lafontaine bezüglich der Euro-Diskussion einen Maulkorb verpasst habe und „die ostdeutschen Kommunisten in der Partei“ immer stärker dominierten. Das gelte auch für den KV Leer. Diese Argumentation wurde von der lokalen Presse gerne aufgegriffen und plötzlich äußerten sich noch weitere Vorstandsmitglieder, die ebenfalls über Nacht von einer Kommunistenphobie befallen wurden und u.a. erklärten: "Ich kann nicht mit Leuten zusammenarbeiten, die dieses kommunistische Betondenken im Kopf haben." (U. Biester, Stadtrat in Leer). Paul Staginus, der Lebensgefährte Lenzens und ihr selbsternannter Mentor, schimpfte über die ehemaligen PDS-Mitglieder, deren „Ziel letztlich der Kommunismus“ sei.

 

Den Austritt Lenzens auf den Einfluss der Kommunisten in Ostdeutschland und vor Ort zu reduzieren, ist zwar ein gefundenes Fressen für die bürgerlichen Medien, hat aber mit der Realität herzlich wenig zu tun. Im Endeffekt geht es um das menschliche Scheitern einer Funktionärin, die es in knapp zwei Jahren schaffte, einen gut funktionierenden Kreisverband gegen die Wand zu fahren, und dabei einen Trümmerhaufen hinterließ.

 

Im KV Leer existierten seit der Gründung immer wieder Querelen, die ihre Ursachen in erster Linie in persönlichen Animositäten unter den Mitgliedern hatten. Es gab recht wenige Mitglieder, die schon früher in linken politischen Zusammenhängen und Organisationen mitgearbeitet hatten. Die Mehrheit bestand aus Menschen, die aus Protest gegen die unsoziale Politik der Schröder-Regierung aktiv geworden waren und sich der WASG anschlossen. Einige dieser neuen Mitglieder sahen die Partei auch als Sprungbrett, um sich zu profilieren und überregional Posten zu ergattern, was bei anderen eher auf Ablehnung stieß, weil sie zu Recht an deren intellektuellen und menschlichen Qualifikationen zweifelten.

 

Nach dem Tod des ersten Vorsitzenden kam die Stunde von Frau Lenzen, die sich im Herbst 2009 zur Schatzmeisterin wählen ließ und seit diesem Zeitpunkt den Einfluss in der Parteiorganisation ausbaute. Sie avancierte schnell zur Sprecherin des KV, vertrat diesen im Landesausschuss, in dessen Vorstand sie ebenfalls gewählt wurde, und präsentierte den KV Leer in Hannover als gut funktionierenden Kreisverband, in dem es harmonisch zuginge. Vor Ort übernahm sie viele Aufgaben und scharte eine Gruppe von Getreuen um sich, mit denen sie 2011 einen relativ erfolgreichen Kommunalwahlkampf (10 Mandate) führte. Die inhaltliche Arbeit im KV stand allerdings hinten an, auf den Mitgliederversammlungen wurde sehr viel über Satzungs- und Organisationsfragen gesprochen, aktuelle Themen blieben außen vor und eine Bildungsarbeit, die eigentlich für eine linke Organisation Standard sein sollte, fand nicht statt. Das hatte zur Folge, dass die MVs nur noch spärlich besucht wurden, langjährige AktivistInnen sich zurückzogen und Lenzen und ihre Clique ohne Opposition tun und lassen konnten, was sie wollten. Die Arbeit in den Kommunalparlamenten lief überhaupt nicht, die neu gewählten Ratsmitglieder erhielten keine Unterstützung vom Kreisvorstand und waren meist auf sich allein gestellt. Frau Lenzen selbst schaffte es in zwei Jahren, nur einen Antrag im Kreistag zu stellen, obwohl Themen genug vorhanden waren und sie von der Basis Themenvorschläge erhielt. Sie wollte lieber Everybody's Darling als die Vertreterin der arbeitenden Menschen, der Arbeitslosen, der sozial Benachteiligten und der Jugend sein. Von den 10 Mandaten für die Partei sind nach dem Austritt Lenzens und Theens noch vier übrig geblieben, nachdem bereits Anfang des Jahres zwei Kommunalpolitiker die Partei verlassen hatten.

 

Während Lenzen immer wieder versuchte, ihren innerparteilichen Gegnern Knüppel zwischen die Beine zu werfen und ihnen Satzungsverstöße vorwarf, nahm sie es selbst nicht so genau mit den Gesetzen. Am 01.11.2011 wollte sie unbedingt ihren Lebensgefährten Paul Staginus zum Landtagskandidaten küren lassen und verhindern, dass die ehemalige linke  Kreistagsabgeordnete Uschi Stevens-Kimpel in einem Wahlkreis, in dem diese nicht wohnte, kandidierte. Sie erklärte wider besseren Wissens, dass dies nicht möglich sei und ließ nur ihren Lebensgefährten als Kandidaten zu. Gegen diese Wahl wurde Widerspruch eingelegt und die Genossin Stevens-Kimpel schließlich doch gewählt.

 

Bei den letzten Bundestagswahlen wurde Lenzen als Kandidatin für den Wahlkreis Unterems gewählt und musste schnell merken, dass sie kaum noch personelle Unterstützung im KV Leer hatte. Nur wenige Getreue unterstützten sie persönlich und ihr Ergebnis lag weit unter dem ihrer Vorgängerin 2009. Das scheint mir der Hauptgrund für ihren Austritt gewesen zu sein. Da sie nicht in der Lage zu sein scheint, Fehler bei sich selbst zu suchen, wurde die Schuld – wie üblich – bei den Anderen gesucht, den Mitgliedern, die ihr nicht folgten, bei den ehemaligen PDS-Mitgliedern und den „ostdeutschen Kommunisten“.

 

Der Übertritt in die AfD war von Kennern des KV Leer erwartet worden. Das Programm dieser reaktionären Partei passt in das Denkschema Lenzens. Kritik am Euro, Warnungen vor einer angeblichen Überfremdung und der Schutz der Familie waren Themen, die sie auch in persönlichen Gesprächen immer wieder betonte. Der Kreisvorsitzende der AfD, der gleichzeitig Skatbruder von Lenzen und Staginus ist, erklärte: „Wir haben mehr Gemeinsamkeiten mit den Linken als mit irgendeiner anderen Partei.“ Wie er zu dieser Einschätzung kommt, ist nicht nachzuvollziehen. Wenn er doch nur das Parteiprogramm gelesen hätte und nicht die von den bürgerlichen Medien immer wieder propagierte Schnittmenge zwischen den beiden Parteien wiederkäuen würde.

 

Wenn Lenzen allerdings glaubt, sie sähe eine Chance, das Programm der AfD beim Thema soziale Gerechtigkeit mitzugestalten, ist sie auf dem Holzweg, denn die intellektuellen Vordenker dieser Partei werden sich niemals für Interessen der arbeitenden Bevölkerung, der sozial Benachteiligten und der Arbeitslosen einsetzen. Die ehemalige niedersächsische Bundestagsabgeordnete Dorothée Menzner (Die LINKE) erklärte zu den Vorkommnissen in Leer: „Allen, die in meinem Landesverband Verantwortung tragen, möchte ich nach diversen Kommunikationen mit GenossInnen aus diversen Kreisverbänden zurufen: Vertrauen ist schnell verspielt und ganz, ganz schwierig zurückgewonnen! Und wenn die Menschen keine Alternative zum herrschenden System in der Linken sehen, ist es ein furchtbar kurzer Weg nach ganz rechts! Ich würde mir wünschen, das wäre so Manchem bewusster.“

 

 

Was tun?

 

Der KV Leer wird vorerst nicht zur Ruhe kommen, solange der Rest der Lenzen-Clique nicht auch die Partei verlassen hat. Sinnvoll wäre es, wenn der Landesvorstand endlich einmal eine klare Ansage macht und den KV vorübergehend verwaltet, bis wieder Ruhe eingekehrt ist. Da aber auch andere Kreisverbände auf dem flachen Land ähnliche Probleme zu haben scheinen, müssen die Verantwortlichen in Hannover schneller reagieren, wenn Hilferufe aus der Provinz eintreffen. Im Fall Leer wussten der Landesvorsitzende Manfred Sohn und andere führende Funktionäre von Vorkommnissen, die in einer Partei, die sich die LINKE nennt, nicht passieren dürfen. Statt sich mit den Kritikern des Kreisvorstandes zusammenzusetzen und Abhilfe zu schaffen, wurde der Lenzen-Vorstand in seinem Handeln bestärkt.

 

Auch sechs Jahre nach ihrer Gründung hat die LINKE ihre Kinderkrankheiten vielfach noch nicht überwunden. In der Anfangsphase schlossen sich ihr viele Mitglieder an, die vorher noch niemals einer politischen Partei oder einer Gewerkschaft angehört hatten. Damals wurde es bereits verpasst, eine aktive Bildungspolitik zu organisieren, um die Neumitglieder für die täglichen Auseinandersetzungen zu schulen. Themen wie die Geschichte der Arbeiterbewegung, Informationen über die internationalen Klassenkämpfe oder die Heranführung an die Klassiker des Marxismus wären nötig gewesen und sind immer noch nötig, um den Parteimitgliedern bewusst zu machen, dass es für einen Linken nicht ausreicht, gegen die Hartz-Gesetze oder die neoliberale Sozialpolitik zu sein. Wer sich regelmäßig ausländerfeindlich äußert, Asylsuchende zurückschicken möchte oder Schwule und Lesben diffamiert, hat in einer linken Partei nichts verloren und sollte sich Parteien und Organisationen am rechten Rand anschließen.

 

GenossInnen, die seit Jahren und Jahrzehnten in linken Organisationen aktiv waren, haben oft ein großes Problem mit formalen Punkten, die der Partei von außen durch das Parteiengesetz auferlegt werden. Sie wollen nicht ständig mit der Satzung durch die Gegend laufen, wenn sie aktiv in die Parteiarbeit eingreifen wollen. Dann wird der Fehler gemacht, diese Aufgaben den Mitgliedern zu überlassen, die eine bürokratische Ader haben und die Partei verwalten, statt sie mit Leben erfüllen wollen. Bei den Sitzungen sollten die formalen Angelegenheiten auf das Nötigste beschränkt bleiben, damit wichtige inhaltliche Fragen im Mittelpunkt stehen. Langweilige Satzungs- und Organisationsveranstaltungen führen dazu, dass viele Mitglieder irgendwann zu Hause bleiben.

 

Der KV Leer trifft sich am 16. November zu einer Mitgliederversammlung. Dort wird sich zeigen, ob es GenossInnen gibt, die für den Kreisvorstand kandidieren wollen oder ob der bisherige Vorstand die Parteiorganisation endgültig gegen die Wand fahren und dann ein Neuaufbau mit neuen Gesichtern erforderlich wird.

 

Den Kommunen fehlt das Geld 

Böckler Impuls Ausgabe 17/2013

Hans-Böckler-Stiftung, 30.10.2013

 

Milliarden-Schlagloch
Für öffentliche Investitionen wären 2006 bis 2020 die oben aufgeführten Zahlen nötig
Deutschland muss dringend in seine Infrastruktur investieren. Allein auf kommunaler Ebene sind unter anderem für die Ausbesserung kaputter Straßen und die Reparatur maroder Schulen gut 50 Milliarden Euro nötig.
Milliarden-Schlagloch
Tatsächlich investierte der Staat diese Ausgaben in Prozent des Bruttoinlandsproduktes

 

Die deutschen Städte und Gemeinden stellen die wesentlichen Leistungen der Daseinsvorsorge bereit: Sie verantworten weite Teile der Straßen und Verkehrsinfrastruktur - also auch den öffentlichen Personennahverkehr. Sie sind für die Kinderbetreuung und Schulgebäude zuständig, die Wasserver- und -entsorgung sowie Teile der Energie- und Abfallwirtschaft. Auch ein Großteil der Unterstützung für ALG-II-Empfänger und Behinderte ist auf kommunaler Ebene angesiedelt.

"Somit sind die Gemeinden zentral, wenn es um die konkrete Umsetzung der Forderungen nach besserer Bildung, Ausbau der Kinderbetreuung und einer Energiewende geht, die in der Gesellschaft derzeit einen besonders hohen Stellenwert genießen", so Erik Klär, Fabian Lindner und Kenan ¦ehovic. IMK-Forscher Lindner hat sich gemeinsam mit seinen Kollegen im Auftrag der Friedrich-Ebert-Stiftung mit der Frage beschäftigt, wie sich der Wohlstand dieser Gesellschaft verbessern lässt.

Ihre Analyse zeigt: Seit 1991 hat sich der Anteil der kommunalen Investitionen an der Wirtschaftsleistung halbiert; allein zwischen 2003 und 2012 ist dadurch eine Investitionslücke von 52 Milliarden Euro entstanden. "Wesentlich für den hohen Investitionsrückstau ist die strukturelle Unterfinanzierung vieler Kommunen", schreiben die Wissenschaftler. Insgesamt konnten diese zwar im vergangenen Jahr das erste Mal seit 2008 wieder einen Haushaltsüberschuss erzielen. Dies verdecke jedoch Unterschiede zwischen den Kommunen: 30 Prozent von ihnen haben weiterhin erhebliche Haushaltsdefizite.

Besonders in strukturschwachen Regionen bleiben die Sozialausgaben der Städte und Gemeinden stabil oder nehmen zu, ihre Einnahmen hingegen fallen. Sie sind zunehmend von Zuweisungen der Länder und des Bundes abhängig. "Diese Zuweisungen werden aber nicht stark steigen können, weil der Bund und mehr noch die Länder durch die 2009 verabschiedete Schuldenbremse unter erheblichem Konsolidierungsdruck stehen", warnen Klär, Lindner und ¦ehovic.

Unter Einhaltung der Schuldenbremse führe daher an Steuererhöhungen kaum ein Weg vorbei. Anders ließen sich die dringend notwendigen Investitionen nicht bewerkstelligen. Um das Wirtschaftswachstum möglichst wenig zu belasten, empfehlen die Wissenschaftler, hohe Einkommen und Vermögen stärker heranzuziehen - über eine höhere Erbschaft- und die Wiedereinführung der Vermögensteuer. Die Mehreinnahmen sollten den Gemeinden zugutekommen.

SPD will Rot-Rot-Grün nicht mehr ausschließen 

SPD-Spitze sieht künftig Rot-Rot-Grün als Option

Der SPD-Vorstand will Koalitionen mit der Linkspartei nicht mehr ausschließen. Ein entsprechender Antrag soll am Donnerstag auf dem Parteitag eingebracht werden.

Die SPD will als Konsequenz aus ihrem schlechten Ergebnis bei der Bundestagswahl in Zukunft bestimmte politische Bündnisse nicht mehr ausschließen. "Wir wollen uns als linke Reformpartei, als linke Volkspartei  so aufstellen, dass wir in Zukunft keine Koalition außer mit Rechtspopulisten und rechtsextremen Parteien ausschließen wollen", sagte SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles.

Hier könnte sich eine Verhärtung der Fronten und Risse in den Verhandlungen zur Großen Koalition andeuten .

In der Familienpolitik kommt es wegen der homophoben und rechtspopulistischen CDU Politik zum Eklat und zum Abbruch der Verhandlungen mit der CDU.

Unterdessen sagte SPD Chef Gabriel, dass es ohne einen flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn  keine Große Koalition geben wird. Hier setzt er klare Haltelinien.   

Der Vorschlag soll am Donnerstag als Teil eines Leitantrages des Parteivorstandes für den Bundesparteitag beschlossen werden. In diesem heißt es: "Für die Zukunft schließen wir keine Koalition (mit Ausnahme von rechtspopulistischen oder -extremen Parteien) grundsätzlich aus."   

Zugleich werden in dem Antrag Voraussetzungen für künftige Koalitionsbildungen genannt. So müsse eine stabile und verlässliche parlamentarische Mehrheit gegeben sein. Auch müsse es eine "verbindliche und finanzierbare Grundlage für den Koalitionsvertrag" geben.

Zudem heißt es in dem Antrag: "Es muss eine verantwortungsvolle Europa- und Außenpolitik  im Rahmen unserer internationalen Verpflichtungen gewährleistet sein." Dies sieht die SPD bisher bei den Linken nicht als gegeben an. Allerdings machte Gregor Gysi schon deutlich, dass die Linke Kriegen und illegalen Rüstungsexporten in sogenannte Spannungsgebiete oder Kriegsgebiete nie zustimmen werde.

Vor der Bundestagswahl am 22. September sowie vor weiteren Wahlen hatten die Sozialdemokraten ausgeschlossen, mit der Linken zu koalieren.

Schleswig-Holsteins SPD-Landeschef Ralf Stegner hatte zuvor Spiegel Onlinegesagt: "Wir sollten auf dem Bundesparteitag das Signal geben, dass wir künftig keine Ausschließeritis mehr betreiben. Wenn wir bestimmten Koalitionsoptionen von vornherein eine Absage erteilen, machen wir es der Union auf lange Sicht einfach und stärken gleichzeitig die Linkspartei."

Die Linken-Vorsitzende Katja Kipping sagte dem Tagesspiegel, dass es eine "späte, aber notwendige Einsicht" der SPD sei, Bündnisse im Bund nicht formal auszuschließen. Linkspartei-Chef Bernd Riexinger forderte die Sozialdemokraten auf, im Bundestag sofort zu kooperieren: "Es gibt im Parlament eine Mehrheit für ein Gestaltungsbündnis", sagte er Handelsblatt Online. Vieles sei machbar "mit den 320 Stimmen, die im Bundestag gegen Merkel mobilisierbar sind".

Für die Union gebe es keinen Grund zur Empörung. Die CDU mache nichts anderes. Nach dem Scheitern der Sondierungen von Union und Grünen habe man den Eindruck gewinnen können, "man sieht die Vorbereitungen auf  Schwarz-Grün und nicht den Abgesang auf Schwarz-Grün", sagte Nahles. Sie gehe fest davon aus, dass CDU und CSU massiv versuchten, sich dieser Option auf Länderebene anzunähern.