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Die reformistische  Linke in Sachsen Anhalt hat bei der Bundestagswahl massiv 8,4 % verloren 

Überall dort wo die Linke im Osten von der  SPD kaum zu unterscheiden ist und ihr ein scharfes linkes Profil fehlt, hat sie massiv Wählerstimmen verloren.  

Überall dort wo die Linkspartei wegen zu großer Nähe zur Sozialdemokratie kaum noch eigenständig  erkennbar ist, verliert die Linkspartei massiv an Stimmen.

In Brandenburg verliert die Linke von 28,5% auf 22,4% ganze 6,1 % ein und vor allem verliert die Linke im Osten alle 4 Direktmandate. Hier erstarken CDU und AfD als Protestpartei.  

Insgesamt hat die Linkspartei sogar 13 Direktmandate im Osten verloren und zwar insbesondere da, wo die  Linkspartei eine zu große Nähe zur SPD aufweist. Deshalb trifft es u a. auch Steffen Bockhahn in Rostock/MV nicht zufällig, der eine extreme Nähe zur reformistischen SPD Politik aufweist.

 Nur in Berlin konnte sich die Linke wegen einer Großen Koalition aus CDU und SPD stark als eigenständige linke Kraft wieder etwas profilieren und verlor hier nur 2 Prozent.  

Die ostdeutschen Landesverbände verloren massiv an Zustimmung bei den Wählern. Sie stürzten (-7 Prozent) stärker ab als die im Westen (-3,1 Prozent). Ausgenommen davon ist der Landesverband Berlin (-2,0). Große Verluste verzeichnet der Landesverband Sachsen-Anhalt, wo die Mandatsträger und Funktionäre gerne mal mit dem„ostdeutschen Erfahrungsvorsprung“ auf die Pauke hauen. 


Auf der Website des Landesverbandes finden wir unter dem Titel „DIE LINKE bleibt“ die mehr als dürftige Einschätzung der Bundestagswahl von Birke Bull, Zitat: "Die Wählerinnen und Wähler haben bestätigt, wir haben Vertrauen zurück gewonnen, DIE LINKE ist wieder zurück.“ Ja, mit einem Minus von 6,5 Prozent bei den Erst- und 8,4 Prozent bei den Zweitstimmen (23,9), obwohl sie systemisch gesehen vom schlechten Abschneiden der SPD (18,2), der Grünen (4,0) und Piraten (1,9) profitierte. 62 Prozent der Wahlberechtigten nahmen an der Abstimmung teil. Der Bundesdurchschnitt liegt bei 71,5 Prozent. 

Gegenüber 2009 verlor Die Linke im Land der Frühaufsteher rund 107.500 Stimmen. Gewählt haben 1.196.886 Bürger. Trotz des enormen Verlustes von rund 28 Prozent konstatiert die Landesvorsitzende „wir haben Vertrauen zurückgewonnen“.
 

Personell gesehen war die Ausgangsposition des Landesverbandes Sachsen-Anhalt diesmal eine andere als in den vergangenen Wahlkämpfen. Es herrschte Unruhe und Unzufriedenheit über die Art und Weise der Kandidatenaufstellung. Der„Personalvorschlag des Landesvorstandes“ vom 2. April 2013 verletzt die Souveränität der LandesvertreterInnenversammlung, die am 13. April 2013 in Magdeburg tagte. Auf ihr stellten Dietrich Altmann (Braunsbedra) und Klaus-Dieter Iffarth (Wettin-Löbejün) gemäß der Wahlordnung der Partei den Antrag, „mehrere aufeinander folgende Listenplätze wie gleiche Mandate zu behandeln … und in zwei Wahlgängen zu wählen und nach der Anzahl der erreichten Ja-Stimmen die Reihenfolge der Listenplätze zu besetzen“

Das traf auf heftige Gegenrede von Birke Bull, und dann auf mehr Gegenstimmen. Es war„eine vertane Chance für mehr Demokratie“, so Dietrich Altmann. Denn nach diesem Vorschlag hätten die VertreterInnen eine echte (Aus-) Wahl gehabt und wären nicht zur Zustimmungsmaschinerie des Landesvorstandes degradiert worden.
 
Demokratiedefizite werden auch an anderer Stelle sichtbar. „Wir werden die Parteibasis“, offeriert Birke Bull der 'Volksstimme' am 5. Juni 2012, „im Meinungsbildungsprozess einbinden und dabei Kontroversen und offene Fragen zulassen.“ Wer will in Deutschland 2012 „offene Fragen zulassen“? Ein Parteibüro, Administrator, die Zentrale oder ein Politbüro? 

Wie James Joyce in „Ulysses“ die gesamte Geschichte in einem Tag kondensiert, gelang es der Landesvorsitzenden, das Selbstverständnis von Parteidemokratie in Sachsen-Anhalt in einem Satz offen zu legen. Wir sind ganz froh darüber, denn welches Schicksal ereilt uns und die offenen Fragen, wenn sie sich einmal anders entscheidet?
 
Einige Kandidaten erhielten vom Landesvorstand Rückenwind, ohne den sie das Ziel wohl kaum erreicht hätten. Anderen blies der Gegenwind ins Gesicht. Der fehlende Einsatz der Landtagsabgeordneten für die Bundestagswahl und die teilweise Ablehnung der Kandidaten bzw. die fehlende Unterstützung durch die Kreisverbände für die Direktkandidaten taten ein Übriges.
 
Die Aufstellung der alten Kandidaten aus dem 'fds' (Forum demokratischer Sozialismus)-Pool nahmen viele an der Parteibasis skeptisch auf. Zudem erscheint die Vor-Auswahl der Mandatsträger durch den Landesvorstand unter einem anderen Gesichtspunkt nicht gelungen, bedenkt man, dass das Durchschnittsalter von 4 der 5 Bundestagsabgeordneten bei etwa 55 Jahren liegt. Der fünfte Abgeordnete ist 36 Jahre alt. 

Allein das ist mit einem modernen, jugendlich-schwungvollen Antlitz unvereinbar. Ein Generationswechsel war offensichtlich nicht gewollt. Daran trägt Die Linke schwer. Vielleicht kommt es zur Palastrevolution? - Wir fragen weiter: warum zieht es die Jugend von Sachsen-Anhalt nicht zur Linkspartei? Was machen wir falsch? Ganz sicher ist dies kein demographisches Problem. Vielmehr erhält die Jugend keinen politischen Raum für ihre Ambitionen und Initiativen.
 
Sachsen-Anhalt verlor all seine Direktmandate (Hein, Koch, Korte, Kunert, Sitte). Die ersten fünf kamen über die Landesliste in den Bundestag. Die Wahl mit der Erststimme, muss mit der Person zu tun haben, sagt Stefan Liebig (MDZ 30.9.2013), der das Direktmandat im Wahlkreis 76 gewann. Eine Ursache des Scheiterns liegt im fehlenden Standing beim Wähler. 

Nimmt man die „Verfahrensgrundsätze zum Personalvorschlag für die Landesliste Die Linke Sachsen-Anhalt“ vom 27. November 2012 zur Hand, so entdeckt man, dass dies kein Maßstab für deren Auswahl war. Ausschlaggebend war hingegen - laut Beschluss - die „Identifikation der KandidatInnen mit dem eigenen Landesverband“, also mit dem dominanten fds. Allein das Wort „Wähler“ taucht im Beschluss nicht einmal auf. Deshalb ist zu vermuten, dass die Personalauswahl nicht nach fachlicher Qualifikation und Eignung erfolgte. Das Ergebnis liegt jetzt vor. Aber Birke Bull sträubt sich, die Verantwortung zu übernehmen.
 
Die zentrale Führung und Organisation des Wahlkampfes, die Festlegung der Termine und Organisation der Veranstaltungen sowie die Hauptaktionen des Wahlkampfes erwies sich als unzweckmäßig. Eine kreative Mitwirkung der Mitglieder war so nicht realisierbar. Auf der anderen Seite besteht das Problem, dass eine Wahlkampfführung durch die Kreisverbände fast nicht mehr möglich ist, da die Mitglieder stark überaltert sind. 

Die in den Kreisverbänden agierenden Wahlteams versagten zum Teil und waren in vielen Bereichen chaotisch organisiert und überfordert. So konnte nur ein Zweitstimmenwahlkampf realisiert werden. Außerdem war das Equipment des Wahlkampfes oft unzureichend. Viele Kreisverbände verzichteten auf professionelle Unterstützung und bunkerten das Geld für den anstehenden Kommunalwahlkampf.
 
Das Motto „Der Osten wählt rot-klar!“ beantworteten in Sachsen-Anhalt 41,2 Prozent der Wählenden mit der Stimmabgabe für die CDU. Die guten aussagekräftigen Plakate kamen in den kleinen Orten oft nicht zur Ausstellung. Sie blieben anscheinend den großen Städten vorbehalten.
 
Seit Juli 2013 rückte der Landesvorstand in Sachsen-Anhalt die Kommunalwahl 2014 stark in den Vordergrund. Das hatte eine mangelnde Konzentration auf den Bundestagswahlkampf zur Folge. Hinzu kommt, dass sich der Landesverband scheinbar auf die Wahlkampfunterstützung durch MdB Dietmar Bartsch und Gregor Gysi verlassen hat. Die konsequente Ablehnung von Auftritten und Plakaten mit Sahra Wagenknecht und/oder Oskar Lafontaine nahmen viele Mitglieder in unserer Region sehr negativ auf. Letztlich zog Gregor Gysi im Osten nicht mehr so viele Wähler wie früher an. Dietmar Bartsch empfinden viele als politisch zu schwach.
 

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