Was ist die Monopolbourgeosie heute?

Spätbürgerliche Oligarchie

Untersuchungen zum staatsmonopolistischen Kapitalismus heute: Was bzw. wer ist die gegenwärtige Monopolbourgeoisie?

von Beate Landefeld

»Staatsmonopolistischer Kapitalismus« von den Autoren Gretchen Binus, Beate Landefeld und Andreas Wehr. jW veröffentlicht an dieser Stelle leicht gekürzt das Kapitel III. 2 »Was bzw. wer ist die gegenwärtige Monopolbourgeoisie?« Verfasserin dieses Unterkapitels ist Beate Landefeld. (jW)

Die heutige globale Ökonomie wird im wesentlichen von den größten transnationalen Monopolen und den sich ungleichmäßig entwickelnden, miteinander verschränkten Ökonomien weniger kapitalistischer Großmächte und aufsteigender Schwellenländer getragen. Die Gruppe der zwanzig wichtigsten Industrie- und Schwellenländer (G20) erwirtschaftet 90 Prozent des Welt-Bruttoinlandsprodukts. Das Gros der laut Welthandels- und Entwicklungskonferenz (UNCTAD) ca. 85000 transnationalen Konzerne und Banken kommt aus wenigen Zentren. Zwei Drittel der 500 größten kamen 2012 allein aus den Mitgliedsländern der Gruppe der sieben wichtigsten Industrieländer (G7). Die USA stellten 132, Japan 68, Deutschland 32, Frankreich 32, Großbritannien 26 und China 73 der 500 größten. Die Rangfolge eines Landes in der internationalen Staatenhierarchie läßt sich am Anteil seiner transnationalen Konzerne (TNKs) auf der Liste der 500 größten ablesen.1

Auch die Milliardäre der Welt konzentrieren sich in den wirtschaftlich stärksten Ländern. Für ein Weiterbestehen der Verflechtung zwischen Monopolen, großen Staaten und herrschenden Klassen spricht, daß 2012 bei 100 der 500 größten Konzerne Europas Staaten die Ankeraktionäre waren und daß von den 100 größten 22 einen staatlichen Großaktionär hatten. Die Namen der weltweit größten Konzerne und Banken verweisen auf Adressen, die in der Regel auch vor hundert Jahren schon Monopole waren oder aus solchen hervorgegangen sind. Ihr Aufstieg wurde und wird flankiert durch die Staaten, aus denen sie kommen und deren Ökonomien sie in der Regel prägen. (…)

Eigentum und Funktion

Die Entwicklung des Kapitalismus geht mit Änderungen in der Struktur der Kapitalistenklasse einher. Sie resultieren aus der Konkurrenz und dem Klassenhandeln der Bourgeoisie bei der systemimmanenten Bearbeitung kapitalistischer Widersprüche. Wichtige Etappen waren die Trennung von Eigentum und Funktion durch die Entstehung der Aktiengesellschaften, die Differenzierung des Gesamtkapitals in Monopole und nichtmonopolistisches Kapital und die Durchsetzung des Staatsmonopolistischen Kapitalismus (SMK), der nach 1945 eine keynesianische und eine neoliberale Phase der Regulierung durchlief.

Die Trennung von Eigentum und Funktion in der Aktiengesellschaft stellte Manager als Leiter der Unternehmen neben die Kapitaleigentümer. Formal sind sie »Angestellte«, real sind ihre Interessen mit denen der Kapitaleigentümer verschmolzen, aufgrund ihrer Stellung in der Produktion, hoher Vergütungen und Aktienoptionen. Unterschiede bleiben aber: Manager werden von den Eigentümern beaufsichtigt und können von ihnen »geheuert und gefeuert« werden, meist mit hohen Abfindungen. Kapitaleigentümer können Reichtum und Macht vererben und »Unternehmer­dynastien« begründen.

Die marxistischen Gesellschaftswissenschaftler Heinz Jung und Josef Schleifstein bezeichneten die privaten und staatlichen Manager als »kooptierte und aggregierte Teile« der Monopolbourgeoisie, »die erst in dem Maße einen festen (und erblichen) Platz in ihr erhalten, wie sie in der Lage sind, kapitalistisches Eigentum zu bilden und kraft Eigentumstiteln Verfügung über das Mehrprodukt zu erlangen.«2

Das moderne Finanzkapital basiert auf der Konzentration der Produktion, daraus erwachsenden Monopolen und auf der Verschmelzung von Bank- und Industriekapital. Dabei geht es nicht um eine starre Form der Verflechtung. Es geht um gegenseitige Abhängigkeit von Konzernen und Banken und um deren eigentumsmäßiges »Verwachsen«, das sich aus dem Finanzierungsbedarf monopolistischer Großproduktion ergibt. Er wird sichtbar bei Großfusionen und -übernahmen, die zur monopolistischen Weltmarktkonkurrenz gehören.

Das moderne Finanzkapital bleibt trotz seiner Loslösung von produktiven Funktionen an die Monopolisierung aus dem Akkumulationsprozeß gebunden. Jung und Schleifstein beschrieben dies mit den Worten: »Es nistet auf der Ebene des Geldkapitals und des aus den Eigentumstiteln entstehenden fiktiven Kapitals. Es verkörpert also die aus den Eigentumstiteln erwachsenden Ansprüche an den Mehrwert. Es verflicht sich mit den Eigentumsverhältnissen des fungierenden Kapitals und errichtet seine Kontrollstationen an den Knotenpunkten des Wirtschaftsprozesses.«3

Gruppen der Bourgeoisie

In der Bundesrepublik ist eine klare Strukturdifferenzierung des Gesamtkapitals gegeben: Von insgesamt über drei Millionen steuerpflichtigen Unternehmen sind 99,7 Prozent kleine und mittlere Unternehmen, die etwa 38 Prozent aller Umsätze erbringen. Nur 0,3 Prozent sind Großunternehmen, die aber 62 Prozent der Umsätze erzielen. Diese 0,3 Prozent kann man als Konzerne betrachten, die Monopole sind oder die die Konkurrenz dicht an das Monopol herangeführt hat. Es handelt sich um gut 9000 Unternehmen.4

Die Zentralisation des Kapitals nimmt dabei kontinuierlich zu. Unter den 100 größten Konzernen in Handel und Gewerbe der BRD waren 2008 knapp ein Drittel (32) Töchter inländischer Konzerne, die ebenfalls zu den 100 größten zählten. 14 hatten ausländische Konzernmütter. 1985 gab es in dieser Spitzengruppe 17 Inlandstöchter und 18 Filialen ausländischer Konzerne. Und 1958 hatte es acht inländische und 17 Töchter ausländischer Firmen unter den 100 ersten gegeben.

Die Beziehungen zwischen Industrie- und Finanzkonzernen sind eng: Die großen Transnationalen Konzerne (TNK) steigern ihre Profite u.a. auch durch Nutzung von Wechselkursschwankungen, Unterschieden in Steuersystemen und Löhnen, durch Gewinntransfers mittels Intra-Firmenpreisen, durch Devisen- und Rohstoffspekulation. Autokonzerne bieten Kredite, Versicherungen und andere Finanzdienstleistungen an. Dazu braucht jeder Konzern seinen eigenen Finanzüberbau und zugleich die Kooperation mit den international tätigen Großbanken. Entsprechend trat 2012 der Industrieverband BDI gegen eine allzu rigide Regulierung der Banken mit dem Argument auf, die deutsche Industrie brauche nicht nur »einheitliche Kasseninstitute um die Ecke, sondern auch starke Banken, die das internationale Geschäft der Unternehmen bedienen« könnten.5

Die Monopolbourgeoisie der Bundesrepublik setzt sich nach 1945 aus drei großen Gruppen zusammen: Kapitalistenclans (»Unternehmerdynastien«), privaten Spitzenmanagern und staatlichen Spitzenmanagern. Die Eigentums- und Kontrollverhältnisse innerhalb der Unternehmen variieren. Die Soziologin Helge Pross definierte in einer Studie 1965 Kontrolle als »die Macht, das Management ein- oder abzusetzen«.6 Diese Macht wird in Konzernen meist von Großaktionären ausgeübt, gegebenenfalls in Abstimmung mit Gläubigerbanken und/oder anderen Haltern von Stimmrechten. Fehlen Großeigentümer, wie bei Gesellschaften, die überwiegend in Streubesitz sind, kommt es zur Managerkontrolle. Dabei kontrollieren sich Spitzen von Unternehmen, Vertreter von Versicherungen und Fonds, Geschäftspartner und Beauftragte von Gläubigerbanken gegenseitig.

Verdichtung der KonzernkontrolleZur Zusammensetzung der Führungsgruppen managerkontrollierter Unternehmen schrieb ein ständiger Besucher von Aktionärstreffen: »In jeder Hauptversammlung trifft man auf die gleichen Gesichter, von denen man weiß, daß sie sich gegenseitig zu Amt und Würden verhelfen.«7 Streubesitz ist nicht »Aktionärsdemokratie«, sondern hat die Oligarchisierung von Konzernkontrolle zur Folge. Faktoren, die dies bewirken, sind die Passivität und Unkoordiniertheit der Kleinaktionäre, die die Führung der Firma »Experten« überlassen. Dies ermöglicht es Banken und anderen Sammelstellen, Stimmrechte in ihren Händen zu bündeln. (…)

Je nach dem Zersplitterungsgrad der Anteile, treten Eigentum und Kontrolle in unterschiedlichem Maß auseinander und bewirken verschiedene Typen von Kontrolle, die oft in Mischformen existieren. So unterscheidet Pross zwischen Managerkontrolle und »bedingter Managerkontrolle«. Letztere liegt vor, wenn ein großer Minderheitsaktionär über eine Vetomacht verfügt, die das Management zwingt, diesen bei wichtigen Entscheidungen zu konsultieren. Eine andere Mischform ist die »Kontrolle durch mehrere Minderheiten«, worunter Pross u.a. die großen Genossenschaften erfaßt.

In ihrer Untersuchung der 100 größten Konzerne des Jahres 1958 kommt Pross zu dem Fazit: »Nicht die Vorherrschaft oder gar Alleinherrschaft von Privateigentümern, von Privatmanagern oder von Beauftragten der öffentlichen Verwaltung, sondern das Nebeneinander dieser drei ist das für die gegenwärtigen Kontrollverhältnisse repräsentative Phänomen.«8

Von der »inneren Gliederung der Bourgeoisie« in »fungierende Eigentümerkapitalisten, Manager und Kapitalisten im Staatsapparat« geht in den 1970er Jahren auch die Klassenanalyse des Instituts für Marxistische Studien und Forschungen (IMSF) aus. Sie betont zugleich, daß die »für den heutigen monopolistischen Kapitalismus wesentliche innere Gliederung der Bourgeoisie … die zwischen monopolistischer … und nichtmonopolistischer Bourgeoisie« ist.9 Das Verhältnis beider zueinander hat Jung charakterisiert: »Wie das Kapital die Grundlage des Monopol- und Finanzkapitals, so ist die Bourgeoisie die soziale Rekrutierungsbasis der Schicht der Monopolkapitalisten und der herrschenden Gruppe der Finanzoligarchie. Wie das Monopolkapital die Herrschaft über das Gesamtkapital antritt, seine Interessen durchsetzt und den nichtmonopolistischen Kapitalen Funktion und Einfluß zuweist, so erlangt die Schicht der Monopolbourgeoisie bzw. die Gruppe der Finanzoligarchie die Herrschaft über die Gesamtbourgeoisie.«10

Die Zentralisierung des Kapitals zugunsten der größten Konzerne nahm nach 1945 kontinuierlich zu. Zugleich kam es zu einer deutlichen Verschiebung zwischen den drei Gruppen der Bourgeoisie. Diese Verschiebung legt es nahe, von zwei Phasen zu sprechen, die mit entsprechenden Phasen der Regulierung des SMK korrespondieren:

In der Phase 1945–1975, der Zeit der Systemkonkurrenz oder des »Fordismus«, wuchs die Rolle des Staates bei der Regulierung ökonomischer Prozesse. Der SMK setzte sich auf breiter Front durch. Die Staatsquote erreichte ein Vielfaches des Werts des Jahrhundertbeginns. Entsprechend wuchs in der Aktionärsstruktur, bei den Eigentümern und fungierenden Kapitalisten bis in die 1980er Jahre der Einfluß staatlicher und privater Manager, während die Unternehmerdynastien vor allem in und mit der Schwerindustrie auszusterben schienen. Erkennbar ist eine Verschiebung zu »mehr Staat und weniger privat«.

Neoliberale Verschiebung

In Phase zwei, den 30 Jahren Neoliberalismus, gab es dagegen eine Verschiebung zu »mehr privat und weniger Staat«. Der Umsatzanteil clankontrollierter Unternehmen unter den 100 größten Konzernen in Handel und Gewerbe verdoppelte sich bis 2007 im Vergleich zu 1985 von 17 auf 36 Prozent. Er liegt sogar deutlich höher als 1958 (22 Prozent). Dagegen sank der Staatsanteil etwa auf das Niveau von 1958, nämlich auf 14 Prozent gegenüber 23 Prozent im Jahr 1985. Der Umsatzanteil von Konzernen in Streubesitz und unter Managerkontrolle unterlag hingegen nur kleineren Schwankungen von 27 (1958) über 31 (1985) auf 22 Prozent im Jahr 2007.

Der Anteil ausländisch kontrollierter Unternehmen an den Umsätzen der 100 größten blieb in beiden Phasen nahezu konstant unter 20 Prozent. Die 14 Töchter ausländischer Muttergesellschaften, die 2007 zusammen gut 18 Prozent der Umsätze tätigten, kamen aus den USA, Großbritannien, den Niederlanden, Frankreich, Schweden und der Schweiz. Die Monopolkommission gab den Umsatzanteil ausländischer Unternehmen am Gesamtumsatz aller Unternehmen in Deutschland (inklusive Finanzkonzerne) mit 19 Prozent an.11 Eine andere Analyse der Anteile bei 947603 Unternehmen, d.h. bei fast allen Kapitalgesellschaften, ergab für 2008, daß die 35422 auslandskontrollierten Unternehmen einen Anteil von gut 20 Prozent an Umsatz und Bilanzsumme und von 13 Prozent an den Beschäftigten hielten.12

Mit dem Wiedererstarken großer Privateigentümer in den Konzernen korreliert die Explosion des Reichtums an der Spitze der Gesellschaft: Mindestens ein Prozent der Deutschen, d.h. mehr als 800000 Menschen, sind Millionäre. 2008 waren unter ihnen 122, 2013 sogar 132 Milliardäre. Über die Vermögensquellen schreibt der Soziologe Christian Rickens: »Lediglich knapp acht Prozent nannten abhängige Erwerbstätigkeit als wichtigste Quelle ihres Reichtums. Der angestellte Topmanager, Chefarzt oder Investmentbanker bildet also unter Deutschlands Millionären eher die Ausnahme.« Laut Rickens haben von den 100 reichsten Deutschen, die das Manager Magazin jährlich auflistet, 34 ihren Reichtum durch die Gründung eines eigenen Unternehmens verdient. »Die übrigen zwei Drittel sind vor allem deshalb so reich, weil sie ein Familienunternehmen oder Anteile daran geerbt haben.«13

Berühmte Erben sind Porsche/Piëch, Quandt, Oetker oder Henkel. Zu den bekannten Aufsteigern gehören Götz Werner, die Aldi-Brüder und die SAP-Gründer. Eigene Recherchen für das Jahr 2008 ergaben, daß 82 der 122 Milliardäre dieses Jahres ihr Vermögen als Großaktionäre oder Mehrheitseigner mindestens eines der 500 größten Konzerne der BRD bezogen, 15 weitere aus kleineren Konzernen, acht aus Großeigentum an ausländischen Konzernen, sieben aus Abfindungen oder Unternehmensverkäufen mit anschließender Finanzanlage. Die Milliardärs- und Millionärsclans halten ihre Aktienpakete mittels Beteiligungsgesellschaften, Stiftungen und Erbengemeinschaften.

Gibt es große private Mehrheitsaktionäre, wie bei VW, BMW, Beiersdorf oder Merck, teilen sich die Spitzenmanager die Macht mit den Vertretern der Milliardärsclans. Bei überwiegendem Streubesitz, wie bei Daimler, Siemens, Deutsche Bank, Allianz, sind Manager unter sich. Wechselseitige Personalunion in den Aufsichtsräten ist bei managerkontrollierten Unternehmen ebenso normal wie bei Konzernen unter Clankontrolle bzw. unter Kontrolle der Hochfinanz. Allein der Aufsichtsratschef der Deutschen Bank und Exvorstand der Allianz Paul Achleitner saß 2013 zusammen mit seiner Frau Ann-Kristin Achleitner in den Aufsichtsräten von sieben der 30 DAX-Konzerne.

Im Aufsichtsrat (AR) von BMW saßen 2013 – neben Vertretern der Eigentümerfamilie Quandt – Wolfgang Mayrhuber (AR-Vorsitzender der Lufthansa-AG), Henning Kagermann (Mitbegründer von SAP, AR-Mitglied u.a. bei Deutsche Bank, Deutsche Post, MunichRe, Nokia), Franz M. Haniel (AR-­Vorsitz der Haniel & Cie. GmbH, AR-Mitglied der Metro AG), Karl-Ludwig Kley (Vorstandsvorsitzender der Merck KGaA, AR-Mitglied der Bertelsmann AG, Präsident des Verbands der Chemischen Industrie). Ähnliche Verflechtungen sind bei jedem anderen Konzern zu finden.

Die Mehrzahl der Großkonzerne wird durch Muttergesellschaften kontrolliert, mit denen es meist einen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag gibt. In managerkontrollierten Konzernen sind arabische Staatsfonds und russische Oligarchen als »Ankeraktionäre« erwünscht, um vor feindlichen Übernahmen zu schützen. Das setzt voraus, daß sie sich in die deutsche Finanz­oligarchie einbinden lassen und nicht selbst die Kontrolle anstreben.

In der BRD vervielfachte sich tatsächlich die Zahl der Publikums- und Spezialfonds von Banken, Versicherungen und Investmentgesellschaften. Diese sind aber oft keine strategischen Investoren, sondern kaufen nur, um relativ bald wieder mit Gewinn zu verkaufen. Die Aktienpakete der Publikumsfonds liegen meist unterhalb der Meldeschwellen. Größter US-Investor bei DAX-Konzernen ist Blackrock, der jeweils meldepflichtige Anteile um fünf Prozent hält. Daraus ergibt sich Einfluß, aber keine Kontrollmacht. Blackrock ist erklärtermaßen kein strategischer Investor. (…)

Monopolmacht bedeutet zwar Beherrschung bestimmter gesellschaftlicher Reproduktionszusammenhänge, aber keinesfalls die Aufhebung der Spontaneität und Anarchie des Weltmarkts. Der Widerspruch zwischen der Planung im einzelnen Unternehmen und der Anarchie des Marktes wirkt weiterhin und umso mehr, je größer die Volumina sind, die auf dem Spiel stehen. Dieser Widerspruch läßt sich im Kapitalismus nicht aufheben. Auch der reichste und mächtigste Konzern oder Fonds ist nicht in der Lage, den Weltmarkt planmäßig zu steuern. Das birgt einerseits große Destabilisierungspotentiale, andererseits sollte es Verschwörungstheorien den Boden entziehen.

Mit dem Staat verflochten

Vom Staat beauftragte Manager sind heute bei Bahn und Post, bei Staatsbanken wie der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW), im schrumpfenden Sektor der Landesbanken sowie im Sparkassensektor zu finden. Im früher staatlichen Energiesektor, der in den 1970er und 80er Jahren privatisiert wurde, kam es in jüngster Zeit zu teilweisen Rekommunalisierungen. Die Krise erzwang Verstaatlichungen bei Banken und die Bildung von »Rettungsfonds«, wie den Unternehmensrettungsfonds, den Bankenfonds SoFFin und die Beteiligung am Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM).

Staatsmonopolistische Regulierung erfolgt hauptsächlich über staatliche Umverteilungspolitik, Notenbanken, Aufsichts- und Wettbewerbsbehörden, über Förderprogramme, Steuerpolitik und Subventionen. Folglich gehören zur staatlichen Fraktion der Bourgeoisie neben vom Staat beauftragten Managern von Staatsbetrieben auch die von der Regierung eingesetzten Spitzen von Regulierungsinstitutionen wie Bundesbank, Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BAFin), Bankenrettungsfonds (SoFFin), Bundeskartellamt sowie der Gremien der internationalen Regulierung wie Europäische Zentralbank (EZB), EU-Kommission, Europäischer Stabilitätsmechanismus (ESM), Internationaler Währungsfonds (IWF), Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) oder Bank für internationalen Zahlungsausgleich (BIZ).

Die Bestückung der internationalen Regulierungsgremien erfolgt, wie der Soziologe Michael Hartmann gezeigt hat, nach wie vor entlang nationaler Karriereleitern. Oft sind die Mitglieder aus Regierungen oder den nationalen Regulierungsgremien rekrutiert. Das spricht gegen die Annahme, in diesen Gremien bilde sich eine »transnationale Bourgeoisie« heraus. Die dorthin Aufgestiegenen fühlen sich vielmehr den Netzwerken ihrer Herkunftsländer verpflichtet, denen sie ihre Karriere verdanken.14 Nicht viel anders verhält es sich mit der von manchen vermuteten »transnationalen Managerklasse«. Auf der einen Seite wirkt die Tendenz zur Internationalisierung, sind Auslandserfahrungen für die Karriere förderlich. Andererseits ist auch der »Stallgeruch« eine Tugend, um für Großeigentümer vertrauenswürdig zu sein.

Die ökonomische und politische Herrschaft von Monopolbourgeoisie und Finanzoligarchie setzt sich über ein dichtes Geflecht von offiziellen und inoffiziellen Konsultations- und Entscheidungsgremien um. Parteien, Wirtschaftsverbände, zweckgebundene gemeinsame Ausschüsse, Stiftungen, Forschungsinstitute, die gemeinsame Beraterbranche, gemeinsame Schirmherrschaften und Ehrenämter in Kultur und Sport, Personalunion und Karrieredrehtüren sorgen für das häufige Zusammensein des immer gleichen Personenkreises. Die Spitzen der großen Unternehmerverbände Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI), Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA), Deutscher Industrie- und Handelskammertag (DIHK) und Bundesverband Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen (BGA) sind durchweg mit Monopolvertretern besetzt. Auf deren jährlichen Verbandstagen erläutert die Bundeskanzlerin regelmäßig ihre politischen Vorhaben.

Daneben gibt es viele Orte der Konsultation und Kooperation bis hin zur Erarbeitung von Gesetzesvorlagen durch Unternehmerverbände. Eine wichtige Rolle spielt seit Jahrzehnten der Wirtschaftsrat der CDU/CSU, dem allein mehr als 10000 Unternehmer angehören und dessen »Wirtschaftstag« das Handelsblatt als »Jahreshauptversammlung der deutschen Wirtschaft« bezeichnet. Zentrale Netzwerke und Thinktanks wie die Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) oder die Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) inspirieren Meinungsbildung und strategischen Diskurs der Bourgeoisie. (…)

Den Monopolen und ihren Parteien muß in wechselnden Situationen eine Massenbasis erhalten werden. Zwang und Konformitätsdruck gehören dazu, reichen aber nicht. Nötig ist politische, ideologische und kulturelle Hegemonie. Dazu gehören materielle Zugeständnisse. So ist die eingespielte »Sozialpartnerschaft« ein wichtiger Wettbewerbsvorteil des SMK der Bundesrepublik. Konnte man sie in der ersten Phase 1945–75 noch als Klassenkompromiß auf der Basis eines Kräfteverhältnisses sehen, das der Arbeiterklasse die Durchsetzung von sozialen und Mitbestimmungsrechten ermöglichte, so entwickelte sie sich im Zuge des neoliberalen Umbaus vor allem in den Exportindustrien zum Wettbewerbskorporatismus, der die Interessen der Beschäftigten der Konkurrenzfähigkeit der »eigenen« Konzerne unterordnet.15

Diese Kräfteverschiebung folgte auf Strukturveränderungen, die den industriellen Kern der Arbeiterklasse verkleinert und sie in einst kämpferischen Sektoren wie Stahl und Bergbau dezimiert hatten. Hinzu kam die Spaltung in Stammbelegschaften, Prekarisierte und Erwerbslose. Politisch besiegelt wurde die Niederlage mit dem Übergang von SPD und Grünen zum Neoliberalismus und mit dem Unvermögen der Gewerkschaften, die Agenda 2010 durch Mobilisierung ihrer Mitglieder zu verhindern.

Anmerkungen

1 Wenn nicht anders vermerkt, basieren die Zahlenangaben dieses Abschnitts auf eigenen Recherchen und Berechnungen, die online einsehbar sind unter: belafix.wordpress.com/tabellen

2 Jung, Heinz/Schleifstein, Josef: Die Theorie des staatsmonopolistischen Kapitalismus und ihre Kritiker in der Bundesrepublik Deutschland, Frankfurt/Main 1979, S. 70

3 ebd., S. 142

4 Vgl. Institut für Mittelstandsforschung (IfM) Bonn,www.ifm-bonn.org

5 Handelsblatt online, 3.11.2012

6 Pross, Helge: Manager und Aktionäre in Deutschland. Untersuchungen zum Verhältnis von Eigentum und Verfügungsmacht, Frankfurt/Main 1965, S. 18

7 Kurt Fiebig zitiert nach Wikipedia, Stichwort Deutsche Bank, abgerufen 25.5.2014

8 Pross, a.a.O., S. 115

9 Leisewitz, André: Klassen in der Bundesrepublik Deutschland heute, Frankfurt/Main 1977, S. 139ff.

10 Jung, Heinz u.a.: Klassenstruktur und Klassentheorie – Theoretische Grundlagen und Diskussionen, in: Klassen- und Sozialstruktur der BRD 1950–1970; Teil I. (Hrsg. IMSF) Frankfurt/Main 1973, S. 128

11 Monopolkommission: Weniger Staat, mehr Wettbewerb, Siebzehntes Hauptgutachten der Monopolkommission 2006/2007, Bonn 2008, S. 97

12 Simmler, Martin/Rudelle, Bérengère: Deutsch-französische Unternehmensbesteuerung: keine überzeugenden Fortschritte, in: DIW-Wochenbericht 8-2013, S. 13ff.

13 Rickens, Christian: Ganz oben. Wie Deutschlands Millionäre wirklich leben, Köln 2012, S. 56, 131

14 Hartmann, Michael: Eliten und Macht in Europa. Ein internationaler Vergleich, Frankfurt/Main 2007, S. 197ff.

15 Deppe, Frank: Vom Klassenkampf zum Wettbewerbskorporatismus. Die große Transformation der Gewerkschaften, in: Blätter für deutsche und internationale Politik, 2-2013, S. 100

Linus, Gretchen/Landefeld, Beate/Wehr, Andreas: Staatsmonopolistischer Kapitalismus. Basiswissen Politik/Geschichte/Gesellschaft/Ökonomie. PapyRossa Verlag Köln, 2014, 120 Seiten, 9,90 Euro

Bereits am 1.12.2011 beschäftigte sich Beate Landefeld unter dem Titel »Eigentum und Macht« in der JW mit der Frage nach der Struktur der herrschenden Klasse.

http://www.jungewelt.de/2014/08-11/011.php

 

150 internationale Rechtsexperten fordern wegen Kriegsverbrechen Klage gegen Israel in Den Haag 

150  internationale Rechtsexperten fordern eine Klage am Internationalen Strafgerichtshof gegen Israel  wegen Kriegsverbrechen und Menschenrechtsverletzungen in Den Haag.

ICC 

 

Rechtsexperten klagen an:  Israel hat Zivilisten getötet  und dem  palästinensischen Volk eine kollektive Bestrafung zugefügt 

Die Vereinten Nationen, Amnesty International und Human Rights Watch haben alle  demnach diesen sachverhalt bestätigt: Alle diese Akteure  sagen  , dass Israel Kriegsverbrechen begangen hat - insbesondere gegen  Zivilisten.

Israels kollektive Bestrafung der Palästinenser ist auch ein Kriegsverbrechen .

Über 150 internationale Rechtsexperten - darunter zwei ehemalige UN-Sonderberichterstatter über die Menschenrechtssituation in Palästina - haben auch eine Erklärung unterzeichnet, die besagt, dass  :

  • Israel hat die Zivilbevölkerung gezielt attackiert und getötet 
  • Israel hat eine kollektiven Bestrafung der Palästinenser begangen
  • Das sind Kriegsverbrechen
  • Die Angelegenheit  sollte an den Internationalen Strafgerichtshof (ICC) überwiesen werden 

In der Tat hat  ein französischer Anwalt  Klage eingereicht  und  es gibt eine Beschwerde bei der ICC  für Menschenrechte , die am 25. Juli 2014 im Namen des palästinensischen Justizminister eingereicht wurde.

Die Klage beschuldigt  Israel Kriegsverbrechen begangen zu haben   - und zwar unter Berufung auf die israelische militärische Besatzung der palästinensischen Gebiete, die israelische Blockade des Gaza-Streifens und die laufenden Militäroperationen. 

Zahlreiche prominente britische Rechtsexperten haben auch beantragt , dass der IStGH  israelische Kriegsverbrechen in Gaza untersuchen soll: 

Berichte von Nichtregierungsorganisationen nach einer Vorprüfung produziert deuten stark darauf hin, dass Verbrechen, die in die Zuständigkeit des Internationalen Strafgerichtshofs liegen begangen wurden.  Hintergrundinformationen sind diesem Schreiben beigefügt. Weitere Informationen, darunter aus "Staaten, Organen der Vereinten Nationen, zwischenstaatlichen oder nichtstaatlichen Organisationen [und] andere zuverlässige Quellen" (Artikel 15 (2))  sind überall verfügbar.Augenzeugenberichte wurden dokumentiert  und "schriftliche oder mündliche Aussagen" von Opfern können beigebracht werden, (Artikel 15 (2)). Es kann kein Zweifel an der "Ernsthaftigkeit der Information" bestehen  (Artikel 15 (2)).

Der Generalsekretär der Vereinten Nationen, Ban Ki Moon, hat für "Rechenschaft und Gerechtigkeit" zu sorgen.  Diese Forderung wurde von der Hohen Kommissarin der Vereinten Nationen für Menschenrechte, Navi Pillay, die die Notwendigkeit für "echte Rechenschaftspflicht angesichts der zunehmenden Beweise für Kriegsverbrechen", betonte hat wiederholt geäußert.

***

Alle Voraussetzungen für die Einleitung einer Untersuchung gemäß Artikel 15 wurden ausgefertigt. Die "Informationen an die Staatsanwaltschaft zur Verfügung stellt", zumindest, "eine vernünftige Grundlage zu glauben, dass ... Kriminalität [s] in die Zuständigkeit des Gerichts ha [ve] gewesen oder [sind] begangen" (Artikel 53 (1 ) (a)).

 

Palästina ist allerdings nicht Mitglied des ICC und von daher besteht die Frage der Zuständigkeit des Gericjtshofes, Doch jetzt wollen  palästinensische Führer  sich der Zuständigkeit des Gerichtshofes unterwerfen und die ICC Gerichtsbarkeit anerfkennen. So wäre der Weg für eine Klage gegen Israel frei  

http://www.washingtonsblog.com/2014/08/150-international-legal-experts-israel-committed-war-crimes-referred-international-criminal-court.html

Alan Freeman: »In Kiew ist der reinste Karneval der Reaktion"

Gespräch mit Alan Freeman.

Über Medienpropaganda im Ukraine-Konflikt, die Rolle des »Euromaidan«, innerimperialistische Konkurrenz und faschistische Hilfstruppen des Neoliberalismus

Interview: Stefan Huth
Alan Freeman
Alan Freeman
Alan Freeman war lange Jahre als Ökonom an der Greater London Authority tätig, der Verwaltungsbehörde, die für die zentralen Bezirke der britischen Hauptstadt zuständig ist. Er publiziert regelmäßig Beiträge zu wirtschaftsbezogenen und politischen Themen (u.a. in der Zeitschrift Critique of Political Economy) und ist Gastprofessor an der London Metropolitan University. 2002 veröffentlichte er (zusammen mit Boris Kagarlitsky) das Buch »The Political Economy of Empire and the Crisis of Globalisation«. Er lebt in Winnipeg, Kanada

Wie beurteilen Sie die Berichterstattung über den Ukraine-Konflikt in den englischsprachigen Medien?

Ich stamme aus Britannien und lebe seit drei Jahren in Kanada. Da ich viel in der Welt herumkomme, bin ich mit einem breiten Spektrum von Diskursen vertraut. Mein Eindruck ist, daß die Medien in gewissem Sinn ihre Funktion als Instanzen der Wahrheitssuche verloren haben. Das hat mit der Umstrukturierung der Medienlandschaft durch neue Technologien zu tun, dem Konkurrenzdruck auf dem Markt, aber auch mit einer neuen globalen Realität.

Im Grunde wiederholen mehr und mehr Journalisten einfach, was sie von ihrem jeweiligen Außenministerium an Informationen aufgetischt bekommen und was ihnen als verläßliche Quelle erscheint – es sind also Leute, die einfach staatstragende Botschaften recyceln. Das gibt es auf beiden Seiten, auch auf der russischen. Nun heißt es im Westen: Furchtbar, wie die Russen ihre Medien kontrollieren – ohne zu sehen, daß ihre im Grunde genauso funktionieren.

Es gibt da im Englischen so eine Redensart: Eine Lüge kann dreimal um die Welt reisen, bevor die Wahrheit sich auch nur die Schuhe zugeschnürt hat. In diesem Fall ist die Botschaft, die die Welt dreimal umkreist hat, die, daß die Russen an allem schuld sind. Rußland erscheint als ein monolithischer politischer Block, der nahezu vollständig identisch ist mit Putin. Der, eine Art Diktator, kontrolliere, manipuliere und orchestriere alles mit Hilfe seines nahezu perfekt funktionierenden Apparats. Was immer in der Ukraine vor sich geht, ist so gesehen ein Produkt von Putins Machenschaften. Wann immer jemand ein Recht verteidigt, wie das auf freie Verwendung des Russischen, die Erhaltung der russischen Kultur, oder einfach das Recht auf Autonomie oder das Organisationsrecht fordert, wird das sofort mit dem Etikett versehen: »Von Putin inspirierte Initiative«, von seinen »Wasserträgern« ins Werk gesetzt. Sklavisch und gebetsmühlenartig wird dieser Refrain in den Medien wiederholt. Und zwar einseitig in einer Weise, wie es selbst beim Thema Nahost nie der Fall gewesen ist.

Aber auch da gibt es doch in den großen englischsprachigen Medien die Tendenz zu wiederholen, was vom US-Außenministerium vorgegeben wird …

Ja, aber immerin waren da immer auch sehr ernsthafte investigative Journalisten wie John Pilger oder Robert Fisk, die, erfahren und skeptisch, sich mutig auf die Recherche vor Ort begeben und die offizielle Sicht der Dinge hinterfragt haben. In den britischen Medien finden Sie heute niemanden, der sich in der Ukraine einer ähnlichen Gefahr aussetzte, direkt in die Kriegsgebiete fährt, nachforscht und Fragen stellt zu dem, was sich vor Ort tatsächlich ereignet. Der Journalismus, wie wir ihn kannten, ist entweder tot oder tut nicht mehr das, was er sollte: informieren.

Angesichts der auch geopolitischen Relevanz des Ukraine-Konflikts fällt auf, daß der reine Umfang der Berichterstattung gegenüber den Ereignissen im Nahen und Mittleren Osten in der britischen Presse vergleichsweise gering ausfällt …

Das hängt damit zusammen, daß britische Interessen nicht direkt berührt sind. In der US- und der kanadischen Presse findet da deutlich mehr statt, nicht zuletzt, weil amerikanische Interessen hier unmittelbar betroffen sind. Die Berichterstattung ist entsprechend umfangreich – vor allem, weil der Konflikt als Chance für die USA wahrgenommen wird, neuen Einfluß in dieser Region zu gewinnen. Und wegen ihrer Ölvorkommen ist sie natürlich von enormer strategischer Bedeutung.

Abgesehen vom Run aufs Öl und andere wichtige Rohstoffe: Welche internen und externen Faktoren sind ursächlich für die derzeitigen Zuspitzungen in der Ukraine?

Die strategischen Ölinteressen stehen natürlich im Zentrum. Aber angetrieben wird das Ganze von der Politik. Was sich darum gruppiert, sind militärische geopolitische Motive. Fast seit Anbeginn ihrer Existenz waren die Vereinigten Staaten bestrebt, sicherzustellen, daß ihnen kein Gegner auf dem europäischen Kontinent erwächst. Lange Zeit bestanden die Anstrengungen darin, Britannien als Seemacht auszuschalten. Dann aber entschieden die US-Eliten, daß Deutschlands Ambitionen auf dem Kontinent und seine industrielle Stärke das Land zum Hauptfeind machten. Nach einigen Debatten schlugen sich die USA im Ersten Weltkrieg auf die Seite der Briten, was sie dann auch im Zweiten taten. Aufgrund seiner ökonomischen Macht ist China derzeit ihr Hauptfeind, nicht Rußland. Daß Washington Rußland jetzt dennoch ins Visier nimmt, hat einfache Gründe: Es hat eine auf Europa ausgerichtete Wirtschaft, es verbindet zwei Meere, seine Nähe zu Gebieten, die Amerika zu seiner Einflußsphäre zählt, macht es zu dessen Rivalen. Folgerichtig war es von einem frühen Zeitpunkt an konstantes Ziel amerikanischer Politik, Rußland in Schach zu halten, es im Idealfall zu zerteilen. Die Aufspaltung der Ukraine, die eng mit Rußland verbunden, Teil seiner Geschichte und seiner Wirtschaft ist, wurde von US-Politikern offenbar als Chance gesehen, die zu gut war, um sie zu verpassen.

Was sich bei diesem Konflikt jedoch herausstellt, sind offensichtliche Rivalitäten nicht nur zwischen Washington und Moskau, sondern auch Spannungen zwischen EU-Europa und den USA. Betrachtet man die Interessen des deutschen Kapitals, so fallen die umfangreichen Investitionen auf, die es nicht nur in der Ukraine, sondern auch in Rußland getätigt hat und die nun in gewisser Weise auf dem Spiel stehen.

Deutschland hat sicher nie eine Gelegenheit übersehen, territorialen Einfluß zu gewinnen. Das gilt auch im Falle Jugoslawiens – hier war nur das Problem, daß es Deutschland an militiärischem Durchsetzungsvermögen gebrach. Bei der Ukraine sahen zentrale Figuren in Brüssel jetzt die Chance, ein Abkommen zu Bedingungen abzuschließen, die für das EU-Kapital ganz außerordentlich vorteilhaft gewesen wären und die das Land komplett seinem Einflußbereich zugeschlagen hätten. Der Fehler bestand allerdings in dem Glauben, Wiktor Janukowitsch umstandslos eine Unterschrift zu diesem Assoziierungsabkommen abnötigen zu können, welches die ukrainische Wirtschaft praktisch stranguliert hätte. Jedenfalls waren sie nicht clever genug, Janukowitsch auszutricksen. Der vorgeschlagene Deal war so offensichtlich zum Nachteil der ukrainischen Wirtschaft, daß er selbst seitens der Oligarchen Widerspruch ausgelöst hat – von den protestierenden Massen im Land ganz zu schweigen. Eine Reihe prominenter ukrainischer Oligarchen wandte ein, daß die Kosten des Abkommens sich wegen dessen ungünstiger Konditionen für die Ukraine auf 40 Milliarden US-Dollar beliefen. Selbst da verhandelte Janukowitsch noch weiter und bekundete die Absicht, das absehbare Defizit, auf das ihn auch seine eigenen Berater aufmerksam machten, auf anderen Wegen auszugleichen, nämlich durch Gelder des Weltwährungsfonds. Als auch dieser Ausweg versperrt war, stoppte er schließlich die Verhandlungen.

In der Presse lesen wir über diesen Vorgang nun folgendes: Putin hat Janukowitsch unter Druck gesetzt, einen bereits geschlossenen Vertrag zu brechen, was wiederum zur Protestbewegung auf dem Maidan führte. Tatsächlich befand sich Janukowitsch schlichtweg in einer unhaltbaren Position: Das Abkommen war für die Ukraine ökonomisch untragbar, aus Sicht Brüssels aber alternativlos. Das ist übrigens auch der Grund für das grausame Austeritätsprogramm, das die gegenwärtigen Machthaber in Kiew durchgesetzt haben – es ist die einzig mögliche Grundlage, auf der das Land der EU beitreten kann.

Am 21. Februar handelte der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier einen Kompromißvorschlag für eine Interimsregierung in Kiew aus, an der neben Janukowitschs Partei der Regionen auch Vertreter der Opposition wie die Vaterlandspartei Timoschenkos und Swoboda-Faschisten beteiligt sein sollten. Die Vereinbarung wurde bereits tags darauf gebrochen, der Putsch nahm seinen Lauf – mit den Ergebnissen, die wir kennen. Am Umsturz im Hintergrund beteiligt war Washington, das fünf Milliarden Dollar für diesen Zweck investiert hatte, wie die US-Diplomatin Victoria Nuland – »Fuck the EU« – offen bekannte. Im Interesse des deutschen Kapitals konnte das kaum gewesen sein.

Der polnische Außenminister Sikorski (2.v.l.) und sein deu
Der polnische Außenminister Sikorski (2.v.l.) und sein deutscher Amtskollege Steinmeier (Mitte) treffen am 20.02.2014 in Kiew Witali Klitschko (Udar, links), Oleg Tjagnibok (Swoboda-Partei, 2.v.r.) und Arseni Jazenjuk (Vaterlandspartei, r.)
In der Tat, aber um diesen Konflikt in seiner Komplexitiät zu verstehen, muß man sich die zeitliche Abfolge genau ansehen. Zu Beginn der Ereignisse hat sicher niemand in der EU oder den USA absehen können, daß das Ganze in eine politische Krise solchen Ausmaßes münden würde. Angesichts ihres langfristigen Niedergangs verlieren alle industrialisierten kapitalistischen Staaten, insbesondere die Vereinigten Staaten, die Kontrolle über das, was letztlich geschieht: Sie setzen unkontrollierbare Prozesse in Gang. Man muß nicht notwendigerweise davon ausgehen, daß es einen sorgsam ausgearbeiteten Plan gab, der dann Schritt für Schritt umgesetzt wurde. Natürlich existieren strategische Überlegungen, wird gleichsam zwei, drei Züge auf dem Schachbrett vorausgedacht. Nach Janukowitschs unvorhergesehenem Ausstieg aus den Verhandlungen wurde sehr schnell eine Kette ganz unterschiedlicher Prozesse ausgelöst, die dann im »Euromaidan« kulminierten – auch vor dem Hintergrund weit verbreiteten Unmuts angesichts der desaströsen ökonomischen Situation in der Ukraine. Falls sie es nicht ohnehin selbst inszeniert haben – Erfahrungen in »bunten Revolutionen« sind ja reichlich vorhanden –, wurde das von den USA sehr schnell als gigantische Chance für eine verdeckte Operation mit dem Ziel des Regimewechsels erkannt …

… der im Zweifelsfall militärisch nachgeholfen werden sollte.

Ja, aber natürlich zunächst nicht mit regulären Streitkräften, die nur schwer von außen zu kontrollieren sind. Und mit US-Soldaten schon gar nicht, das wäre nicht durchsetzbar gewesen. Da boten sich gewisse Bewegungen im Land selbst für einen Regime change an. Und eine entsprechende Gelegenheit wurde ihnen ja gleichsam auf dem Silbertablett präsentiert, gerade angesichts der zeitweisen Lähmung der Europäer, die überhaupt nicht verstanden, was sich da im Frühjahr in ihrem Hinterhof ereignete. Von diesem Moment an waren die Dinge vermutlich unter amerikanischer Kontrolle. Berlin war offensichtlich überwältigt von dem Tempo, in dem sich die Dinge entwickelten. Im Nachgang dürfte dem deutschen Kapital klargeworden sein, daß es in der Ukraine nach Jugoslawien seine zweite große politische Niederlage gegen die USA erlitten hat. Und jetzt haben sie den Salat: Einen Bürgerkrieg in Europa, das angeblich für Demokratie, Menschenrechte, Fortschritt usw. steht. Buchstäblich alle Argumente, die für die Schaffung der EU herhalten mußten, die Verhinderung eines Krieges eingeschlossen, wurden hier mit einem Schlag ad absurdum geführt, und zwar gründlich. Das hat man in dieser Dimension sicher nicht kommen sehen.

Wie beurteilen Sie die faschistischen Kräfte, die in der Ukraine am Werk sind? Sind sie ein neues Phänomen unter den geopolitischen Bedingungen, wie Sie sie beschrieben haben?

Nein, faschistische Bewegungen sind endemisch im Kapitalismus, das ist klar. Natürlich ist das Kapital in jedem Land, wie »demokratisch« es auch sein mag, immer in Sorge, daß sich große Menschenmassen mit einer Regierung verbünden und seine Aussichten, Profite einzufahren, einschränken. Der Faschismus als Möglichkeit ist daher immer vorhanden. Die Frage ist nur, wann diese Option gewählt wird. Seine Herausbildung in der Ukraine war ein komplexer Vorgang. Niemand kann genau sagen, woher Swoboda kommt. Fakt ist, daß viele Akteure an der Stärkung dieser Partei beteiligt waren, vom Oligarchen Igor Kolomoiski bis zu Julia Timoschenko und möglicherweise sogar Janukowitsch selbst. Kolomoiski ist zwar Jude, hat Sowoboda aber finanziell unterstützt – unter der Bedingung, daß sie ihren Antisemitismus aufgeben und gegen Rußland mobilisieren. Als Ventil für die antijüdischen Affekte in der Bevölkerung wurde der Rechte Sektor gefördert. Und mit ihm verfügte man auf einmal über eine bewaffnete Miliz. Die kam dann auf dem Maidan zum Einsatz und sorgte für den Erfolg des Umsturzes, als sie Pistolen und Scharfschützengewehre auf unbewaffnete Polizisten und andere richtete, ein typisch faschistisches Vorgehen. Diesen bewaffneten Lumpen mußte nach dem Umsturz eine Aufgabe gegeben werden, und so wurden sie zur Bekämpfung der »russischen Gefahr« eingesetzt. Die Propaganda des Regimes erklärte die russischsprachigen Ukrainer kurzerhand zum »inneren Feind«, zu Invasoren, und machte sie vogelfrei. Die Faschisten erhielten die Lizenz zum Töten.

Der Westen, Sie sprachen davon, plant, ein neoliberales Regime in der Ukraine zu etablieren, wie er es seit dem Staatsstreich Chile 1973 schon mehrfach unternommen hat. Es wird eine brutale Kürzungspolitik auf Kosten der Bevölkerung durchgesetzt …

Nun, die Amerikaner sind schlichtweg davon überzeugt, daß der Neoliberalismus gut ist. Alles wird privatisiert und dann aufgekauft, ganz klassisch, wie es gerade in der Ukraine geschieht. Der einzige Weg zu ökonomischem Wachstum, so die Ideologie, besteht darin, dem Privatkapital maximale Profitchancen zu eröffnen. Das gesamte Konzept der EU basiert ebenfalls auf dieser Vorstellung. Die Schaffung solcher Zustände setzt natürlich eine ökonomische Schocktherapie voraus, die die Masse der Bevölkerung hart trifft und die Wirtschaft eines Landes rasch zerstört. Polen brauchte 15 Jahre, um sich von der neoliberalen Zwangskur zu erholen, und im Unterschied zur Ukraine war das Land nie Teil der Sowjetunion, sondern hatte eine autonome Wirtschaft. Letzlich geht es darum, der Arbeiterklasse in der Ukraine eine ultimative Niederlage beizubringen.

In entscheidenden Momenten steht die Politik im Vordergrund. Als etwa Helmut Kohl den Anschluß der DDR ins Werk setzte, wurde er vielfach für den Wechselkurs kritisiert, den er damals etablierte, um den Widerstand im Osten zumindest zeitweise zu minimieren. Frei nach dem Motto: Die Kosten spielen keine Rolle, wir ziehen das durch. Ähnliches geschieht derzeit in der Ukraine: Es geht vor allem darum, schnell zu handeln und die entscheidenden Monate zu nutzen, um das Land auf die Seite der EU und der NATO zu ziehen. Alles andere wird hinterher geregelt. Aber die Folgen des westlichen Eingreifens waren dann wohl doch deutlich dramatischer, als man es sich vorgestellt hatte.

Worin bestehen die Unterschiede gegenüber der Art von Austeritätspolitik, wie sie etwa Griechenland oktroyiert wurde?

Wir erleben sowohl in EU-Europa als auch in den USA eine neue Phase der Krise. In den sogenannten PIGS-Staaten, in Portugal, Italien, Griechenland und Spanien, war es ja so: Zuerst kamen die Kürzungsprogramme, dann formierte sich der Widerstand dagegen und anschließend wurde der Repressionsapparat mobilisiert, um ihn zu zerschlagen. Aber zunächst wurde versucht, eine allgemeine Zustimmung zu den Kürzungsmaßnahmen zu organisieren. In der Ukraine ist es genau anders herum: Die Unterdrückung stand an erster Stelle, wie der Widerstand aussehen würde, war ja von vornherein klar. Wie schon in den baltischen Staaten, so wird auch hier versucht, einer fremden Macht die Schuld für die Misere in die Schuhe zu schieben – also den Russen. Konflikte, die in der Ukraine existierten, werden genutzt, um das Widerstandspotential zu neutralisieren.

In diesem Sinne wäre die Ukraine als Experimentierfeld anzusehen, als Labor für neue Krisenlösungen im Sinne des Kapitalismus?

Hier wurde zweifellos eine Schwelle überschritten. Wir haben jetzt Krieg in einem europäischen Land, massive Menschenrechtsverletzungen: Leute werden von der Straße weg verhaftet und wandern in den Knast für Facebook-Einträge oder andere Lappalien, und im Osten gibt es eine Massenflucht aus den Städten, die an syrische Zustände erinnert. Die Propaganda, in der ein angeblicher Genozid am ukrainischen Volk herbeiphantisiert wird, schreit zum Himmel. Abgehalfterte Figuren aus der Zeit des Irak-Kriegs wie John McCain, die diesen mit gefälschten »Beweisen« entfesselt hatten, tauchen plötzlich in Kiew wieder auf, werden auf den Titelseiten von Magazinen abgefeiert. In Kiew gibt es den reinsten Karneval der Reaktion. Mit der Vision eines friedlichen Europas, wie sie den Leuten präsentiert wurde, hat all das wenig zu tun. Nun können die Urheber sagen: Ok, das war der Preis. Vielleicht läßt sich das wiederholen, möglicherweise auch auf Griechenland anwenden, um die Krise zu lösen. Ich würde aber nicht ausschließen, daß auch in einer der Hauptmächte der EU eine faschistische Lösung ausprobiert werden könnte.

In der europäischen Linken scheint die Ukraine-Krise gemeinhin nicht als so brisant wahrgenommen zu werden, wie sie tatsächlich ist. Das gilt in Teilen sogar für antifaschistische Organisationen. Woran liegt das, und wie könnte da Abhilfe geschaffen werden?

Zunächst einmal muß klargemacht werden, daß die »russische Gefahr« nicht existiert. Putin ist nicht willens und auch nicht in der Lage, eine Abspaltung der östlichen Ukraine herbeizuführen. Darum ging es auch überhaupt nicht, als im Frühjahr die großen Demonstrationen dort stattfanden. Die Forderungen bezogen sich auf Grundrechte, auf kulturelle und nationale Autonomie, nicht mehr – sie richteten sich nicht einmal gegen die Austeritätspolitik. Nach einer Reihe von Angriffen durch Faschisten waren die Leute gezwungen, ihre Selbstverteidigung zu organisieren, was dann mehr und mehr militärische Formen annahm. Im Fall der Krim lagen die Dinge anders: Hier waren strategische Interessen Rußlands unmittelbar berührt, und die Gefahr, daß die Halbinsel von der NATO besetzt werden würde, war ja sehr real und eine wirkliche Bedrohung der russischen Sicherheit. Aber das Referendum auf der Krim für eine Rückkehr zu Rußland fiel ja sehr eindeutig aus.

Um den Propagandalügen entgegenzutreten muß einfach die massenhafte und systematische Verletzung von Menschenrechten, die das Kiewer Regime begeht, namhaft gemacht werden. Das Massaker von Odessa beispielsweise, bei dem vermutlich über 100 Menschen von einem faschistischen Mob ermordet wurden. Es muß aufgeklärt und international verurteilt werden, die Täter gehören hinter Gitter. Wie es in jedem zivilisierten Land der Fall wäre.

http://www.jungewelt.de/2014/08-09/001.php

Pressemitteilung


09.08.2014 Ulla Jelpke

EU-Polizeimission in der Ukraine fragwürdig

„Die von der Bundesregierung unterstützte EU-Polizeimission in der Ukraine ist eine direkte Parteinahme im Bürgerkrieg“, kritisiert die innenpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE, Ulla Jelpke, eine Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Fraktion (18/2110). Jelpke weiter:

„Obwohl die EU-Mission in ihrem Namen die ‚Reform des zivilen Sicherheitssektors‘ führt, dient sie ausdrücklich nicht nur der Ausbildung der Polizei, sondern auch des Militärs. ‚EUAM Ukraine richtet sich an die Sicherheitsbehörden in der Ukraine in ihrer Gesamtheit‘, führt die Bundesregierung aus. Denkbar ist demnach auch die Vermittlung explizit militärischer Expertise an die Armee. Die Bundesregierung will nicht einmal ausschließen, dass die EU-Mission die offiziellen Streitkräfte sowie die Nationalgarde bei ihren Einsätzen gegen die Rebellen im Osten des Landes begleitet und anweist. In Kürze soll über die Entsendung deutscher Polizisten entschieden werden. Der Missionsbeginn hängt noch von einem endgültigen Abkommen mit der ukrainischen Regierung ab.

Während selbst in dem Grundsatzbeschluss des EU-Rates die ukrainische Nationalgarde als Sammelbecken gewalttätiger Marodeure beschrieben wird, tut die Bundesregierung so, als sei diese Truppe eine ganz normale Sicherheitseinrichtung, und verweist darauf, dass ihre Freiwilligen vom Nationalen Rat für Sicherheit und Verteidigung der Ukraine ‚gründlich überprüft‘ worden seien – ohne zu erwähnen, dass dieser Rat bis vor wenigen Tagen vom Gründungsmitglied der rechtsextremen Swoboda-Partei, Andrij Parubij, geleitet wurde.

Und während selbst die EU das Risiko sozialer Unruhen in der ukrainischen Bevölkerung erkennt, weist die Bundesregierung dies als ‚Spekulation‘ zurück. Das wirkt wie eine Vogel-Strauss-Politik – letztlich scheint die Bundesregierung verschleiern zu wollen, dass es bei der EU-Mission darum geht, die Repressivkräfte einer bürgerlich-rechtsextremen Regierungskoalition zu stärken. Dieser Koalition gehören Kräfte an, die regelmäßig Paraden zu Ehren von SS-Divisionen und Judenmördern abhalten und den Kampf gegen ‚Judenschweine und sonstiges Gesindel‘ priesen. Die Unterstützung dieser Bürgerkriegspartei ist fatal.

Solange in der Ukraine Faschisten mitregieren und rechtsextreme Milizen marschieren, verdienen nur Antifaschisten unsere Solidarität“.
 
Quelle: http://www.linksfraktion.de/pressemitteilungen/eu-polizeimission-ukraine-fragwuerdig/

Nahostexperte Lüders: Nato-Türkei unterstützt IS - sicherlich nicht ohne US-Segen

Gegenüber dem rechtspopulistischen Nachrichtensender NTV sagt der Nahostexperte Lüders, dass die Nato-Türkei die IS im Krieg gegen die Kurden unterstützt und das Nato- Land sogar zwei Grenzübergänge  zwischen der Türkei und Syrien der IS als Kontrollposten überlässt.

 

Gleichzeitig führen die USA an der Seite der kurdischen Peshmergas und der marxistischen PKK einen Krieg gegen die IS im Irak.  

Allein dieser Punkt beweist, dass es den USA im Irak nicht um das Wohl der Kurden oder Jesiden geht. Vielmehr wurde so wieder ein Kriegsgrund für einen neuen Krieg gegen den Irak und die dortige iran-freundliche Schiiten-Vorherrschaft geführt.

Gleichzeitig juckt den USA der Massenmord an Palästinensern durch Israelis nicht und ein Grund für eine Intervention ist das offensichtlich auch nicht. Krieg ist natürlich abzulehnen. Aber es zeigt wie selektiv und verlogen die USA weltpolitisch agieren. 

Auch der Massenmord der pro-faschistischen ukrainischen Regierung in der Ost-Ukraine interessiert die USA im Gegensatz zu den Jeziden nicht. Hier geht eine pro-faschistische und pro-westliche Regierung in Europa militätrisch gegen das eigene Volk vor. 

Stattdessen droht man Russland sogar, keine humanistische Intervention für russischstämmige Ukrainer im Osten des Landes zu starten, die man angeblich im Irak wie selbstverständlich ohne UN Mandat startet. 

Die USA arbeiten an der Dreiteilung des Irak

Die USA hatten 2003 den Krieg gegen den Irak gestartet und so ein trotz autoritärer Herschaft intaktes Staatsgebilde zerschlagen, wo sich zuletzt Sunniten , Schiiten , Kurden und Yeziden miteinander arrangiert hatten und  jedenfalls im säkularen Staat unter Herrschaft der Baathisten  keine Gllaubenskriege gegeneinander führten. Auch die Schiiten hatten sich mit der Vorherrschaft der zental-irakischen Sunniten in Bagdad  abgefunden.

Doch die blutige Invasion der USA kostete nach unterschiedlichen Angaben bis zu mehr als einer Million Menschen das Leben und es verwandelte den Irak in ein Bürgerkriegsland und danach in den letzten 11 Jahren in ein Leichenhaus, in dem es ständig zu Attentaten und vielen Toten gekommen war.

Die Vorherrschaft der Sunniten wurde zugunsten der Vorherrschaft der Schiiten gebrochen und zwar obwohl die USA wussten, dass die Schiiten und vor allem deren geistliche Füphrer sich in Richtiung Iran orientierten und der Iran  durch diesen unsinnigen Krieg der USA zu einer Regionalmacht mit Einfluß auf die arabische Welt gemacht hatte. So war der Krieg  für die USA de facto erneut verloren und der Einfluss de facto wieder eingebüßt.

 Und so kam es wie es kommen musste. Maliki wendete sich immer öfter gegen die USA und düpierte ähnlich wie Karzai in Afghanistan die so lächerlich gemachte "Weltmacht" immer wieder. 

Der Krieg mit Bodentruppen hatte vielen US-Soldaten das Leben gekostet und noch viel mehr Geld gekostet  als schlimmste Berechnungen vermuten ließen. 

Deshalb stärken die USA seit geraumer Zeit wieder Sunniten- Gruppen und es gibt Hinweise darauf, dass die USA die Kämpfer der IS im Irak massiv unterstützt - entweder direkt oder durch den Verbündeten Saudi-Arabien. Bagdadi wird eine Verbindung zu US-Geheimdiensten nachgesagt. 

Da die Machtposition der Schiiten in der Hauptstadt selber relativ gefestigt ist, greifen die IS- Kämpfer mit modernster Bewaffnung und gut finanziert zuerst die Kurden und Yeziden im Westen des Irak an statt die Schiiten im Osten und Süden des Landes.

Gleichzeitig gibt es Machtpositionen in Syrien, die gegen Assad gehalten werden und auch hier unterstützen die USA ganz  offiziell Dschihadisten und Gotteskrieger. Gleichzeitig  greifen sie von hier aus den Libanon an und haben in den letzten Tagen über 20 libanesische Soldaten getötet. Trotz der Präsens der Hisbollah konnten diese Angriff stattfinden, was auch auf eine perfekte Logistik der IS Kämpfer hindeutet.

Doch insgesamt stagniert der Kampf der IS in Syrien, der sich auch viele Al- Nusra- Kämpfer angeschlossen haben und wo es auch zu entsprechenden Fusionen dieser Gruppen in letzter Zeit gekommen war.

Deshalb konzentriert sich die ganz offensichtlich ferngesteuerte IS auf die Zerschlagung des Irak, was ganz im Interesse der US- Weltmachtpolittik liegt.

Teile und herrsche scheint hier das Prinzip zu sein.  Und gescheiterte Staaten lassen sich besser kontrollieren als funktionierende Staatsgebilde mit intakter Zentralgewalt. Einzelne kriminelle Warlords, Al Kaida-Führer oder Clanchefs lassen sich einfacher kaufen und  bestechen als funktionierende Nationalstaaten in der arabischen Welt. So ist auch Libyen, Syrien und auch Afghanistan nach US Einmischung wie einst Somalia einfach nur noch ein " failed state", der gescheitert und leicht zu beeinflussen ist.    

Letztendlich könnte der Irak so in einen schiitischen, einen sunnitischen und einen Kurdenstaat geteilt werden.

Der Sunnitenstaat könnte mit sunnitischen und alawitisch beherrschte Gebieten Syriens und Libanons fusionieren.

Geistliche Sunnitenführer im Irak sagen, dass die meisten Sunniten mit Al Kaida und IS nichts am Hut haben.  Auch das deutet daraufhin, das es sich hier eher um fremdgesteuerte Auslandsdschihadisten handelt, die brutal auch gegen die sunnitische  Zivilbevölkerung vorgehen und brutale Massenexekutionen wie in Syrien betreiben. 

ARD, ZDF und deutsche Printmedien wie FAZ kapieren das alles nicht und sie glauben, dass es um einen Glaubenskrieg im Irak geht. Das ist aber Nonsens. Sie verstehen die oben beschriebenen Zusammenhänge nicht und deshalb  fallen sie auf die Propaganda und gut gemachte IS-Inszenierung natürlich herein.