Die AfD-FDP-Koalition für  das Apartheidregime in Israel von Rolf Verleger

Rechtskonservative und Rechtspopulisten haben viele ideologische Gemeinsamkeiten - Eine Überschneidung entwickelt Rolf Verleger im Rubikon  - ausgerechnet für ein rassistisches Regime der Apartheid und der Rassentrennung in Israel. Also die Ersrebuing einer wirtschaftspolitisch  neoliberalen Wirtschaftsordnung inklusive Marktfetischismus ist nicht deren  einzige Gemeinsamkeit. 

Die AfD-FDP-Koalition

In der Israel-Politik ziehen FDP und AfD an einem Strang.

Sich in Deutschland für die Rechte der Palästinenser einzusetzen, wird immer schwieriger. Nun hat die FDP-Fraktion im Bundestag einen Antrag eingebracht, der diese Einschränkungen offiziell absegnen soll. Warum gerade die FDP? Der Artikel versucht eine Erklärung. Und empfiehlt den Protest über eine Petition.

Israel, das Leuchtfeuer der Nationalisten

Spätestens seit Trumps Wahl und seinem Geturtel mit Netanjahu ist klar, wo Israel politisch zu verorten ist: rechts außen. Die USA-Rechte bewundert Israel. Den Grund dafür nennt die Meinungsmacherin Ann Coulter in ihrem Bestseller "Adios, America" (1): „Die Palästinenser fordern ein Recht auf Rückkehr in ihre Heimat von vor 1967 [sie meint 1948; R.V.], aber Israel sagt ganz richtig, dass eine Änderung der Zusammensetzung von Israels Bevölkerung die Idee von Israel ändern würde. Ebenso ändert eine Änderung der Zusammensetzung von Amerikas Bevölkerung die Idee von Amerika. Man zeige mir ohne Ausreden, warum wir nicht das tun können, was Israel macht. Israel sei etwas Besonderes? Für manche von uns ist auch Amerika etwas Besonderes.”

Für die internationale Neue Rechte ist heutzutage die Essenz der jüdischen Nationalbewegung, des Zionismus: „Nationalismus ist wichtiger als Menschenrechte. Raus mit den Muslimen!“

Natürlich ist das traurig und ein Hohn für viele frühere Protagonisten des Zionismus wie Leon Pinsker, Achad ha‘Am, Chaim Weizmann (2). Wie sagte der liberale Zionist Albert Einstein 1948 als Experte vor einem außenpolitischen Gremium der USA über das Projekt eines Staates Israel?

„The state idea is not according to my heart. I cannot understand why it is needed. It is connected with many difficulties and a narrow-mindedness. I believe it is bad ... I was never in favor of a state“ (3).

Aber so, wie die Dinge gelaufen sind, hat sich der ursprünglich mehrheitlich liberale Zionismus zu einem „jüdischen Staat” mit militantem Nationalismus entwickelt. Und so sind sie alle gut Freund mit Israel, die Protagonisten der „narrow-mindedness”: Trump, Orban, Bolsonaro, Wilders, Le Pen, Salvini, Strache und natürlich auch unsere AfD.

Die AfD und Israel

Sympathie der AfD für Israel ist mehr als nur Fassade. Schon zu Adenauers Zeiten projizierten deutsche Konservative ihren nach 1945 nicht mehr salonfähigen Nationalismus auf den jungen Staat Israel und begeisterten sich für dessen militärische Erfolge (4). Dabei war auch ein gut Teil Schuldabwehr: Es kann ja nicht so schlimm gewesen sein, wenn „die Juden” jetzt noch so viel Energie haben. Heutzutage ist es unverhohlene Bewunderung: Netanjahus Israel macht vor, wie ein idealer Staat mit Muslimen und Flüchtlingen umgehen soll.

So ganz den Antisemitismus vergessen können auch die Nicht-Nazis in der AfD nicht immer, und so kommen dann so groteske Dinge heraus wie dass der AfD-Abgeordnete Hansjörg Müller der jüdischen Auschwitz-Überlebenden Anita Lasker-Wallfisch im Januar 2018 im Bundestag den Applaus verweigerte. Er tat das mit der überraschenden Begründung, dass sich nur die AfD konsequent für Israel einsetze: Der Auftritt von Lasker-Wallfisch sei nichts als Heuchelei der anderen Parteien (5).

Ressentiment gegen eine Jüdin mit Israelliebe begründen — das muss man erst mal schaffen. Aber es bringt die Israelliebe der AfD gut auf den Punkt: Liebe zu Israel verträgt sich gut mit dem alltäglichen Ressentiment — gegen Muslime sowieso, denn das ist der ideologische Kitt, der die AfD zusammenhält — , aber bei Leuten von altem Schrot und Korn eben auch mit dem Ressentiment gegen Juden.

Aus diesem letzteren Grund möchten jüdische Repräsentanten wie Josef Schuster und Charlotte Knobloch nichts mit der AfD zu tun haben, obwohl sie den Nationalismus der AfD in punkto Israel voll teilen. Andere Juden sind da weniger empfindlich und erkennen an, dass sich Israels Nationalismus am besten unter allen deutschen Parteien in der AfD widerspiegelt, und so gibt es ja bekanntlich die „Vereinigung Juden in der AfD”. Radikalnationalistische Netanjahu-Fans und AfD: Hier wächst zusammen, was zusammengehört.

Als Kind jüdischer Überlebender der Vernichtung, das von Jugend an als wichtigste Lehre aus dieser Katastrophe aufgesogen hat, dass Menschenrechte für alle gelten, wendet man sich mit Grausen von diesen ressentimentgeladenen Torheiten und nationalistischen Verirrungen ab.

FDP schert rechts aus, wo es nicht auffällt

Die FDP ist stets auf der Suche nach ihren Wählern. Als Genscher die FDP von Schmidt zu Kohl wendete und alle Linksliberalen ihre politische Heimat verloren, höhnte man, FDP heiße „fast drei Prozent“. Linksliberal sind heutzutage Die Grünen. Die FDP muss sich also etwas überlegen. Was liegt näher als sich „rechtsliberal“ zu positionieren? Das Problem ist natürlich, dass sich „rechts“ und „liberal“ irgendwie doch beißen. Aber die FDP probiert es.

Ein ideales Experimentierfeld für diesen Kurs ist die Israelliebe: Wie oben dargestellt, ist das ein genuin rechtes Thema, aber wegen der besonderen Umstände der deutschen Politik kann die FDP so tun als sei das irgendwie links: Aus Auschwitz lernen heißt, Israel zu unterstützen. Es ist natürlich nicht links, weil der Satz heutzutage so ausbuchstabiert wird: Aus Auschwitz lernen heißt, Israel in seinen Ungerechtigkeiten zu unterstützen.

Da fällt es am wenigsten auf, wenn auf diesem Gebiet die AfD rechts überholt wird. Das heißt, man kann hoffen, Wähler aus der Mitte auf diesem Weg mitzunehmen. Und andererseits gewinnt man vielleicht auch rechtsnationalistische Wähler dazu.

Und so berichtete die Süddeutsche Zeitung am 15. April 2019 (6) von einem Antragsentwurf der FDP, mit dem sie die AfD ausstechen will: „Die FDP im Bundestag hofft auf einen gemeinsamen Antrag aller Fraktionen außer der AfD.“ In diesem Entwurf fordert die FDP die Abschaffung der Meinungs-, Versammlungs- und Koalitionsfreiheit für Unterstützer eines friedlichen, gewaltfreien Boykotts israelischer Produkte und Institutionen. Wahrheitswidrig wird in diesem Antragsentwurf behauptet, die BDS-Bewegung (7) sei „größtenteils klar antisemitisch“ und dämonisiere Israels Bevölkerung „in verschwörungstheoretischer Art und Weise“.

Das ist selbstverständlich kompletter Quatsch, denn BDS organisiert zum ersten Mal seit 1948 unter der palästinensischen Bevölkerung Israels und der von Israel besetzten palästinensischen Gebiete einen konsequent friedlichen Widerstand gegen das den Palästinensern angetane Unrecht. Die FDP-Fraktion nennt als Hauptargument für ihre Sichtweise:

„In diesem Zusammenhang ist besonders verstörend, wenn BDS-Anhänger heute ein Podiumsgespräch mit einer Holocaust-Überlebenden und einer Knesset-Abgeordneten aus antiisraelischer Motivation niederbrüllen, wie an der Berliner Humboldt-Universität im Juni 2017 geschehen.“

Die Wahrheit ist: Es handelte sich bei diesem nebensächlichen Ereignis vor zwei Jahren um zwei, höchstens drei Dissidenten in einem halbleeren Seminarraum; das „Niederbrüllen“ war ein energisches, monologisierendes Dazwischenreden aus der fünften Reihe, das nach kurzer Zeit durch das Eingreifen zwei breitschultriger Ordner endete (8). Und die Pointe: Nach Aussage von Frau Weinstein, der „Holocaustüberlebenden“, waren die Zwischenrufer in der Tat BDS-Anhänger, aber es seien weder blutrünstige Dschihadisten noch judenhassbesessene Germanen gewesen, sondern jüdische Israelis (9). Antiisraelische Motivation? Antisemitismus? Wohl eher politischer Dissens!

Aufgrund dieser verzerrten Sicht stellt der FDP-Antrag fünf Forderungen auf:

  • Boykottaufrufe sollen kriminalisiert werden: die Justiz möge prüfen, inwieweit Boykott eine Straftat darstelle.
  • Organisationen im In- und Ausland, die Boykotte gegen Israel direkt „oder indirekt” — und das kann viel heißen — unterstützen, sollen keine Bundesmittel erhalten.
  • Öffentliche Gebäude des Bundes dürfen „Gruppierungen, welche die Ziele der BDS-Kampagne verfolgen” nicht für Veranstaltungen zur Verfügung gestellt werden.
  • Bei der Verleihung öffentlicher Preise ist auszuschließen, dass die Geehrten die Ziele „und Werte” — noch so ein Gummi-Begriff — der BDS-Kampagne unterstützen.
  • Länder, Kommunen, Städte werden aufgerufen, es ebenso zu halten.

Im Klartext richtet sich dieser Antrag maßgeblich gegen Juden. Er bedeutet unter anderem: Die Jüdische Stimme für gerechten Frieden soll nie mehr öffentlich einen Preis verliehen bekommen (10). Meine politischen Freunde und ich sollen nie mehr öffentlich reden dürfen. (Wie ich tatsächlich zu BDS stehe, ist hierbei völlig nebensächlich.)

Wie weit das deutsche politische Spektrum schon wieder nach rechts gerückt ist, zeigt sich in der Reaktion der anderen Fraktionen auf den FDP-Antragsentwurf (11). In allen Fraktionen finden sich Politiker, die diesen Antrag für eine gute Sache halten. Es ist peinlich und deprimierend. Die heutigen deutschen Politiker möchten lieber das Grundgesetz an ihre Israelpolitik anpassen als die Israelpolitik an das Grundgesetz. Und die „liberale” FDP übernimmt die Vorreiter-Rolle.

Unsere Petition

Wir haben gegen diesen Angriff auf grundgesetzlich garantierte Freiheiten eine Petition (12) aufgesetzt. Darin heißt es:

Wir fordern die FDP-Fraktion im Bundestag auf:

  • Nehmen Sie diesen Antrag zurück.
  • Unterstützen Sie das Recht der Palästinenser auf ein Leben in Würde und Freiheit in gleicher Weise wie das Recht der jüdischen Bevölkerung Israels.
  • Kämpfen Sie gegen Antisemitismus im Rahmen des Kampfs gegen jede Diskriminierung und jeden Rassismus anstatt sich unter dem Deckmantel des Kampfs gegen Antisemitismus zum Büttel der israelischen radikalen Regierungspolitik zu machen.

Erstunterzeichner sind vierzehn Jüdinnen und Juden, unter ihnen auch ein Überlebender der deutschen Judenvernichtung, Prof. Henri Hurwitz, der 1936 als Dreijähriger mit seinen Eltern aus Berlin nach Belgien auswanderte, dort nach der deutschen Besatzung den Judenstern tragen musste und dann versteckt als Schein-Christ in einem Internat die deutsche Besatzung überlebte.

Es würde uns interessieren, ob die FDP die Frechheit besitzt, ihm „Antisemitismus” vorzuwerfen. Sein Vater wurde nach Auschwitz deportiert und ermordet.

Wir, die Unterzeichner, wissen, was Antisemitismus ist. Opposition gegen Israels Nationalismus ist kein Antisemitismus. Die grundlegenden bürgerlichen Freiheiten haben universelle Gültigkeit, auch für Menschen, die einen gerechten Ausgleich zwischen Israelis und Palästinensern anstreben.

Die Petition ist seit dem 24. April on-line, soll drei Monate lang laufen und strebt 10.000 Unterzeichner an. Denn es braucht große Zahlen, um die Spin Doctors in der FDP und den anderen Parteien zu beeindrucken.

Wir haben bisher (13.5.) über 1.500 Unterschriften. Das ist nicht schlecht, aber noch ausbaufähig!